GHF-Jahrestagung 2001

Berichte aus den Fachbereichen


Martin Geiger für Bodenbeläge: Mehr Menge, weniger Umsatz

Martin Geiger als Sprecher der IG Bodenbeläge redete nicht lange um den heißen Brei herum: "Die Umsatzsituation ist unbefriedigend. Das Preisniveau sinkt und das bedeutet Deflation. Alles wurde billiger. Die Folge: Wir liefern größere Mengen zu geringerem Umsatz."

Die daraus folgenden Margen- und Ertragseinbußen sind umso schmerzlicher, weil zugleich die Kosten eklatant angezogen haben. Das fängt bei Komplexitätskosten durch Sortimentserweiterungen an, wie sie etliche Großhändler etwa bei Laminat für nötig halten und hört bei der Logistik auf, wo durch die höheren Absatzmengen größere Lkws gefordert sind.

Klares Fazit für Geiger: "Preiserhöhungen müssen durchgesetzt werden".

Die einzelnen Belagsgruppen haben sich unterschiedlich entwickelt. Nischenprodukte wie Linoleum und Kautschuk sowie Zubehör und Werkzeug stellen sich unverändert stabil bis leicht positiv dar, bei textilen Bodenbelägen musste nur noch ein kleines Minus hingenommen werden. Einbußen gab es auch bei Parkett. Laminat hat sich durch die "Problemlösung Klick" gehalten. Einige Anbieter wie Hamberger wollen sogar aufgrund des Erfolges der Klicksysteme ihr Laminat-Programm weitgehend oder komplett umrüsten. Geiger erwartet, dass das Thema künftig auch bei Parkett stärker greift. Die Befürchtung mancher, dass Laminat aufgrund des unvermindert tobenden Preiskampfs zum reinen DIY-Produkt mutiert, teilt er nicht. "Laminatbeläge bleiben für den Großhandel ein interessantes Produkt - sowohl vom Lagerumschlag als auch von den Marge her". Den Großhandels-Anteil am Laminat-Vertrieb beziffert er auf 30 bis 40 %.

Bei CV-Belägen sind Anfang des Jahres die neuen Kollektionen angelaufen, was sich aber kaum auf die Umsätze ausgewirkt. "Der CV-Markt ist rückläufig, das spüren wir auch."


Carstem Weerts für Tapeten: Tapete seit Jahren auf dem Rückzug

Etwas dünn waren die Daten und Erkenntnisse des GHF zum Segment Tapeten, was man dem neuen IG-Sprecher Carsten Weerts kaum zum Vorwurf machen kann, da er das Amt in Bamberg frisch angetreten hat. Er verwies darauf, dass die Tapete im Großhandel seit Jahren auf dem Rückzug ist - gar nicht mal so sehr, weil das Produkt für den Großhandel uninteressant geworden ist, sondern weil die Industrie Absatzkanäle vorbei am dreistufigen Vertrieb suche. Er hält es künftig für besonders wichtig, den Verarbeiter stärker in den Focus zu nehmen und zu qualifizieren. "Wir vertun sonst Chancen vor allem im hochwertigen Bereich".

Der GHF selbst hat für das erste Halbjahr 2001 bei Tapeten einen relativ moderaten Umsatzverlust von 1,8 % ermittelt. Das klingt wenig; die langfristigere Betrachtung der kumulierten Umsätze ergibt allerdings unerfreulichere Zahlen: 1995 als Basis 100 gesetzt, sind die Tapeten-Erlöse bis zum Jahr 2000 auf 83 geschrumpft.

Norbert Sonnen hält dennoch an dem Produkt fest: "Wir befassen uns immer noch intensiv mit der Tapete, führen allein 8 bis 9 Lagerkollektionen." Doch leide der Großhandel darunter, dass sich seine Kunden nicht mehr mit der Tapete beschäftigten, unter anderem bedingt durch den Durchbruch moderner Wandgestaltungstechniken. "Dabei würden wir lieber hochwertige Tapeten verkaufen, weil dort die Wertschöpfung besser ist". Stark steigende Umsätze registriert Sonnen wie auch andere Kollegen bei den verarbeitungsfreundlichen Vliestapeten.


