Eurobaustoff macht sich fit für Europa

Expansion in Nachbarländer steht auf der Agenda ganz oben


Warum tagt eine deutsche Einkaufskooperation in den Niederlanden? Weil sie ihre Fühler stärker in Nachbarländer ausstrecken will. Die Weiterentwicklung der Eurobaustoff innerhalb Europas mit dem Ausbau der Zentrale in Bad Nauheim sowie die Verabschiedung eines neuen Gesellschaftsvertrages waren die zentralen Themen auf der diesjährigen Gesellschafterversammlung der Verbundgruppe Ende Juni in Amsterdam.

Eurobaustoff ist ein Einkaufsverbund für den Mittelstand. Geschäftsführer und Aufsichtsrat werden nicht müde, diese Ausrichtung zu betonen. Bewusst positioniert sich die Kooperation gegen das Konzernwesen. Der solidarische Mix aus großen und kleineren Fachhändlern bestimmt die Struktur. Die 50 umsatzstärksten Gesellschafter vereinen auf sich 55 % des Einkaufsvolumens. "Das Verhältnis hat sich nicht zu Ungunsten der Umsatzschwächeren verschoben", lobte ein Jungunternehmer. Als Zeichen der Stärkung des Mittelstandes gilt die Übernahme von über 30 ehemaligen BayWa-Filialen. Und nach der Pleite der Praktiker und Max Bahr Baumärkte gingen immerhin sieben Standorte an Eurobaustoff-Händler.

Nach einem schwachen ersten Quartal 2013 hat sich der Umsatz der Eurobaustoff im vergangenen Jahr gut entwickelt. Jörg Hoffmann, Geschäftsführer Finanzen, konnte von einem 7-%-Plus gegenüber dem Vorjahr berichten. In der Gewinn- und Verlustrechnung der Einkaufskooperation steigerte sich die Umsatzentwicklung von 4,6 Mrd. EUR im Jahr 2012 auf 4,9 Mrd. EUR. Daraus resultierte ein Jahresüberschuss von 3,1 Mio. EUR, der voll an die Gesellschafter ausgeschüttet wird. So hatte es die Geschäftsführung vorgeschlagen und so beschlossen es die nach Amsterdam gereisten Mitglieder. Nur drei votierten dagegen. Sie orientierten sich am Einwand des Revisionsausschusses, der mit Blick auf einen befürchteten 40-%-Rückgang des Gewinns in 2014 dafür plädierte, den Jahresüberschuss in die Rücklage zu stellen.

Die aktuellen Rückstellungen sind nach Ansicht der Geschäftsführung mit 6,5 Mio. EUR ausreichend. Diese Summe dient vornehmlich der Sicherung eines Bußgeldbescheides des Kartellamtes von 2010. Die ursprünglich dort geforderten 4,7 Mio. EUR wurden in aufeinanderfolgenden Einspruchsverfahren erst nahezu halbiert, dann wieder auf 3,45 Mio. EUR angehoben. Noch ist eine endgültige Entscheidung nicht getroffen.

Bei Yohammada Reißleine gezogen

Ein zweiter Verlustposten von 846.600 EUR besteht in der Internet-Präsenz Yohammada, die Eurobaustoff für ihre Mitglieder entwickeln ließ. Weil sich trotz vorheriger Zusage nicht genügend Händler für das E-Commerce-System entscheiden konnten, zog die Geschäftsführung die Reißleine und beendete ihre Beteiligungen an der Yohammada KG und der Yohammada GmbH. Den Gesellschaftern wurden ihre Gebühren rückerstattet. Nun will man zunächst die eigene Eurobaustoff-Datenbank bearbeiten, um damit individuelle Online-Auftritte der Gesellschafter bedienen zu können. Außerdem soll in den kommenden Jahren eine aktualisierte Warenwirtschaftssoftware das bestehende System Info-Pro ersetzen. Die Einführung hat gerade erst begonnen.

Fühler nach Polen, Norwegen und Benelux ausgestreckt

Geld braucht Eurobaustoff zudem für eine geplante Europastrategie. "Wachstum im deutschsprachigen Raum wird schwieriger", bekennt Geschäftsführer Ulrich Wolf hinsichtlich bestehender Standorte in Österreich und der Schweiz. "Deswegen haben wir Fühler nach Polen, Norwegen und Benelux ausgestreckt." Verhandlungen mit Interessenten aus dem dortigen Mittelstand laufen schon. In Frankreich, Italien, Luxemburg und Liechtenstein gibt es ebenfalls Partner, außerdem in Holland. Das holländische Eurobaustoff-Mitglied Pontmeyer ist zu 90 % Holzfachhändler. Der niederländische Marktführer verfügt über 52 Standorte und macht einen Jahresumsatz von rund 300 Mio. EUR.

