VDB-Tagung 2006

Premium-Markt nicht den Anderen überlassen

Bad Honnef - In diesem Jahr trafen sich die Mitgliedsunternehmen des Verbandes der Bettenfachgeschäfte und Partnerfirmen aus der Industrie in Bad Honnef: um Rückschau zu halten, vor allem aber, um sich über Strategien für eine erfolgreiche Zukunft zu informieren. Von besonderer Bedeutung war die Präsentation des innovativen Konzeptes "Kompetenz-Zentrum gesunder Schlaf". Mit diesem Ansatz könnte der Verband seinen Mitgliedsunternehmen ein wirksames Instrument an die Hand geben, mit dem sie sich gegenüber den Verbrauchern als wichtiger Problemlöser profilieren.

Die Vorzeichen für die Tagung waren günstig. Erfreut stellte Martin Wartig, Präsident des VDB, eingangs der Veranstaltung fest, dass sich die Umsätze des Bettenfachhandels bei zahlreichen Unternehmen seit der Tagung im vergangenen Jahr merklich belebt hätten. Und nicht wenige von ihnen, so Wartig, hätten endlich mal wieder "eine ordentliche Rendite" erzielt. Der Präsident führt diese Entwicklung auf die Konsumstimmung zurück, die sich seit der letzten Bundestagswahl deutlich verbessert habe. Er vermutet aber auch, dass die Verbraucher allmählich genug haben von den Rabattschlachten im Einzelhandel, deren Glaubwürdigkeit immer mehr angezweifelt werde. Die "Geiz-ist-geil"-Mentalität sei deutlich abgeebbt. Heute seien die Kunden wieder eher bereit, so Wartig, für überzeugende Produkte mehr auszugeben.

Der Verbands-Chef registriert ein Auseinanderdriften der Gesellschaft: Während die Oberschicht unter anderem von steigenden Unternehmensgewinnen und Börsenkursen profitiere, sähen sich die Durchschnittsbürger nach wie vor einer drohenden Arbeitslosigkeit und sinkenden Realeinkommen gegenüber. Die Folge sind Probleme in den mittleren Preislagen. Die preisliche Mitte sei geschrumpft und werde es wohl auch in Zukunft tun, fürchtet Wartig. Hinzu komme ein steigender Wettbewerb durch Matratzen-Ketten, Filialisten und Lebensmittel-Discounter, die ebenfalls in die Mitte drängen würden.

Die Musik spielt nach Meinung der Marktforscher darum künftig verstärkt im oberen Preisbereich. Wartig führte in seiner Rede als schlagende Beweise für diesen Trend KarstadtQuelle an, das neben dem Kadewe und dem Alsterhaus elf weitere Häuser in Premium-Häuser umwandeln möchte. Und die Douglas-Kette plant die Instellierung von 30 Premium-Parfümerien. Entsprechend müsse sich der deutsche Bettenfachhandel darauf einstellen, sich ebenfalls in diesen prognostizierten Wachstumsmarkt zu bewegen. Wartig zeigte zwar Verständnis für eventuelle Vorbehalte, sich aus der vertrauten Mitte des Marktes herauszubewegen. Aber er appellierte auch an seine Kollegen, den Premium-Markt nicht einfach anderen Vertriebsformern zu überlassen. Schließlich seien die Bettenfachgeschäfte als Spezialisten prädestiniert für diesen Bereich. Frei nach den Worten des amerikanischen Kaufhausgründers Stanley Marcus: "Wer erfolgreich handeln will, muss Risiken eingehen."

Zahlen und Fakten

Verbandsgeschäftsführer Axel Augustin erläuterte den Tagungsteilnehmern danach die Ergebnisse der VDB-Befragung zur aktuellen Situation im Bettenfachhandel. Auch sie deuten darauf hin, dass die Unternehmen die Talsohle durchschritten haben könnten. Mit dem Ertrag waren im vergangenen Jahr mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Befragten zufrieden. 22 Prozent, also fast jeder Vierte, waren sogar "sehr zufrieden". Nur drei Prozent erwarten in diesem Jahr einen geringeren Umsatz, der Rest rechnet damit, dass sein Umsatz zumindest gehalten wird. 44 Prozent setzen sogar auf höhere Umsätze als 2005. "Das ist ein relativ hoher Anteil", hob Augustin hervor, "die Stimmung ist gut!" Die Preisabschriften wurden mit durchschnittlich 4,8 Prozent angegeben. Das entspricht gegenüber 2004 einer gleich bleibenden Tendenz.

