Decor-Union

Der neue Mäx-Fachmarkttyp in der Praxis

Decor-Union hat die Vertriebsformen der modernen Fläche neu segmentiert. Die für Mäx entwickelte Form ist in Gestalt des von Kemmer in Kamen betriebenen Mäx-Fachmarktes seit rund einem Jahr im Praxistest. Der Besuch dieses Modellmarktes lohnt sich - für Kunden wie auch für interessierte Kollegen.

Einhundert Jahre alte Handelshäuser sind in dieser Branche selten anzutreffen. Eines der wenigen ist Kemmer in Kamen. Anno 1904 von Urgroßvater Friedrich Wilhelm Kemmer gegründet, wird es heute von Urenkel Karsten Kemmer (36) in der vierten Generation geführt. 1994 war man mit dem Wohnen & Sparen-Fachmarkt aus der Innenstadt hinaus auf die Grüne Wiese gezogen.

Als es dann hieß, daß der Nachbar und Frequenzbringer Ikea wegziehen würde, entsann sich Kemmer des seinem Großvater zugeschriebenen Spruchs "Gehste nicht mit der Zeit, dann gehste mit der Zeit" und entschied sich für einen Standortwechsel. Zwischen Kamen und Unna, unmittelbar an der A1 gelegen, bot sich in einem Gewerbegebiet ein 4.000 qm großes Grundstück an. Kemmer erwarb es und wurde wiederum - Zufall oder nicht - direkter Nachbar von Ikea. Kontinuität pur.

Der wesentliche Unterschied bestand darin, daß die rund 2.000 qm große neu errichtete Halle als Mäx-Fachmarkt eröffnet wurde. Also in dieser so bezeichneten Vertriebsform der modernen Fläche von Decor-Union. Die Eröffnung fand Mitte November statt, ganze vier Tage, bevor Ikea an den Start ging. Ein geschickter Schachzug. Originalton Kemmer: "So haben wir den heißen Herbst, den Ikea diesem Gebiet bescherte, voll mitgenommen".

Der Inhabername verschwand aus der Firmierung. So sieht es die Konzeption vor. Kemmer steht dazu und betont: "Kunden, die nach 15 Jahren Wohnen & Sparen noch zu Kemmer gehen, gehen jetzt zu Mäx. Sie wissen, daß die Unternehmerfamilie Kemmer hinter dem Namen Mäx steht. Und den Neukunden ist es gleich, ob sich hinter Mäx der Herr Meier, Müller oder Kemmer verbirgt, solange Ware, Preise und Service stimmen".

Mäx hat bei Decor-Union in mehreren Etappen eine Wandlung vom Fachdiscount- zum Fachmarkt moderner Prägung erfahren. Karsten Kemmer war an der konzeptionellen Neuausrichtung im Rahmen eines Arbeitskreises mitbeteiligt. So ergriff er auch die Chance, mit dem Neubau diese moderne Generation von Mäx-Fachmärkten als erster umzusetzen.

Der nahezu ideale Standort

Durch die Standortverlegung rückte nach Kamen nun Unna deutlich stärker in den Fokus. "Wer von Unna auf die Autobahn will, muß an unserer Rückseite vorbeifahren", sagt Kemmer. Und dabei weisen die plakativ an der Hallenrückseite angebrachten Piktogramme auf die geführten Sortimente hin. So gewann man deutlich an Hochwertkunden

Die vom direkt gegenüberliegenden Ikea her kommenden Kunden sind eher solche für das Cash-and-Carry-Geschäft. Eine bestimmte Klientel also, die das mittlere Preissegment sucht. "Unsere klassischen Kunden nehmen hingegen unser Dienstleistungsangebot voll in Anspruch und kaufen in der Regel höherwertig", so der Inhaber. Im Segment Teppichboden etwa liegt der Schwerpunkt im Rollenprogramm bei 8 bis 15 EUR/qm, verkauft werden aber auch Kupons ab 30 EUR/qm.

Insgesamt deckt Kemmer an diesem Standort mit seinem Mäx-Fachmarkt ein Kerneinzugsgebiet von rund 150.000 potenziellen Interessenten ab. Wobei sich hier zwar jede Menge Baumärkte tummeln, der Fachmarktbereich allerdings recht dünn besetzt ist. Kemmer kann es recht sein.

