ZVPF: Deutscher Sachverständigentag in Feuchtwangen

Gutachter immer häufiger gefragt


Beim diesjährigen Deutschen Sachverständigentag des Zentralverbandes Parkett und Fuß-bodentechnik (ZVPF) in Feuchtwangen hatte der für den Bereich Sachverständige zuständige ZVPF-Vorstand Sönke Stoltenberg wieder ein sehr kompaktes und anspruchsvolles Programm zusammengestellt. Insgesamt 11 Referenten deckten ein breites Themenspektrum ab und bei einigen Vorträgen kam es im Anschluss zu engagierten Diskussionen.

Den Auftakt der Veranstaltung bildete die Vorstellung des im letzten Jahr bereits angekündigten Sachverständigenbeirats und dessen Mitglieder. Die Idee eines solchen Gremiums ist, den "Schulterschluss zwischen Industrie und Handwerk" weiter zu festigen und der Zusammenarbeit auch in Zukunft zu Kontinuität in "Klasse und Güte" zu verhelfen, erklärte Stoltenberg. Ziel sei es, dass beide Seiten in der Außendarstellung eine gemeinsame Sprache sprechen und gemeinsame Standards formulieren. Weiterhin ist geplant, die Forschung und Entwicklung voranzutreiben und die Zusammenarbeit mit Hochschulen zu intensivieren.

Als Mitglieder des Beirates wurden in Feuchtwangen Prof. Andreas Rapp (Uni Hannover), Dr. Frank Gahlmann (Stauf), Dr. Thomas Brokamp (Bona), Dr. Norbert Arnold (Uzin Utz), Alexander Israel (Wulff), Karsten Krause (Stellvertretender Bundesinnungsmeister ZVPF) und Sönke Stoltenberg benannt. Der Beirat wird als fest installierte Facharbeitsgruppe dem Sachverständigenbereich im ZVPF angegliedert.

In seinem Bericht führte Stoltenberg weiter aus, dass die Auftragsbücher der Sachverständigen derzeit gut gefüllt sind. Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass immer mehr fachfremde Handwerker Böden verlegen und entsprechend viele Schäden verursachen. Stoltenberg glaubt, dass der Höhepunkt noch nicht erreicht ist: "Die vielen semi-professionellen Handwerker, die auch mit preiswerteren Materialen arbeiten, werden dafür sorgen, dass die Sachverständigen auch in Zukunft voll ausgelastet sein werden."

In Feuchtwangen wurde eine Erhebung über die Sachverständigenhonorare durchgeführt und die insgesamt 140 Rückläufer ergaben ein bemerkenswertes Ergebnis. Die Spanne der Stundensätze liegt zwischen 50 und 250 EUR, abhängig von der jeweiligen Tätigkeit. Im Mittel liegen die Werte zwischen 120 und 150 EUR. Dieser Wert soll den Sachverständigen bei der Ermittlung der eigenen Sätze helfen. "Jeder Sachverständige muss sehen, ob dieser Mittelwert ausreichend ist. Das hängt natürlich auch von dem Material- bzw. Maschineneinsatz und dem nötigen Aufwand für das Gutachten ab", erklärte Stoltenberg.

Breites Themenspektrum


Den rund 150 Teilnehmern des Deutschen Sachverständigentags wurden Vorträge geboten, die sowohl einen direkten praktischen Bezug hatten, als auch stark auf wissenschaftliche Erkenntnisse Bezug nahmen. Der Vortrag von Mario Hänseler beschäftigte sich mit der "Desinfektion einer von Schimmelpilz befallenen Estrichkonstruktion aus Sicht eines Sachverständigen". Richard A. Kille behandelte das Thema "Farbige Veränderungen an PVC-Belägen", der Vertreter des ZVPF-Arbeitskreises "Feuchtemessung", Peter Kummerhoff, berichtete über den derzeitigen Sachstand zur Beurteilung der Belegereife und Ralf Wollenberg gab Hinweise zum Schrumpfverhalten von PVC-Belägen.

Bundesinnungsmeister Joachim Barth erläuterte die DIN EN 13629 Holzfußböden - Massive Laubholzdielen und zusammengesetzte massive Laubholzdielen-Elemente und befasste sich mit der raumlangen Verlegung oder Stückelung von Massivdielen.

Barth merkte an, dass es nicht ausreicht, dass ein Sachverständiger einen verlegten Boden nur danach beurteilt, ob er die gängigen Normen erfüllt. Gerade bei hochwertigen und entsprechend teuren Materialen wäre das nicht ausreichend, da "Normen nur Mindeststandards setzen" und zudem noch viele Fragen offen lassen.

