BEB-Merkblatt zum Thema Bodenbelagverlegung

Parkettleger müssen sich an neue Vorgaben gewöhnen

Mit einem neuen BEB-Merkblatt sollen die wichtigsten Regeln für die Verlegung von Bodenbelägen für alle beteiligten Gewerke endlich einheitlich definiert und der heutigen Produkttechnik angepasst werden. Verschärfte CM-Grenzwerte, eine generelle Pflicht zum Anschleifen der Estrichoberfläche und anspruchsvolle Anforderungen an die raumklimatischen Bedingungen markieren einen neuen Stand der Verlegetechnik.

Der Arbeitskreis "Bodenbeläge" im Bundesverband Estrich und Belag (BEB) hat im Februar ein neues Merkblatt für die Verlegung von Bodenbelägen vorgelegt, das auch in der Parkettbranche für Aufsehen sorgt. Die Neuauflage mit dem Titel "Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen - Verlegen von elastischen und textilen Bodenbelägen, Schichtstoffelementen, Parkett und Holzpflaster" fasst nicht nur die beiden BEB-/ZDB-Veröffentlichungen aus den Jahren 1981 und 1982 zusammen, sondern enthält wichtige Neuerungen, die erhebliche Konsequenzen für die Praxis haben. Gert Hausmann: "Es ist ein Hinweisblatt entstanden, wie Parkettleger mit der Bewertung des Estrichs umzugehen haben."

Gemeinsame Standards für Boden-, Estrich- und Parkettleger

Nach jahrelangem Ringen konnten sich Estrich-, Boden- und Parkettleger auf einheitliche Regelungen für die Untergrundprüfung und -vorbereitung einigen. Der BEB und der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik (ZVP) treten als gemeinschaftliche Herausgeber auf. Auch Raumausstatter, Heizungsbauer sowie die Parkett-, Klebstoff-, Flächenheizungs- und Textilbelagsindustrie haben an der Ausgestaltung mitgearbeitet.

Die breite Basis, auf der das Merkblatt durch die beteiligten Fachinstitutionen steht, wird es zum allgemein anerkannten Stand der Technik erheben. Viele Belag- und Verlegewerkstoff-Hersteller sind schon dabei, ihre Verarbeitungsanleitungen den neuen Regelungen anpassen. Angekündigt ist ebenso eine entsprechende Überarbeitung der Kommentare zur VOB. Sachverständige werden sich dann bei der Beurteilung von Schäden in Zukunft am Inhalt des BEB-Merkblatts orientieren. Konsequenz: Wer die Neuregelungen nicht beachtet, kann im Schadensfall erhebliche Probleme bekommen.

Was ist neu?

Die wichtigsten Neuerungen für den Verarbeiter finden sich in den Kapiteln 2.4 "Prüfung und Beurteilung von Untergründen", 6.1 "Verlegebedingungen" und 6.2 "Vorbereitung und Reinigung des Untergrundes." Darüber hinaus enthält der Abschnitt 9 einige Formulierungen, die für den Handwerker gewährleistungsrechtlich von Bedeutung sind.

1. Neue CM-Grenzwerte für die Belegreife von Estrichen

Eine der zentralen Neuregelungen: Bei der Prüfung der Belegreife von Estrichen mit dem CM-Gerät wird nicht mehr zwischen dampfdichten und dampfoffenen Belägen unterschieden. Das heißt: Für einen Teppichboden gelten künftig die gleichen Vorgaben wie für einen PVC-Belag und Parkett.

Die maximal zulässige Restfeuchte liegt nun einheitlich bei:
- 2,0 CM-% für unbeheizte Zementestriche,
- 1,8 CM-% für beheizte Zementestriche,
- 0,5 CM-% für unbeheizte Calciumsulfat(Fließ-)estriche / Anhydritestriche,
- 0,3 CM-% für beheizte Calciumsulfat(Fließ-)estriche / Anhydritestriche.

Für Bodenleger heißt es aufgepasst: Wer einen Teppichboden auf einem Estrich verlegt, der die neuen Restfeuchtewerte überschreitet, gerät im Schadensfall in Schwierigkeiten.

