7. Internationales BEB-Sachverständigentreffen in Nürnberg

195 Teilnehmer sorgen für neuen Rekord

Die BEB-Sachverständigentagung in Nürnberg erreichte mit 195 Teilnehmern einen neuen Rekord. Die von Tagungsleiter Heinz-Dieter Altmann, Obmann des BEB-Arbeitskreises Sachverständige und von Oliver Erning, Leiter des Institutes für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) organisierte Veranstaltung zog Sachverständige, Industrievertreter und Verarbeiter aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und Skandinavien an. Die inhaltlichen Schwerpunkte umfassten die Themen Bruchkraftberechnung bei Estrichen, thermisches Verschweißen von Kunststoffbelägen und das Austrocknungsverhalten von Leichtausgleichsschichten.

Man kann ohne Übertreibung behaupten, dass sich die 7. Sachverständigentagung als Pflichttermin für die Fußbodenbranche etabliert hat. Fußbodenexperten aus allen deutschsprachigen Ländern waren der Einladung des BEB-Arbeitskreises Sachverständige gefolgt, um sich über neue Erkenntnisse aus Forschung, Normung und Praxis zu informieren. Zahlreiche Sachverständige der verschiedenen Fußbodengewerke, genauso wie Inhaber und Bauleiter namhafter Fachbetriebe, Vertreter des Bundesverbandes Estrich und Belag (BEB) und des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik (ZVPF) sowie Anwendungstechniker aus der Zulieferindustrie.

Der von Tagungsleiter Heinz-Dieter Altmann mit der Unterstützung des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) zusammengestellte Mix, behandelte folgende Themen:

- Prüfung des Feuchtegehaltes von Estrichen
- Austrocknungsverhalten von Leichtausgleichsschichten
- Normgerechte (?) Estrichprüfungen - häufige Fehler, Bruchkraftberechnung und Mehrschichtsysteme
- Thermisches Verschweißen von Kunststoffbelägen, Verfugung von Linoleum, Natur- und Synthesekautschukbelägen - Anspruch und Wirklichkeit
- Wer ist für das Austrocknen unbeheizten Estriche verantwortlich?
- Bemessung hochbeanspruchter Fußbodenkonstruktionen mit Beton- und Naturwerksteinbelägen
- Warmwasser-Fußbodenheizung - Informationen zu Neuerungen bei Planung, Ausführung, Betrieb und Bodenkühlung
- Tendenzen bei der Herstellung von Normzementen - Auswirkungen auf Estriche und Industrieböden

Prüfung des Feuchtegehaltes von Estrichen

Das Thema Prüfung des Feuchtegehaltes von Estrichen kann als das Thema des Jahres 2006 bezeichnet werden. Schon im Rahmen der TKB-Klebstoff-Tagung und später bei der TKB-Gesprächsrunde Fußbodentechnik wurde regelmäßig aufs Neue diskutiert (FussbodenTechnik berichtete). Oliver Erning, Leiter des Institutes für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung fasste die Entwicklung zusammen. Um das Ergebnis gleich vorneweg zu nehmen: "Die CM-Messung ist und bleibt das Maß bei der Messung des Feuchtegehaltes auf Baustellen." Erning hat sich ausführlich mit alternativen Messverfahren auseinander gesetzt:

- Beim Darren ist eine große Probenmenge möglich, die Messung ist sehr genau und die Korrelation zur CM-Messung ist bekannt. Nachteilig ist, das Darren ist eine zerstörende Prüfung, nur im Labor möglich und erfordert eine lange Prüfdauer.
- Die Folienprüfung erfordert nur einen geringen Aufwand und funktioniert zerstörungsfrei. Nachteil: Am Ende steht kein Zahlenwert und damit keine Aussage über die Belegereife.
- Widerstands- und kapazitive Messungen sind schnelle Messungen und sie sind zerstörungsfrei oder -arm. Aber es gibt viele unterschiedliche Geräte und Verfahren am Markt, der Einfluss des Bindemittels, der Rohdichte und der Estrichdicke ist hoch. Die Korrelation von Anzeigen in Form von Digits, Skalenanteilen etc. ist eine Glaubensfrage und eine Kalibrierung für jeden Estrich erforderlich.
- Die Luftfeuchtemessung im Bohrloch kommt aus Skandinavien und ist zerstörungsarm. Nachteile: Die Beeinflussung durch Wärme beim Bohren, ungenaue Angaben über Bohrtiefe, Bohrbreite, Unsicherheit bei Messgenauigkeit, Umrechnung über Sorptionsisotherme in Abhängigkeit des Baustoffs ist nicht auf jeden Estrich anwendbar und Anforderungswerte existieren nicht.