Beim Thema "Stückelungen von Parkettdielen" wurde deutlich, dass es unter den Sachverständigen verschiedene Auffassungen in der Bewertung gibt. Barth führte anhand eines praktischen Beispiels in einem hochpreisigen Objekt aus, dass Mängel auch aus ästhetischen Gründen denkbar sind. Der Bundesinnungsmeister begründete dies aber nicht nur mit dem subjektiven Empfinden, sondern auch mit handwerklichen Maßstäben. Er verwies darauf, dass der fachliche Unterschied zwischen Heimwerker und Handwerksmeister deutlich gemacht werden muss und deshalb auch bei der Beurteilung zu berücksichtigen ist. Die folgende Diskussion zeigte, dass es gerade bei der Beurteilung solcher Fälle keine klare Linie gibt.

Auf ein ganz anderes Themenfeld führte Dr. Norbert Arnold, Leiter Technischer Produktservice Uzin Utz. "Korrosion von Heizrohren im Estrich aufgrund von eingedrungener Spachtelmasse", lautete der Vortrag, der sich mit einem Schadenbild auseinandersetzte, das relativ selten vorkommt. Dr. Arnold warnte aber davor, solche Schadensursachen zu unterschätzen, da die möglichen Kosten für den Handwerker Existenz bedrohend sein können. Insgesamt ist die Datenlage zu diesem Thema noch sehr schwach. Oft sind es nicht fachgerecht ausgeführte Rohrdurchführungen, durch die Spachtelmasse mit den Rohren in Verbindung kommt. Ob immer die Spachtelmasse zum Durchrosten der Heizrohre führt oder eventuell auch Reinigungsmittel eine Rolle spielen, ist unklar. Dr. Arnold wies darauf hin, dass solche Fälle momentan noch häufig von Gutachtern beurteilt werden, die nicht aus der Bodenbranche kommen.

"Wann ist ein Boden tatsächlich richtig geölt? Ist eine Einpflege durch den Handwerker erforderlich?" Diese Fragen beantwortete Christian Löher, Geschäftsführer der Bona, in seinem Referat. Ausführlich beschrieb er die Vor- und Nachteile des Ölens und betonte, dass die Aufforderung, unbedingt die Herstellervorgaben zu beachten, keine Floskel ist. Zudem regte er an, auch für werksseitig geöltes Parkett Merkblätter zu erstellen.

Dr. Thomas Brokamp (Bona) vermittelte Fachwissen über "Feuchtediffusion im Parkettfußaufbodenbau - sd-Werte und ihre Auswirkungen". Seine Ankündigung, dass es dabei ohne Mathematik leider nicht geht, sorgte nicht bei jedem für Begeisterung.

Ob und wie alte Restsubstanzen von alten Unterböden entfernt werden müssen, erläuterte André Hornemann (Schönox).

"Woher kommen die Qualitätsunterschiede bei Laminatbelägen und wie wirken diese sich aus?", erklärte Dr. Falko Weppner (Hamberger Flooring) anhand von Schadensbildern.

Untergrundfeuchte und Belegreife: TKB lenkt ein


Das TKB-Merkblatt 14 war Auslöser engagierter Diskussionen, auch wenn es im Titel des Vortrages von Dr. Frank Gahlmann, dem Vorsitzenden der Technischen Kommission Baustoffe im Industrieverband Klebstoffe gar nicht benannt wurde. Gleich zu Beginn machte Dr. Gahlmann deutlich, in welche Richtung der Vortrag gehen sollte. "Die TKB wollte und will die CM-Messung nicht abschaffen", stellte er klar. Er betonte aber auch, dass Tradition, Erfahrungswerte und juristische Bedenken nicht verhindern dürften, auch über andere Feuchtemessmethoden nachzudenken. Dr. Gahlmann zeigte auf, dass im internationalen Vergleich auch Alternativen neben der CM-Messung üblich sind. Er erwähnte dabei die Darr-Messung, die aber nur im Labor durchführbar ist oder die Widerstandsmessung, die in Großbritannien und den Niederlanden überwiegend eingesetzt wird.

Er führte aus, dass verschiedene Messmethoden unterschiedliche Parameter zur Bestimmung der Untergrundfeuchte erfordern. Da die Trocknung sowohl von Zememtestrichen als auch von Calciumsulfatestrichen von zahlreichen Faktoren abhängt, empfiehlt die TKB zur sicheren Beurteilung des Feuchtezustands und der Belegreife zwei Messmethoden. Zur Ergänzung der CM-Messung schlägt sie deswegen im TKB-Bericht 2 die Messung der korrespondierenden relativen Luftfeuchte (KRL-Messung) vor.

Als Richtwert für die Belegreife ermittelte die TKB bei der KRL-Messung Messwerte unterhalb von 75% relativer Luftfeuchte bei unbeheizten Estrichen und unterhalb von 65% relativer Luftfeuchte bei beheizten Estrichen. Diese Richtwerte könnten aber durch zunehmende Praxiserfahrung noch angepasst werden. Dr. Gahlmann bat die anwesenden Sachverständigen aus diesem Grund, dass zunächst als TKB-Merkblatt vorgestellte Papier als Anregung zu verstehen und Erfahrungswerte zu sammeln und so zur weiteren Sicherheit bei der Beurteilung der Belegreife beizutragen.