Wenn ein Kunde im vergangenen Jahr in einem Bettenfachgeschäft etwas gekauft hat, dann hat er im Vergleich zu 2004 fast immer mehr ausgegeben. Satte 88 Prozent der befragten Kunden gaben an, ihren Durchschnittsbon 2005 gegenüber dem Vorjahr gesteigert zu haben. Neun Prozent berichteten von einem stabilen Durchschnittsbon, drei Prozent mussten sinkende Umsätze pro Kaufabschluss hinnehmen. Besonders erfreulich ist, dass sich die Mehrheit außerdem über eine gestiegene Kundenfrequenz freuen durfte: 58 Prozent. Bei 18 Prozent blieb die Zahl der Kunden stabil. Mit 24 Prozent konnte allerdings auch ein knappes Viertel der Befragten nur weniger Kunden als 2004 begrüßen.

Zwei Punkte kristallisierten sich bei der Frage nach den größten Problemen in diesem Jahr besonders heraus. Vor allem brennen den VDB-Häusern der steigende Kostendruck (63 Prozent) und der drohende Spannenverlust durch die Mehrwertsteuer-Erhöhung im nächsten Jahr (58 Prozent) unter den Nägeln. Fast schon abgeschlagen folgen Themen wie die zunehmende Billigkonkurrenz (27 Prozent) und die Finanzierung beziehungsweise die Liquidität. Apropos Mehrwertsteuer: 45 Prozent beabsichtigen im Sommer oder gar Herbst dieses Jahres, mit den Lieferanten über die angemessene Strategie anlässlich der Erhöhung um drei Prozentpunkte zu reden. 55 Prozent haben dies bereits im Winter oder auf den Messen schon getan. Nach dem Geschmack Augustins sind das angesichts der Bedeutung dieses Themas zu wenige.

Natürlich fragte der Verband auch nach den Maßnahmen, welche die Mitgliedsfirmen in Sachen Steuererhöhung bevorzugen würden. 25 Prozent hätten gerne, dass sowohl die Spanne als auch die Verkaufspreise erhöht werden. Das ist die einfachste, aber in den Augen der Konsumenten wohl auch unpopulärste Variante. 14 Prozent plädieren für eine Senkung des Einkaufspreises, um den Verkaufspreis zu halten. Darauf wird sich die Industrie wohl kaum einlassen, es sei denn, die Qualitäten werden "angepasst", wie sich Augustin diplomatisch ausdrückte. Auf eine partnerschaftliche Lösung des "teils/teils" setzen 61 Prozent. Das würde jedoch eine komplizierte Rechnerei zur Folge haben, ahnt der Verbandsgeschäftsführer.

Außerdem wurde die Bedeutung der Messen für die Mitgliedsunternehmen abgefragt. Dabei lag die Heimtextil mit 88 Prozent vorne, allerdings dicht gefolgt von der imm mit 78 Prozent. Die Abwanderung der Matratzenbranche nach Köln und die Konzentration des Themas Schlafen in einer Halle dürften der Kölner Messe einen Schub gegeben haben. Die Ambiente/Tendence folgte abgeschlagen mit 28 Prozent.

Bei der Frage, was sich die Einzelhändler von ihren Lieferanten wünschen, gab es drei Themen, die mindestens von jedem Zweiten genannt wurden: selektiver Vertrieb (69 Prozent), schnellere Nachlieferungen (61 Prozent) und mehr Werbeunterstützung (50 Prozent). Mit deutlichem Abstand folgten Beteiligung am Abschriftenrisiko (30 Prozent), mehr Personalschulungs-Angebote (27 Prozent) und Rationalisierung durch EDI (22 Prozent). Markenshops sind mit mageren 8 Prozent so gut wie gar kein Thema.

Was beabsichtigen die VDB-Häuser denn nun in diesem Jahr zu tun? Da steht an erster Stelle die Forcierung höherwertigerer Marken beziehungsweise der Preislagen (78 Prozent). Danach folgen der Ausbau von besonderen Angeboten und des Services (72 Prozent). Als wenn die Mitgliedsunternehmen die durchgängige Botschaft der Tagung geahnt hätten. Doch dazu später. Wichtig sind den Unternehmen auch die Konzentration der Lieferanten (61 Prozent) und die Straffung des Sortiments (47 Prozent). Auch der Ausbau der Personalschulung wurde mit 47 Prozent von fast jedem zweiten Haus genannt. Nennenswerte Anteile erhielten noch der Vorsatz, kurzfristiger einzukaufen (44 Prozent), eine engere logistische Zusammenarbeit und Kooperation mit Kollegen (beide 31 Prozent). Nicht erwähnt wurde der Wunsch nach weiterer Kostensenkung. Fazit von Augustin: "Das Thema ist ziemlich durch."

