Meinung

Verschiebung der Gewichte

Frankfurt/Köln - Wie bewertet der Fachhandel die Heimtextil? Welche Bedeutung hat die Messe für das eigene Unternehmen? Ist die Kölner imm eine Gefahr für die Frankfurter Messe? Haustex befragte telefonisch zufällig ausgewählte Bettenfachhändler nach ihrer Meinung.

"Die Erfolgreichen sind übrig geblieben"
Auch Bürgel konnte von einer positiven Grundstimmung in Frankfurt berichten. Eine Vermutung Bürgels dafür: Die Unternehmen, auf Hersteller- wie auf Handelsseite, die in der Vergangenheit schlechte Stimmung verbreitet haben, sind inzwischen vom Markt verschwunden. Positiv ausgedrückt: Die erfolgreichen Unternehmen sind übrig geblieben. Auf der Ausstellerseite registrierte Bürgel in Frankfurt eine zunehmende Internationalisierung, die allerdings nicht unbedingt mit einer Bereicherung für den Fachhandel einherging. Viele ausländische Unternehmen haben Bürgel zufolge wenig bis keine Erfahrung mit dem deutschen Markt. "Ich kann schließlich nicht einen ganzen Container Bettwäsche abnehmen." Das Highlight schlechthin war für den Stadthäger Fachhändler der MZE-Stand, unabhängig davon, dass Betten Meier dort neben dem Bettenring auch Mitglied ist. Viele Unternehmen waren dadurch auf der Heimtextil präsent, die sonst nicht ausgestellt hätten, vermutet Bürgel. In einem Gespräch konnte so abgeklärt werden, ob sich der spätere Besuch auf einer Hausmesse lohnen würde. "Im Textilsortiment kann man auch einen Außendienstmitarbeiter ins Haus kommen lassen. Das geht bei Möbeln und Bettsystemen zum Beispiel nicht", erklärt der Firmeninhaber. Fischbacher hat Bürgel zum Beispiel schon im Dezember geordert. Gleichwohl: Auch für Bürgel war die Kölner Messe erstmals die wichtigere von beiden Messen. Mit Matratzen, Lattenrosten, Bettsystemen und Wasserbetten fehlten in Frankfurt für das Geschäft wichtige Sortimentsbausteine. "Aber die Frankfurter Messe kann man sich darum dennoch nicht sparen. Dort kann man sich informieren, Ideen holen und nach Alternativen umsehen."
Carsten Bürgel (Betten Meier, Stadthagen)

"Nicht mehr so viele Hände geschüttelt"
Für den Inhaber des Münsteraner Bettenfachgeschäftes war die gute Stimmung in Frankfurt deutlich zu spüren, unter den Kollegen, aber auch bei den Ausstellern. Allerdings habe die Umstrukturierung der Hallen doch zu einem gewissen Substanzverlust auf der Ausstellerseite geführt, speziell im Matratzenbereich, so Gerd Schründer. Sein Unternehmen erzielt inzwischen etwa nur noch 30 Prozent des Umsatzes mit Sortimenten, die auf der Heimtextil zu finden sind. Die übrigen 70 Prozent findet der Inhaber auf der Kölner imm. "Das Verhältnis hat sich gegenüber den Vorjahren gedreht, Frankfurt hat nicht mehr die Bedeutung für uns wie früher", bedauert Schründer. Allerdings muss man auch berücksichtigen, dass der Sortimentsschwerpunkt von Schründer bei Bettensystemen liegt. Was die Frequentierung der Frankfurter Messe durch Fachhändler angeht, hat Schründer dort vor einiger Zeit noch deutlich mehr Kollegen begrüßen können. "Manchmal ist man da vor lauter Händeschütteln kaum weiter gekommen."
Gerd Schründer (Betten Schründer, Münster)

"Frankfurt ist Messe für die Textileinkäufer"
Auch der Einkaufsleiter des renommierten Bettenfachgeschäftes spricht von einer insgesamt guten Stimmung in Frankfurt. "Ich bin dort mit einer positiven Stimmung raus gegangen", berichtet Gliemann. Allerdings hat er zum Teil kleinere Stände der Aussteller registriert und breitere Gänge zwischen den Ständen. Außerdem bemängelt er, dass die Sortimente nicht immer in einer Halle zusammengefasst waren. So befand sich Vossen zum Beispiel nicht bei der Mehrzahl der übrigen Frottier-Anbieter. "Das bedeutete für uns zum Teil lange Wege", so Gliemann. Der Einkaufsleiter war auch auf der imm in Köln. Dort herrschte nach seiner Auffassung die gleiche gute Stimmung. Gliemann hatte dort allerdings mehr textile Sortimente erhofft. "Köln ist eben nach wie vor eine Möbelmesse. Frankfurt ist die Messe für Textileinkäufer."Jörn Gliemann (Einkaufsleiter Betten-Rid, München)

"Gespräche über Sortimente und Strukturen"
Heintzen konnte auf der Heimtextil keine bedeutenden Produktneuheiten entdecken. "In diesem Jahr konnten wir mit den Lieferanten darum mehr inhaltliche Gespräche führen, über Sortimente und Strukturen zum Beispiel." Auch Heintzen beobachtete auf den Ständen eine rundweg positive und hoffnungsvolle Stimmung für das neue Jahr. Die Planung der Messebesuche habe aber ein wenig unter der Kölner Möbelmesse gelitten. Heintzen habe sich genau überlegen müssen, welchen Anbieter er auf welcher Messe besucht. Durch die Sortimentsbrille des eigenen Unternehmens gesehen, stellt Heintzen fest, dass heute rund 70 Prozent des Sortiments in Köln zu finden seien und nur 30 Prozent in Frankfurt. "Früher hatte Frankfurt noch einen Anteil von rund 80 Prozent", betont Heintzen. Für sein Unternehmen stelle sich daher die Frage, inwieweit es sich überhaupt noch lohne, nach Frankfurt zu fahren.
Kay Heintzen (Bettenhaus Heintzen, Oldenburg)

"Nur noch Info- und Kontaktmesse"
Für die Baretti-Gruppe ist die Heimtextil im Prinzip nur noch eine Informations- und Kontaktmesse. "Wir schreiben dort kaum noch. Dafür haben wir die Ordertage des Verbandes." Die Präsentation in den Hallen, die Stände haben Baretti beeindruckt. Allerdings fand er die Aussteller in der Halle 9 sehr luftig platziert. Er hätte es besser gefunden, wenn die Aussteller auf nur zwei statt drei Etagen verteilt worden wären. Für Baretti gehören die Weichwaren nach Frankfurt. In Köln sind sie nach seiner Auffassung nicht notwendig. Bedauerlich findet er, dass die Matratzen auf der Heimtextil nicht mehr zu finden sind.
Jan Baretti (Baretti-Gruppe, Gütersloh)
aus Haustex 02/06 (Wirtschaft)