Unilin - wie es nach Übernahme durch US-Konzern Mohawk weitergeht

Unilin-Laminatböden ergänzen Mohawk-Sortiment

Wenige Wochen nach der Ankündigung der Übernahme durch den US-Konzern Mohawk herrscht beim belgischen Laminatbodenhersteller Unilin "business as usual". In Wielsbeke ist man sich sicher, dass es zunächst keine einschneidenden Veränderungen geben wird - denn "wir bringen Mohawk etwas, das sie selbst nicht haben", so Geschäftsführer Frans De Cock, "nämlich unsere Laminatfußböden". In Belgien läuft derweil alles wie geplant: Das neue Design- und Entwicklungszentrum inklusive Schauraum ist fertiggestellt. Und mit der baldigen Inbetriebnahme der eigenen Melaminharz-Produktion geht man einen weiteren Schritt zur konsequenten vertikalen Integration.

Wie ein Paukenschlag erreichte die Nachricht von der Unilin-Übernahme durch den US-Bodenbelagskonzern Mohawk vor wenigen Wochen den Markt. Doch: "Auch wir waren überrascht", merkte Unilin-Geschäftsführer Frans De Cock an. Immerhin habe Mohawk erst sehr spät Kontakt zu Goldman Sachs aufgenommen, die die Suche nach einem Hauptaktionär für Unilin geleitet hatten. Vorher wurden in erster Linie Gespräche mit Finanzinvestoren geführt, aber auch der Bodenbelagsriese Shaw hatte anfänglich Interesse gezeigt. "Das Angebot von Mohawk war dann aber sehr interessant, außerdem haben wir uns mit einem Industriepartner an der Seite besser gefühlt", erläuterte Finanzdirektor Paul De Cock die Entscheidung.

Zudem hatte Mohawk erst vor kurzem den großen amerikanischen Fliesenhersteller Dal-Tile übernommen und dabei gezeigt, welche Wege bei Akquisitionen möglich sind. Statt alles umzukrempeln und den bisherigen Gepflogenheiten an den Gesamtkonzern anzupassen, blieb bei Dal-Tile zum Beispiel die eigene Vertriebsstruktur erhalten, die mit dem Direktvertrieb von Mohawk nicht konform geht. Eine Option, die auch Unilin zugesichert wurde.

Unilin bereits jetzt Nr. 1 in den USA

Unilin sieht sich mit seiner Marke "Quick Step" und einem Marktanteil von 15 % als Nummer 1 auf dem US-Laminatbodenmarkt - auch schon vor der Akquisition durch Mohawk. "Und man hat uns sicherlich nicht gekauft, um diese Stellung auf dem Markt zu verlieren", merkte Paul de Cock an. So wird sich an dem zweistufigen Vertrieb der Marke "Quick Step" in Nordamerika aller Voraussicht nach auch in Zukunft nichts ändern. Nach wie vor sollen die Kunden über Großhändler bedient werden, die ihrerseits von Unilin direkt vom Zentrallager Thomasville versorgt werden. Inwiefern in Zukunft der Mohawk-eigene Direktvertrieb zusätzlich genutzt werden kann, war beim jetzigen Stand der Gespräche noch nicht geklärt. Auch über die zukünftige Rolle von Mohawk in Europa gibt es noch keine endgültige Entscheidung.

Begeistert zeigte sich die belgische Geschäftsleitung vor allem von den Bemühungen von Mohawk am Point of Sale. Paul De Cock: "Mohawk macht sehr viel für Marketing und Vertrieb. Besonders beeindruckend ist die Verkaufspräsentation - das sind komplett integrierte Shops." Auch nach außen tritt der amerikanische Bodenbelagskonzern entsprechend selbstbewusst auf, mit dem Slogan "Mohawk makes the room".

Produktion europäisch, Vertrieb amerikanisch

In den eigenen drei Produktionsstätten in den USA (Laminatbodenfertigung in Thomasville und in Davidson County, Faserplattenproduktion mit 250.000 cbm in Mount Gilead) fertigt Unilin nach europäischen Standards. Die Produktion sei europäisch und der Verkauf amerikanisch, bringt es die Geschäftsführung auf den Punkt. Man selbst bringe das Know-how in Sachen Technik und Produkt mit den dazugehörigen modernen, europäischen Produktionsanlagen mit. Der Vertrieb haben amerikanische Experten übernommen und den lokalen Bedürfnissen angepasst.

