Roundtable mit dem Deco Team

"Die Branche braucht Marktplätze, die Branche braucht eine Messe"

Deco Team hat sich in den letzten Jahren zu einem veritablen Anziehungspunkt in Halle 3.0 auf der Frankfurter Heimtextil entwickelt. Das Erfolgsrezept: Trendige, ideenreiche Interieur-Inszenierungen und ein informatives Programm, das dem Besucher einen Mehrwert bietet. Neu-Mitglied Porschen ergänzt seit kurzem die Gruppe und deckt die Segmente textile Accessoires und Zubehör ab, nachdem Bob Deco Team verlassen hat.

BTH Heimtex-Redakteurin Birgit Genz wollte wissen, wohin sich Deco Team entwickelt, welche Perspektiven es für den Kreis gibt und wie Deco Team die Zukunft der deutschen Messelandschaft sieht. Ihre Gesprächspartner waren Dietmar Grädtke (Gardisette), Hendrik Unland (Unland), Günter Röllinghoff und Sascha Dempwolff (Porschen) sowie Birgit Schlenker (Deco Team).

BTH Heimtex: Porschen ist neu zum Deco Team hinzugestoßen. Was erwarten Sie von Ihrer Zusammenarbeit mit dem Deco Team - und wie kann das Deco Team von Ihnen profitieren ?

Sascha Dempwolff: Durch die Mitgliedschaft bei Deco Team wird sich einiges bei uns ändern. Künftig werden wir uns stärker mit Trends beschäftigen und sie mehr in den Vordergrund rücken. Das wird sich natürlich auch auf unsere Produktpolitik auswirken.

Sicher wird Porschen auch am Markt anders wahrgenommen werden - allein schon durch den gemeinsamen Auftritt von Deco Team auf der Heimtextil. Dort werden wir ganz anders präsent sein, als wenn wir Einzelkämpfer wären. Deco Team ist einer der größten Anziehungspunkte der Messe. Zudem ist jetzt unsere Standfläche größer und unsere Platzierung ist besser, mitten im Zentrum der Halle an einem der wichtigsten Gänge. Das wird uns bestimmt stärkere Besucherfrequenz bringen.

Günter Röllinghoff: Porschen ist mit vielen Produkten auf dem Markt etabliert, etwa mit dem Fadenvorhang, und zugleich als innovativ bekannt. Damit sind wir eine gute, sinnvolle Ergänzung für Deco Team und können der Gruppe zugleich neue Impulse bringen. Andersherum erhoffen wir uns viel vom Erfahrungsaustausch innerhalb der Gruppe.

BTH Heimtex: Der Name Porschen steht für Posamenten, Bänder und Stangen. Die haben sich in den Interieur-Inszenierungen von Deco Team immer sehr dekorativ gemacht - aber ketzerisch gefragt: Sind sie überhaupt noch zeitgemäß ?

Dempwolff: Sicher haben viele Artikel wie die klassische Makrameespitze oder die Franse an Bedeutung verloren, bedingt durch die aktuelle Fenstermode mit Raffrollos oder Flächenvorhängen. Aber es gibt doch noch eine bestimmte Klientel, die eine klassische Dekoration mit Seitenschals möchte und weiterhin unsere Zielgruppe ist. Dementsprechend werden wir unser Angebot immer marktgerecht anpassen. So werden wir auf der Heimtextil Raffhalter in den aktuellen Trendfarben Violett und Beerentönen zeigen.

Birgit Schlenker: Natürlich haben sich unsere Dekorationen auch verändert und heute sind genauso Flächenvorhänge integriert wie klassische Konfektionsarten. Aber im und mit Deco Team wollen wir Lust auf textiles Wohnen machen. Daher sehen wir unsere Aufgabe darin, viel Textiles zu zeigen, dem Handel entsprechende Ideen zu vermitteln und ihm Mut zu machen, auch viel Textiles zu verkaufen.

BTH Heimtex: Herr Grädtke, Gardisette ist seit gut anderthalb Jahren bei Deco Team. Haben sich Ihre Erwartungen an die Mitgliedschaft erfüllt ? Wovon haben Sie hauptsächlich profitiert ?

Dietmar Grädtke: Uns haben zwei Punkte bewogen, Mitglied bei Deco Team werden: Der erste war, dass wir uns mit der Marke Gardisette auf der Heimtextil in Halle 3.0 im Umfeld des Deco Teams richtiger und besser aufgehoben fühlen als früher in Halle 3.1.

Der zweite ist, dass Deco Team die einzige Gruppierung ist, die sich seit über 20 Jahren am Markt behauptet und einen gewissen Bekanntheitsgrad genießt, insbesondere beim Handel. Darin sehen wir einen guten Additionseffekt zu unseren eigenen Werbe- und Marketingaktivitäten.

