Zentralverband: Auswirkungen der HWO-Novelle im Parkett- und Bodenlegergewerbe

Fußbodentechniker - ein Berufsbild der Zukunft?

Die Novellierung der Handwerksordnung (HWO) trat 2004 in Kraft und hat zwischenzeitlich im Parkettlegerhandwerk deutliche Spuren hinterlassen. Die Rückstufung dieses Vollhandwerks zu einem zulassungsfreien Handwerk, d. h. die Ausübung ohne meisterliche Befähigung, hat in vielerlei Hinsicht zu negativen Auswirkungen geführt. Das handwerksähnliche Gewerbe Bodenleger war von den rechtlichen Veränderungen nicht betroffen. In Zukunft könnte der Lehrberuf des Fußbodentechnikers beide Gewerke miteinander vereinen.
von Edgar Leonhardt, Karsten Krause und Joachim Barth (Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik)

Mit der HWO-Reform wurden zahlreiche Berufe von der Anlage A in die Anlage B1 verschoben. In dieser Einstufung finden sich nun alle am Fußbodenaufbau beteiligten Handwerke wieder. Dazu zählen Estrichleger, Fliesenleger, Bodenleger, Raumausstatter und Parkettleger. Kraft Gesetz darf jeder, der sich dazu berufen fühlt, diese Handwerksberufe ohne jeden Nachweis einer Qualifikation ausüben.

Die handwerksrechtliche Rückstufung im Parkettlegerhandwerk führte in den Jahren 2004 und 2005 zu einer erheblichen Neugründungswelle von Parkettbetrieben. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es ca. 1.700 Betriebe. Zwischenzeitlich sind es über 4.000. Bereits zu Beginn des Jahrzehntes gab es im Parkettlegerhandwerk geringfügig mehr Neugründungen (2003: 164) als Betriebsaufgaben (2003: 116). In den Folgejahren 2004 und 2005 nahm dann die Zahl der Neugründungen bei gleichzeitiger Verdreifachung der Betriebsaufgaben rasant zu. Dies war sicherlich auch bedingt durch die Kurzlebigkeit der "Ich-AG".

Grundsätzlich bleibt damit zu den Auswirkungen der Novellierung der Handwerksordnung von 2004 in der Parkettbranche festzuhalten, dass
- zwar die Anzahl der Betriebe stark zunahm,
- bei gleichzeitiger erhöhter Aufgabe von Betrieben,
- begleitet von einer relativ eher rückläufigen Zahl von Auszubildenden,
- und gleichzeitig weniger sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Zusammenhang mit der Neugründung von vorwiegend Ein-Mann-Betrieben. Heute geht man davon aus, dass nur noch 40 % der Parkettbetriebe von einem Meister geleitet werden.
Erste Ergebnisse des Jahres 2006 deuten darauf hin, dass die starke Zunahme der Betriebe nachlässt. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass der Nachholeffekt durch die Erleichterung der Marktzugangsbedingungen infolge der HWO-Reform zurückgeht.

Entwicklung Bodenlegerhandwerk

Da die Novellierung der Handwerksordnung das Bodenlegergewerbe weniger tangierte, kam es hier nach Inkrafttreten der HWO zum 1.1.2004 zu keinem merklichen Anstieg der Neugründungen wie in den neuen zulassungsfreien B1-Handwerken. Überraschend war lediglich, dass es vor Inkrafttreten der Novelle im Jahr 2003 zu einer sprunghaften Zunahme der Zahl der Betriebe um 7,5 % kam. Zurückzuführen war dies sicherlich auf die in der Öffentlichkeit stattfindende Diskussion vor der Verabschiedung der gesetzlichen Regelung.

Im Gegensatz zum Parkettlegerhandwerk ist in den letzten beiden Jahren die Zahl der Betriebsaufgaben deutlich unter der Zahl der Neugründungen geblieben. Mittelfristig dürfte es ungefähr genauso viele Bodenlegerbetriebe wie vor der Änderung geben.

Gefahr durch unqualifizierte Existenzgründer

In Zukunft wird es also mehr und mehr darum gehen, die Qualität von Meisterbetrieben und gut ausgebildeten Boden- und Parkettlegern gegenüber dem Auftraggeber besonders herauszustellen. Das gesetzlich garantierte "Ausüben dürfen" hat die überwältigende Zahl der Betriebsneugründer mit dem Begriff "Ausüben können" verwechselt.

