Domotex 2014, Hannover

Ohne Maschinenwebteppiche geht es nicht

Auf der Leitmesse der Teppichbranche zeigte sich die Fortsetzung des bestehenden Trends: Die Bedeutung des handgeknüpften Teppichs nimmt ab, die des Maschinenwebteppichs nimmt zu. Verstärkt drängen die Hersteller von Teppichböden auf den Markt, die ihre Einbußen im angestammten Geschäft mit abgepasster Ware zu kompensieren versuchen. Die Toptrends sind: Aquablau, Marokko-Optik und Anbieter mit leistungsstarker Logistik.

Auf der Domotex 2014 ist wieder einmal deutlich geworden, dass kein Weg an maschinengewebten Teppichen vorbei führt. Kein Einkäufer, der eine gut sortierte Fläche zu betreuen hat, kann es sich erlauben, dieser Produktgruppe aus dem Weg zu gehen. Dabei orientieren sie sich nicht mehr primär am günstigsten Preis. Stattdessen spielt die Flexibilität im Service der Lieferanten eine größere Rolle. Ein Trend, der vor allem die großen türkischen Produzenten vor Herausforderungen stellt. Die serviceorientierten, alteingesessenen Anbieter aus Belgien - und auch Newcomer wie Obsession aus Deutschland - sind hier im Vorteil.

Auf Seiten der Produkte sind weiterhin moderne, nicht zu kurzflorige Teppiche gefragt. Der Shaggy ist zwar noch immer nicht tot, verliert aber weiter an dichtere Frisée-Qualitäten. Farblich werden auch in diesem Jahr vor allem dezente Natur- und Grautöne nachgefragt. Als Gegensatz dazu setzen einige Hersteller bewusst auf farbenfrohe Multicolor-Teppiche. Eine Farbe, die bei den Neuheiten 2014 gehäuft zu sehen war, ist ein helles Aquablau - mal als Akzent, mal als Hauptfarbe. "Unsere Multicolor-Teppiche erfreuten sich nicht zuletzt dank der massiven Werbung von Kibek reger Nachfrage", sagt Muharrem Agustoslou, Verkaufsleiter bei Merinos. "Unser großes Plus ist die eigene Lagerhaltung: Immer mehr Abnehmer suchen die Vorteile, die eine bedarfsgerechte Lieferung ab Lager bietet."

Abgepasste Teppiche statt Bahnenware

Weil der Teppichboden seit Jahren Marktanteile verliert, versuchen immer mehr Hersteller von Teppichboden mit abgepassten Teppichen, die sie aus Bahnenware schneiden, zurück auf die Erfolgsspur zu gelangen. Es ist nur konsequent zu versuchen, wenigstens einen Teil der an Parkett, Laminat oder LVT verlorenen Fläche auf diesem Weg zurück zu gewinnen. Ihr Heil suchen die meisten Anbieter in Wunschmaß-Teppichen aus konfektionierter Bahnenware. Dura geht mit seiner Marke Zoeppritz noch einen Schritt weiter und versucht sich an Unikaten, die aus eigens eingefärbten Teppichboden-Rollen gefertigt werden.

Wo es Sieger gibt, gibt es auch Verlierer. Zu Letzteren gehört der Handtuft-Teppich. Er kann sich immer weniger gegen die maschinengewebten Konkurrenten behaupten, und war auf der Messe fast nur bei Spezialisten zu finden. Ganz besonders Webteppiche mit Konturschnitt und auch farbenfrohe Kinderzimmer-Teppiche wildern erfolgreich im Revier der Handtuft-Ware. Zufriedene Gesichter gab es in Hannover nur bei den Anbietern, die eine starke Marke etabliert haben.

Eine interessante und nicht ganz kleine Nische bilden die Handweb-Teppiche, für die zum Beispiel Paulig bekannt ist. Echte Revolutionen finden in diesem Bereich zwar nicht statt, aber die konsequenten Weiterentwicklungen bei Farben und Strukturen sorgen für eine permanente Nachfrage.

