Brinkhaus

Marken-Relaunch für den deutschen Markt

Warendorf - Das Unternehmen Brinkhaus hat in seiner fast 160-jährigen Geschichte wirtschaftliche Hochs und Tiefs erlebt. Die letzte große Herausforderung war die Verlagerung der Produktion ins benachbarte Polen. Das ging nicht ohne Friktionen ab. Doch jetzt sind nach Auskunft der Geschäftsführung die Geburtswehen des neuen Standorts überstanden und das Unternehmen ist dabei, die Marke mit einer Fachhandelsoffensive im deutschen Markt wieder zu alter Stärke zu bringen.

Anfang des Jahres erfolgte für das Bettwaren-Unternehmen Brinkhaus eine Änderung in der Geschäftsleitung. Paul Ruwette (42) trat Hermann-Josef Brinkhaus zum 1. März als zusätzlicher Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing zur Seite. Die Bekanntgabe der neuen Führungsstruktur war ein deutliches Signal, dass sich in dem Traditionsunternehmen einiges zum Positiven ändern wird. So wurde es auch in einem Schreiben an die Kunden kommuniziert. Im Gespräch mit Haustex macht der sympathische Vertriebsprofi keinen Hehl daraus, dass vor seiner Berufung zum Geschäftsführer durchaus Handlungsbedarf im Unternehmen bestand. Doch inzwischen hat sich Brinkhaus soweit neu aufgestellt, dass es mit Einzelheiten an die Öffentlichkeit gehen kann.

Blenden wir jedoch zunächst um rund fünf Jahre zurück. Damals spürte das Unternehmen zunehmend den Preisdruck in der Branche. Angesichts der hohen Produktionskosten in Deutschland war abzusehen, dass man mittelfristig große Schwierigkeiten bekommen würde, im internationalen Wettbewerb mitzuhalten. Daraus entstand die Entscheidung, im preiswerteren Ausland einen neuen eigenen Produktionsstandort aufzubauen. "Auf Grund zunehmender Billigimporte aus Osteuropa und China sind wir in Warendorf nicht mehr wettbewerbsfähig", begründete Firmenchef Brinkhaus seinerzeit den radikalen Schnitt. Unter mehreren potenziellen Standorten entschied man sich letztlich für Polen.

Der damit einhergehende Abbau von rund 200 Arbeitsplätzen am Stammsitz in Warendorf war damit nicht länger zu vermeiden. Jüngste Untersuchungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln belegen die Notwendigkeit der Produktionsverlagerung. Für das Jahr 2005 errechnete das Institut, dass die westdeutschen Industrieunternehmen für jede Arbeiterstunde (einschließlich Lohnzusatzkosten) durchschnittlich 27,87 Euro zahlen müssen. In Polen lag der Betrag letztes Jahr deutlich darunter.

Innerhalb von nur zwei Jahren, beginnend im Jahr 2003, wurde die Produktion von Brinkhaus nach Kostrzyn, das ehemalige Küstrin, verlegt. Der Betrieb liegt direkt hinter der deutsch-polnischen Grenze, rund 30 Kilometer nördlich von Frankfurt/Oder. Dazu wurde auf der grünen Wiese ein neues Werk mit einer Grundfläche von knapp 20.000 qm in zwei Etappen sprichwörtlich aus dem Boden gestampft. Nach und nach wurden die verschiedenen Produktionseinheiten in Warendorf abgebaut und am neuen Standort wieder errichtet. Als erstes kam die Steppdeckenfabrikation aus Freckenhorst. Es folgten die Näherei und zum Schluss die Bettfedernfabrik. Als letztes wurde die Ausrüstung in Warendorf geschlossen und einem ausländischen Lohnbetrieb übertragen. Heute sitzen in Warendorf der Vertrieb sowie die Verwaltung mit Produktentwicklung, Einkauf und Qualitätsmanagement.

Parallel zur Produktionsverlagerung erfolgte die Schulung der neuen polnischen Mitarbeiter in Warendorf und Freckenhorst und die Einarbeitung im neuen Werk. Die Abteilung Qualitätssicherung wurde personell deutlich stärker besetzt als vorher in Warendorf. "Unser größtes Problem war es, den neuen Mitarbeitern den Qualitätsgedanken mitzugeben, ihnen beizubringen, was toleriert werden kann und was nicht", schildert Ruwette. Durch die mangelnde Erfahrung des Personals und die anfängliche Unsicherheit gab es in der ersten Anlaufphase des polnischen Werks Produktivitätsprobleme.