In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass die Frage nach dem richtigen Vorgehen bei der Feuchtemessung in der Bodenlegerbranche noch lange nicht zu Ende diskutiert ist. Viele Fragen, gerade auch zum TKB-Merkblatt Nr.14, kamen aus dem Plenum und führten dazu, dass die Vortragsdauer von geplanten 60 Minuten um mehr als das Doppelte überzogen wurde.

Diskussionsbeiträge:


Manfred Weber, Sachverständiger: "Die Arbeit der TKB ist natürlich hoch zu schätzen. Als Arbeitsblatt wäre auch alles okay, aber nicht als Technisches Merkblatt. Dafür werden diese vor Gericht zu häufig zitiert. Sie sind natürlich kein Gesetz, ebnen aber den Weg zu einer anerkannten Regel, und dafür reicht es nicht. Die Messung selber ist nicht das Problem. Es gibt aber viele Estriche, die auch bei höheren Luftfeuchten als dem genannten Richtwert belegreif sind. Wenn sich dann Sachverständige vor Gericht nur auf das TKB-Merkblatt beziehen, wird das nicht der Praxis auf der Baustelle gerecht."

Richard A. Kille, Sachverständiger: "Der Richtwert von 75% korrespondierender relativer Luftfeuchte wird in dem Merkblatt als besonders abgesichert benannt und ist damit kein Vorschlag mehr, sondern plötzlich Maßstab. Das Handwerk hat mit diesem Wert aber noch zu wenig Erfahrung, als dass er ein Sollwert werden könnte. Es war nicht glücklich, dass die TKB allein voran gegangen ist, anstatt den Weg mit dem Handwerk zusammen zu gehen. Die Messungen hätten nicht als Merkblatt veröffentlich werden sollen, sondern vielleicht als Projektbericht. Jetzt sollten aber viele Messungen gesammelt werden, um eine Datenmenge zu erstellen. Die Diskussion war notwendig, wie man am Engagement sehen konnte. Dr. Gahlmann hat sich als kooperativ und guter Partner des Handwerks gezeigt."
Dr. Frank Gahlmann, TKB: "Mit der Messung der korrespondierenden relativen Luftfeuchte und der Vorstellung des TKB-Berichts 2 möchte die TKB eine die CM-Messung ergänzende Messmethode vorschlagen, die eingesetzt werden kann, um eine größere Sicherheit bei der Beurteilung der Belegreife zu erlangen. Ergänzend soll die KRL-Messung in jedem Fall immer da durchgeführt werden, wo Unsicherheiten bei der Beurteilung der Belegreife allein aufgrund des CM-Messwertes bestehen, was insbesondere der Fall sein kann bei unbekannter Estrichzusammensetzung (W/Z-Wert) oder Verwendung von Zusatzmitteln zur Wasserreduktion. Die Benennung eines vorläufigen Richtwerts leitet sich ab aus den Untersuchungen der TKB, aus Baustellenmessungen und international bekannten Richtwerten und ist sinnvoll, um einen ersten Anhaltspunkt für die Bewertung von Messwerten zu haben.

Der Einwand aus der Diskussion, dass es Estriche insbesondere höherer Festigkeitsklassen geben kann, deren Ausgleichsfeuchte relativ hoch liegt, so dass auch die Belegreifgrenzwerte höher liegen müssen, ist zunächst berechtigt. Auch hier werden Baustellenmessungen zeigen, wie häufig diese Estriche eingebaut werden, ob die Belegreifgrenzwerte für solche speziellen Estriche anders definiert sein müssen oder ob auch für diese Estriche noch ein ggf. zu modifizierender allgemeiner Richtwert passt. Dem Einwand aus der Diskussion, dass das Dokument zur KRL-Methode nicht TKB-Merkblatt 14 heißen sollte, hat die TKB insofern Rechnung getragen, als dass der Name in TKB-Bericht 2 geändert wurde. Es ist eines Fortsetzung des TKB-Berichts 1, der wesentliche Ergebnisse der Basisuntersuchungen zum Thema Estrichfeuchte enthält. Durch die Vermeidung der Aufnahme in die TKB-Merkblatt-Reihe ist die juristische Relevanz des Dokuments abgeschwächt, so dass nicht die Gefahr besteht, die KRL-Methode inklusive der benannten Richtwerte schon heute als bewährten Stand der Technik zu zitieren."

Ehrung für Manfred Krapp


Der stellvertretende Obermeister der Innung Parkett- und Fußbodentechnik Düsseldorf und Sachverständige des Bodenlegerhandwerks, Manfred Krapp, wurde mit der Goldenen Ehrennadel des ZVPF geehrt. Krapp vertritt seit vielen Jahren die Belange seines Berufsstandes mit außerordentlichem Engagement, würdigte Bundesinnungsmeister Joachim Barth den Geehrten bei der Übergabe der höchsten Auszeichnung des Zentralverbandes.
aus Parkett Magazin 05/13 (Wirtschaft)