GHF Bundesverband Großhandel Heim & Farbe e.V.

Unfreundlicher Akt


Drama in drei Akten
Die Bodenbelagsbranche kommt nicht zur Ruhe. Zum Jahresende gab es noch mal richtig Krach zwischen Industrie und Großhandel. Anfang Dezember spielte sich ein Drama in drei Akten ab, an dem im Wesentlichen Armstrong DLW sowie verschiedene Großhandels-Kooperationen und Großhandelsunternehmen beteiligt waren.

1. Akt: Der Sündenfall
Mit Datum vom 2. Dezember verschickte Armstrong-DLW einen Serienbrief an den Großhandel und Großhandels-Kooperationen mit veränderten Zahlungsbedingungen zum 1. Januar 2003 - ohne persönliche Ansprache, auch nicht bei Großkunden. 4% Skonto gelten nur noch bei Bankeinzug, ohne weitere Gewährung von Extra-Valuta, bis 10 Tage 3% Skonto und bei 45 Tagen die Netto-Summe.

Zum Vergleich: In der Bodenbelagsbranche üblich sind 4% bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen, angelehnt an die Richtlinien der Konvention der Deutschen Heimtextilienindustrie, die beim Kartellamt hinterlegt sind. Diese Konditionen werden vom Großhandel gleichlautend an seine Kunden weitergereicht.

Als Begründung für die Rückführung der Konditionen heißt es, dass die "Rahmenbedingungen und Ereignisse in der Branche ein Umdenken in allen Bereichen notwendig machen", die alten Zahlungsbedingungen "deutlich über den in der Bauzuliefer-Industrie üblichen Bedingungen" lägen und zudem Rohstoff-Verteuerungen und Erhöhungen bei den Logistikkosten teilweise über die Zahlungsbedingungen weitergegeben werden müssten".

Dieser Brief erreichte den Großhandel ohne jegliche Vorwarnung oder Absprache - obgleich in Einzelfällen erst wenige Tage zuvor die Jahresgespräche für 2003 geführt worden waren. Außerdem kam er zu einem Zeitpunkt, wo der Großhandel seine Preislisten mit den alten Konditionen schon längst gedruckt und an seine Kunden weitergegeben hatte. Deshalb konnte er die veränderten Zahlungsbedingungen in seiner Kalkulation nicht mehr berücksichtigen. Die Durchsetzung der Industrie-Forderung wäre dem Großhandel an die Substanz gegangen.

Das ist aber noch nicht alles: Armstrong DLW war kein "Alleintäter". Tarkett Sommer hatte just wenige Tage zuvor ebenfalls schriftlich eine Änderung der Verkaufs- und Lieferbedingungen zum 1. Januar angekündigt; von anderen Herstellern elastischer Beläge ist uns bekannt, dass sie in Verhandlungen ähnliche Vorstöße gemacht haben.

Pikant: Am 20. November hatten sich ganz im Stillen, ohne dass vorher ein Wort nach draußen drang, die zehn wichtigsten Hersteller elastischer Objektbeläge in Deutschland - Amtico, Armstrong-DLW, Debolon, Dunlop, Forbo, Gerflor, Likolit, Marley, Objektflor und Tarkett Sommer - zum "Fachverband der elastischen Bodenbelagshersteller in Deutschland (FEB)" formiert (Mehr darüber auf Seite 9). Und nur wenige Tage nach Gründung dieses Verbandes starteten dann mehrere Mitglieder den Versuch, dem Großhandel kurzfristig neue Konditionen aufzudrücken. "Das riecht nach Absprache", war sich der Großhandel einig.

Wobei wir uns nicht vorstellen können, dass sich die FEB-Mitglieder der Gefahr einer kartellrechtlichen Überprüfung aussetzen. Aus den laufenden Verfahren in der Zement- und der Gipsplatten-Industrie ist bekannt, dass das Bundeskartellamt derzeit sehr hart gegen Kartellverstöße vorgeht und mit hohen Bußgeldern droht.

2. Akt: Abgewatscht
Im Großhandel entfachten die Industrie-Briefe einen Sturm der Entrüstung. Er wandte sich so geschlossen, wie man ihn selten kennt - aber hier hatten eben ausnahmsweise mal alle die gleichen Interessen - gegen Armstrong-DLW. Es hagelte bitterböse Antwortschreiben zu diesem "unfreundlichen Akt" oder "Akt der Piraterie". Stellvertretend dafür veröffentlichen wir die Stellungnahme des Bundesverbandes Großhandel Heim & Farbe zu dem Vorgang auf Seite 3.

Man sei doch "einigermaßen entsetzt, in welcher Weise mit langjährigen Geschäftspartnern umgegangen wird", schrieb ein bedeutender Großhändler. Noch drastischer formulierte es ein anderer: "Konzernstrategen scheinen Fairness, Verständnis und Partnerschaft allmählich zu vergessen und ziehen es offensichtlich vor, dem Vertrieb in den Rücken zu fallen".

