Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik - Mitgliederversammlung in Ulm

Das letzte Gefecht um den Meisterbrief?

Mitte Mai hielt der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik in Ulm seine Mitgliederversammlung ab. Der gastgebende Obermeister Wilfried Hart erinnerte an die Gründung der ersten bundesdeutschen Parkettleger-Innung 1965 in Ulm durch Kurt Rang. Damals wurde das Parkettlegergewerk auch zum Vollhandwerk. Nun, im Jahre 2003, soll alles anders werden. Die Politik plant eine Neuordnung der Rahmenbedingungen im Handwerk.

Zur Debatte steht die Aufhebung der Meisterprüfung als Voraussetzung zur Schaffung eines Betriebes.

Ein entsprechender Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums will die Parkettleger aus der Handwerksrolle Anlage A entfernen. Dort sollen lediglich 32 Gewerke verbleiben, die in der Ausübung eindeutig eine "Gefahr für Gesundheit und Leben Dritter" bedeuten.

An diesem Punkt versucht die Führung des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik einzuhaken. In einer schriftlichen Erklärung an das Ministerium will sie, um den Meisterbrief zu retten, die "Gefahrgeneigtheit" des Parkettlegerhandwerks begründen.

Argumente für den Meisterbrief

An erster Stelle der Argumente steht die Sanierung belasteter Altböden. Ins Feld geführt werden PAK- und PCB-haltige Klebstoffreste, asbestfaserhaltige Bodenbeläge, schadstoffangereicherte Schleifstäube und daraus entstehende Raumluftbelast-ungen. Hinzu kommt das Erkennen statischer Gefahren an alten Holzbalkendecken, Selbstentzündungsgefahren von Materialien und Vorgaben, wie die rutschhemmende Eigenschaft von Oberflächen. All das, so die Ansicht des Zentralverbandes, kann nur ein sehr gut ausgebildeter Parkettleger gewährleisten. Auch der sachgerechte Umgang mit Holzbearbeitungsmaschinen ist ein gewichtiges Argument, denn hier ist die Parkettleger-Ausbildung zu 80 % identisch mit dem Tischlerhandwerk, das als "gefahrgeneigt" in der HWO-Anlage A bleiben darf.

"Wir werden den Meisterbrief als Qualitätsbegriff verteidigen", rief Horst Schurr, Präsident der Handwerkskammer Ulm, den Parkettlegern zu. Und Sönke Stoltenberg (Innung Schleswig-Holstein) forderte: "Wir müssen unsere regionalen Bundestagsabgeordneten persönlich ansprechen."

Ob der Bundesrat um Zustimmung zur Änderung der Handwerksordnung gefragt werden muss, ist noch nicht klar. Entscheidend wird eine Mehrheit im Bundestag sein. In jedem Fall will Bundesinnungsmeister Joachim Barth alle politische Macht in die Waagschale werfen: "Wir Handwerker haben uns lange nicht um unsere Vertretungen gekümmert. Wir haben den Handwerkskammern nicht gesagt, was wir wollen. Das müssen wir jetzt tun."

Ist der "Meister"-Zug abgefahren?

Die Chance des Parkettlegerhandwerks, der Abstufung in die Anlage B zu entgehen, bleibt umstritten. Vielfach macht sich resignativer Pragmatismus breit. Die Änderung der Handwerksordnung, glauben manche, sei längst beschlossene Sache. Man solle sich lieber mit den Gegebenheiten abfinden und rechtzeitig an die Gestaltung der Zukunft denken. Dieter Peuker (Innung Nord-Ost): "Seit der Unterschrift unter den Maastricht-Vertrag fährt der Zug in diese Richtung. Statt in Betrieben wird zunehmend in Akademien ausgebildet. Wer selb-ständig ist und nicht ausbildet, wird eine Ausbildungsabgabe zahlen müssen."

Der ehemalige Bundesinnungsmeister Dieter Große (Innung Lüneburg-Stade) empfiehlt, zweigleisig zu fahren: "Wir sollten zum einen dem alten Meistertitel nachlaufen und versuchen, seine Gefahrgeneigtheit zu erreichen, zum anderen unsere Kräfte mit denen der Boden-, Estrich- und Fliesenleger bündeln und einen gemeinsamen Meistertitel ins Auge fassen." Der wäre dann nicht mehr gesetzlicher Zwang, sondern freiwilliges Rüstzeug für die Selbständigkeit und sichtbares Qualitätsmerkmal eines fähigen Betriebes.

Heftig bestritten wird vom Zentralverband, dass die Novellierung der Handwerksordnung mehr Arbeitsplätze schaffen könne. Für neugegründete Betriebe gäbe es bei der bestehenden Auftragslage nichts zu tun. Verschärfen wird eine geänderte Handwerksordnung allerdings den Wettbewerb. Wenn jeder Geselle sich selbständig machen kann, sinken die Preise.