Als weitere Problemquelle erwies sich laut Ruwette der ausländische Lohnausrüster, der zwar die geforderte Qualität lieferte, nicht aber in der notwendigen und zugesagten Menge. Dies alles potenzierte sich zu erheblichen Lieferschwierigkeiten mit der Folge sinkender Umsätze. War etwas anderes zu erwarten, angesichts dieser radikalen Umstellung, die einer Operation am offenen Herzen gleicht? Ruwette: "Trotzdem gab es für uns keine Alternative zu dieser Maßnahme, sonst hätte es uns in wenigen Jahren nicht mehr am Markt gegeben."

Inzwischen gehören die Anlaufprobleme weitgehend der Geschichte an, die Geschäftsführung blickt mit neuem Optimismus nach vorn. Hinter den Kulissen wurde an den entsprechenden Schrauben gedreht, damit das Unternehmen wieder zu alter Form auflaufen kann. Nicht zuletzt arbeitet man jetzt mit einem anderen Ausrüster zusammen, bei dem keine Lieferschwierigkeiten mehr zu befürchten sind. Darum unterzieht sich die Marke Brinkhaus in Deutschland jetzt einem Relaunch und wird hierzulande neu positioniert. Und hier kommt die Kompetenz Ruwettes mit seinen Erfahrungen als langjähriger Exportmanager von Brinkhaus ins Spiel. Das Unternehmen war schon vor seinem Eintritt im Jahr 2001 stark im Export, die Exportquote lag bei rund 35 Prozent. Heute wird jedoch rund die Hälfte des Umsatzes im Ausland erzielt, und das liegt nicht zuletzt am hohen Engagement und der ausgeklügelten Strategie Ruwettes und seiner Exportcrew. Als Schlüssel zum Erfolg sieht der neue Geschäftsführer die Fähigkeit, sich auf die speziellen Anforderungen der einzelnen Märkte einstellen zu können: "Wir verkaufen nicht die Artikel, die wir produzieren können, sondern die Artikel, die der Kunde wünscht."

Es gehörte allerdings zu den Eigenheiten des Unternehmens, dass inländischer Vertrieb und Export parallel nebeneinander her liefen. Dabei machte das Ruwette-Team im Ausland Erfahrungen, die auch für den deutschen Markt von Nutzen sein können. In 32 Ländern ist das 1847 gegründete Unternehmen heute aktiv, und mit Ausnahme von Frankreich und den USA werden die Produkte hauptsächlich unter dem Namen Brinkhaus verkauft. "Uns ist es gelungen, die Marke stets im oberen Genre anzusiedeln", betont Ruwette. "In England sind wir zum Beispiel bei Harrods, Selfridges und Harvey Nichols vertreten. In Hongkong, wo ganz andere Preise für hochwertige Bettwaren gezahlt werden, zählt unsere Marke ebenfalls zu den Top-Produkten bei den Bettwaren", nennt Ruwette nur zwei Beispiele.

Der Geschäftsführung ist bewusst, dass die Situation in Deutschland eine andere ist. Hier zählt die Marke eher zum mittleren Genre. Wobei sich die Frage stellt, ob das Image des Unternehmens im Handel hierzulande quasi in Stein gemeißelt ist oder vielleicht doch durch entsprechende Maßnahmen angehoben werden kann. Denn was im Ausland möglich ist, so Ruwette und Werbeleiter Wolfgang Heinze, sollte doch auch hierzulande gelingen. Der Marktauftritt soll darum künftig im In- und Ausland einheitlich erfolgen. In einem ersten Schritt wurde der Auftritt des Katalogs deutlich aufgewertet. Die farbliche Kombination von dezentem Eierschal-Ton mit dem Firmenlogo auf weinrotem Hintergrund vermittelt den Kunden Wertigkeit. Außerdem werden die Artikel jetzt zum Teil in Lifestyle-Fotos dargestellt, auf hochwertigen Betten von Zack-Design vor dem Hintergrund mediterraner Architektur.

Ab Herbst dieses Jahres startet nun die zweite Stufe des Markenrelaunches. Sie besteht aus mehreren Maßnahmen. Zu allererst wurde das Markenlogo neu gestaltet und um den Zusatz "since 1847" ergänzt, um die Firmentradition und das in den vielen Jahren erworbene Know-how zu verdeutlichen. Außerdem spricht das Unternehmen den Konsumenten jetzt mittels neu gestalteter Verpackungslösungen direkt an. Dazu gehört ein Anhänger mit der Garantie auf der Vorderseite, dass man ein hochwertiges Produkt kauft. Auf der Rückseite werden die Vorzüge des Produkts näher erklärt und die Zutaten aufgeführt, um dem Konsumenten eine erste Orientierung zu bieten.