Die als Begründung für die "einseitige und sehr kurzfristige Konditionenverschlechterung" angeführten "Ereignisse in der Branche" wurden durch die Bank weg nicht akzeptiert; das habe Armstrong durch falsches Risiko-Management selbst zu verantworten, meint der Großhandel. "Wir können und wollen nicht für Kosten aufkommen, die wir nicht selbst verursacht haben", heißt es in einem Schreiben.

Höhere Rohstoff- und Logistikkosten seien ebenfalls kein Argument. Man könne nicht "finanztechnische Sachverhalte und Preiskalkulation vermengen". Kostensteigerungen müssten sich bei der Preisbildung und nicht in den Zahlungsbedingungen niederschlagen.

Als Schluss-Satz in allen Briefen stand unisono: Der Großhandel akzeptiert die Konditionen-Änderung nicht und hält an seinen bestehenden Zahlungsbedingungen fest.

Armstrong-DLW antwortete nicht auf die Großhandels-Schreiben. Deutschland-Vertriebsleiter Achim Hohorst ging auf Tauchstation, wenn man Großhändlern glaubt, die vergeblich versuchten, ihn zu erreichen. Das schürte die Empörung im Großhandel noch mehr.

3. Akt: Eingeknickt
Die Verärgerung des Großhandels entlud sich mit voller Wucht auf den Außendienst von Armstrong-DLW, der - so wird kolportiert - von den auslösenden Briefen nicht oder erst sehr spät gewusst haben soll und seinerseits in der Zentrale in Bietigheim-Bissingen Sturm gelaufen haben muss. Jedenfalls schwante anscheinend irgendwann auch dem Management, dass die Aktion nicht den gewünschten Verlauf nimmt und man Maßnahmen ergreifen müsse, um die explosive Situation zu entschärfen.

Am Mittwoch, dem 11. Dezember, wurden daraufhin eiligst die Verkaufsleiter zu einer Krisensitzung einberufen, um zu beraten, wie die vergrätzten Kunden wieder beruhigt werden könnten. Wir wissen nicht, wie lange in Bietigheim getagt wurde; wir wissen nur, dass irgendwann die Entscheidung fiel, zum Rückzug zu blasen. Die fiel aber offenbar schwer, denn das Unternehmen reagierte höchst sensibel auf ein Fax von BTH an Achim Hohorst am gleichen Tag, in dem wir um seine Stellungnahme zu dem Sachverhalt baten.

Donnerstag mittag meldete sich Personal-Vorstand Ralph Spangenberg - nicht Hohorst - telefonisch in der Redaktion und beschied knapp, man wüsste dem Thema nichts hinzuzufügen und würde keine Stellungnahme abgeben. Die harsche Reaktion ist Zeichen dafür, dass die Nerven in Bietigheim blank lagen.

Kein Wunder: Kurz nach dem Anruf von Spangenberg erfuhren wir, dass die ersten Kunden Entschuldigungs-Anrufe erhalten hatten und die Konditionen-Änderungen als gegenstandslos erklärt worden seien. Auf unsere entsprechende Anfrage erklärte uns Spangenberg - dieses Mal wesentlich freundlicher - es sei richtig, dass Armstrong-DLW die geplante Änderung der Zahlungsbedingungen für ein Jahr ausgesetzt hätte und 2003 unverändert die alten Modalitäten gelten würden.

Damit scheint das Thema zunächst ausgestanden - bis Redaktionsschluss war uns zumindest nichts Gegenteiliges bekannt - und Armstrong-DLW muss nicht fürchten, dass alle Großhändler zu seiner Veranstaltung "Zeitzeichen" Anfang Februar absagen.

Auf jeden Fall scheint der Konzern gut daran getan zu haben, in diesem Fall eingelenkt zu haben. Er befindet sich nämlich momentan in einer tiefgreifenden Umstrukturierung, die in einigen Ländern schon abgeschlossen, im wichtigen Markt Deutschland aber noch voll im Gange ist. Das wird sowohl organisatorische als auch personelle Veränderungen mit sich bringen, die nächstes Jahr den Kunden verkauft werden müssen. Einiges davon ist uns schon bekannt; mit Rücksicht darauf, dass die "Veränderungsprozesse noch laufen und noch nicht überall abschließende Regelungen getroffen sind", werden wir an dieser Stelle nichts darüber veröffentlichen. Auf jeden Fall soll laut Spangenberg "die neue Struktur im ersten Quartal so stehen, dass wir sie umsetzen können".

Nachtrag
Wir wollen keinen falschen Zungenschlag in diesen Artikel bringen. Es geht uns nicht darum, dem Großhandel das Wort zu reden. Wir fungieren auch nicht als Anwalt des Großhandels. Wir plädieren lediglich für einen fairen, partnerschaftlichen Umgang zwischen Industrie und Handel nach normalen kaufmännischen Usancen, und ohne dass die eine Seite versucht, ihre Macht gegenüber der anderen auszuspielen.

