Tendence Lifestyle

Kontraste erlaubt, Natürlichkeit gesucht

Frankfurt - Sie könnte schlecht klingen, die Aussage "Weniger Aussteller, weniger Besucher auf der Tendence Lifestyle im Herbst 2006" - und so wurde sie wahrscheinlich auch verschiedentlich interpretiert. Besser den Tatsachen gerecht wird allerdings die von Besuchern oft gehörte Meinung: "Wir haben viel Neues gefunden". Das ist an und für sich Zweck jeder Messe und ihres Angebots. Es muss nur richtig genutzt werden.

Sie wurde richtig genutzt. Rund 80.000 Fachbesucher (2005: 86.000) kamen nach Frankfurt am Main, knapp ein Drittel wieder aus dem Ausland, vor allem aus Mittel- und Westeuropa. Besucher aus Übersee, vor allem den USA, fehlten. Das war deutlich spürbar. Internationale Einkäufer verhielten sich wohl aus gegebenem Anlass vorsichtiger bei ihren Reiseplanungen. Darüber hinaus macht sich der anhaltende Konzentrationsprozess im nationalen Handel bemerkbar. Die in Deutschland erwartete allgemeine Branchenbelebung war noch nicht Flächen deckend spürbar. Dennoch war die Stimmung bei der ausstellenden Industrie (3.207 Aussteller aus 78 Ländern) überwiegend positiv.

"Wer sich als Fachhändler von den Standardangeboten differenzieren möchte, findet auf der Tendence Lifestyle jede Menge Inspiration und Alternativen, um sich für das Winterhalbjahr ein Maß geschneidertes Angebot zusammen zu stellen. Da spielt es auch keine Rolle, ob ein paar Dutzend Aussteller mehr oder weniger da sind" - so die Meinung von Thomas Grothkopp, Geschäftsführer des Bundesverbandes für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur e.V. Besonders für die GPK-Branche ist die Tendence Lifestyle zu dieser Jahreszeit eine wichtige Ordermesse. Diese Fachhändler toppen zunehmend ihr Sortiment für den gedeckten Tisch und Funktions-Haushaltswaren mit Wohnaccessoires, wobei Textilien, und zwar solche mit klarer Definition, gutes Interesse finden.

Als inspirierend bewährte sich weiterhin die Gliederung der Messe in Fachmesse-Themen, die bei aller sachlichen Klarheit gute Sogwirkung haben. Die Einkäufer kommen aus den unterschiedlichen Bereichen, überwiegend sicher aus den Funktions-Sparten, Schmuck und Geschenkartikel. An der Fachmesse Modern Living in Halle 6, zu der auch Interior Design gehört, führt kein Weg vorbei. Da finden sich im Mix mit bereits bekannten Marken neue Aussteller und viele der Neuheiten, die zwar als solche zu erkennen sind, aber nicht immer auf den ersten Blick ihre Besonderheit offenbaren. Die findet sich nämlich oft nicht nur im guten Design, sie hat meist noch Dekor, Witz, Originalität, Komfort oder spezielle Funktion zu bieten.

Die Ansprüche sind gewachsen

Trends liegen zwar in der Luft und auf der Straße, müssen aber dennoch geschickt in die Wohnungen transferiert werden. Der Hersteller bietet die Idee und das Produkt, der Fachhändler erkennt die Möglichkeiten für sein Sortiment, seine Kunden, seinen Laden. Von dieser Wechselwirkung profitieren auch die Talents - junge Designer, die auf der Tendence Lifestyle zum ersten Mal ihre Ideen der Öffentlichkeit präsentierten und die zur Inspiration nicht mehr wegzudenken sind vom erfolgreichen Messebesuch.

Emotion ist, so scheint es, ein richtiges Zauberwort. Alles, was das Gemüt anrührt, schafft Interesse und macht gute Stimmung. Das beweist das Thema Country Home in Halle 4 im Fachmessebereich Emotion, zu dem auch neben Bel Etage (neu) Kids World, Seasonal Decoration und Gallery/Classic Interior gehören.

