Copa-Produktforum "Glatte Beläge" mit bisher größter Resonanz

Erst die Wutrede – dann die Arbeit

Die Copa verzeichnete bei ihrem vierten Produktforum "Glatte Beläge" in Fulda eine Rekordbeteiligung. 54 Lieferanten stellten 26 in der Einkaufskooperation organisierten Grossisten ihr Angebot an glatten Bodenbelägen und Zubehör vor. Für viel Gesprächsstoff sorgte die emotionale Begrüßungsrede von Martin Geiger. Der Aufsichtsrats-Vorsitzende der Einkaufskooperation warf den versammelten Vertretern der Industrie ungewohnt deutlich vor, im Markt gegen die Großhändler zu agieren.

Die Produktforen der Copa, Europas großer Großhandels-Einkaufskooperation für Bodenbeläge und Heimtextilien, gelten in der Branche als einmalige Gelegenheit für die Mitglieder und die Lieferanten aus der Industrie, sich schnell und effektiv auszutauschen. Innerhalb eines Tages bietet das Team um den geschäftsführenden Vorstand Manfred Birkenstock den Rahmen, in sachlicher und konzentrierter Atmosphäre über aktuelle Produkte, Vertriebskonzepte sowie Listungen und Konditionen zu sprechen.

Das Besonderer auch in diesem Jahr: Im Kongress-Zentrum Fulda hatten sich alle Lieferanten in einer einzigen Halle versammelt. Jeder Hersteller hatte lediglich einige wenige Tische und Roll-ups zur Präsentation seiner Produkte zur Verfügung. Das bedeutet: gleiche Voraussetzungen für alle. Auf das übliche Messe- und Ausstellungsbrimborium wird bewusst verzichtet.

An diesem auf das Wichtigste reduzierte Konzept finden alle Beteiligten von Jahr zu Jahr größeren Gefallen. Und so konnte Birkenstock in diesem Jahr eine Rekordbeteiligung verbuchen: 54 Lieferanten mit 120 Mitarbeitern sowie 26 Grossisten mit 75 Angestellten waren angereist, um die Partnerschaft zwischen Großhandel und Industrie innerhalb der Copa zu pflegen.

Diese Pflege scheint auch nötig. Zumindest konnte man diesen Eindruck angesichts der sehr emotionalen Wutrede bekommen, die der Copa-Aufsichtsratsvorsitzende Martin Geiger bereits am Vorabend auf der traditionellen Auftaktveranstaltung hielt.

In ungewohnt deutlichen Worten warf er den versammelten Industrievertretern vor, im Markt mit verstärkten Aktivitäten im Direktvertrieb gegen den Großhandel zu agieren. Dieses Vorgehen säge am grundsätzlichen Finanzierungskonzept der Grossisten. Sehr ausführlich rief Geiger den Zuhörern in Erinnerung, was der Großhandel tagtäglich vorhalten muss - vom Lager über Mitarbeiter bis hin zum Fuhrpark. Der hohe Servicegrad und die Marktbearbeitung bis in die kleinste geografische Verästelung koste viel Geld, das auch erwirtschaftet werden müsse, betonte der 53-Jährige gegenüber den Lieferanten. Geiger forderte die Industrie auf, zurückzukehren zu einer partnerschaftlichen Marktbearbeitung, von der alle Vertriebsstufen profitieren.

Bevor es zum gemütlichen Teil überging, skizzierte Karl-Heinz Scholz vom Beratungsunternehmen Scholz & Partner in einem Gastvortrag, wie sich der Bodenbelagsmarkt zukünftig grundsätzlich entwickelt.


Copa Daten und Fakten


Copa eG
Hessenstraße 19
65719 Hofheim-Wallau
Tel.: 0 61 22 / 53 08-0
Fax: 0 61 22 / 53 08-29
info@copa-eg.de
www.copa-eg-de

Gründung: 1964
Mitglieder: 67 Großhandelsunternehmen aus den Bereichen Bodenbeläge und Heimtextilien
Mitgliederstandorte: 208
Mitarbeiter der Mitglieder: 3.900, davon 650 im Außendienst
Vertriebsgebiete: Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz
Verkaufsumsatz Bodenbeläge und Zubehör: 1,12 Mrd. EUR

Vorsitzender des Aufsichtsrates: Martin Geiger
Geschäftsführender Vorstand: Manfred Birkenstock
Ehrenamtliche Vorstände: Claus Hoffmann, Hans Peter Lehmann


Ein Kommentar von Jochen Lange

Einigkeit macht alle stark

Martin Geiger hat Recht mit seiner Wutrede auf dem Copa-Produktforum. Sicher: Die Kritik an den Direktvertriebsaktivitäten der Industrie ist nicht neu. Viele Zuhörer fühlten sich an seine Worte vom letzen Produktforum erinnert: Der Markt hat sich rasant geändert. Es gibt nicht mehr die klassische Aufteilung, dass sich die Industrie aus dem Kleinobjekt-Geschäft des Großhandels heraushält und nur Großobjekte bearbeitet. Die Lieferanten wollen heute beides: Die Sicherheit, in den Großhandelskollektionen verschnitten zu sein, und gleichzeitig eigene Wege gehen zu den selben Kunden am Grossisten vorbei.

Das trifft den Großhandel aber an einer empfindlichen Stelle und deswegen wählte Martin Geiger in seiner Ansprache dieses Mal eine schärfere Tonart als noch vor zwei Jahren. Auch dem letzten Industrievertreter soll es also in den Ohren klingeln: Der in der Copa organisierte Großhandel ist richtig sauer, dass die Produzenten immer ungenierter klassische Großhandelskunden mit Kampfpreisen angehen. Vor allem im lukrativen LVT-Markt sind den Grossisten diejenigen Lieferanten ein Dorn im Auge, die (zu) spät in das Segment eingestiegen sind und sich jetzt "auf Teufel komm raus Markt kaufen". Das habe nichts mit einer partnerschaftlichen, dreistufigen Marktversorgung zu tun und bringe das Kalkulationsgerüst des Großhandels in bedrohliche Schieflage. Zudem ließe dieses Vorgehen die Preise, die bereits stark unter Druck sind, noch schneller purzeln - zum Nachteil aller Beteiligten.

So sehr Martin Geiger in der Sache Recht hat - die Art und Weise, wie er die versammelte Industrie abgekanzelt hat, war falsch. Er schert mit seiner Wutrede alle über den selben Kamm; auch die vielen großhandelstreuen Lieferanten.

Und wenn sich viele Großhändler im Segment Designbeläge für bestimmte Lieferanten entschieden haben und damit "besetzt" sind für andere Anbieter, ist es doch nur nachzuvollziehen, wenn diese eigene Wege gehen, um ihre Produkte in den lukrativen Markt zu bringen. Sollen sie ihre LVT denn im Werk lassen?

Nein, sicher nicht. Aber der Großhandel kann dann andererseits mit Fug und Recht verlangen, dass die Industrie ihre Direktaktivitäten fairerweise offen betreibt und nicht heimlich. Denn das gehört zu einer vertrauensvollen und partnerschaftlichen Wertschöpfungsgemeinschaft dazu, in der sich Großhandel und Industrie nun einmal befinden.
aus BTH Heimtex 06/14 (Marketing)