Anker besteht seit 160 Jahren

"Qualität ist unsere Existenz"

Anker Teppichboden handelt und produziert seit 160 Jahren abgepasste Teppiche und Teppichboden. Der Geschäftsführende Gesellschafter Markus Schoeller führt die Firma heute in sechster Generation mit stabilen Umsätzen im hochspezialisierten Objekt-Geschäft. Aber warum genau kann das Familienunternehmen auf eine so lange und erfolgreiche Geschichte zurückblicken? Und sieht man sich zurecht besser den je für die Zukunft aufgestellt? Eine Spurensuche am Firmensitz in Düren.

Anker betreibt heute in Düren Europas größte Teppichboden-Weberei. Das Unternehmen besteht seit 160 Jahren, ist seit den Anfängen im Besitz der Familien Schoeller und arbeitet als Spezial-Anbieter von gewebten Objekt-Teppichböden vor allem in den Bereiche Büro, öffentliche Gebäude und Verwaltung sowie Luftfahrt. Nachdem 2001 mit einem Umsatz von 100 Mio. DM (gut 51 Mio. EUR) das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr der Firmengeschichte gefeiert werden konnte, stürzte der textile Bodenbelag anschließend in die Krise. Auch Anker wurde ordentlich durchgeschüttelt, kam an schmerzvollen Entlassungen, Umstrukturierungen und Reorganisation nicht vorbei.

"In den 1990er-Jahren haben wir Teppichboden noch regelrecht verteilt. Danach mussten wir ihn verkaufen, ihn vermarkten, ihn bewerben und uns enorm anstrengen", beschreibt der Geschäftsführende Gesellschafter Markus Schoeller die Zeitenwende. Nach verlustreichen Jahren setzen die Dürener derzeit 51,5 Mio. EUR um, schreiben wieder schwarze Zahlen und sehen gerade im Segment Luftfahrt und im Export-Geschäft noch viel Potenzial. Von den 512 Mitarbeitern aus dem Jahr 2001 sind heute noch 280 übrig. "So hart es jetzt klingt für unsere ehemaligen Mitarbeiter: Dass es uns noch gibt, verdanken wir den Umstrukturierungen", stellt Schoeller dazu fest.

Dass die nächste Krise so schnell nicht kommt, das hofft man natürlich auch bei Anker. Sicher sein kann man sich aber nie, sagt Schoeller zurecht und fügt mit großer Gelassenheit hinzu: "In den letzten zehn Jahren haben wir viel dazu gelernt. Wir sind krisenerprobt und wissen jetzt, wie wir reagieren und handeln müssen. Das Wichtigste ist, dass wir heute in diesem Bewusstsein agieren können."

Von Anfang an in Familienbesitz

Als Teil eines Konzerns hätte man vielleicht nicht ein Jahrzehnt mit vielen wirtschaftlichen Rückschlägen durchhalten können oder dürfen. Die Besitzer oder Anteilseigner hätten womöglich Druck ausgeübt und Verkauf oder Stilllegung gefordert. Ganz anders bei Anker. Die vier Eigentümer, Markus Schoeller, seine beiden Brüder und ihre Mutter, haben die Ruhe bewahrt und fest daran geglaubt, dass die Qualität der Mitarbeiter und der von ihnen gefertigten Produkte sich letztendlich wieder durchsetzen werden.

Hat das auch damit zu tun, dass Anker seit 160 Jahren in Familienbesitz ist? Für Gerd Hoffe, neben Vertriebs-, Finanz- und Verwaltungsgeschäftsführer Erwin Landherr und Inhaber Markus Schoeller als dritter Geschäftsführer für Technik, Entwicklung und Marketing verantwortlich, steht das außer Frage. Auf dem Weg in sein Büro im ersten Stock des altehrwürdigen, 1879 errichteten Hauptgebäudes auf dem weitläufigen Firmengelände kommt er an der Ahnengalerie und den Produktionsbildern aus der Vergangenheit vorbei. Hier atmet er auf Schritt und Tritt die Unternehmensgeschichte ein. Der 60-Jährige kennt aus seinem Berufsleben viele namhafte Hersteller von innen und kann vergleichen: "Bei Anker herrscht ein besonderer Spirit."

Die allgegenwärtige Tradition scheint Verpflichtung und Ansporn zugleich zu sein für die heutige Mannschaft. Man will sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen, etwa dem dem 1959 erfundenen Web-Klassiker Perlon Rips. Bis heute wurden 20 Mio. m2 davon verlegt. Das Produkt gilt als Standard innerhalb der Gattung.