Um das nahe Ausland bedienen zu können, benötigt Eurobaustoff jedoch sprachgewandte Mitarbeiter - und eine vergrößerte Zentrale. Deshalb holte sich die Leitung die Zustimmung der Gesellschafter zum Ausbau des Verwaltungsstandortes Bad Nauheim. Mitte 2014 hatte die Kooperation insgesamt 316 Mitarbeiter unter Vertrag. Dass dabei auch die eigene Ausbildung und der eigene Nachwuchs eine wichtige Rolle spielen, zeigt das Beispiel von Hartmut Möller, der jüngst bis in die dreiköpfige Geschäftsführung aufgestiegen ist.

Gesellschaftervertrag ohne Gegenstimme angenommen

Endlich Zustimmung fand die Eurobaustoff-Leitung für einen neuen Gesellschaftervertrag. Bei der Jahresversammlung 2013 in Hamburg war das Vorhaben noch gescheitert. Zwischenzeitlich hatte man um juristische Formulierungen gerungen. In Amsterdam wurde das Vertragswerk nun ohne Gegenstimmen angenommen. Der neue Vertrag soll den Aufsichtsrat in die Lage versetzen, in akuten Fragen konsequent und schneller entscheiden zu können. Veräußerung von Betriebskapital der Eurobaustoff bedarf künftig nur dann einer Zustimmung der Gesellschafter, wenn der Betrag 1,5 Mio. EUR überschreitet. Zudem wurden der Gesellschaftszweck auf das Ausland ausgedehnt, der Mittelstand im Wortlaut verankert, Revisionsausschuss und andere Fachgruppen namentlich aufgenommen. Im kommenden Jahr 2015 wird die Eurobaustoff-Gesellschafterversammlung in Leipzig stattfinden.

Mit Holz auf der Erfolgsspur

Die Warengruppe Holz scheint sich bei der Eurobaustoff überaus positiv zu entwickeln. 2010 hatte man damit begonnen, den Unternehmensbereich aufzubauen. "Heute haben wir eine Marktposition erreicht, die eine Konsolidierungsphase erlaubt", sagt Geschäftsführer Ulrich Wolf. "Früher kauften unsere Gesellschafter Holzprodukte im Wert von rund 50 Mio. EUR bei Händlern anderer Verbundgruppen. Mittlerweile konnten wir diesen Betrag deutlich reduzieren."

Im ersten Halbjahr 2014 steigerten die Holzfachhändler der Kooperation ihre Umsätze in den Holzsortimentenum über 21 % auf 285 Mio. EUR. Das betrifft: Konstruktionsholz (+53 %), Boden/Wand/Decke (+29 %), Schnittholz (+26 %), Holzwerkstoffe (+22 %), Holzimport (+19 %), Hobelware (+18 %), Holz im Garten (+18 %) und Bauelemente aus Holz (+13 %). Jahresziel ist ein Gesamtumsatz Holz in Höhe von 570 Mio. EUR. Bis 2015 möchte Eurobaustoff Marktführer im Holzbereich sein.

Beziffert wird der Anteil von Holzprodukten am Einkaufsvolumen der Kooperation mit 4,62 % (zum Vergleich: Fliese 4,53 %). Darin enthalten sind aber nur Schnittholz, Hobelware und Holzwerkstoffe, nicht jedoch Boden, Wand, Decke, Holzbauelemente und Holz im Garten. Diese Produkte sind allesamt im Posten Einzelhandel enthalten, der mit 9,35 % zu Buche schlägt (Großhandel 81,5 %).


Eurobaustoff - das Unternehmen


Eurobaustoff Handelsgesellschaft mbH & Co. KG
Auf dem Hohenstein 2 +7
61231 Bad Nauheim
Tel. 06032-805-0
www.eurobaustoff.de

Mitglieder: 486 (Juni 2014)
Standorte: 1.450
Ausland: Österreich, Schweiz, Niederlande, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Luxemburg
Außenumsatz: 13,4 Mrd. EUR
Sortimentsbereiche: Baustoffe, Holz, Fliesen und Spezialisierungen
Händlermarke: i&M-Bauzentrum
Mitarbeiter: 316 (2013)
Bonusquote: 5,19 % (2013)
aus Parkett im Holzhandel 05/14 (Wirtschaft)