Country Home ist ein Dauerbrenner, der endlos neue Anregungen und Wohnkonzepte liefert, auch wenn er sich deutlich von seinem ursprünglichen Landhausimage entfernt hat. Wie es auch immer in den anderen Hallen aussehen sollte, auf 4.1/4.2 herrschte überwiegend gute Stimmung. Umso erfreulicher für die Haustextilien-Branche, die sich hier mehr oder weniger farbkräftig ausbreitete. Die Textilaussteller bemerkten zwar das Fehlen internationaler Besucher, möchten aber nicht verzichten auf den Interessentenkreis - Fachhändler, Einrichter, Wohnshops, Architekten und Innenarchitekten, Designer und Studenten -, den ihnen diese Messe bietet. So zumindest die Stimmen bekannter Hersteller. Es entstehen neue Kontakte und die bringen - wenn manchmal auch langsam - Bewegung ins Wohngeschehen. Es ist immer Sache des Einzelnen, was er daraus macht, sagen sich die Aussteller und hoffen auf Regsamkeit.

Kissen, Kissen ohne Ende...

... und zum Glück ist das auch nicht abzusehen. Man kann es ja erweitern auf Polsterung beziehungsweise kleine Sitzmöbel. Und ergänzen mit Decken und Plaids - weich, kuschelig, Wolle, Kaschmir, Strick, echtes Fell oder Fellimitat. Wenn auch nicht überbetont, sondern eher edel zurückgenommen, sind Festlichkeiten zum Jahresende in Sicht. Bei der ganzen Fülle an Farben, Formen, Materialien - und die war vorhanden - achteten die Hersteller auf Überschaubarkeit. Sie legten auch Wert auf Basiskollektionen, die je nach Saison oder Trend aufgefrischt werden und doch ihre modische Gültigkeit behalten. Am besten kamen wieder wohnliche Konzepte und Kombinierversionen an. Es muss nicht immer alles neu gekauft werden. Gerade die Design bewussten Aussteller beherrschen das Spiel mit Überraschungen und neuen Ergänzungen.

Unübersehbar beliebt war auf der gesamten Messe das Thema Food, und entsprechend wuchs auch das Interesse an Produkten für Tisch und Küche. Die Auswahl an Accessoires und kleinen, aber wichtigen oder gemütlichen Details in Textil war groß. Allgemein war allerdings festzustellen, dass Pomp und originelles Design allein nicht mehr genügen. Die Qualität von Material und besonders der Verarbeitung spielen eine Kauf entscheidende Rolle. Der Kunde will, zumindest in diesen stark emotional bestimmten Angebotsbereichen, für gutes Geld beste Ware haben. Das Thema Qualität mit Attraktivität muss beachtet werden.

Individuelle Unikate mit Persönlichkeit

Das klingt ein bisschen bombastisch, entspricht aber den Verbraucherwünschen. Hoffentlich, denn vorerst musste der Handel mutig zugreifen. Dabei fiel die Liebe zu Traditionellem auf, wenn es sich modisch abgewandelt zeigte. Das gilt auch in Kombination mit Glas und Porzellan. Mix und Kontraste beleben und werden gekonnt eingesetzt. Textilien sind entweder opulent, aufwändig und glänzend, oder edel und zurückhaltend, vor allem natürlich wie Leinen. Auch Designierungen sind zurückgenommen, floral auf offenem Fond oder klare, sportliche oder nordisch anmutende Streifenvariationen. "Gestylt" wird immer ein bisschen, aber mit individuellem Feingefühl.

Die Farbe ist Hauptakteur, auch wenn sie nicht zu dominierend auftritt. Weiß passt in die emotional bestimmte, manchmal nostalgisch angehauchte Szenerie, in die Schwarz klare, harte Akzente setzt. Dazu Rot, Bordeaux, Lila, kombiniert mit Gold und Silber, Strass, Kristall, Ornamentik. Schwarz/Weiß ist einfach ein Thema, das auch schwarze Christbäume erlaubt. Neben warmem, kuscheligen Schokobraun oder feurigem Orange läuft die helle Tönung in Creme und Natur, Gelb, Hellgrün, Pink.

Die nächste Tendence Lifestyle findet vom 24. bis 28. August 2007 in Frankfurt am Main statt.
aus Haustex 10/06 (Wirtschaft)