Neue bisher noch nicht veröffentlichete Untersuchungen mit dem skandinavischen Messgerät zeigten eindeutig, dass dieses Messverfahren aufgrund der Temperaturabhänigkeit nicht für die Baustelle geeignet ist, oder jemals sein wird.

Ergebnisse der Normenausschuss-Sitzung

Seminarleiter Heinz-Dieter Altmann ergriff zu Beginn der Veranstaltung die Chance, IBF-Leiter Oliver Erning in seiner Eigenschaft als stellv. Obmann des Normenausschusses Estriche im Bauwesen (NABau) zu bitten, kurz über die Ergebnisse der letzten Normenausschusssitzung zu berichten. Diese Sitzung wurde von allen interessierten Kreisen sehnsüchtig erwartet, da von der Fachgemeinschaft Bau Berlin Brandenburg, eine umfangreiche, in der Presse vorab veröffentlichte Ausarbeitung zur DIN 18560 beim NABau eingereicht wurde und beraten werden sollte. Im Normenausschuss sind Handwerk, Verbände, Industrie und Prüfwesen vertreten.

Erning berichtete, dass außer den Ausschussmitgliedern 2 Vertreter der Fachgemeinschaft Bau Berlin Brandenburg anwesend waren. Weiterer Tagungspunkt waren die vermeintlich unterschiedlichen Auslegungen des ZDB und BEB zur Vorgehensweise bei auf der Baustelle hergestellten Estrichmörteln. Die Sitzung verlief laut Erning sehr ruhig und harmonisch. Die unterschiedlichen Auslegungen zwischen BEB und ZDB haben sich auch in Luft aufgelöst. Die wichtigsten Ergebnisse:

- Auf der Grundlage der Sitzungsergebnisse werden neue Normenentwürfe für DIN 18560-1 und -2 erstellt, die dann die übliche Normenbürokratie durchlaufen müssen, voraussichtliches Erscheinungsdatum der Endfassung 2008.
- Im Anwendungsbereich der DIN 18560-1 wird eine Anmerkung aufgenommen, die für mehr Klarheit im Umgang mit Baustellenestrichmörteln sorgen soll. Demnach benötigt man immer einen werksseitig oder auf der Baustelle hergestellten Estrichmörtel nach DIN EN 13813, um eine Estrichkonstruktion nach DIN18560-2 bis -7 herzustellen. Das bedeutet, dass für jeden Estrichmörtel eine EG-Konformitätserklärung erforderlich ist.
- Diese Missverständnisse sind nur dadurch aufgekommen, dass gemäß der Begriffsnorm DIN EN 13318 in Deutschland unter einem Estrich sowohl der Estrichmörtel als auch das Bauteil Estrich verstanden wird. Diese Doppeldeutung wird bei der nächsten standardmäßigen Überarbeitung DINEN 13318 gestrichen.

Die umfangreichen Vorschläge der Fachgemeinschaft Bau Berlin Brandenburg wurden jeweils vorgestellt und im Einzelnen beraten:

- Zahlreiche Einzelpunkte mussten vom Normenausschuss abgelehnt werden, da diese vertragsrechtliche Aspekte berührten und nicht in eine Anwendungsnorm gehören.
- Die vorgeschlagene "Belastungsprüfung", als Ergänzung bzw. Alternative zu der normativ geregelten Bestätigungsprüfung, wird nicht aufgenommen, da keine Gleichwertigkeit zwischen "Belastungsprüfung" und Bestätigungsprüfung gegeben ist.
- Die bestehenden Estrichnenndicken der DIN 18560-2 haben weiterhin Bestand. Dem Vorschlag folgend wird allerdings die Mindestnenndicke der Tabellen 1 und 2 von 30 mm auf 35 mm angehoben. Ebenso wurde herausgestellt, dass es sich bei allen Dickenangaben der Norm um Estrichnenndicken handelt.
- Die Abschätzung der Tragfähigkeit über einen Bruchkraftvergleich bleibt, trotz unterschiedlicher Auffassung über den Berechnungsweg, bestehen. (vgl. linksstehender Bericht)

Austrocknung von Leichtausgleichsschichten

Egon Döberl, Geschäftsführer des Schüttungsherstellers Mix-It, referierte über die Restfeuchte von gebundenen Schüttungen unter Estrichen - in Österreich "gebundene Beschüttung" genannt. Döberl verzeichnet eine gestiegende Nachfrage, weil bei geringem Platzangebot Ausgleichestriche mit zusätzlichen Dämmeigenschaften gefordert werden.

Zu Problemen kommt es in der Regel, wenn die Restfeuchtigkeit der gebundenen Schüttung zu hoch ist. Die Austrocknung ist abhängig von der Einbaustärke, den klimatischen Verhältnissen, dem Wasser-/Zement-Wert und der Rohdichte des Ausgleichmaterials.

