ZVPF Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik e.V., BIV Parkettlegerhandwerk und Bodenlegergewerbe

Barth: Warum nicht den öffentlich-rechtlichen Status der Innungen aufgeben?


Im Gespräch mit dem ParkettMagazin stellte Bundesinnungsmeister Joachim Barth auch ganz grundlegende Fragestellungen in den Raum. So muss man sich seiner Meinung nach auch darüber Gedanken machen, ob sich die Innungen an ihren öffentlich-rechtlichen Status klammern sollten - weniger Verwaltung und mehr Unabhängigkeit könnten von Vorteil sein.

ParkettMagazin: Sie haben angemerkt, dass momentan vieles im Umbruch ist und man darüber nachdenken sollte, ob die Handwerksinnungen wirklich an ihrem öffentlich-rechtlichen Status festhalten müssen. Ist das nicht ein Rütteln an den Grundfesten des Handwerks?

Joachim Barth: Nein. Die Hauptaufgabe öffentlich-rechtlicher Institutionen ist es, die ihnen vom Staat übertragenen, hoheitlichen Aufgaben zu erfüllen: Beispielsweise bei der Handwerkskammer die Führung der Handwerksrolle und der Lehrlingsrolle, die Durchführung von Zwischen- und Gesellenprüfungen, die Abnahme von Meisterprüfungen, Fortbildungen, die Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen und dergleichen mehr. Das sind hoheitliche Aufgaben, die auch eine staatliche Behörde erledigen könnte - irgendein Amt, Wirtschaftsamt. Diese Aufgabe haben die Handwerkskammern übertragen bekommen. Mit der Maßgabe: Ihr verwaltet euch selbst und ihr finanziert euch selbst.

Und würde der Staat diese Aufgaben jetzt übernehmen, dann müsste der Handwerkskammerbeitrag eben einer staatlichen Behörde zugeführt werden. Jetzt fließen die Kammerbeiträge, die geleistet werden, aber direkt in die handwerkliche Selbstverwaltung. D. h., das Handwerk zahlt nicht in einen Steuertopf ein und der Staat verteilt es dann (Beispiel Kfz-Steuer) irgendwo hin - sondern hier kommen die Beiträge direkt an. Das ist ein Vorteil der handwerklichen Selbstverwaltung. Einer der Nachteile ist allerdings, dass die Gewerkschaften in der Handwerkskammer eine drittel-paritätische Mitbestimmung haben. Das ist aber eine eigenständige, politische Meinung von mir.

Also kurzum, wir könnten ohne die Institution öffentlichen Rechts leben. Es rüttelt an den Grundfesten dieses Staates deswegen, weil sämtliche Organisationen oder sämtliche Berufsverbände irgendwo in öffentlich-rechtlichen Institutionen stecken. Der Nachteil ist z. B., dass Handwerkskammern beamtete Hauptgeschäftsführer haben. Es gibt Handwerkskammern, die bezahlen im Moment drei pensionierten Hauptgeschäftsführern eine Pension. Warum geht das nicht auch im Angestelltenverhältnis, dann kann man auch ganz anders kündigen und die Kosten sind absenkbar.

Und dann gefällt mir die Trägheit einer jeden Verwaltung nicht. Die Handwerkskammern werden beaufsichtigt von den jeweiligen Wirtschaftskammern des zuständigen Wirtschaftsministers. Also hier in Berlin ist die Aufsichtsbehörde der Handwerkskammer der Wirtschaftssenator. Der hat eine Abteilung und bei jeder Versammlung sitzen Vertreter dabei. Die Kammern selbst kontrollieren wieder die Innungen. Das ist der Status "öffentlich-rechtlich". Sie unterliegen der Kontrolle. Sie sind kein Verband, der für sich selbst agieren kann. Und jetzt sind wir beim Kernpunkt: Ein Handwerkskammerpräsident vertritt also eine öffentlich-rechtliche Institution und ist gehalten, in seinen Aussagen sehr moderat zu bleiben. Er muss also der Gewerkschaft gegenüber Rücksicht üben und er muss sich zurückhaltend gegenüber der Politik ausdrücken.

ParkettMagazin: Aber eine solche Veränderung kann nur von aller oberster Stelle kommen. Da dürfte der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik wenig Einfluss haben.

Joachim Barth: Ich bin 100 % davon überzeugt, dass Norbert Strehle vor zwei oder drei Jahren schon Recht hatte. Er sagte damals, dass nach jeder Handwerksnovelle eine neue kommt, und beim nächsten Mal das ganze Gebäude sowieso zusammenfällt. Die deutsche Organisationsform gibt es in Europa nicht noch einmal.

Da ist natürlich die Frage erlaubt, warum man nicht gleich alles mit der neuen Handwerksnovelle in Angriff genommen hat. Im Übrigen gibt es schon jetzt viele Kammern - Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern -, die laut darüber nachdenken, sich zusammenzuschließen.

Aber das dürfte unter anderem daran scheitern, dass in den IHK diese paritätische Mitbestimmung nicht existiert, wohl aber bei den Handwerkskammern. Eine allgemeine Wirtschaftskammer sollte dann die Aufgaben der jetzigen Handwerkskammer übernehmen.
aus Parkett Magazin 02/05 (Wirtschaft)