Ebensowenig, wie die Industrie sich gegenüber ihren Kunden so verhalten sollte, wie es Armstrong-DLW getan hat, kann es angehen, dass Großabnehmer ihre Lieferanten in den Würgegriff nehmen, wie es Karstadt Quelle offenbar gerade wieder probiert: Nach einer Meldung in der TW hat der Konzern für das Jahr 2003 umfangreiche Forderungen an seine Lieferanten gestellt: 4 % Skonto-Abzug nach 51 Tagen, 0,2 % Vergütung für Verpackungs-Entsorgung, 2,5 % plus einen einmaligen fünfstelligen Euro-Betrag als Konzentrations-Vergütung und 2 % WKZ. Ein großer Anbieter erklärte gegenüber der TW, Karstadt Quelle verlange Verbesserungen der Konditionen, die sich auf 2 % zusätzliche Belastungen addierten. Ein anderer errechnete sogar, dass die neuen Boni-Forderungen plus eine Rückvergütung für vergangene Umsätze mehr als 10 % des Einkaufsvolumens ausmachten. Der Handelsriese argumentierte demgegenüber, man verlange nur "die Konditionen, die seit Jahren am Markt üblich seien".

von Claudia Steinert


Stellungnahme vom GHF

Die konjunkturellen Probleme bringen in einigen Bereichen unserer Branche Stilblüten hervor, die mit den Gepflogenheiten des ehrbaren Kaufmanns nur noch wenig zu tun haben.

So verkündet die Armstrong DLW AG am 2. Dezember 2002 in einem Brief an ihre Kunden, dass sie ihre Zahlungsbedingungen zum 1. Januar 2003 anpassen wird: Ab diesem Zeitpunkt sollen dann

- 4 % Skonto bei Bankeinzug ohne weitere Gewährung von Extra-Valuta
- 3 % Skonto bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen und
- 0 % Skonto bei Zahlung zwischen 10 und 45 Tagen

eingeräumt werden.

Es ist mehr als befremdlich, dass solche Konditionsänderungen keine 4 Wochen vor der beabsichtigten Einführung den Kunden bekannt gegeben werden. Als wenn sich diese wirtschaftliche Entwicklung im Hause Armstrong nicht bereits früher abgezeichnet hätte!

So trifft diese Ankündigung den GH zu einem Zeitpunkt, wo er seinerseits seine Preise und Konditionen gedruckt und u. U. bereits verteilt hat. Allein unter dem Zeitaspekt ist diese Vorgehensweise unfair und zeigt wenig partnerschaftliches Verhalten.

Auch der Umstand, dass für die Verschlechterung der Konditionen das Instrument Zahlungsbedingungen gewählt wird und nicht eine Preiserhöhung, verstärkt diesen Eindruck.

Die Verschlechterung der einseitig vorgenommenen Zahlungsbedingungen schlägt negativ auf die Handesspanne des GH durch, da er seinen Kunden gegenüber nur eine, die klassische Konditionen-Staffelung der Branche, verwenden kann: 4 % Skonto für Zahlungen innerhalb von 8-10 Tagen. Denn der GH ist i.d.R. Grossist und vertreibt mehrere Produktgattungen: Farben, Heimtextilien, Tapeten und Bodenbeläge, sowohl elastische als auch textile. Bei Teppichböden gelten die am Jahresanfang 2002 als Konsequenz des neuen Schuldrechts bei der Kartellbehörde hinterlegten Konditionen der Konvention der deutschen Heimtextilien-Industrie:

- 4 % Skonto innerhalb von 10 Tagen
- 2,25 % Skonto zwischen 11 und 30 Tagen
- 0 % Skonto zwischen 30 und 60 Tagen.

Und wir alle wissen, dass die Teppichbodenbranche noch stärker gebeutelt wird als die Hersteller der elastischen Böden.

Oder steht diese Maßnahme in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gründung des neuen "Fachverband elastische Bodenbelagshersteller (FEB)", zu dessen Gründungsmitglieder die Hersteller Amtico, Armstrong-DLW, Debolon, Dunlop, Forbo Linoleum, Gerflor-Mipolam Likolit, Marley Floors, Objectflor und Tarkett Sommer gehören und die in dieser neu gewonnenen Gemeinsamkeit einen Affront gegen den GH mit gegenseitiger Rückendeckung wagen?

Wie wirtschaftlich notwendig aus Sicht von Armstrong diese Maßnahme auch ist; mit dem häufig zitierten partnerschaftlichen Verhalten hat diese übereilte Ankündigung nichts zu tun. Armstrong wäre gut beraten, diese Maßnahmen auszusetzen und in den anstehenden Gesprächen auf der Domotex nach einer gemeinsam tragfähigen Lösung für später zu suchen.

Der Handel sollte sich nicht überfahren lassen !
aus BTH Heimtex 12/02 (Wirtschaft)