Abgepasste Teppiche auf der Domotex

Shop-in-Shop-Konzepte und Marken verändern das Gesicht des Teppichhandels

Der Markt für abgepasste Teppiche gewinnt wieder kräftig an Fahrt. Die Aussteller der Domotex zeigten sich in weiten Teilen überaus zufrieden mit dem Messegeschäft. Vor allem moderne, handgefertigte Teppiche und maschinengewebte Teppiche waren stark nachgefragt. Das Orderverhalten der ausländischen Besucher machte Freude, die Aktivitäten des deutschen Handels dagegen reichten vielen Anbietern nicht aus. Das Fernbleiben vieler Deutscher von der Messe ist eine bedauernswerte und unverständliche Entwicklung. Durchwachsen waren die Verkäufe der Anbieter klassischer Orientteppiche. Besonders in Deutschland tut sich diese Produktgruppe weiter schwer. Dennoch: Der Teppich gewinnt auch hierzulande wieder an Bedeutung, angeschoben durch immer mehr griffige, erfolgreiche Marken- und Shop-in-Shop-Konzepte. von Mona Backhaus

Was sich bereits in den letzten Monaten angedeutet hatte, wurde auf der Domotex 2007 eindrucksvoll bestätigt: Der Markt für abgepasste Teppiche gewinnt nach Jahren der Flaute wieder kräftig an Fahrt. Vor allem für Anbieter von modernen, handgefertigten Teppichen und für Hersteller von maschinengewebten Teppichen erwies sich die diesjährige Veranstaltung als eine starke Messe. Überaus positiv war die Stimmung bei den Ausstellern in den Hallen 2, 3, 5 und 6. Gute Laune herrschte hier, teilweise auch in den Hallen 14 bis 17.

"Eine verdammt gute Messe" sei die Domotex 2007 gewesen, bilanzierte beispielsweise ein Aussteller in Halle 3. Das Ergebnis würde in diesem Jahr "noch über den Abschlüssen der goldenen Zeiten" liegen. "Einfach riesig", kommentierte auch Michael Galley von Asiatic Carpets (Halle 17) den Messeverlauf. Hochzufrieden ebenfalls Guy Hoste von Lano (Halle 5), dessen Unternehmen im Produktsegment Teppiche 40 Prozent mehr Aufträge als auf der Vorjahresmesse schrieb.

Ambivalent dagegen die Stimmung unter den Anbietern klassischer Teppiche. Teilweise auch hier überaus große Zufriedenheit, vor allem bei Spezialisten mit klarem Produktprofil, teilweise aber auch Enttäuschung. "Es hätte etwas mehr sein können", hieß es bei einer Reihe von Ausstellern. 30 Prozent weniger Umsatz als auf der Vorjahrsmesse erzielte beispielsweise ein Anbieter aus den Orienthallen. "Wir hätten uns mehr Neukunden gewünscht", sagte er.

Besucherrückgang deutlich spürbar

Das Thema Besucher wurde grundsätzlich kritisch betrachtet. Auch in diesem Jahr verzeichneten die Aussteller in durchweg allen Hallen erneut einen Besucherrückgang. Der Anteil deutscher Besucher sinke weiter massiv, hieß es. Stimmen wurden laut, die Messegesellschaft müsse mehr für diese Besuchergruppe machen.

Nach dem schmerzhaften Schrumpfungsprozess der letzten Jahre liegt der Teppich-Einzelhandel heute in Deutschland weitgehend in den Händen von einigen wenigen "Großen" aus dem Fach- und Möbelhandel. Schmerzlich vermisst wird das kleine, inhabergeführte Fachgeschäft, das noch vor wenigen Jahren so stark gewesen, heute aber weitgehend von der Bildfläche verschwunden ist. Eine Renaissance ist entgegen aller Hoffnungen und Erwartungen nicht in Sicht.

Dafür gewinnt die Domotex immer mehr an Interna-tionalität. Neben den fernöstlichen Ländern waren vor allem Besucher aus dem mittlere Osten und auch wieder Amerika nach Hannover gekommen. Grund für die erfreulich hohe Zahl von US-Amerikanern war der späte Termin der Messe in Atlanta, der dieses Jahr keine Überschneidung mit der Domotex hatte.