Sein Ruf gründet sich auf Qualität und Langlebigkeit. "Allein die Zeit beweist, was Qualität ist, und nicht die bloße Aussage im Gespräch mit dem Kunden", ist Hoffe überzeugt. Deshalb könne keiner sog gut Qualität argumentieren wie der Außendienst von Anker. Aber Hoffe sagt auch: "Wir haben Perlon Rips fit gemacht für die Zukunft, indem wir die Kollektion mit dem Farbsystem von Le Corbusier verbinden und emotionaler machen." So hat man erfolgreich verhindert, dass das eigene Image anstaubt.

Qualitätsversprechen an die Kunden

Das Qualitätsversprechen lebt aber nicht nur vom Produkt. Gerd Hoffe hat auch die Erfahrung gemacht, dass man einem Familienunternehmen mehr zutraut als einem vergleichsweise anonymen Konzern, der vermeintlich beliebig Produkt- und Vertriebsstrategie ändert oder dessen Firmen auch mal eben verkauft werden. "Die Aura eines Familienunternehmens ist im Vertrieb ein dickes Pfund, ein großes Kaptal. Wir können dadurch bei unserer Hauptzielgruppe, den Architekten, punkten", so die Einschätzung des Geschäftsführers.

Aber ist es auch dem Architekten nicht egal, von wem der Teppichboden kommt, so lange er seinen Wünschen entspricht? "Kein Kunde ist frei von Emotionen bei der Wahl des Produktes", erwidert Hoffe. Die meisten wollen neben der technischen Leistungsfähigkeit eine Geschichte drumherum hören. Das werde immer wichtiger. Und Anker könne diese bieten und zeigen, dass der besondere Anker-Spirit auch gelebt werde.

Gelebt wird er nicht nur in der Vertriebsmannschaft, die einmal im Jahr gemeinsam zum Skifahren aufbricht, zu dem dann auch Markus Schoeller "mit darf". Auch und vor allem daheim in Düren in Produktion und Verwaltung fühlt man sich als große Familie und lebt in dem Bewusstsein, seit über 150 Jahren textile Bodenbeläge zu fertigen. Nicht nur die Inhaber stehen seit Generationen zum Unternehmen, auch viele der Angestellten haben und hatten Familienmitglieder, die ebenfalls für Anker arbeiteten. Die "Anker-Mentalität" wird so auch unter den Beschäftigten von Generation zu Generation weiter getragen. "Das fördert die Motivation und die Verbundenheit zum Unternehmen", sagt Markus Scholler.

Schon als Schüler arbeitete er in den Ferien in der Produktion und steckte Garn-Spulen auf. Nach einigen Jahren bei Teppichboden-Hersteller Maltzahn stieg der diplomierte Textil- und Wirtschaftsingenieur dann richtig bei Anker ein. "Als junger Mensch konnte ich meinen Beruf frei wählen. Irgendwann hat mich aber das Produkt Teppichboden so begeistert und nicht mehr losgelassen, dass ich mich entschieden habe, in die Fußstapfen meiner Vorfahren zu treten und die Familientradition fortzuführen." Schoeller startete im mittleren Management und gelangte später an die Spitze des Unternehmens.

Geht man heute mit ihm durch die Produktion, ist die gewachsene Nähe zwischen Chef und Mitarbeitern zu spüren. Es ist oftmals eine Begegnung auf Augenhöhe, mit vielen Angestellten ist er per Du. Man kennt und schätzt sich. Und hat einen gemeinsamen Antrieb, der auf einem großen Schild in einer Produktionshalle geschrieben steht: "Qualität ist unsere Existenz". Man möchte hinzufügen: die gemeinsame Existenz. Vermutlich ist es das, was das Unternehmen Anker ausmacht.

Neuheiten für die Renaissance des Teppichbodens

Diese besondere Atmosphäre allein reicht aber nicht für den Erfolg. Dazu gehören auch gute und neue Produkte sowie ein geschickte Vertriebsstrategie. Auch auf diesen Gebieten sehen sich die Anker-Verantwortlichen gut aufgestellt. Selbst in schwierigen Zeiten wurde darauf geachtet, dass die Bereiche Forschung und Entwicklung nach Möglichkeit von Kürzungen verschont blieben. Neben den Weiterentwicklungen von Perlon Rips hat man spezielle Konzept-Kollektionen für den Bereich Alten- und Seniorenresidenzen, zum Thema Akustik und für Vorstandsetagen im Portfolio.