Um die Wertschätzung gegenüber dem Kunden besonders zu betonen, sind diese Informationen jeweils nur in einer Sprache abgefasst. Der potenzielle Käufer muss seine Sprache also nicht mühsam unter mehreren heraussuchen. "Das klingt zwar simpel, ist für uns aber sehr kompliziert. Schließlich müssen wir für jede Produktgruppe die Sprachen aller Absatzmärkte berücksichtigen. Das reicht von Deutsch über Englisch und Niederländisch bis zu Russisch und Chinesisch." Insofern steckt dahinter schon eine erhebliche logistische Leistung.

Damit nicht genug, es werden auch neue Schrägetiketten verwendet, die das neu gestaltete Logo mit weinrotem Hintergrund tragen. Und schließlich erhalten alle Bettwaren eine neue, aufwändige und vor allem stabile Verpackung aus Non-Woven, PE und Karton in Kofferform, die zu Hause zur Aufbewahrung weiter verwendet werden kann. Sie bietet den Käufern einen deutlichen Mehrwert. Alles zusammen soll dem Kunden das angenehme Gefühl vermitteln, sich mit einem Brinkhaus-Produkt etwas Gutes geleistet zu haben.

Ruwette möchte diese Maßnahmen als Bekenntnis zum Fachhandel verstanden wissen, zu dem er neben den Inhaber geführten Fachgeschäften auch die Fachabteilungen in den Möbel- und Kaufhäusern zählt. Eine weitere Entscheidung pro Fachhandel, wenn auch aus anderen Gründen, ist die Aufgabe des Großkundengeschäfts, zu denen die Discounter und Kaffeeröster hierzulande zählen. Der herrschende Preisdruck in diesem Marktsegment sei so hoch und die Margen seien so niedrig, wenn überhaupt noch existent, dass Ruwette diese strategische Entscheidung leicht fiel. "Wir üben im Vertrieb jetzt keinen Spagat mehr zwischen beiden Marktsegmenten", stellt Ruwette fest, "außerdem verbessert sich unsere Ertragssituation."

Um den Kontakt zu den Kunden im Handel zu verbessern, wurden überdies der Vertrieb und der Kundendienst neu strukturiert. Der Außendienst besteht in Deutschland weiterhin aus sieben Vertretern. Ihre Zuständigkeit bleibt unverändert. Aber künftig hat jeder Einzelhändler auch einen festen Ansprechpartner im Innendienst-Vertrieb. Sollte der Vertreter also gerade nicht erreichbar sein, kümmert sich der Innendienstmitarbeiter um Bestellungen, Fragen, Anregungen oder andere Themen. Das erleichtert die Kommunikation und beschleunigt die Abwicklung. Durch die Einrichtung eines Zentrallagers in Berlin wird eine schnelle und unkomplizierte Auslieferung der Ware gewährleistet.

Vorrangiges Ziel des neuen Geschäftsführers ist es, den Namen Brinkhaus im deutschen Einzelhandel wieder dahin zu bringen, wo er einmal war. Das soll auch durch eine Weiterentwicklung des aktuellen Shop-in-Shop-Systems geschehen. Aber man müsse auch über neue Verkaufsmethoden nachdenken, erzählt Ruwette vieldeutig. Und schließlich denke man darüber nach, wie man strategische Verbindungen zu anderen Herstellern im Schlafzimmer-Bereich knüpfen kann. Man habe noch einige Ideen im Köcher, versichert der Vertriebsgeschäftsführer.

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Brinkhaus Firmentelegramm

Historie: gegründet 1847 von Hermann Josef Brinkhaus als Baumwollbuntweberei - Familienunternehmen in der fünften Generation
Geschäftsführer: Hermann-Josef Brinkhaus, Paul Ruwette
Umsatz 2005: rund 24 Mio. Euro
Exportanteil am Umsatz: rund 50 Prozent; Export in insgesamt 32 Länder
wichtigste Exportländer: Benelux, England, Russland, Vereinigte Arabische Emirate, Frankreich (Marke Yves Delorme), Österreich, Schweiz, USA
Standort Warendorf: 40 Mitarbeiter (Verwaltung, Produktentwicklung, Einkauf, Qualitätsmanagement)

Standort Kostrzyn: rund 200 Mitarbeiter (Näherei, Bettfedernaufbereitung, Füllerei, Steppartikel-Produktion)
Gebäudefläche: 20.000 qm
Betriebsgelände: rund 40.000 qm
Planungsbeginn: 2001
Abschluss des Umzugs: 2005
aus Haustex 09/06 (Wirtschaft)