Unmut über räumliche Trennung wächst

Die Anbieter von klassischen Orient Teppichen haben ihre Stände in den Hallen 14-17, moderne Teppiche sind schwerpunktmäßig in Halle 3 rund um das Floor Forum platziert. Soweit die Theorie. Tatsächlich haben die klassischen Anbieter zunehmend moderne Ware bis hin zum Handtuft im Angebot und fühlen sich in den Orient-Hallen 14-17 nicht immer gut aufgehoben. Der Weg von Halle 17 zur Halle 3, wo die klassischen Anbieter Trend-Einkäufer vermuten, ist nicht nur weit, sondern auch eine psychische Barriere. Ergebnis - der Unmut der Aussteller vor allem in Halle 17 wächst. Man wünscht sich räumliche Nähe zur "Trendhalle 3". Um die Ausstellerwünsche zu erfüllen, müsste die Messegesellschaft die komplette Hallenstruktur verändern, was die meisten Aussteller aber auch nicht wünschen. Die Messemacher befinden sich in der Zwickmühle.

Floor Forum weiter in der Diskussion

Aber auch beim Floor Forum in Halle 3 gab es bei den Ausstellern, die für die Sonderpräsentation zur Kasse gebeten werden, keine volle Zufriedenheit. Ein Anbieter stellte eine grundsätzliche Frage: "Wir bewerten das Floor Forum positiv, auch wenn uns kaum ein Kunde drauf angesprochen hat. Nehmen oder wie nehmen unsere Kunden das Floor Forum wahr?"

Weitere Zweifel waren am Nutzen des Caterings zu hören, zumal im Floor Forum-Cafe oft genug Vertreter von Anbietern sitzen, die keinen Messestand haben und hier auf potentielle Kunden warten. Ein Problem, dass im übrigen immer ernster wird, da diese, meist indischen Anbieter, auch nicht davon zurückschrecken, Besucher auf den Ständen anzusprechen, während der Verkäufer sich um die Bewirtung der potentiellen Kunden kümmert. Der Redaktion von BTH Heimtex wurde von mehreren Ausstellern auf dieses Problem angesprochen.

Es gibt aber auch Erfreuliches zu berichten: Die Halle 3 hat deutlich an Ausstrahlungskraft gewonnen. Grund hierfür war nicht zuletzt die Teilnahme der jungen deutschen Teppich-Avantgarde: Neben Jan Kath stellten in diesem Jahr auch Jürgen Dahlmanns (Rug Star) und Michaela Schleypen (Floor To Heaven) aus - ein deutliches Plus für den Trendanspruch der Halle und der Beweiß, dass eine neue Generation nachwächst, die viel kreative Energie in den abgepassten Teppich steckt.

Sonderveranstaltungen in Halle 15

Auch in diesem Jahr konnte sich der Teppichhandel im Business Training in Halle 15 nützliches Wissen zum besseren Verkaufen holen. In einem dreitägigen Programm informierten Uwe Manzke, Andrea El Shami, Thomas Frick und Axel Venn über aktuelle Modetrends, das richtige Auftreten des Verkäufers bis zur optimalen Warenpräsentation.

In unmittelbarer Nachbarschaft zum Business Training lag die wieder großzügig präsentierte Sonderausstellung der Carpet Design Awards, aus der am Sonntagabend die schönsten Stücke prämiiert wurden. Im direkten Vorfeld zu diesen Auszeichnungen ehrte der Verband der Teppichimporteure EUCA Volker Heinrich für sein Lebenswerk in der Teppichbranche.

Premiere des Carpet Cup

Ein besonderes Highlight auf der Sonderfläche in Halle 15 war die Premiere des Carpet Cup von BTH Heimtex und Heimtex Orient. Hier wurden die Teppichfachhändler des Jahres in den Kategorien Beste Teppichabteilung, Besonderer unternehmerischer Mut und Solides Wachstum ausgezeichnet. Einen ausführlichen Bericht zu dieser Veranstaltung, die die Führungsriege des deutschen Teppich- und Möbelhandels anzog, lesen Sie auf den nächsten Seiten.