Das US-Geschäft macht - inklusive der Plattenproduktion - bei Unilin Flooring mittlerweile ein Drittel des Gesamtgeschäftes aus. Um dies weiter zu forcieren, hatte man sich bereits vor einiger Zeit entschieden, ein zweites Werk in der Nähe der Produktionsstätte in Thomasville entstehen zu lassen. Nur fünf Kilometer entfernt wurde für 70 Mio. USD vor kurzem das neue Werk Davidson County in Betrieb genommen. Dort steht nun eine komplette Fertigungslinie für Laminatböden mit einer Kapazität von rund 10 Mio. qm, die derzeit langsam hochgefahren wird. Von hier aus soll gemeinsam mit dem kleineren, älteren Werk der US-Markt bedient werden, von dem man sich in den nächsten Jahren mit jährlich rund 15 % weitere deutliche Steigerungen erhofft. Die übrigen Absatzregionen der Welt werden, wie gehabt, von den europäischen Produktionen bedient. Zusammen mit dem neuen US-Werk verfügt Unilin nun über Produktionskapazitäten von 55 bis 60 Mio. qm im Jahr. Das tatsächlich verkaufte Volumen wird von Unilin in diesem Jahr auf rund 45 Mio. qm geschätzt.
Nächste US-Fertigungslinie kommt 2006

"Aber das Werk wurde nicht für eine Linie alleine gebaut", bekräftigte Firmenchef Frans De Cock. Bereits im nächsten Jahr soll den aktuellen Plänen zufolge eine weitere Fertigungslinie errichtet werden, gleichfalls mit einer Jahreskapazität von rund 10 Mio. qm. Das neuerliche Investitionsvolumen beläuft sich, da Infrastruktur und Gebäude bereits vorhanden sind, dann auf ca. 30 bis 35 Mio. USD. Im Werk Davidson County entsteht somit nach und nach eine Produktionsstätte, die mit dem europäischen Hauptwerk in Wielsbeke vergleichbar ist.

In Belgien jetzt eigene Melamin-Produktion

Bei Unilin legt man großen Wert auf die vertikale Integration der Produktion - die eigenen MDF-Produktionen in Mount Gilead und im französischen Bazeilles sind nur ein Beispiel dafür. Neuester Schritt in diese Richtung ist die eigene Melaminharz-Produktion in Wielsbeke. Hier war in den letzten Monaten für 5,9 Mio. EUR eine Hightech-Anlage zur Herstellung von 100 t Harz pro Tag errichtet worden. So könne man auch bei den Melaminharzen die Qualität des Produktes optimal kontrollieren, ohne abhängig von der Leistung Dritter zu sein. Weiterer Vorteil: "Wir können die einzelnen Parameter variieren, wodurch sich möglicherweise auch Entwicklungspotenzial für unser Endprodukt Laminatboden ergibt", erklärt Bernhard Thiers, "so wie auch schon mit der hauseigenen Platten-Produktion." Die Entwicklung der handgeschroppt aussehenden Oberflächen sei erst hier durch möglich geworden.

Neues Design- und Entwicklungszentrum

Die technischen Neuentwicklungen liegen bei Unilin in der Hand von sechs Mitarbeitern und mehrerer Produktionsleiter. Denen wird in Kürze ein neues Entwicklungszentrum mit Laboranlagen sowie einer kleinformatigen Presse und einer Profilierungs-Testlinie zur Verfügung stehen. Bereits fertig gestellt ist das neue Designzentrum mit großem Schauraum. Auf 1.500 qm Fläche haben Gäste die Möglichkeit, mehr über das Unternehmen Unilin, über "Quick Step" und neue Produkte zu erfahren. Bei der Dekorentwicklung setzt Unilin auf eigene Designer. Sämtliche Dekore werden im eigenen Hause entwickelt. Die vier oder fünf Dekordrucker, mit denen Unilin regelmäßig zusammenarbeitet, stehen dabei helfend zur Seite, kümmern sich allerdings vor allem um die technische Machbarkeit.

Schmalere Formate, Synchronpore, wie handgearbeitet aussehende Oberflächen und Fugen sind nach wie vor die wichtigsten Trends in der Laminatbodenbranche, meint Geschäftsführer Bernard Thiers. Und ergänzt: "Echtes Holz ist der schönste Bodenbelag. Aber wir wollen so nah wie möglich herankommen."
aus Parkett Magazin 05/05 (Wirtschaft)