Dekos und Gardinen auf der Heimtextil

Optimismus-Kampagne für unsere gesamte Branche von Jab Anstoetz

Die Deko- und Gardinenbranche hatte 2002 nichts zu lachen. Die Konsumflaute traf sie mit voller Wucht und ließ die Umsätze zum Teil drastisch schrumpfen. Kein Wunder, dass die Aussteller mit gemischten Gefühlen auf der Heimtextil antraten und sich bang fragten, wie der Handel gestimmt sein würde. Doch dann lief es in Frankfurt besser als befürchtet. Zwar kamen klar weniger deutsche Kunden, dafür wurden unisono die lebhaften Exportkontakte gelobt. In aller Munde war Jab Anstoetz mit seiner Initiative "Ja(b) zur Zukunft"; statt mit Resignation will man der Krise mit Aktion begegnen und hat eine beispielhafte Kampagne gestartet.

Ja, ja, ja jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt..." der Gassenhauer von Geier Sturzflug aus den 80ern scheint Jab Anstoetz zu einer beispielhaften Initiative animiert zu haben, die der Textilverlag zur Heimtextil praktisch aus dem Boden stampfte: "Ja(b) zur Zukunft". Das ist die Kernaussage einer Anzeigenkampagne in breitenwirksamen Publikumstiteln, die zwar wie Firmenwerbung klingt, aber nicht als solche gedacht ist.

Um Weihnachten 2002 war den drei Anstoetz-Brüdern Ralph, Stephan und Claus spontan die Idee zu dieser bislang einzigartigen Aktion gekommen. "Wir wollen für ein Umdenken im Sinne eines starken Deutschland begeistern", formuliert Ralph Anstoetz die Absicht, die dahinter steht. Denn eins müsse doch klar sein: "Wenn wir so negativ stimuliert weiter machen, nicht schnell umdenken, die Ärmel hochkrempeln und gemeinsam an der Branchen-Zukunft arbeiten, wird dieser ohnehin geschwächte Wirtschaftsstandort Deutschland weiter an Bedeutung verlieren. Und das bedeutet in letzter Konsequenz immer weniger Arbeit und immer weniger Kaufkraft."

Dagegen will Jab Anstoetz etwas unternehmen: "Wir wollen gegen das schlechte Wirtschaftsklima und die negative Stimmung in der Bevölkerung angehen, ein positives Zeichen setzen und die Heimtextilien-Branche stärken." Dazu appellierte der Textilverlag auf der Heimtextil an alle Branchenteilnehmer - den Handel ebenso wie Mitbewerber, Verbände, Institutionen und Medien - sich der Aktion anzuschließen. Auf dem Stand von Jab Anstoetz konnten sich alle Befürworter in eine Unterschriftenliste eintragen und ihre Zustimmung zu dem Projekt durch einen Button signalisieren. Bereits am ersten Tag hatten fast 700 Besucher unterschrieben, mehr als 2.000 von 5.000 Buttons waren verteilt.

Die Namen der Unterzeichner erscheinen dann in ganzseitigen Anzeigen, die Jab Anstoetz ab Februar schalten will; die erste ist im Focus erschienen. Dauer und Umfang der Kampagne standen auf der Heimtextil noch nicht fest. "Das hängt auch von dem Zuspruch ab", sagte Ralph Anstoetz, der sich wünscht, dass eine Sogwirkung entsteht, die Aktion immer mehr Wellen schlägt und eventuell sogar andere Branchen mitzieht.