Initiative "Gesundes Schlafen"

Das folgende Thema elektrisierte dann zahlreiche Einzelhändler im Auditorium. Es verspricht eine zwar nicht gerade billige aber intelligente Lösung, das Image des vermeintlich verstaubten Bettenfachgeschäftes abzulegen und als kompetenter Ansprechpartner in Sachen gesunder Schlaf wahrgenommen zu werden: die VDB-Initiative gesundes Schlafen.

Schon auf der letztjährigen Jahrestagung berichtete der Bremer Gesundheitsexperte Klaus Haak darüber, wie das Bettenfachgeschäft Heintzen in Bremen und Oldenburg sich unter seiner Anleitung erfolgreich mit einer Schlafschule positionieren konnte. Dieser Vortrag brachte den Stein ins Rollen. Anschließend setzten sich die Inhaber von 14 Bettenfachgeschäften mit Augustin, Haak und Markus Kamps zusammen, dem nach eigenen Angaben Berater für ein gesundes Leben. Diese Pilotgruppe erarbeitete ein Konzept zur bundesweiten Umsetzung der Idee.

Der Hintergrund dieser Planungen ist die hinlänglich bekannte Polarisierung des Bettenhandels in Fachgeschäfte gehobener, exklusiver Qualität einerseits und in Billigmärkte andererseits. Angesichts der Ähnlichkeit und Vergleichbarkeit der Produkte fällt es da schwer, sich gegenüber dem Wettbewerb zu profilieren. Eine Lösung könnte es deshalb sein, sich in die Nische der Gesundheitswirtschaft zu begeben. Dieser Sektor verspricht, in der Zukunft an Bedeutung zu gewinnen. Ganz allgemein liegt das Thema Gesundheit in der Luft. Immer mehr Menschen messen ihm wachsende Bedeutung zu. Die demografische Entwicklung der deutschen Bevölkerung mit einem permanent ansteigenden Altersdurchschnitt spielt dem zusätzlich in die Karten.

Hinzu kommt, dass jeder zweite Deutsche angibt, schlecht zu schlafen. Jeder dritte Arztbesuch erfolgt wegen Schlafstörungen. Zudem gibt es abseits von Krankenhäusern und Schlaflaboren so gut wie keine wohnortnahe Hilfe gegen Schlafstörungen. Was liegt da also näher, als dass sich Bettenfachgeschäfte, deren ureigenste Kompetenz der gute Schlaf ist, eindeutig als Kompetenzträger profilieren? Gegenüber den Konsumenten, aber auch lokalen Partnern wie Krankenkassen, Ärzten, sozialen Trägern und der Industrie.

Die Pilotgruppe hat in den letzten Monaten ein System aus drei Modulen entwickelt, mit denen sich ein Bettengeschäft in ein zertifiziertes "Kompetenz-Zentrum gesunder Schlaf" verwandeln kann: Schlafberater, Schlafschule und Schlaftrainer. Dass dieses Konzept funktionieren kann, zeigt das Beispiel Heintzen. "Zu uns kommen inzwischen ganz neue Kunden, und unsere Stammkunden sind von der Kooperation ebenfalls angetan," schildert Uwe Heintzen.

Modul 1 beinhaltet die Selbstverpflichtung der Fachgeschäfte, ihre Führungskräfte und Mitarbeiter zu lizenzierten "Schlafberatern VDB" fortbilden zu lassen. Diese Fortbildung befähigt den Mitarbeiter, Schlafstörungen zu erkennen und gegebenenfalls kompetent auf die Schlafschule hinzuführen. Er gibt Schlafberatung mit Tipps für den Alltag, rückengerechtes Liegen und Informationen zu weiteren unterstützenden Hilfsmitteln. Schlaf"störungs"beratung ist nicht seine Aufgabe. Die Fortbildung zum Schlafberater dauert drei Tage und kostet pro VDB-Teilnehmer 890 Euro (plus Mehrwertsteuer, Übernachtung und Abendverpflegung). Nichtmitglieder sind mit 990 Euro dabei.

Modul 2 ist die Einrichtung einer Schlafschule nach Klaus Haak. Ganz wichtig: Die Kurse dürfen zum Nutzen der Glaubwürdigkeit der Veranstaltung nicht in den Verkaufsräumen des Bettenhauses stattfinden. Um eine Schlafschule nach Klaus Haak einrichten zu dürfen, bedarf es des Vertragsabschlusses mit Kamps Services, dem Unternehmen von Markus Kamps. Dann erhält das Unternehmen einen Kriterienkatalog für Schlafschulraum und Schlaftrainer, einen Textvorschlag für die Schlaftrainer-Suche, einen Entwurf für den Vertrag zwischen Trainer und Bettenhaus, sowie einen vierjährigen Gebietsschutz, der nach zwei Jahren überprüft wird. Außerdem steht Klaus Haak für Pressetermine zur Verfügung. Die einmaligen Startkosten für VDB-Häuser betragen 2.490 Euro, jeder weitere Standort kostet 490 Euro. Nicht-Mitglieder zahlen 2.990 Euro und je 990 Euro für weitere Standorte. Für die laufenden Kosten werden jährlich 240 Euro (300 Euro) erhoben. Sie werden für die Pflege der zentralen Internet-Inhalte, die Betreuung, Lizenzgebühr und überregionale Pressearbeit verwendet.