Rundgang durchs Haus

Es handelt sich um einen modernen rechteckigen Flachbau auf einer Ebene. Von den 2.000 qm umbauten Raums sind 1.750 qm reine Verkaufsfläche, der Rest verteilt sich auf Lager, Büro- und Sozialräume. Die die Breite der Halle einnehmende Eingangsfront ist verglast und sorgt somit im vorderen Teil für Tageslicht. Ansonsten werden die Räumlichkeiten durch eine gleichmäßige Kunstlichtbeleuchtung erhellt: Die Pendelleuchten mit Refraktor lassen auch die Hallendecke einigermaßen hell erscheinen. Zusätzliche Spots beleuchten die Ware punktuell. Zu erwähnen sind außerdem die großformatigen Piktogramme an der Eingangsaußenseite, welche auch vom gegenüberliegenden Ikea-Haus aus gesehen werden können.

Vom Eingang her führt ein breiter Gang bis zum Hallenende, der nach zwei Dritteln von einem breiteren Quergang gekreuzt wird. Zusätzlich gibt es bewußt eng gehaltene Quergänge. Die Übergänge von einer Warenabteilung zur anderen sind fließend.

Die gesamte Halle kann vom Anfang bis zum Ende überblickt werden, am besten vom leicht erhöht liegenden Büro am Hallenende. Innenarchitekt Frank Plehn verwandte auch hier so genannte Wandscheiben in Form freistehender farbiger Wände, die mehrere Funktionen besitzen: Sie dienen einerseits als Warenträger und zur Aufnahme von Beschriftung, andererseits als Raumteiler.

In allen Abteilungen finden sich dekorative Elemente in Form kleiner Deko-Nischen mit angedeutetem Interieur. Ein Showroom zeigt eine Raumsituation im Zusammenspiel verschiedener Produkte in einem Wohnstil. Das Sunny-Haus als Präsentationselement für Sicht- und Beschattungsprodukte ist etwas von Ware eingeengt, würde freistehend noch besser wirken. Doch Platz am Verkaufsort ist - wie überall - begehrt und rar.

Selbstverständlich gehört auch eine Kinderecke dazu, allerdings nicht in die berühmte Ecke gedrängt, sondern vielmehr mitten im Raum. Gleich daneben eine kleine Kaffeebar für durstige Kunden. Das gesamte Ladenbaukonzept ist auf die Ausstrahlung von Warenkompetenz ausgerichtet. Keine endlosen Tapeten- oder Farbeimer-Batterien, sondern alles aufgelockert und übersichtlich präsentiert.

Beim Sortiment ist nichts dem Zufall überlassen

Kemmer hält sich weitgehend an das Mäx-Konzept, wie es für das Warenmanagement festgelegt wurde. Also Konzentration auf maximal drei Systemlieferanten pro Warenbereich, die zum jeweiligen Kernsortiment beitragen. Von Fall zu Fall entscheidet man auch nach aktuellen oder regionalen Gesichtspunkten. Hauptumsatzträger sind die Bodenbeläge, und zwar textil mit ITC und Domo im Rollenbereich, wofür eine Teppichstraße mit 95 Rollen und neun Paternoster mit zusammen 105 Rollen stehen. Daneben arbeitet man mit Vorwerk, Dura und anderen Anbietern im Kuponservicegeschäft zusammen, wofür ausreichend Mustermaterial zur Verfügung steht. Aber auch Laminat und CV (Tarkett, IVC) sind gut sortiert im Programm.

Zusammen mit den modernen Teppichen beziffert Kemmer das Umsatzvolumen für das Segment Boden auf 40 bis 45 Prozent. Der Orientbereich wurde auf fast null runter gefahren. Man ist aber in der Lage, den Grundbedarf an mittelklassigen Orientteppichen über vorrätige Musterbrücken abzudecken. Schwerpunkt zu zwei Drittel sind hier die modernen Handtuftteppiche aus Acryl. Ein Drittel sind handgetuftete und handgeknüpfte Teppiche aus reiner Schurwolle. Man bedient sich bei Hong-Chia per Direktimport und bei Wissenbach im Servicebereich.

Kemmer verfügt über eine starke Gardinenabteilung inklusive Sonnenschutz. "Wir betreiben schon immer ein hochwertiges Raumausstattergeschäft mit klassischer Kuponbestellung, eigener Näherei oder auch Konfektion beim Hersteller. Das ist so geblieben", sagt er. Unter den Lieferanten ist alles, was Rang und Namen hat. Man leistet vollen Service, beginnend mit dem Aufmaß bis hin zur Dekoration. Im Zuge der Umwandlung in Mäx nahm Kemmer zusätzlich Fertigkonfektion und Stückware auf, was dem Haus ein deutliches Zusatzgeschäft bescherte. Der Löwenanteil der Dienstleistung wird vom eigenen Personal ausgeführt. Dies gilt auch für die Bodenverlegung. Nur bei Kapazitätsengpässen werden Subunternehmer beauftragt.