BTH Heimtex: Wie präsentiert sich Deco Team auf der Heimtextil 2010 ? Welche Themen und Trends werden im Mittelpunkt stehen ?

Schlenker: Wir haben zwei der vier Trendthemen des International Trendtable der Heimtextil ausgewählt und für uns interpretiert. Sehr kontroverse Themen, nebenbei gesagt. Wir wollen bewusst polarisieren. Temptation ist elegant, luxuriös, üppig mit intensiven, eleganten Beerentönen. Dagegen steht Hypernature, sinnlich, leicht, luftig und modern mit gebleichten, kreidigen und rauchigen Türkis-Grün-Varianten, dazu Koralle und viel Weiß.

Temptation wird umgesetzt von Apelt und Unland, Hypernature von Horn und Gardisette, jeweils in zwei Variationen, Höpke und Porschen sind bei allen vier Inszenierungen dabei.

Ein absoluter Blickfang wird das Forum werden: Sehr farbstark, sehr modisch mit Lila, Beerentönen und Türkis. Die Fläche ist die gleiche wie im Vorjahr.

BTH Heimtex: Und das Programm ?

Schlenker: Wir haben erstmals an drei Tagen ein Eventprogramm, bei dem sich alles um "Emotionales Verkaufen" dreht. Am Mittwoch lädt unser neuer Kooperationspartner MZE / 2HK zum "Chancengipfel" ein, bei dem unter anderem der bekannte Verkaufstrainer Antony Fedrigotti darlegt, welche Chancen Krisen bieten und wie man diese erfolgreich umsetzen kann. Abends veranstaltet MZE / 2HK eine Messeparty mit Live-Cooking und Cocktails.

Der Donnerstag wird von der Decor Union unter dem Motto "Emotionale Verkaufspräsentation" gestaltet. Dabei werden in diversen Deco Shows die neuen Trends in Szene gesetzt. Ein Highlight ist RTL-Moderatorin Ulrike von der Gröben, die als prominente Endverbraucherin auftreten wird.

Und am Freitag, dem "Tag des Raumausstatters", steht das emotionale Verkaufen im Mittelpunkt.

BTH Hemtex: Bleiben wir bei der Heimtextil, blicken aber über Deco Team hinaus. Die Heimtextil 2010 leidet unter einem massiven Aderlass. Viele namhafte Anbieter, speziell Verlage, nehmen nicht an der Messe teil. Können Sie diese Entscheidungen nachvollziehen ? Wie beurteilen Sie diese Entwicklung ?

Grädtke: Sicher hat jedes Unternehmen seine eigenen Gründe, je nachdem, welche Strategie es fährt. Bei unserer Muttergesellschaft Jab Anstoetz beispielsweise war das riesige Produktportfolio auf der Messe gar nicht mehr zu transportieren. Vorlagen konnten praktisch nicht stattfinden, weil eine einzige mehrere Stunden dauert. So viel Zeit haben die Kunden auf der Messe gar nicht zur Verfügung. Deshalb ist die strategische Entscheidung gefallen, die eigenen Showrooms zu nutzen, darin kräftig zu investieren und darüber hinaus an einigen Regionalveranstaltungen teilzunehmen.

Man muss sich auch mal kritisch die Frage stellen, was die Messegesellschaft in den letzten zehn, fünfzehn Jahren für uns, ihre Kunden gemacht hat...

Unland: Unabhängig von Jab Anstoetz gibt es eine allgemeine Tendenz, der Messe fernzubleiben. Wobei ich sicher bin, dass es sich dabei um Zyklen handelt. Irgendwann werden wir auch wieder eine gegenläufige Entwicklung und die Rückkehr zur Heimtextil erleben. Ich spreche aus Erfahrung: Wir haben das bei Unland schon alles hinter uns.

Und die Kunden registrieren genau, wenn ihre Anbieter der Messe fernbleiben, nehmen ihnen das auf Dauer übel und kaufen dann weniger bei den betreffenden Unternehmen. Sie wenden Geld und Zeit auf, um die Heimtextil zu besuchen und erwarten, dass sie dort ihre angestammten Lieferanten treffen - und sei es tatsächlich nur zum Kaffeetrinken... Natürlich ist die Messe viel zu teuer, um nur mit den Kunden Kaffee zu trinken. Aber dann muss man eben über andere Standkonzepte nachdenken. Wir bei Unland betrachten die Heimtextil heute auch nicht mehr als Kollektionsvorlage bzw. Plattform für unsere Neuheiten. Vielmehr zeigen wir dort nur einen Teil unserer neuen Produkte und verteilen den Rest über das Jahr.