Modul 3 ist schließlich die Weiterbildung zum Schlaftrainer. Dabei sollte es sich um einen externen Mitarbeiter handeln, der auf Honorarbasis arbeitet. Um sich die Option offen zu halten, die Schlafschule von Krankenkassen bezuschussen zu lassen, muss der potenzielle Schlaftrainer ein abgeschlossenes Psychologie- oder Sozialpädagogik-Studium nachweisen können. Nach Informationen von Klaus Haak bereitet es jedoch in der Regel keine großen Schwierigkeiten, solche Kandidaten zu finden. Des Weiteren sollten die Trainer vorher schon eine Weiterbildung zum Autogenen Trainer absolviert haben. Die diplomierten AT-Trainer erhalten in einem dreitägigen Seminar von Klaus Haak die Weiterbildung "Schlaftrainer nach Klaus Haak". Darüber hinaus erhalten alle Schlaftrainer Einblicke in die Bettenbranche, um Schlafstörungen und Liegeprobleme genauer differenzieren zu können. VDB-Mitglieder zahlen für diesen Kurs 1.490 Euro, Nicht-Mitglieder 1.990 Euro.

Den Ausgaben stehen aber auch Einnahmen gegenüber. Etwa die laufenden Gebühren der Kursteilnehmer. Laut Haak könne man für einen an acht Tagen stattfindenden Kurs pro Teilnehmer rund 200 Euro nehmen, dies würde das Beispiel Heintzen zeigen. Ein Kurs sollte nicht mehr als etwa acht Teilnehmer umfassen. Außerdem setzt das Konzept auf Mehrumsätze durch: Schlafschulteilnehmer, Empfehlerrücklauf, qualifiziertere Mitarbeiter, Schlafstörungsberatung vom Trainer.

Der VDB ist Träger und Schirmherr des Kompetenz-Zentrums gesunder Schlaf. Als Verein sind ihm allerdings eigene wirtschaftliche Aktivitäten untersagt. Deshalb bieten Klaus Haak als Ideengeber und Markus Kamps die notwendigen Schulungs- und Ausbildungsangebote auf eigene Rechnung an. Haak ist Gesundheitsberater und Journalist sowie Gründer und Trainer der Bremer Schlafschule. Er führt zum Teil gemeinsam mit Markus Kamps die Ausbildungen des Fachpersonals und der Schlaftrainer durch. Kamps ist als Präventologe und Verbraucherberater für gesundes Liegen und Schlafen aktiv. Seine Firma Kamps Services ist Vertragspartner für alle Teilnehmer des Kompetenz-Zentrums.

Schon vor Beginn der Mitgliederversammlung hatten sich einige Häuser zur Teilnahme an dem Kompetenzzentrum entschieden. Uwe Remstedt begründete seine Teilnahme so: "Ich mache mit, weil Kompetenz für den Fachhandel nachhaltiger ist als Rotstiftpreise. Die Zukunft des Bettenfachhandels liegt in Kompetenz und Service." "Wir machen mit, weil Fachgeschäfte nur dann eine Zukunft haben werden, wenn sie die ausgetretenen Pfade der Vergangenheit verlassen und mutig und konsequent neue Wege beschreiten", erklärte Alfred Krauss. Jürgen Maack aus Rinteln findet: "Das Gütesiegel "Kompetenz-Zentrum gesunder Schlaf" ist ein weiteres Merkmal in der Abhebung vom Wettbewerb und somit ein Stück Zukunftssicherung für den Bettenfachhandel."

Geplant ist, dass die Schlafschulen mit einem publizistischen Big Bang pünktlich zur Umstellung auf die Winterzeit am 29. Oktober an den Start gehen. Gezielt sollen zu diesem Datum diverse Zeitungen bundesweit angeschrieben werden und auf ihren Seiten über die innovative Beratung informieren. Für Fragen interessierter Unternehmen, die eventuell zu einem späteren Zeitpunkt zum Kompetenz-Zentrum dazu stoßen wollen, stehen Kamps (markuskamps@Kamps-Services.de) und Haak (klaus.haak.tv@t-online.de) zur Verfügung.
aus Haustex 06/06 (Wirtschaft)