Domotex 2002 baute Position auf dem Parkettsektor weiter aus

Gut gelaufen

Noch nie war die Domotex als Parkettmesse so umfangreich, vielseitig und zweifelsfrei auf dem Vormarsch wie in diesem Jahr. Der Aufbruch der Parkettbranche nach Hannover bescherte der Messe bei den Ausstellern ein sattes Plus von über 50 %, eine total ausgebuchte "Parketthalle" sowie zwei stark mit Parkettanbietern durchsetzte Hallen, sichtbar reges Besucherinteresse und insgesamt mehr Attraktivität.

Im Sog der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung flachte die Sonderkonjunktur bei Holzfußböden zum Jahresende 2001 zwar deutlich ab. Dennoch hat sie sich in den letzten Jahren als vergleichsweise stabil erwiesen. Auf der Domotex schien sie bereits wieder im Aufwind zu liegen. Teilweise herrschte ausgesprochen gute Stimmung. Nach vier Messetagen wagten einige Aussteller, ihre anfänglich sehr vorsichtigen Erwartungen für das angelaufene Jahr "deutlich nach oben zu korrigieren". Viele äußerten sich mit dem Ergebnis "überaus zufrieden". Ein Anbieter berichtete, dass er - obgleich eher ungünstig platziert - "auf der Domotex an einem Tag mehr reale Aufträge schrieb als während der gesamten Interzum". Mehrheitlich überwog jedoch Skepsis gegenüber einer gewissen Messe-Euphorie, die allzu gerne und immer wieder "das Anlaufen der Konjunkturmaschine" beschwört. Die meisten Aussteller deuteten an, dass sie es als Erfolg gelten lassen würden, wenn der Inlandsmarkt in diesem Jahr auf Vorjahresniveau gehalten werden könnte. Die Domotex ermutigte zu dieser Hoffnung.

Der stärkere Hoffnungsträger ist weiterhin der Export. Die meisten Aussteller gaben der Domotex gute Noten aufgrund der regen Auslandsnachfrage, die sich aus dem nochmals um über 3 % auf insgesamt 52,5 % gestiegenen Ausländeranteil unter den Fachbesuchern herleitete. Dass der Export in vielen Wirtschaftsbereichen inzwischen eine zunehmend labilere Konjunkturstütze abgibt, macht sich allerdings auch im Bereich der Holzfußböden schon bemerkbar - vor allem dort, wo eine starke Exportabhängigkeit besteht oder Exporte nach den USA eine Rolle spielen.

Wer glaubte, der Besuch in der von Parkett-Anbietern ausgebuchten Halle 8 und in den mit Parkett durchmischten Hallen 7 und 6 könnte intensiver sein, hatte sich in den insgesamt zehn Teppich-Hallen noch nicht umgesehen. Dort herrschte vergleichsweise Flaute - viel Zeit für "Gespräche auf hohem Niveau", die beliebte Umschreibung für niedrige Besucherfrequenzen. Der Sektor Holzfußböden mit deutlichen Zuwächsen bei Ausstellern und Besuchern stand somit in auffälligem Gegensatz zum Sektor Teppich, der der Domotex 2002 unterm Strich zwar keine heftigen Einbrüche, aber immerhin Einbußen bescherte. Umso verständlicher wird, dass die Messe bestrebt ist, ihre Kompetenz als Parkettmesse weiter herauszuarbeiten. Zu Verbündeten machte sie sich den Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik, den sie mit einer großen Aktionsfläche sponserte. Enttäuschend: Während die Führungsriege des Verbandes und treuer Anhang dem Spektakel beiwohnte, als der größte Fußball der Welt aus Parkett hergestellt wurde, war das parkettverlegende Handwerk unter den Domotex-Besuchern insgesamt nicht sehr stark repräsentiert. Aber es wird sich herumsprechen, dass die Domotex keine Messe allein für Bodenleger ist.

Das Produktangebot hat sich in den letzten Jahren stark ausgeweitet. Es umfasst mittlerweile alle Typen und Techniken - vom "schwimmenden" Dreischichtparkett über das vollflächig zu verklebende Massiv- und Zweischichtparkett bis zu Dielen für die klassische Vernagelung, von Gurt und Klammer über die konventionelle Nut/Feder-Verbindung bis zur leimlosen Verlegung mittels Clic, Loc oder Connect. Diese beherrschte - wie zu erwarten war - auch die diesjährige Domotex. Das Feld der Parkettanbieter "mit System" weitet sich aus, teilt sich aber noch in Überzeugte und in Mitläufer - "wenn es denn sein muss". Mancher sieht den Schuss bereits nach hinten losgehen: Der werbliche Honig, den manche Fertigparketthersteller aus Click- und anderen Systemen ziehen, ist süßer als der Erlös. Die Kosten für Entwicklung, Marketing, Patentanwälte und Lizenzen summieren sich, derweil sich die am Markt zu erzielenden Preise denen für Parkett mit konventioneller Verbindung annähern. Der Druck auf Hersteller, die in erster Linie den Handel beliefern, ist dabei stärker als bei jenen, die mit dem Handwerk zusammenarbeiten. Nach wie vor ist häufig die Meinung zu hören, dass das Click-System für das Handwerk keine Notwendigkeit darstelle.