Erfreuliches gab es bei den hochwertigen Knüpfteppichen mit einem hohen Designanspruch zu sehen. Wurde in den vergangenen Jahren vor allem Jan Kath - mehr oder weniger plump - kopiert, finden inzwischen immer mehr Aussteller einen eigenen Stil. Von der unglücklichen Sonderfläche Innovations@Domotex abgesehen, machte es richtig Spaß sich in Halle 17 inspirieren zu lassen.

Bei den Highend-Designteppichen ist übrigens eine Produktion in Nepal noch immer das Maß der Dinge. Eine Ausnahme macht Hossein Rezvani, der es geschafft hat, in Isfahan, Iran, eine Produktion für topmoderne Custom-Order-Teppiche aufzubauen.

Der Wermutstropfen in der sonst sehr kreativen und überaus besuchenswerten Halle 17 war die Sonderausstellung Innovations@Domotex. Sie machte es dem designverliebten Besucher mit ihrer lieblosen Aufmachung schwer, sich mit den ausgestellten Stücken auseinander zu setzen. Die Teppiche hingen unmotiviert und wellig an Stangen und waren zudem schlecht beleuchtet. Zu allem Überfluss sorgte die Anordnung in der Mitte der Halle auch noch dafür, dass man zwar wunderbar die unattraktiven Rückseiten der Teppiche sehen konnte, aber nicht die Stände auf der gegenüberliegenden Seite. Das Echo bei den benachbarten Ausstellern und Besuchern war unisono negativ.

Im Gegensatz zu den Design-Custom-Order-Teppichen und im Unterschied zu kommerziellen Nepalknüpfungen aus Indien tut sich der echte Nepal-Teppich im mittleren Preissegment schwer. Nur noch wenige Anbieter haben ein umfassendes Sortiment in dieser Warengruppe. Produktspezialisierung, Service-Leistungen und eine anspruchsvolle Vermarktung sind für viele Anbieter die Schlüssel zum Erfolg.

Beispielhaft dafür steht Manfred Barfuss mit seiner Marke Natur Pur, der vor allem aufgrund guter Verkaufszahlen von einer erfolgreichen Domotex schwärmt. "Wir haben diejenigen Kunden, die wir erwartet haben, auch getroffen und darüber hinaus noch Neukunden hinzugewonnen", sagt Barfuss. "Dadurch haben wir deutlich mehr Aufträge als erwartet bekommen. Es waren mehr Kunden bei uns als im Vorjahr, und diese waren kauffreudiger." Als wichtigsten Erfolgsfaktor sieht Barfuss die punktgenaue Positionierung seiner Produkte im Rahmen eines Megatrends: "Die Bereitschaft, für ein naturbelassenes Produkt Geld auszugeben, nimmt immer mehr zu", erklärt Barfuss.

"Speziell, schnell und in kleinen Mengen auf die Anfragen der Kunden reagieren zu können, ist mehr und mehr der Hauptfokus auf der Messe", resümiert auch Hendrik Janning, Einkaufsleiter bei OCI. "Das bedeutet für uns, dass der Handel erwartet, dass wir eine Lagerhaltungskollektion präsentieren und hierbei speziell für Neuheiten unsere Erfahrungswerte einfließen lassen." Ansonsten diene die Domotex für den Anbieter von Knüpfteppichen aus Indien und Nepal als Trendbarometer: "Wir haben viele Eindrücke darüber bekommen, welche Themenbereiche unsere Kunden interessierten", sagt Janning. "Auf die können wir uns dann spezialisieren und entsprechende Aufträge sofort in die Ursprungsländer weiterleiten, um diese dann schnellstmöglich im Lagerservice anbieten zu können."