Neuen Manteltarif aushandeln

In diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten möchten sich die Parkettlegerbetriebe tariflich neu absichern. Der bestehende Manteltarifvertrag stammt von 1987. Erste Gespräche wurden bereits mit der Christlichen Gewerkschaft geführt. Hier orientiert man sich an einem Tarifvertrag, den Tischler und Schreiner mit dieser Gewerkschaft abgeschlossen haben. Dabei geht es auch um Einschränkungen für Arbeitnehmer. So könnte als Ausgleich zu einer 14-tägigen Krankheit ein Urlaubstag fällig werden.

Schon heute müssen angestellte Handwerker die Konkurrenzfähigkeit ihrer Betriebe mit Verzicht stützen. "Um Objektaufträge zu erhalten, verhandeln wir mit unseren eigenen Leuten über Lohnabschläge", heißt es aus Schleswig-Holstein. Und aus Teilen der Innung Bonn/ Köln/ Aachen ist zu hören: "Wir zahlen seit zwei Jahren keine Stundenlohnerhöhungen mehr."

Die Situation ist bundesweit aber uneinheitlich. Parkettlegergesellen kommen im Akkord durchaus auf Stundensätze zwischen 18 und 40 EUR. Auch unterwerfen sich nicht alle Betriebe dem Sparzwang. Aus der strukturell eher schwachen Pfalz werden freiwillige Lohnerhöhungen von 2,5 % gemeldet. Motivation der Mitarbeiter ist dabei eine entscheidende Triebkraft.

Bis vor den Sommerferien soll nun eine Kleine Tarifkommission des Zentralverbandes unter Vorsitz von K.H. Trost und Jürgen Ehret Anregungen zum neuen Tarifvertrag sammeln und anschließend beraten.

Neuer Geschäftsführer

Einstimmig hat die Mitgliederversammlung des Zentralverbandes Edgar Leonhardt als neuen Geschäftsführer gewählt. "Das ist ein Meilenstein für uns alle", begrüßte Joachim Barth die Entscheidung. Edgar Leonhardt, der bereits Geschäftsführer des Bundesverbandes Estrich und Belag ist (BEB), gilt als kenntnisreich auf verbandspolitischem Parkett. Zudem wird seine doppelte Funktion in der Parkett- und Estrichbranche als eindeutiges Signal für mehr Gemeinsamkeit der Gewerke verstanden.

Als erste Amtshandlung konnte Leonhardt dem Zentralverband einen positiven Jahresabschluss 2002 vorlegen. In Zukunft wird der Verbandshaushalt neu strukturiert und in doppelter Buchführung durch einen Steuerberater betreut.

Meldungen aus den Fachgruppen

Für die Fachgruppe Bodenleger bedauerte Karsten Krause, dass die mit der neuen Bodenleger-Ausbildung geweckten Erwartungen bei den Lehrlingen nicht gehalten werden könnten. Aufgrund der konjunkturell schwachen Lage würden viele Auszubilde nicht von ihren Betrieben übernommen. Immer noch bestehen obendrein Rivalitäten zum Raumausstatterhandwerk, wer Bodenleger besser ausbilden könne.

Interfraktionelle Gespräche, unter anderem mit dem Sachverständigen Richard Kille, sollen Bedenken ausräumen. Weitere Themen der Bodenleger: Maßhaltigkeit von Polyolefin-Belägen und Geruchsreklamationen. "Gegenseitige Schuldzuweisungen von Herstellern und Verlegern müssen aufhören", forderte Karsten Krause.

Die EDV-Fachgruppe unter Hans Kok beschäftigt sich unter anderem mit Aufmaß-Programmen für den PC, die am Bildschirm entweder zwei- oder dreidimensional das zukünftig verlegte Parkett darstellen.

Auch zur Verbesserung von Virenschutz und zur Förderung des Data-Norm-Projektes sind von der Fachgruppe Informationen erhältlich. Auf der Mitgliederversammlung am 27. September in Kassel wird es dazu Vorträge geben.

Aus der Fachgruppe Holzpflaster erklang die Kunde, den gesonderten Fachgruppenbeitrag nicht erhöhen zu wollen. Mit interessanten, allgemeinen Parkettthemen wirbt die Gruppe um weitere Mitglieder. Wilhelm Nürnberger regte an, den missverständlichen Titel "Holzpflaster" um den Zusatz "Technologie des Holzfußbodens" zu ergänzen, damit die übergreifende Beschäftigung mit allen Parkettthemen auch im Namen deutlich werde.

Für die Restauratoren wies Fachgruppenleiter Jochen Michalik auf neue Ausbildungsgänge hin.

Demnächst soll für Gesellen ein Weiterbildungskurs und für alle interessierten Parkettleger ein Schnupperkurs zum Umgang mit historischem Parkett angeboten werden. Auch die Termine 2004 für die Restauratoren-Ausbildung an der Stuttgarter Schule liegen vor.

In Sachen Ausbildung warb Lehrlingswart Heinz Brehm schließlich um eine freiwillige Leistungsprüfung nach einem Lehrjahr. Dieser Test hat in der bayrischen Parkettlegerschulung seinen Platz gefunden hat. Damit, so Brehm, könne rechtzeitig die Eignung des Auszubildenden für den Parkettlegerberuf festgestellt werden.
aus Parkett Magazin 03/03 (Wirtschaft)