Nach Schätzungen von Döberl haben die Schüttungen unter schwimmenden Estrichen in Österreich bereits einen Marktanteil von 60%. Dort sind sie in der neuen Ö-Norm 6550-1 und 2 geregelt. Auch in Deutschland gebe es eine steigende Tendenz, der in DIN 18560 Teil 2 geregelten gebundenen Schüttungen.

Die Restfeuchtigkeit wird mittels CM-Messung genau wie beim Estrich ermittelt. Die Probenentnahme sollte aus dem gesamten Querschnitt entnommen werden. Für die Angaben nach der maximalen Restfeuchte muss der jeweilige Hersteller befragt werden.
Estrichprüfungen, Bruchkraftberechnung und Mehrschichtsysteme

Dipl.-Ing. Wolfgang Limp, IBF, stellte den Anwesenden zu Beginn typische Fehler bei der Prüfung und Bewertung von Fußbodenkonstruktionen vor. Insbesondere wies er auf die in der Regel negativen Auswirkungen für die Handwerksbetriebe hin.

Ein weiterer Themenschwerpunkt des Vortrages von Limp war die Betrachtung der Tragfähigkeit von Mehrschichtsystemen. Eine einfache Biegezugfestigkeitsprüfung ist hier nicht möglich. Nach einem theoretischen Exkurs in die Festigkeitslehre stellte Limp einige Versuchsergebnisse vor, die die Vermutungen der anwesenden Sachverständigen eindrucksvoll bestätigten.

Thermisches Verschweißen von Kunststoffbelägen

Der Sachverständige Richard A. Kille widmete sich wie schon auf der ZVPF-Sachverständigentagung in Kassel (FussbodenTechnik berichtete) auch in Nürnberg dem Thema Thermisches Verschweißen von PUR- und PU-beschichteten Kunststoffbelägen. Die "heiße Luft" des Verschweißens werde derzeit von einer matten Spur auf der Oberfläche der Beläge begleitet. "Früher war das kein Problem, weil die Spur durch die Einpflege wieder verschwand; heute soll die Einpflege ja gerade wegfallen", berichtete Kille. Der Referent ist der Meinung, auf ein generelles Problem gestoßen zu sein, bei dem die Nähte von Spuren und Schmutz begleitet werden. Beim Verschweißen mit dem Handautomaten empfiehlt Kille die 0,9 mm breite Düse, die es bei Leister in der Ersatzteilliste gibt.

Bei Versuchen mit PUR-beschichteten Kautschukbelägen machte Kille ähnliche Erfahrungen. Seine Betrachtungen unter dem Mikroskop hätten eine optische Streifigkeit an den Nähten ergeben. Beim Abstoßen der Schweißschnur hält Kille das Viertelmondmesser für unangebracht, da "man von der PUR-Versiegelung immer etwas mitnimmt." Seine Empfehlung ist ein schonenderes Abstoßen mit dem Abstoßspachtel. Killes Fazit lautet, dass "die PUR- und PU-Beschichtung von Kunststoffbelägen aus Marketinggründen sicher sinnvoll sei, aus technischer Sicht allerdings völlig sinnfrei".

Urteile, Gutachten und strategische Tipps

In wie immer amüsanter Form versuchte der Vorsitzende Richter am Landgericht Dortmund Jürgen Ulrich, die Sachverständigen auf Defizite vor Gericht hinzuweisen. Dem vorgegeben Thema "Wer ist für das Austrocknen unbeheizter Estriche verantwortlich?" entledigte sich Ulrich mit der Antwort: "Die Luft". Stattdessen brachte er den Sachverständigen ein Mustergutachten näher und beschrieb die Bestandteile, die wichtig und die, die überflüssig sind.

Eine Reihe von aktuellen Urteilen rundete seinen Vortrag ab. So hat das OLG Bamberg folgendes entschieden: Wird zwischen dem Estrichleger als Subunternehmer und dem auftraggebenden Bauunternehmer vereinbart, dass Unebenheiten durch eine wechselnde Estrichstärke auszugleichen sind, hat der Estrichleger sich zu vergewissern, ob der bauleitende Architekt des auftraggebenden Bauunternehmers die Konsequenzen der Austrocknungsdauer erkannt hat (OLG Bamberg, AZ 4 U 182/05).