Ganz aktuell wurde eine Kollektion unter der Überschrift "Textiler Hartbelag" entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Flachkonstruktion, die auf den klassischen Wilton-Webstühlen entsteht. Ihre vielfältigen Dessinierungen übersetzen die bei Architekten sehr beliebte Beton-Optik in eine textile Oberfläche. Auf die Kollektion und die abgepassten Rugs gründet Anker seine Zuversicht für eine Renaissance des Teppichbodens im Verlauf der kommenden zehn Jahre. Schon heute geht der Hersteller davon aus, dass Teppichboden im Objekt aus der Talsohle heraus ist.

Viel Zeit investieren die Dürener auch in die Weiterentwicklung des Produktprogramms für den Bereich Luftfahrt. Das Aviation-Geschäft, in dem Anker zu den drei führenden weltweit gehört, trägt mittlerweile ein Viertel zum Umsatz bei. Auch dieses Engagement hat Tradition: Ab 1930 belieferte man die Zeppelin-Luftschiffe.

Export soll forciert werden

Hier erfolgreich zu sein, schafft auch nicht jeder Produzent von Teppichboden. "Denn man wird von den Fluggesellschaften nach ISO 9100 geprüft wie ein Triebwerkshersteller", erläutert Schoeller. Seit nunmehr sieben Jahren gelten diese extrem strengen Vorgaben im gesamten Betrieb. Zwei Mitarbeiter machen nichts anderes, als sich der Qualitätssicherung zu widmen. "Dieser Geist findet sich deswegen heute im ganzen Unternehmen", ergänzt Gerd Hoffe.

Dass Anker ganz besonderen Wert auf hohe Qualität legt, ist auf den deutschsprachigen Märkten weitgehend bekannt. Hier sind die Dürener mit ihrem 30 Personen starken Außendienst fest etabliert. Ähnliches gilt in einigen europäischen Ländern. Im Rest der Welt ist das Unternehmen - mit Ausnahme des Luftfahrtgeschäftes - noch weitgehend unbekannt. Das soll sich in Zukunft ändern. Der Export soll ausgeweitet werden. Diesem Ziel wird schon heute Rechnung getragen: Aus dem Slogan "Anker - Teppichboden" wird "Anker - Professional Carpets".

(jochen.lange@snfachpresse.de)


Anker Daten und Fakten


Anker-Teppichboden Gebr. Schoeller GmbH & Co. KG
Zollhausstraße 112
52353 Düren
Tel.: 02421/8 04-0
Fax: 02421/8 04-200
anker@anker-dueren.de
www.anker-teppichboden.de

Geschäftsführender Gesellschafter:
Markus Schoeller

Geschäftsführung:
Gerd Hoffe (Technik, Entwicklung, Marketing)
Erwin Landherr (Vertrieb, Finanzen, Verwaltung)

Exportleiter:
Filip Geldhof

Vertriebsleitung Deutschland:
Martin Wallmann (Nord)
Kai Kraemer (Süd)

Leiter Nachhaltige Unternehmensentwicklung /Innendienst:
Karlheinz Werker

Anwendungstechnik:
Aribert Arbeiter

Gründungsjahr: 1854
Umsatz 2013: 51,5 Mio. EUR
Mitarbeiter: 280, davon 30 im Außendienst inkl. 4 Key Accounter


160 Jahre Anker - Eine Chronologie


1854Leopold Schoeller eröffnet in Düren unter dem Dach seiner Tuchfabrik ein "Teppichkontor".

1879 In Düren-Birkesdorf entsteht ein Neubau, der bis heute als Firmensitz dient.

1925 Werner Schoeller konzentriert sich auf das Objekt-Geschäft.

1930 Einstieg in das Luftfahrt-Geschäft: Anker beliefert die Zeppelin-Luftschiffe mit Teppichboden.

1958 Anker produziert den Expo-Teppich für den Deutschen Pavillon in Brüssel.

1959 Anker erfindet Perlon Rips. Von dem Web-Klassiker wurden bis heute mehr als 20 Mio. m2 verlegt.

1993 Markus Schoeller, der älteste Sohn von Alexander und Marion Schoeller, tritt in das Unternehmen ein.

1995 Anker übernimmt die Ausstattung des neu gestalteten Reichstagsgebäudes in Berlin.

2013 Anker erhält die exklusiven Rechte für das Farbsystem von Le Corbusier für textile Bodenbeläge.
aus BTH Heimtex 09/14 (Wirtschaft)