Cordima Elvo-Vorstand Klaus Vollenbröker fand auf jeden Fall lobende Worte für die Aktivitäten der Bielefelder. Auch er hält Stillhalten und Abwarten nicht für die richtige Strategie, um der Krise zu begegnen. Und dass die Branche wie auch andere langfristige Konsumgüter-Branchen in der Krise steckt, lässt sich nicht schönreden. 2002 hat die Wirtschaftsflaute auch die Gardinen- und Dekoanbieter mit voller Wucht getroffen. Im Inland mussten alle - bis auf wenige Ausnahmen - schmerzliche Umsatzeinbußen einstecken, vor allem bedruckte Dekostoffe (-29,3%), gewirkte Gardinen (-16%) und Velours-Möbelstoffe (-24,5%). Hier führte die anhaltende Konsumflaute zu einer regelrechten Pleitewelle im Handel. Abgesehen von den großen, spektakulären Zusammenbrüchen, über die wir in dieser Fachzeitschrift profund berichtet haben, mussten auch viele kleine Händler die Türen zumachen. "Wir haben noch nie so viele Kunden-Insolvenzen erlebt wie 2002", klagt Andreas Wulf von Ado.

Der Export bot nur wenig Ausgleich. In der ersten Jahreshälfte zeigte er ebenfalls Schwächen, erst ab den Sommermonaten setzte eine leichte Erholung ein.

Weniger Besucher, aber gute Gespräche

Die problematische Marktsituation in Deutschland machte sich auch auf der diesjährigen Heimtextil bemerkbar. Zwar erreichte sie mit 3.251 Ausstellern aus 67 Ländern mal wieder eine neue Rekordmarke, die jedoch allein auf das Konto der ausländischen Teilnehmer ging. So hat die Flächenbelegung durch Unternehmen aus dem asiatischen Raum stark zugenommen. Vor allem die Türkei, aber auch Pakistan, China und Indien waren in diesem Jahr stärker vertreten. Die westeuropäische Industrie, der der Wind scharf ins Gesicht bläst, war dagegen zahlenmäßig geringer vertreten - vor allem die hiesige. Aus Deutschland waren nur noch 659 Unternehmen dabei, im vergangenen Jahr waren es immerhin noch 730. Dieser Rückgang wirft ein bezeichnendes Licht auf die Lage der deutschen Heim- und Haustextilienindustrie.

Die Besucherfrequenz war ebenfalls niedriger. Statt 90.000 (2002) wurden nur noch 88.890 Besucher gezählt. Insbesondere die deutschen Einkäufer blieben weg (- 6,8%). Dafür wurde allgemein die gute Besucherqualität hervorgehoben. Hendrik Unland: "Vor dem Hintergrund der negativen Wirtschaftsentwicklung hat sich das Ergebnis der Heimtextil unerwartet positiv und besser als erwartet gestaltet. Unser Stand war durchgehend voll. Wir lagen bei unserer Auftragsentwicklung bei den deutschen Kunden deutlich über dem Vorjahr. Allerdings war bei uns entgegen dem allgemeinen Trend eine geringere Anzahl von Auslandskunden anwesend, und mit dem vorhandenen Potential konnten nur geringe Abschlüsse getätigt werden."

"Wir hatten nicht nur einen sehr guten Besuch unserer Stammkundschaft, der wesentlich über der Vorjahresresonanz lag, auch die auf der Messe geschriebenen Umsätze haben unsere Erwartungen erfüllt", lautet die Bilanz von Garotex-Geschäftsführer Ralf Kerstiens. "Erfreulich war zudem die große Resonanz potentieller Neukunden aus dem In- und Ausland."

Philipp Keller berichtete von "weniger Besuchern, aber sehr guten Gesprächen" bei Jab Anstoetz und den Töchtern CCN und Chivasso. "Die Besucherfrequenz an unserem Messesstand war gut, jedoch wurde in der Summe weniger geordert", bemerkt Gabriele Eckardt. "Die von uns direkt angesprochenen Kunden sind alle gekommen, insbesondere aus dem Ausland." Neukunden-Kontakte hätte es aber weniger gegeben. Doch rechnet sie trotzdem mit einem erfolgreichen Nachmesse-Geschäft.

Rundum zufrieden war Hubert Reinermann von Sati: "Für uns war die Messe ein großer Erfolg. Wir hatten ca. 10% mehr Besucher und eine Steigerung von mehr als 30 % beim Stück- und Musterbügelverkauf."

