Maison & Objet - Einrichtungs-Trends aus Frankreich

Die neue rustikale Ästhetik

Die Glamour-Welle in der Einrichtung hat ihren Zenit überschritten. Auf der Pariser Einrichtungsmesse Maison & Objet war die Rückkehr zu einer neuen Natürlichkeit zu erkennen. Alles wirkt geordneter und überlegter, aber nicht monoton. Den Designern schwebt eine neue rustikale Ästhetik vor, die auf Strukturen und ruhige, sanfte Farbtöne setzt. Dabei stehen handwerkliche Optiken hoch im Kurs.

Die Pariser Maison & Objet ist alljährlich im Herbst und im Januar ein wichtiger Anlaufpunkt für Kreative, Einkäufer und Hersteller aus den Bereichen Wohnen und Bauen. Hier finden sie Trends und Tendenzen, Themen und Ideen. Unterstützt von umtriebigem Marketing stiegen in den letzten Jahren stetig Aussteller- und Besucherzahlen, kräftig gepuscht von Mundpropaganda und dem "Austragungsort" Paris, der als Attraktivität für sich spricht. Die Messeleitung lässt sich aber auch immer wieder Neues einfallen, um die Veranstaltung interessant zu machen.

Neu ist die Maison & Objet I projets I - eine Serviceleistung für Profis in den Bereichen Umbau, Sanierung und Renovierung wie Innen- und Architekten, Bühnenbildner, Messebauer, Gastronomen. Sie erhielten einen speziellen Messeausweis, womit sie bei ausgewählten Ausstellern in allen sieben Hallen als für an besonderem Know how und Produktangebot interessierte Planer erkannt wurden. Dieser Messebereich findet jährlich einmal im Herbst statt.

Synergieeffekte und gemeinsame Branchentreffpunkte erhofft man sich von der neuen Plattform für die Möbelbranche, der Planète Meuble Paris, die erstmalig im Januar im umgebauten Ausstellungsgelände Le Bourget in Paris stattfinden wird, zeitgleich mit der Maison & Objet in Villepinte. Somit hat die internationale Design- und Wohnwelt einen weiteren Anziehungspunkt in Frankreich, mit kombinierter Eintrittskarte und kostenlosem Shuttlebus zwischen den beiden Einrichtungsmessen.

Bekannte französische Stilisten reflektieren Zeitgeist aus ihrer persönlichen, sehr individuellen Sicht. Damit setzen sie noch keine Trends, aber kleine Schneebälle in Bewegung. Das funktioniert; mit Farbe sogar ganz schnell. So zeigte sich in Paris ziemlich einheitlich ein warmes, intensives Farbbild, das fröhlich stimmt. Man wollte wohl Übertreibungen meiden, auch beim Einrichten und Dekorieren. Alles wirkte etwas geordneter und überlegter, aber nicht monoton. Auch nicht, wenn es in die Natürlichkeit geht, in ruhige, sanfte Farbtöne. Dafür waren Strukturen zu sehen, auf jeden Fall im textilen Bereich - griffig, neu weil unkonventionell eingesetzt. Dabei musste aber alles komfortabel sein - schließlich gehen Luxus und Wellness ineinander auf.

Im Trendparcours sahen sich nachdenkliche Betrachter Fabeltieren mit konfrontiert. Elisabeth Leriche gestaltete sie mit Humor und Fantasie - ihre Art, die Arche Noah wieder in Erinnerung zu bringen. Und schon waren animalische Elemente in den Präsentationen zu sehen. Afrikanische Volkskunst spielte da stark mit, mit Perlen, Stickerei, Ornamentik und Farbflächen. Handwerkliches steht ohnehin hoch im Kurs.

Mythos und Moderne, ganz futuristisch, will Franois Bernard vereinen. "Primitivismus von morgen", eine neue, rustikale Ästhetik schwebt dem Stilisten dabei vor. Er will Einfaches, Gegenständliches, regional Verwurzeltes im Zeitalter der Virtualität.

Im Gegenzug dazu entwirft Vincent Grégoire von der Agentur Nelly Rodi ein antikes Theater und vermählt griechisch-römischen Stil mit Elementen des Empire. Dabei interpretiert er geradlinige Eleganz mit monumentalem neo-klassischen Dekor.

Alle Trendeinflüsse waren spürbar, nicht zuletzt bei textilen Themen. Die modernen abgepassten Teppiche erscheinen oft in großflächiger, grafischer Dessinierung mit griffigen Struktureffekten. Die Farbgebung bewegt sich weiterhin in der warmen Rot-Braun-Skala, daneben sind viele Grüntöne zu sehen, von gelblichen Schattierungen bis ins türkise spielend (Toulemonde-Bochart). Ein großes Thema sind ferner markante Naturmaterialien wie Sisal, Hanf, Bambus, Jute, Leder - auch strukturiert - , Felle in zurückgenommenen, natürlichen Farben (Kasthall, Serge Lesage). Shaggys bleiben, wahlweise aus synthetischen Fasern, Wolle, Woll-Polyester-Mischung oder Kunstseide, aber nicht mehr in starken Colorits, sondern mehr in Naturfarben (Serge Lesage, Sam Laik). Und Kelims in reduzierter Musterung feiern ein Comeback (Muskhane).

Auffallend groß und vielseitig ist das Angebot an kleinformatigen Teppichen, verwendbar für mehrere Zwecke, vor allem Bad und Wohnküche - meist in Streifen oder plakativen grafischen Motiven, aber auch von afrikanischer Volkskunst inspiriert - aus Baumwolle, oder aus Vinylgewebe (Csao, Alecto, Serge Lesage, Chilewich).

Wiederbelebung erfahren florale Drucke: entweder fein ziseliert , so dass sie wie wertvolle Stickerei wirken oder jugendlicher und expressiver als überdimensionale Pinselstrichmalerei - aber immer auf weißem Fond (Texunion).

Ganz im Gegensatz zu der neuen Naturrichtung stehen innovative Stoffentwicklungen aus Italien, metallisch glänzend in Gold oder Silber, oder sogar als ausgefallener Raumteiler mit eingearbeiteten Leuchtkörpern, die über Batterien oder Netz gespeist werden (Nosi).
aus BTH Heimtex 12/05 (Wirtschaft)