Bei Gudrun Ahmed nutze man die Domotex vor allem für intensive Kundengespräche, kaum für die Warenpräsentation. "Wir hatten dieselben Kunden wie in den vergangenen Jahren und über alle Produktsegmente gleichbleibende Verkäufe", sagt Tanvir Ahmed. "Die Domotex ist für uns ein Trendbarometer und keine Verkaufsmesse. Allerdings wandelt sich ihre Bedeutung, weil sich auch die Branche verändert: Die Zeiten, als die Kunden nur einmal im Jahr bestellt haben sind vorbei, heute wird weniger aber dafür regelmäßiger bestellt."

Auf dieser Domotex war die rückläufige Zahl von Patchwork-Anbietern zu beobachten. Von einem Hype wie in den Vorjahren kann nicht mehr gesprochen werden. Es sind deutlich Parallelen zu der Entwicklung beim Ziegler-Teppich vor einiger Zeit zu sehen. Die Produktgruppe hat sich etabliert und die Anbieter, die das Produkt pflegen, waren gut frequentiert.

Anspruchsvoll ist die Situation bei den klassisch gemusterten handgefertigten Teppichen. Während die Löhne steigen, sinkt gleichzeitig die Nachfrage. Trotzdem: Wer sich in den vergangenen Monaten Gedanken um sein Sortiment gemacht hat, hatte gute Chancen auf eine erfolgreiche Messe. Diese Importeure zeigten sich rundherum zufrieden - nicht nur für das eigene Geschäft, sondern auch für ihr Marktsegment. "Die Messe war für mich deutlich besser als erwartet", erklärt Ali Ipektchi. "Der klassische Bereich zeigt sich trotz steigender Preise stabil. Die Unkenrufe über einen weiteren Marktrückgang haben sich nicht bewahrheitet."

Trotz aller Problemen, die diese Produktgruppe in den vergangenen Jahren hatte, scheint der Ausstellerrückgang gestoppt zu sein. Gefühlt waren die Ausstellerzahlen in den Hallen 14 bis 17 wie im Vorjahr, und es könnten auch mehr Besucher in den Gängen gewesen sein. Das Messefazit der Aussteller fällt differenziert aus. Homayoun & Faradj Farhadian fühlen sich als Anbieter im Segment der Nomadenteppiche bestätigt. "Wir ziehen ein ausgesprochen positives Fazit der Domotex: Unsere Kunden sind uns treu geblieben, und wer an unseren Stand kam, der hat auch gekauft", sagt Homayoun Farhadian. "Das Interesse ist kontinuierlich - das motiviert uns dazu, die Produktion fortzuführen."

Es gab Großhändler, die erst am letzten Messetag dazu kamen, Luft zu holen; bei anderen nahm die Höhe der Teppichstapel kaum ab. Ein spürbarer Trend zu einer Produktgruppe war nicht auszumachen -außer vielleicht einem gesteigerten Interesse an orientalischen Flachgeweben. Verkauft wurden alle Preisklassen und Provenienzen, feine persische Ware genauso, wie Bauern- und Nomadenteppiche, Ziegler, wie Kaschmirseide. Es gab sogar wieder einen Hallenbereich, der sich ausschließlich antiken Teppichen widmete.

Zwischen den Ständen der Orientteppichimporteure gab es noch ein Highlight zu entdecken: Die Sonderausstellung 1st Rug Avenue in Halle 14. Die Deutsche Messe als Veranstalter der Domotex und knapp 20 Importeure klassischer Orientteppiche hatten sich zusammengetan, um den Besuchern auf 400 m2 Sonderfläche zu zeigen, wie gut diese Produktgruppe in moderne Einrichtungen passt. Mehr dazu im gesonderten Bericht in dieser Ausgabe.

Neben abgepassten Teppichen standen auf der Domotex in diesem Jahr LVT-Designbeläge und besonders Holzbeläge im Mittelpunkt. Im offiziellen Schlussbericht gibt sich der Veranstalter der Domotex überaus zufrieden. Insgesamt wurden rund 45.000 Besucher in Hannover gemeldet.
aus Carpet Magazin 02/14 (Wirtschaft)