Weitere Trends und Neuentwicklungen auf dem Sektor Holzfußböden lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Die Vielfalt bei den Hölzern nimmt - mit Trend zu dunkleren Arten - weiter zu, und gleichzeitig wird versucht, Design auf den Boden zu bringen.

Die seit langem beliebten hellen Hölzer wie Buche, Ahorn und Esche bleiben marktbestimmend, aber die Nachfrage nach dunkleren Fußböden nimmt zu. Architekten schaffen mit öffentlichen Objekten neue Blickgewohnheiten. Tropenhölzer sind dabei nicht mehr tabu; neben den bekannten Exoten tauchen laufend neue auf. Dahinter stehen unterschiedlichste Gründe: Einige klassische Tropenhölzer sind heute nur noch schwer und aufwändig zu beschaffen, unbekannte Arten ermöglichen vorteilhaftere Kalkulation und bei weniger ausgebeuteten Holzarten ist auch die Zertifizierung leichter zu erlangen. Aber es müssen nicht Tropenhölzer sein. Viele Hersteller bieten verstärkt gedämpfte, geräucherte, gebeizte und antikisierte Böden an, wobei Eiche wieder stärker vorrückt. Beliebt sind gemäßigt dunkle, aber naturwarm getönte Böden aus den "Obsthölzern" Nuss, Kirsche, Birne, Apfel.

Das Vorrücken der dunkleren Hölzer bietet gute Ansatzpunkte für Bodendesign. Helle und dunkle Hölzer miteinander kombiniert, ermöglichen wahlweise dezente oder sehr markante Kontrastwirkungen. Es gibt einfache, auch mit schwimmend verlegtem Mehrschichtparkett zu realisierende Lösungen wie die seitlich eingearbeitete oder angelegte Ader. Auch Würfel sind zu haben. Raffiniertere Musterverlegungen erfordern den Profi, dem auf der Domotex Anreize gegeben wurden, sich beim Endkunden gestalterisch zu profilieren und über Wasser zu halten.

Der Kampf - auch das machte die Domotex in vielen Facetten deutlich - wird immer härter. Neue Konstellationen, neue Kapazitäten und neue Konkurrenzsituationen entstehen. Hier wurden vor allem Pläne und Projekte österreichischer Parketthersteller publik. Allgemein ist die Lage angespannt, und der Wechsel vom Messe-Lächeln zum ernsten Gesicht kam oft abrupt. Wie immer kursierten Nachrichten, Gerüchte und Unkenrufe über dramatische Gewinneinbrüche oder drohende Insolvenzen wild durcheinander. Unsicherheit muss nicht geschürt werden, sie ist da - sogar hinsichtlich des bis dato stabilen Exports. Am Tag vor der Messeeröffnung titelte "Die Welt" in ihrem Wirtschaftsteil: "Export bricht als Konjunkturstütze weg"...

Aufhorchen ließ die auf der Domotex erhaltene Information, dass Hersteller und Händler in den Benelux-Ländern von ihren Versicherern, möglicherweise auch Banken, gewarnt wurden, bei Geschäften mit deutschen Unternehmen vorsichtig zu sein. Begründung: Es stünden Firmenzusammenbrüche in größerem Umfange bevor. Was auf der Messe Mitte Januar via Belgien kolportiert wurde, bestätigten dann Anfang Februar deutsche Pressemeldungen, z.B. "Banken befürchten Pleitewelle - Alarm im deutschen Mittelstand" (Welt am Sonntag, Ausgabe vom 3. Februar).

Der verbissene Verhandlungs- und Prozessmarathon wegen Clic, Loc und Co., aggressive Vertriebspraktiken und allgemeine Gereiztheit werden so erklärlich. Die Frage ist, ob sie sich auszahlen. So werden beispielsweise restriktive Händlerführung und Gebietsschutz sicherlich nicht nur im Autohandel auf den Brüsseler Prüfstand kommen.

Wie jede Messe war die Domotex auch eine Stimmungs- und Nachrichtenbörse. Unterm Strich dominierte trotz allem Zuversicht - auch was die Zukunft der Domotex als Parkettmesse anbelangt.
aus Parkett Magazin 01/02 (Wirtschaft)