Die Vielzahl neuer Betriebe hat zu einem starken Preisverfall geführt. Billiganbieter beschäftigten billige Arbeitskräfte oder stellten vom Staat subventionierte Kräfte ein, die dadurch aus dem 2. und 3. Arbeitsmarkt geholt werden sollten. Als Folge davon verloren Arbeitskräfte im 1. Arbeitsmarkt ihren Arbeitsplatz, weil vielen gestandenen Betrieben mit guter handwerklicher Leistung und hoch qualifizierten und selbstverständlich gut bezahlten Mitarbeitern die Aufträge aus Preisgründen verloren gingen.

Nicht nur seit der Novellierung der Handwerksordnung fordert das Handwerk eine Mindestqualifizierung von Betriebsgründern. Die Gründe dafür sollen an zwei Beispielen verdeutlicht werden: Obwohl ein Existenzgründer keinerlei Kenntnisse zum Beispiel über die Unfallverhütungsvorschriften nachweisen muss, kann er jederzeit Mitarbeiter einstellen und sogar Lehrlinge ausbilden. Außerdem führen fehlende Kenntnisse über die Gefahrstoffverordnung und den Umweltschutz dazu, das beispielsweise Altlastgefahren nicht erkannt oder falsch eingeschätzt werden. Das Schweigen von Politik, Berufsgenossenschaften und Verbraucherschutzorganisationen zu dieser Problematik ist grob fahrlässig.

Vorbild Europa

Schon bei der Schaffung des Ausbildungsberufes des Bodenlegers wurde laut darüber nachgedacht, ob die Gewerke im Fußbodenbau nicht zu einem Beruf zusammengefasst werden könnten - wie es in einigen Ländern Europas bereits praktiziert wird. Die Entwicklung nach der Novellierung der Handwerksordnung zwingt nun auch die beteiligten Handwerksorganisationen, hierüber nicht nur weiter nachzudenken, sondern aktiv zu handeln - ehe der Gesetz- oder Verordnungsgeber die Bedingungen diktiert. Was in der Schweiz und in Österreich schon seit vielen Jahren funktioniert, muss in unseren Reihen doch zumindest einer kritischen Bewertung und Prüfung zugeführt werden. Das Kastendenken mag im letzten Jahrhundert noch Platz gehabt haben, aber heute sicher nicht mehr. Auch wenn es manchen Verbandsfunktionären nicht gefallen wird: Wer jetzt nicht ganz schnell umdenkt, der wird als Verhinderer zeitgemäßer Entwicklungen und als Totengräber seines Berufes in die Geschichte eingehen.

Industrie soll ausbilden

Mit der Schaffung des Ausbildungsberufes für Bodenleger verzeichnet man von Jahr zu Jahr steigende Ausbildungszahlen in diesem Bereich. Eines fällt hierbei jedoch besonders auf: Die herstellende Industrie, die ansonsten in vielfältiger Weise mit dem Handwerk kooperativ zusammenarbeitet, hat sich bisher nahezu vollständig aus der Ausbildung herausgehalten. Gleichzeitig sucht die Industrie allerdings im Markt immer häufiger nach handwerklich ausgebildeten Fachkräften. Immer häufiger stellen zum Beispiel die Hersteller von Verlegewerkstoffen für die Kundenbetreuung fachlich orientierte Anwendungsberater, statt der sonst üblichen eher kaufmännisch orientierten Vertreter an. Woher kommt nun dieses fachlich versierte Personal? Studiert man die Visitenkarten, so liest man: Parkettlegermeister, Fliesenlegermeister, Estrichlegermeister und Raumausstattermeister.

Diese Umstände sehr wohl wissend, verweigert sich die Industrie zumeist beharrlich, handwerklich auszubilden, obwohl dies in den entsprechenden Abteilungen ohne weiteres möglich wäre. Nur weil es jahrzehntelang so war, dass die Industrie selbst von der Ausbildung des Handwerks profitiert hat, warum sollte es nicht auch einmal andersherum so sein?
aus FussbodenTechnik 02/07 (Wirtschaft)