Wir dürfen die Heimtextil auch nicht kaputt reden. Das ist sie nicht: Noch stellen viele Unternehmen in Frankfurt aus. Da wird schon Markt gemacht. Ich kann auch nur jedem Kunden, der die Messe besucht, empfehlen, die Augen offen zu halten und sich einen Überblick über die Branche zu verschaffen. Dafür bietet die Heimtextil die beste Gelegenheit. Und es gibt keinen besseren Punkt, sich Anregungen und Ideen zu holen als Deco Team.

Wobei ich glaube, dass sich die Messelandschaft verändern wird. Auch Frankfurt wird sich verändern - in jeder Beziehung.

BTH Heimtex: Inwiefern verändern ?

Unland: Momentan haben wir eine Tendenz zu kleinen, regional begrenzten Veranstaltungen. Ich glaube nicht, dass diese auf Dauer funktionieren. Was nach meiner Auffassung genauso wenig funktioniert, sind Hausmessen, weil man damit immer nur einen geografisch begrenzten Teil seiner Kunden erreicht.

Dempwolff: Diese vielen kleinen Regional- und Hausmessen verunsichern die Kunden. Und lassen sie der Messen erst recht überdrüssig werden. Außerdem erreicht man damit tatsächlich nur die bestehenden Kunden aus dem Umfeld und keine neuen. Dabei ist das doch der Sinn einer Messe: Neue Kontakte zu knüpfen.

Unland: Die Branche als solche braucht Marktplätze. Das ist nicht das Internet, das sind auch keine Regionalveranstaltungen. Die Branche braucht eine Messe. Mindestens eine, wenn nicht sogar mehrere. Und wir werden uns in der Branche zusammen setzen müssen und überlegen, was wir wollen. Und was wir unseren Kunden bieten wollen. Wie wir an den Markt herankommen. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise, bundesweit Showrooms zu eröffnen.

BTH Heimtex: Also eine konzertierte Aktion der Branche. Wer könnte und sollte denn da die Vorreiterrolle übernehmen ?

Grädtke: Es gibt ja einen Verband...

Unland: Wir sind aus dem Verband ausgetreten. Und ein Grund dafür war, dass der Verband kontraproduktiv für die Messelandschaft war. Er war zwar im Messebeirat vertreten, aber wir hatten nicht das Gefühl, dass dort etwas Konstruktives für uns herauskommt - nicht für uns als Unternehmen, sondern für unsere Branche. Wir wünschen uns einen Verbandsgeschäftsführer, der die Branchenteilnehmer zusammen bringt, der Ideenbörsen öffnet, damit neue Gedanken auf den Tisch kommen. Das ist im Heimtextilien-Verband leider nicht gesehen.

BTH Heimtex: Ist nicht ein unguter Kreislauf auf der Heimtextil entstanden ? Weniger Aussteller, weniger Besucher, weniger Aussteller...

Unland: Genau. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Wobei das meines Erachtens vorgeschobene Entschuldigungen der Firmen sind, die nicht mehr auf der Heimtextil ausstellen wollen. Es ist den Besuchern nämlich noch nie so schmackhaft gemacht worden, zur Heimtextil zu kommen, wie 2010.

Schlenker: Bei Deco Team haben wir übrigens keine rückläufigen Besucherzahlen. Daran sieht man, dass unsere Trendszenarien und unser Forum von den Besuchern angenommen werden. Wir bieten ihnen genau das, was sie suchen: Trendinformationen, Anregungen, Inspirationen und Ideen, die sich auch umsetzen lassen.

Dempwolff: Das haben wir auch festgestellt: Die Besucher wollen etwas mitnehmen von einer Messe - Dekorationsvorschläge, Neuheiten, Gestaltungsideen.

Wir halten es auch für wichtig, den Nachwuchs frühzeitig an die Messe heranzuführen und einzubinden. Wir müssen etwas für sie tun: Das sind unsere Kunden von morgen.

BTH Heimtex: Was wäre für Sie denn eine ideale Messekonstellation ?

Unland: Da müssen wir zwischen Wunsch und Wirklichkeit unterscheiden. Mein persönlicher Wunsch wäre eine Messe in Frankfurt, aber zu einem anderen Zeitpunkt. Das werden wir kaum realisieren können. Grundsätzlich halte ich es für richtig, hier in Deutschland eine auf internationalem Parkett wichtige Messe zu haben. Darüber hinaus müsste man im Zwei-Jahres-Rhythmus mehr für den deutschen Markt machen - und zwar in einer gemeinsamen, konzertierten Aktion, nicht jeder für sich. Dafür müssten wir einen zentralen Standort finden und dort eine Messe organisieren - und zwar in Eigenregie über den Verband oder ein ähnliches Gremium.