Auf den Gängen und Ständen waren in diesem Jahr auffällig viele Asiaten zu sehen. Dieser Eindruck wird von den Ausstellern bestätigt. "Auf unserem Stand wird der Exportanteil immer höher. In diesem Jahr kamen etwa 50 % der Besucher aus dem Ausland," sagte Cordima Elvo-Marketingleiter Karl-Heinz Wiggelinghoff.

"Aus dem Inland hatten wir 6,7 % weniger Besucher als im Vorjahr, dafür aber mehr aus Großbritannien und Frankreich", hat Justus Schmitz von den Schmitz-Werken beobachtet. "Gut, dass aus Deutschland wenigstens die wichtigsten Kunden da waren, denn das deckt sich mit unseren Vertriebsanstregungen. Vermisst haben wir insbesondere einige unserer Kunden aus dem arabischen Raum und aus den USA."

"Grundsätzlich ist die Heimtextil 2003 für Indes gut gelaufen. Wesentlicher Grund dafür sind die Exportkontakte", konstatiert Indes-Geschäftsführer Georg Hünnemeyer, der auch die Schwester Fuggerhaus führt. "Positiv überrascht haben uns vor allem erste, aber auch weiterführende Kontakte nach Asien - insbesondere China, Japan und Korea. Aber auch neue Exportverbindungen ins europäische Ausland sind für Indes ein Gewinn." Für Fuggerhaus war er zwar mit dem Exportbesuch zufrieden, "nicht zufriedenstellend" sei der Inlandsbesuch in Halle 3.1 gewesen.

"Selbstverständlich waren unsere Kunden da, aber es kristallisiert sich immer mehr eine Tendenz zur reinen Kontaktanbahnung heraus. Viele Kunden vereinbaren auf der Messe separate Termine im Haus, um dort in Ruhe aussuchen zu können."

Skepsis für 2003

Trotz der überwiegend positiven Beurteilung der Heimtextil bleiben die Gardinen- und Deko-Anbieter für das Gesamtjahr 2003 skeptisch, zumal die Bundesbürger ihren Gürtel immer enger schnallen. Nach einer Forsa-Umfrage wollen 62 % der Befragten weniger Geld ausgeben als noch vor einem Jahr. "Wenn wir den Umsatz auf dem niedrigen Niveau vom Jahr 2002 halten können, sind wir schon zufrieden", sagt Hendrik Unland. Gabriele Eckardt befürchtet im ersten Quartal nochmal eine schwere Phase durch die Irak-Auseinandersetzung und erwartet, dass sich die Wirtschaft im Jahresvergleich "auf das schlechte Niveau 2002 einpendeln wird."

An zahlreichen Ständen war deutliche Kritik an der Bundesregierung und ihrer Politik zu hören. "Wir haben keine Aufbruchstimmung in Berlin; die Tarifabschlüsse im öffnentlichen Dienst sind kontraproduktiv für die Wirtschaft", spricht Klaus Vollenbröker von Cordima Elvo klare Worte. "Und dann kommen auch noch solche Werbeaussagen wie "Geiz ist geil", die furchtbar für die Stimmung sind." Justus Schmitz forderte, dass das Ladenschlussgesetz fällt: "Es verhindert, dass die Menschen Kauffreude entwickelt können.Man denke nur an die Ausgaben und Spontankäufe im Urlaub, die getätigt werden, wenn man Zeit hat."

Die ersten Wochen 2003 haben kaum Anlass zu einer optimistischeren Prognose gegeben. Der Druck auf die Verkaufspreise wächst. "Richtig Umsatz machen zur Zeit nur die Discounter", klagt einer. Lebensmittler wie Aldi, Lidl oder Tchibo locken die Verbraucher mit Super-Sonderangeboten für Heim- und Haustextilien. Vor allem Schlaufenschals würden dort gut laufen.
aus BTH Heimtex 02/03 (Wirtschaft)