Fußbodenkonstruktionen mit Beton- und Naturwerksteinbelägen

Reiner Krug vom Deutschen Natursteinverband (DNV) beschäftigte sich mit der Bemessung hochbeanspruchter Fußbodenkonstruktionen mit Beton- und Naturwerksteinbelägen. Er berichtete, dass die Belastungsvorgaben dieser Beläge immer an Fußgängern bemessen werden. Diese Rechnung bezeichnete Krug als realitätsfern, da z.B. "Montage-Spinnen" eine ganz andere Lastverteilung aufbringen würden - der Vergleich mit dem Elefanten auf Stöckelschuhen veranschaulichte das Problem. Krug betonte, das Naturstein eine reine Nutzschicht und keine Tragschicht sei. Für die Bemessung der Tragkraft einer Konstruktion sei ausschließlich der unter dem Naturstein liegende Estrich maßgeblich. Hierzu stellte er ein im Rahmen eines Forschungsvorhabens entwickelten Bemessungsprogramm des DNVs vor und merkte nebenbei an, dass die in den Tabellen der DIN 18560 aufgeführten, lastabhängigen Estrichnenndicken auch von seinem Programm gefordert würden.

Heizen und Kühlen mit Klimasystemen

Dr. Michael Günther von Fußbodenheizungshersteller Uponor informierte über alternative Klimatisierungsmethoden zum Heizen, aber auch zum Kühlen von Bauwerken. Im Zusammenhang mit dem Konzipieren energieeffizienter Heizysteme für neu zu errichtende Gebäude sei die klassische Fußbodenheizung seit langem Planungsbestandteil. So werde gegenwärtig fast jedes zweite Einfamilienhaus mit einer Fußbodenheizung ausgeführt. Die Systeme der klassischen Fußbodenheizung sind dabei technisch ausgereift und Neuerungen beziehen sich meistens nur auf Details. Dennoch gibt es Überlegungen, diese Systeme für neue Anwendungsgebiete zu modifizieren und weiterzuentwickeln. So stellte Dr. Günther eine Fußbodenheizung mit oberflächennahen Rohren vor, die direkt auf den vorhandenen Fußboden verlegt werden. Fußbodenheizung in Form eines Folienelements zur Aufnahme der Rohre, Ausgleichsmasse und neuer Bodenbelag erfordern lediglich eine Konstruktionshöhe von 3 bis 5 cm.

Neue Zemente und ihre Folgen

Werner Rothenbacher, Anwendungstechniker Süd bei Schwenk Zement, gab Einblicke in neue Entwicklungen von Normzementen. Rothenbacher konnte erstmal mit dem Gerücht aufräumen, dass CEM I-Zemente ganz vom Markt verschwinden werden und durch CEM II-Zemente abgelöst werden. Das Thema Normzemente ist gerade sehr aktuell, da Zementhersteller durch das Kyoto-Protokoll zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes verpflichtet wurden.

In der Folge haben die Hersteller neue Zemente auf den Markt gebracht mit denen sich der Estrichleger befassen muss. Im Betonbau scheinen sich diese Zemente bewährt zu haben. Allerdings warnt Rothenbacher vor dem Flügelglätten und Einstreuen von Hartstoffen bei LP-Betonen.

Was ist aber bei Estrichen? Verändert sich die Wirkungsweise der Zusatzmittel? Muss sich der Estrichleger an andere Verarbeitungsweisen und -zeiten gewöhnen? Für die Industrie ist im wesentlichen die Festigkeit der Zemente entscheidend, weil die vertraglich zugesichtert wird. Hinsichtlich der weiteren Auswirkungen besteht noch ein Informationsdefizit. Rothenbacher stellte die aktuellen Vergleichsuntersuchungen vor. CEM II-Zemente, die deutlich stärker aufgemahlen (also feiner) sind als andere Zemente, weisen eine geringere Blutneigung - Wasserabsonderung auf der Zementoberfläche - auf, dadurch wird es schwieriger das richtige Zeitfenster zur Oberflächenendbearbeitung (Glätten, Einstreuen von Hartstoffen) zu treffen. Weitere Versuchsergebnisse wie Festigkeitsentwicklung und Restfeuchten zeigten, dass CEM II B-M Zemente mit CEM I Zementen vergleichbar sind.

Die Zuhörerschaft merkte kritisch an, dass es sich überwiegend um Labor- und Prismenprüfungen, also Idealbedingungen, handelt. Hier stimmte Rothenbacher zu und stellte weitere Untersuchungen in Aussicht. Die Veranstalter waren sehr erfreut, dass man mit Schwenk Zement einen Gesprächspartner zu diesem aktuellen und brisanten Thema gewinnen konnte.

Neuer Termin

Das BEB-Sachverständigentreffen findet im kommenden Jahr nicht mehr im November statt. Festgelegt wurde der Termin 26. bis 27. Oktober 2007, Tagungsort bleibt Nürnberg.
aus FussbodenTechnik 06/06 (Wirtschaft)