Tapeten und Farbe werden schon wegen der Synergieeffekte unter einem Dach geführt. Die schwere Zeit bei der Tapete scheint überwunden, jedenfalls bei Mäx in Kamen. Ein starkes Segment sind Preislagen von 10 bis 15 EUR pro Rolle, vor allem von Rasch, AS, Ideco und Erismann. Selbstverständlich werden auch die unteren Preislagen abgedeckt. Bei der Farbe hat man den Dispersionsbereich deutlich erweitert und bietet hier eine breite Palette, vom Kernsortimentslieferanten Histor, aber auch unter der Eigenmarke von Decor-Union: Esprima.

Bei Bettwaren führt man die Preislagen des unteren und mittleren Bereichs. Das sind Matratzen, Oberbetten, Bettwäsche sowie Lattenroste. Selbstverständlich werden auch Accessoires angeboten sowie eine umfangreiche Zubehörpalette. Das reicht im Gardinensektor von der Stilgarnitur bis hin zum Röllchen, bei den Bodenbelägen sind es die Sockelleisten und Profile und bei Farben/Tapeten die Pinsel, Reinigungsmittel etc.

Leistungsbereite Mitarbeiter

Der neue Mäx-Fachmarkt wird mit 18 Mitarbeitern geführt, einige davon sind Teilzeitkräfte. Im Verkauf Bodenbeläge sind das drei Kräfte im Verkauf und drei Bodenleger. Betten und Teppiche werden von zwei Fachkräften betreut, Gardinen und Accessoires im Verkauf von einer Kraft. Dazu kommen zwei Raumausstatter, die sowohl im Geschäft arbeiten als auch den Deko-Service vor Ort vornehmen und je eine Näherin im Geschäft und in Heimarbeit. Drei weitere Mitarbeiterinnen sorgen für die Arbeit im Büro und an der Kasse.

Insbesondere die Eröffnungsphase stellte mit einer sehr hohen Kundenfrequenz entsprechend hohe Anforderungen an alle Angestellten. Die zum großen Teil langjährige Zugehörigkeit zum Unternehmen und ein gutes Betriebsklima waren die Grundpfeiler für hohe Leistungsbereitschaft mit entsprechendem Zeitaufwand und Engagement. "Ohne diese positive Einstellung meiner Mitarbeiter ginge das alles nicht", bekennt Kemmer.

In diesem Mäx-Markt modernen Typs wurden in Hinblick auf Außen- wie Innengestaltung, auf Ladenbau und Warenwirtschaft neue Wege gegangen. Was von der Systemzentrale in Hannover in Verbindung mit Praktikern aus dem Kreis der Fachmarktbetreiber und externer Fachleute entworfen wurde, hat man hier umgesetzt. Für Karsten Kemmer regelrecht ein Glücksfall, weil seine Entscheidung für den Umzug zeitgleich mit dem fertig werdenden Konzept fiel. Als Experimentierfeld will er seinen Markt allerdings auch nicht verstanden wissen. Als Modell für alle nachfolgen Mäx-Fachmärkte aber schon.


Mäx-Fachmarkt Telegramm

Gründung: 1904 durch Friedrich Wilhelm Kemmer als Lackierwerkstatt mit Kleinverkauf
Geschäftsführer: Karsten Kemmer (36 J.)
Kooperation: Decor-Union
Betriebstyp: Mäx-Fachmarkt, Neueröffnung Nov. 2004,vorher als Wohnen & Sparen-Fachmarkt geführt
Lage: in einem Gewerbepark zwischen Kamen und Unnaan der A1, gegenüber IKEA
Fläche: Auf 4.000 qm großem Grundstück eine rd. 2.000 qm große Halle, davon 1.750 qm Verkaufsfläche
Sortiment: Vollsortimentmit Bodenbelägen undmodernen Teppichen, Stoffen und Sonnenschutz, Tapeten und Farben, Bettwaren, Zubehör
Warenphilosophie: Konzentration auf Kernsortimentslieferanten
Service: Umfassender Service, insbesondere für Bodenbeläge und Gardinen
Mitarbeiter: 18 für Verkaufund Service
Anschrift: Kemmer GmbH & Co. KG, Kamen Karree 4, 59174 Kamen, Tel.: 02307 / 972120
aus BTH Heimtex 01/06 (Marketing)