Ein Feuerwerk an Neuheiten

Unübersehbar war, dass viele Anbieter moderner Teppiche intensiv an ihrem Sortiment gearbeitet hatten und zur Domotex eine Fülle an Neuheiten präsentierten. Wissenbach beispielsweise, die Nummer 1 auf dem deutschen Markt, unterstrich seine Führungsposition eindrucksvoll mit einem regelrechten Feuerwerk an Neuheiten - und zwar in allen Linien und Produktgruppen. Ein überaus umfangreiches gelungenes Paket hatte auch Talis geschnürt: rund 80 Prozent aller auf der Messe präsentierten Designs waren neu.

Asiatic Carpets und Meumann betonten jeweils ihre wachsende Marktbedeutung mit deutlich größeren Ständen als im vergangenen Jahr. Arte Espina, der Trendsetter für handgetuftete Teppiche, profilierte sich einmal mehr mit dem wohl schönsten und zugleich aufmerksamkeitsstärksten Stand der Messe. Der Besuch von Paulig war allein schon durch die Übernahme von Makalu ein "Muss".

Wissenbach mit Joop Home-Kollektion

Wichtigste Entwicklung im Bereich moderne Teppiche bleiben Marken- und Shop-in-Shop-Konzepte, wie sie bereits von Arte Espina, Jab Anstoetz und Talis seit geraumer Zeit angeboten werden. Sie verändern derzeit die deutsche Handelslandschaft, ebenso Cross-Selling-Produkte zu einzelnen Themenwelten, gleichfalls verpackt in Shop-Systemen. An erster Stelle steht hier die Esprit Home-Welt, zu der Wecon Home die Teppiche beisteuert. Auf diesen Zug springt jetzt auch Wissenbach mit Teppichen für die Joop Home-Kollektion auf. Hinzu kommt Reinkemeier-Rietberg mit Teppichen für die Home Vision-Kollektion des renommierten Tapetenanbieters Rasch.

Trend zu besseren Qualitäten setzt sich fort

Der bereits im letzten Jahr deutlich spürbare Trend zu besseren Qualitäten setzt sich in allen Segmenten weiter fort. Paradebeispiel ist der Nepalteppich. Talis beispielsweise verbuchte auf der Domotex seine größten Erfolge mit einer 100 Knots-Ware. Wissenbach hatte bereits im Vorfeld sein Angebot an hochwertigen Nepalteppichen deutlich ausgebaut - "weil es der Markt verlangt", so Geschäftsführer Manfred Barfuss.

Grundsätzlich drängen handgearbeitete Artikel aus Indien und Pakistan weiter auf den Markt. Im Gabbeh-Bereich dominiert nach wie vor die indische Variante, das persische Original kann sich nur im höherwertigen Bereich vor allem mit Lori-Gabbeh durchsetzen.

Großer Beliebtheit beim Endverbraucher erfreut sich nach wie vor der trendstarke handgetuftete Teppich. Neben Acryl kommt zunehmend Wolle zum Einsatz. Auch der moderne Webteppich wird immer häufiger in Wolle gefertigt. Er ist grundlegend weiter stark auf dem Vormarsch, nicht zuletzt spricht oftmals das Preis-Leistungsverhältnis für ihn.

Weiterhin gute Prognosen für den Shaggy

Das zentrale Trendthema auf der Domotex hieß auch in diesem Jahr wieder Shaggy. Es gibt ihn mittlerweile in allen erdenklichen Versionen. Wissenbach brachte ihn jetzt sogar mit Pompons auf den Markt. Immer wichtiger werden aktuell Glanz- und Multicolor-Effekte. Balta und Lano stellten zudem Neuentwicklungen vor, die weniger flusen sollen. Die Prognosen für den Shaggy sind nach wie vor gut. Er komme erst jetzt in der Breite an, sagte Talis-Geschäftsführer Martin Graebener.

Ein weiteres wichtiges Thema sind Strukturen, die durch Reliefschnitt, abwechselnde Schnitt- und Schlingenpartien sowie durch den Einsatz unterschiedlicher Materialien entstehen. Beispielsweise werden neben Wolle auch Seide, Jute, Hanf oder Chenille verwendet. Im hochwertigen, avantgardistischen Segment darf sogar das Grundgewebe partiell sichtbar sein für eine noch größere Dreidimensionalität.