2. Verschärfte Anforderungen an raumklimatische Bedingungen

Anspruchsvoller sind auch die Anforderungen an die raumklimatischen Rahmenbedingungen für Bodenbelagarbeiten geworden: Die maximal zulässige Raumluftfeuchtigkeit liegt nun bei 65 % - früher waren bis zu 75 % relative Luftfeuchte erlaubt. Die Lufttemperatur darf künftig 18 C - die Untergrundtemperatur 15 C - nicht unterschreiten. Diese klimatischen Rahmenbedingungen sind zudem bereits 3 Tage vor Beginn sowie mindestens 7 Tage nach der Verlegung einzuhalten. Im Neubau empfiehlt der BEB den Einsatz von Bautrocknern, um das geforderte Raumklima zu erreichen.

Zwar handelt es sich beim Luftfeuchtegrenzwert um eine "Soll-Bestimmung" - die Einhaltung wird nicht zwingend vorgeschrieben - da Verlegewerkstoff- und Belaghersteller den Wert aber in ihre Verlegeanleitungen übernehmen wollen, führt an der Einhaltung kein Weg mehr vorbei. Die Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe (IVK) hat ebenfalls angekündigt, die zulässige Raumluftfeuchte in ihren technischen Veröffentlichungen von 75 % auf 65 % herabzusetzen. Handwerker sollten sich schon jetzt an den neuen Vorgaben orientieren.

3. Alle Estriche müssen angeschliffen werden

Der Abschnitt 6.2 greift ein besonders heißes Eisen auf: Welche Estriche sollen vor Bodenbelagsverlegung angeschliffen werden? Das BEB-Merkblatt lässt keine Interpretationen mehr zu: "Der Untergrund ist vor dem Auftragen von Voranstrichen oder Spachtelungen mechanisch anzuschleifen und abzusaugen." Damit wird das Anschleifen für alle Untergründe zur Pflicht. Auch die Abrechnung ist eindeutig geregelt: "Dieses sind besondere Leistungen und gesondert auszuschreiben." Die Beurteilung der Untergrundbeschaffenheit soll erst nach dem Anschleifen erfolgen.

Der BEB begründet die rigorose Neuvorschrift unter anderem mit der Vielzahl der eingesetzten Bindemittel - deren eindeutige Identifizierung in der Praxis nicht immer möglich ist - sowie mit der üblichen Bauverschmutzung und der benötigten Eindringtiefe wasserbasierter Verlegewerkstoffe.

Meldet ein Bodenleger Bedenken an, weil der ungeschliffene Estrich keine optimale Oberfläche aufweist, dürften Estrich- und Bodenleger in dieser Sache nicht mehr aneinander geraten. Mit der ausnahmslosen "Schleifpflicht" im BEB-Merkblatt sind selbst Estrichhersteller "kalt gestellt", die ein Schleifen ihres Produkts für überflüssig erklären. Gert Hausmann: "Wenn der Bodenleger nach einem Schleifgang mit Einscheibenmaschine keine verwendungsfähige Oberfläche hat, ist das ein Mangel und der Estrichleger muss erneut ran."

4. Im Kapitel 9: Der Bodenleger hat eine Hinweispflicht

Neu ist auch das Kapitel 9 "Raumklima/-luft". Ein bestimmter Adressat wird nicht genannt, doch geht es hier offensichtlich um Empfehlungen für die Zeit nach der Bodenbelagsverlegung, für deren Befolgung nur der Nutzer in Frage kommt. Dennoch ist der Inhalt unter Gewährleistungsaspekten auch für den Handwerker von großer Bedeutung.

Das Merkblatt weist zunächst darauf hin, dass "für das Wohlbefinden des Menschen in Räumen auf die Einhaltung eines gesunden Raumklimas mit einer Temperatur von 20 - 22 C und einer relativen Luftfeuchte zwischen 50 und 60 %" zu achten ist. Ein solches Klima würde außerdem vor elektrostatischen Aufladungen schützen und die Werterhaltung von Bodenbelägen begünstigen - vor allem bei Holz- und Korkbelägen.