Dr. W. Wechsler für Stoffe: Dekos und Gardinen verlieren, Möbelstoffe ausgeglichen

Auch bei Dekos und Gardinen musste der Großhandel im laufenden Jahr Federn lassen, wobei Dekostoffe laut IG-Sprecher Stoffe Dr. Wolfgang Wechsler tendenziell ein größeres Minus einfuhren - "aber noch im einstelligen Bereich" - als Gardinen, die einen Rückgang zwischen 4 und 5 % aufweisen. Dabei macht Wechsler das gleiche Süd-Nord-Gefälle aus wie sein Kollege Norbert Sonnen bei Farben und Lacken. Möbelstoffe hielten sich gut auf dem Vorjahresniveau.


Norbert Sonnen für Farben: Die Industrie braucht Preiserhöhungen - der Großhandel auch

Mit voller Wucht getroffen hat es den Farben- und Lackbereich. Nachdem hier bereits im Vorjahr ein Rückgang von 5 % verkraftet werden musste, fielen die Umsätze 2001 richtig in den Keller: Per Ende August war ein Minus von 10% aufgelaufen, wobei Bautenfarben mit - 7,5 % noch besser davon kamen als Bauputze, die 15,5 % einbüßten. Diese Negativ-Tendenz wird nach Meinung von IG Farben und Lack-Sprecher Norbert Sonnen nicht nur bis zum Ende dieses Jahres fortsetzen, sondern auch noch im kommenden Jahr. "Das hat es seit dem Krieg noch nicht gegeben", kommentiert er den unerwartet hohen Einbruch. Bisher habe dieses Marktsegment immer Zuwächse verzeichnet, höchstens einzelne Produktgruppen wären mal rückläufig gewesen oder hätten stagniert. "Das ist eine völlig neue Situation für die gesamte Branche und unangenehm in dieser Größenordnung".

Als Hauptgrund nannte Sonnen den Zusammenbruch in Ostdeutschland. Speziell Wärmedämmverbundsysteme hätten drastisch verloren. Die in diesem Bereich starken Industrieunternehmen wie Stotmeister, Caparol oder Ispo würden "unglaublich leiden.Die Umsätze haben sich innerhalb von drei Jahren halbiert."

Sonnen malte ein schwarzes Bild der ostdeutschen Bauwirtschaft: "Die Ausschreibungswellen nach dem Mauerfall haben zu unglaublichen Marktverzerrungen geführt. Überall gibt es Leerstände." Dramatische Anpassungsprozesse fänden in den neuen Bundesländern statt, sagt Sonnen und belegt dies mit einem Beispiel aus eigener Erfahrung: "Unsere Kunden haben die Hälfte ihrer Mitarbeiter abgebaut. Das Schlimme ist: Keiner weiß, ob bzw. wann wir die Talsohle im Osten erreicht haben."

In den alten Bundesländern ist die Lage nicht viel besser. Zwar seien Bayern und Baden-Württemberg stabil, gen Norden bröckeln die Umsätze aber immer mehr. Kommt erschwerend hinzu, dass noch in diesem Jahr "saftige Preiserhöhungen von 6 bis 7 %" drohen, die aus organissatorischen Gründen von Januar auf Dezember vorgezogen wurden.

In den Preisanhebungen spiegelt sich laut Sonnen nicht die Kostensituation wider, sondern die schwierige Lage der Industrie. "Die Industrie braucht die Preiserhöhung - der Großhandel auch".

Ein Dorn im Auge war Sonnen schon immer die Zugabepolitik. Daran hat sich nichts geändert. Die Auswüchse hätten eher noch zugenommen. "Ob ein Produkt läuft, hängt inzwischen von der Qualität der Zugaben ab". Allein zur Zeit gebe es 10 bis 15 Zugabe-Aktionen.
aus BTH Heimtex 11/01 (Wirtschaft)