Ganz neu ist das Design-Thema Neo-Barock. Auf vielen Teppichen rankten während der Domotex großflächige, barocke Ornamente, wie sie bereits seit einiger Zeit auf Wohnstoffen zu sehen sind. Passend dazu darf es verstärkt dezent schimmern und bisweilen sogar glitzern. Dafür sorgen Seiden- oder Viskoseanteile, Effektgarne und vereinzelt auch kleine, in den Flor eingearbeitete Deko-Steinchen. Aktuelle Musterungen zeigen daneben Wellen, Kreise und Streifen, der Retro-Look geht zurück. In den zunehmend aufgelockerten, breiter werdenden Bordüren der konsumigeren Teppiche sind immer wieder auch florale Motive vertreten.

Die neuen Trendfarben lauten Schoko und Creme. Insgesamt dominieren warme, softe Erdfarben, ergänzt um Silber und Gold, passend zum Neo-Barock, sowie sanfte Grün- und klassische Rot-Töne. Im eher konsumigen Bereich ist Terrakotta noch ein beliebtes Thema. Wasserfarben kommen als Ergänzung hinzu. Gerne werden weiterhin Farbverläufe eingesetzt, neu sind melierte Partien.

Vom Nischenprodukt zum Trendartikel gewandelt haben sich in den vergangenen Monaten Tierfelle. Ob europäisches oder südamerikanisches Rind, ob natur oder gefärbt, ob in natürlicher Form oder als rechteckiger Teppich, das Angebot auf der Domotex war umfassend. Ebru brachte eine neue Variante mit flauschig-weichen Rentier-Fellen auf den Markt. Natürlich darf das Zebra auf Kuhfell gedruckt in keiner Kollektion fehlen.

Auch beim klassischen Teppich Trend zum höherwertigen Produkt

Der klassische geknüpfte Teppich hat es im Gegensatz zum modernen Teppich schwer am Markt. Grundsätzlich aber sind auch hier derzeit höherwertigere Produkte gefragt. Neue große Trends ließen sich auf der Domotex bei der Absortier-Ware nicht ausmachen. Der Ziegler steht nach wie vor auf der Beliebtheitsskala ganz weit oben. Das hat dazu geführt, dass in diesem Jahr ein massives Überangebot vorhanden war. Allerdings konnten sich Anbieter, die überdurchschnittliche Qualitäten mitgebracht hatten, der Preisdiskussion entziehen. Ähnlich sah es beim Kaschmir-Seidenteppich aus, der derzeit zweitwichtigsten Provenienz am Markt. Auch hier gab es "Kampfpreise bei der Standardqualität", so ein Aussteller.

Grundsätzlich stehen heute Anbieter mit Eigenproduktionen besser im Markt da. Denn selbst der klassische Teppich unterliegt mittlerweile westlichen Mode-Erscheinungen und regionalen Vorlieben in Hinblick auf Qualitäten, Farben und Musterungen. Von zentraler Bedeutung im Bereich der Orient-Katalogware ist ein zuverlässiger Rundum-Service mit kompletter Lagerhaltung für den Einzelhandel.

Beim klassisch gestalteten Webteppich stehen ebenfalls Ziegler-Muster hoch im Kurs, gefolgt von reduzierten All-overdessins. Vorrangig kommen Cremetöne als Fondfarben zum Einsatz, daneben auch Rot und - ganz neu - Schoko und Silbergrau. Melierungen imitieren immer besser die Abrasch-Effekte geknüpfter Originale. Erhöhte Seidenanteile wie beispielsweise bei der aktuellen Kollektion von Osta Carpets entsprechen dem allgemeinen Trend nach etwas mehr Luxus. Grundlegend tendiert der Markt auch in diesem Segment zu höherwertigerer Ware.

Ausführliche Messe-Berichte von Domotex, Heimtextil und IMM Cologne rund um das Thema der abgepassten Teppiche können Sie in den aktuellen Ausgaben unserer Schwesterzeitschriften Carpet XL und Carpet Orient lesen.
aus BTH Heimtex 02/07 (Wirtschaft)