BTH Heimtex: Können Sie noch ein paar Worte zum Verlauf des Geschäftsjahres 2009 sagen ? Und auch zu Ihren Erwartungen für 2010 ?

Grädtke: Die Branche insgesamt hat es 2009 sicher schwer gehabt. Wir bei Gardisette nehmen vielleicht eine gewisse Sonderstellung ein, weil wir im vierten Jahr nach unserem Relaunch immer noch Potenzial für uns sehen. Dabei sind wir schwach in das Jahr gestartet, Januar und Februar waren keine guten Monate für uns, das hat sich aber schon ab März geändert. Besonders die Sommermonate haben uns positiv überrascht. Im Gesamtjahr werden wir zwar voraussichtlich nicht ganz erreichen, was wir uns vorgenommen haben, aber eindeutig einen Umsatzzuwachs erzielen.

Und wir sehen auch weiterhin Möglichkeiten für eine gute Entwicklung, haben dazu auch konkrete Ideen und Gedanken. In das Jahr 2010 gehen wir optimistisch, wenn auch mit einer gewissen Vorsicht. Denn sicher wird es allgemein kein ganz einfaches Jahr werden. Ich denke, wir werden kämpfen müssen.

Unland: Nach den offiziellen Zahlen müsste sich der Markt bei einem Minus zwischen 10 und 15 % bewegen. So stark hat es uns nicht getroffen: Wir mussten zwar auch ein Minus hinnehmen, aber nur im niedrigen einstelligen Bereich. Wir profitieren momentan davon, dass einige Mitbewerber die Flügel hängen lassen. In der Branche ist es immer noch wichtig, pünktlich und Qualität zu liefern. Das tun wir. Und das sichert auch unsere Überlebenschancen.

Sehr erfreulich entwickelt sich bei uns das Segment Plissees. Dort konnten wir sehr gute Zuwachsraten realisieren. Wir glauben, dass wir mit textilem Sonnenschutz, den wir in die Dekoration einbinden, auf dem richtigen Weg sind.

Dempwolff: Auch bei uns begann das Jahr 2009 verhalten, gefolgt von einem ungewöhnlich starken Sommer. Mit einem kleinen einstelligen Rückgang gegenüber dem Vorjahr können wir leben. Zumal der Umsatz erfreulicherweise in den wichtigsten Kunden-Artikelgruppen stabil geblieben ist. Für 2010 können wir angesichts neuer, sehr guter Listungen relativ optimistisch sein. Allerdings stehen nach meiner Einschätzung gesamtwirtschaftlich große Probleme aus dem Automobilbereich an, die zu einer sinkenden Inlandsnachfrage führen könnten.

Unland: Fakt ist, dass wir alle angesichts der Wirtschaftskrise schwer zu kämpfen haben. Das wird auch im nächsten Jahr nicht einfacher. Gerade für den deutschen Markt ist eher zu befürchten, dass es noch schwieriger wird. Dafür könnte sich der Export, bei dem wir 2009 erheblich gelitten haben, 2010 wieder etwas erholen. Denn die ersten Kunden rufen schon wieder an und bestellen.

BTH Heimtex: Mögen Sie uns zum Abschluss schon einen Ausblick auf Ihre Neuheiten geben ?

Hendrik Unland: Wir werden uns auf die Pierre Cardin Interieurkollektion konzentrieren. Mit vielen Neuheiten wollen wir hier zum üppigen Dekorieren animieren. Für die beiden Linien Elvo und Cordima kommt zur Heimtextil nur eine kleine Zwischenkollektion, für Unland haben wir erst vor zwei Monaten ein umfassendes Neuheitenpaket geschnürt und bringen erst Mitte des Jahres wieder neue Produkte.

Dafür widmen wir uns dem Shooting Star Flächenvorhang. Wir wollen das Thema neu angehen und zeigen in Frankfurt eine Auswahl, die die Basis für eine komplette, neue Kollektion aus Rollostoffen bilden sollen. Mitte des Jahres sollen dann maßgefertigte Rollos aus den gleichen Qualitäten folgen.

Grädtke: Wir stellen etwa 25 neue Artikel im Couponbereich vor. Viel versprechen wir uns von einer Serie im Landhaus-Stil, mit farblich und in der Musterung aufeinander abgestimmten Gardinen und Dekos und einem vielseitig einsetzbaren Uni-Basic - und das alles objektgeeignet.

Dempwolff: Wir werden den Coupon-Bereich um ein Dutzend Bügel erweitern, neue Stilgarnituren präsentieren, außerdem Raffhalter und Posamenten in den Trendfarben des Deco Teams sowie Kombinationsideen für Raffrollo und Dekoration. Absolutes Novum sind schwer entflammbare Gardinenbänder aus Trevira CS.
aus BTH Heimtex 12/09 (Marketing)