Im nächsten Absatz wird vor den möglichen Folgen einer Nichteinhaltung gewarnt: Eine relative Luftfeuchte unter 50 % könne zu "größeren Dimensions- und Formveränderungen von Bodenbelägen" führen. Konsequenz: "In der Heizperiode auftretende Verbreiterungen von Fugen sind deshalb auf produktspezifische Eigenschaften zurückzuführen und nicht zu beanstanden." Im Winter seien die empfohlenen Luftfeuchtewerte schließlich "ohne besondere Maßnahmen nicht einzuhalten". Als "unvermeidbar" bezeichnet das Merkblatt außerdem "materialspezifische Eigengerüche in Abhängigkeit vom Raumklima".
Mit Kapitel 9 soll eigentlich der Gewährleistungsumfang des Verlegers reduziert werden. Motto: Für Reklamationen, auf deren Ursache der Handwerker keinen Einfluss hat, kann man ihn auch nicht haftbar machen. Sorgt der Nutzer nicht für ein angemessenes Raumklima, ist er an Fugen und Gerüchen selber schuld.

Der Haken für den Handwerker: Das funktioniert nur, wenn der Auftraggeber zuvor auf das empfohlene Raumklima und die Folgen bei Nichteinhaltung hingewiesen wird - er muss nämlich kein BEB-Merkblatt kennen. Der Auftraggeber darf vom Verleger ein mangelfreies Gewerk erwarten - ohne Fugenbildungen und unangenehme Gerüche. Das wurde in mehreren einschlägigen Gerichtsentscheidungen bestätigt. Verweist der Handwerker bei entsprechenden Reklamationen auf einen Produktmangel, kann ihm die Industrie jetzt leicht entgegnen: "Du hättest doch wissen müssen, dass wir die Entstehung von Fugen und Gerüchen bei unseren Produkten nicht ausschließen können. Das steht sogar in eurem eigenen Merkblatt. Darauf hättest Du den Auftraggeber hinweisen müssen."

Erhöhte Ansprüche an die Sorgfaltspflicht des Handwerkers

Prinzipiell sind die neuen Regelungen durchaus in der Lage, das Schadens- und Haftungsrisiko zu reduzieren: Durch niedrigere CM-Grenzwerte verringert sich die Gefahr von Feuchteschäden an Estrich und Belag. Verschärfte Anforderungen an die raumklimatischen Verlegebedingungen tragen wasserbasierten Klebstoffen Rechnung, deren Reaktion wesentlich von Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur abhängig ist. Zudem verringert sich die Gefahr von Schäden durch größere Maßänderungen "nervöser" Beläge.

Allerdings stellen die Neuregelungen auch deutlich höhere Ansprüche an den Verleger. Er muss in der Praxis auf die Einhaltung der Vorgaben achten und kann somit schneller in gewährleistungsrechtliche Grauzonen rutschen. Denn mit Verschärfung der Untergrund- und raumklimatischen Anforderungen wird sich automatisch die Zahl der Fälle erhöhen, in denen die entsprechenden Werte nicht eingehalten werden. 65 % relative Luftfeucht sind zu mancher Jahreszeite und in bestimmten Regionen eine sehr anspruchsvolle Vorgabe. Und unkommentierte Sätze wie: "Im Winter ist die notwendige Luftfeuchte ohne besondere Maßnahmen nicht einzuhalten" stellen eine gefährliche Haftungsfalle dar. Die Frage drängt sich auf: Kann künftig im Winter überhaupt noch sicher Parkett verlegt werden?

Ein reduziertes Gewährleistungsrisiko ergibt sich für den Parkett- und Bodenleger nur dann, wenn er in diesen Fällen unter Verweis auf das neue BEB-Merkblatt konsequent Bedenken anmeldet. Er wird dadurch vielleicht künftig häufiger einen Bauherren verärgern - dafür erhöhen sich aber seine Chancen, von Reklamationen verschont zu bleiben.

Die Kehrseite der Medaille: Mit den verschärften Anforderungen an Untergrund und Raumklima werden gleichzeitig geringere Ansprüche an die technische Leistungsfähigkeit von Bodenbelägen und Verlegewerkstoffen gestellt. Statt von den Herstellern zu verlangen, dass ihre Produkte auch in Grenzsituationen sicher funktionieren müssen, schließt das Merkblatt solche Grenzsituationen für künftige Verlegungen einfach aus.
aus Parkett Magazin 04/02 (Wirtschaft)