Homedecor International

"Unsere Branche holt im Online-Handel auf"


Homedecor International ist ein internationaler Einkaufsverband für Produkte der Raumausstattung, in dem je ein führender Großhändler aus den 14 Ländern vertreten ist. Mit dabei ist die Steffel Unternehmensgruppe/Hometrend, die in diesem Jahr Gastgeber des Homedecor Managers Meetings am Tegernsee war. BTH Heimtex nutzte die Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Homedecor-Präsidenten Claude Chevallier (Frankreich), dem Geschäftsführer Frédéric Dreesman (Niederlande) sowie den Mitgliedern Dr. Stefan Krummenacher (Schweiz) und Dr. Frank Steffel über die Branche, die Herausforderungen durch das Internet und die Ziele von Homedecor.

BTH Heimtex: Herr Chevallier, Sie sind Präsident von Homedecor International. Welche Ziele hat sich Ihr Verbund auf die Fahnen geschrieben?

Claude Chevallier: Wir möchten unseren Kunden innovative und hochwertige Produkte mit einem exzellenten Service anbieten. Darüber hinaus gibt es aufgrund der Tatsache, dass pro Land nur ein Mitgliedsunternehmen zugelassen ist, keinen Wettbewerb untereinander und somit einen offenen und vertrauensvollen Gedankenaustausch. Wir wissen frühzeitig über die neuesten Produkttrends, innovative Marketingideen oder interessante Marktentwicklungen Bescheid. Der nicht vorhandene Wettbewerb zwischen den einzelnen Mitgliedern - wir schauen uns ja alle "in die Karten" - macht den Austausch und das Entwickeln von Ideen und Strategien sehr spannend. Dieses Benchmark zeigt uns auch schnell unsere Schwachstellen.

BTH Heimtex: Welche Themen standen bei Ihrer diesjährigen Tagung auf der Agenda?

Chevallier: Wir haben uns mit interessanten Produktinnovationen beschäftigt, haben unseren jährlichen Bilanzvergleich gemacht und als Schwerpunktthema die Entwicklung im Online-Handel behandelt. Dr. Steffel hat mit seinem Hometrend-Online eine Shoplösung geschaffen, die von uns als beispielgebend eingeschätzt wird.

Dr. Frank Steffel: Ja, wir haben vor mehr als zwei Jahren die strategische Entscheidung getroffen, unseren Kunden einen Onlineshop als zusätzlichen Vertriebskanal anzubieten und mittlerweile fast 2Mio.EUR investiert. Wir sind davon überzeugt, in zwei bis drei Jahren mehr als 20% unseres Umsatzes online abzuwickeln. Aber: Wir bedienen keine Endverbraucher, sondern nur unsere gewerblichen Kunden, also B2B.

BTH Heimtex: Wie sind Sie vorgegangen?

Steffel: Es gibt eine Grundregel: Wenn man online Handel betreibt, dann richtig oder gar nicht. Sie müssen die gesamte Kultur des Unternehmens verändern und viel Zeit, Geist und Geld investieren. Wir haben mit Hometrend Online ein eigenständiges Unternehmen gegründet, mittlerweile 10 Mitarbeiter sowie vier professionelle und spezialisierte externe Partner, die sich ausschließlich mit Hometrend Online beschäftigen. Das gesamte Projekt wird von mir persönlich und Hometrend Geschäftsführer Joachim Streichen geleitet.

BTH Heimtex: Wie ist Ihre Einschätzung zur Entwicklung des Online-Handels in Deutschland und international?

Frédéric Dreesman: Das Thema spielt überall eine große Rolle. 98% der gewerblichen Kunden sind online, der Onlinehandel wächst rasant und steuert dieses Jahr auf 20% Marktanteil zu. Unsere Branche ist weltweit wie immer etwas rückständig, holt aber momentan mit großen Schritten auf. Dabei ist das, was Hometrend Online macht, sicherlich international Benchmark.

Steffel: Wir haben mittlerweile 16.000 perfekt dargestellte Produkte und 200 Kollektionen im Hometrend Online Shop. Wir wachsen sowohl bei der Anzahl der Onlinekunden als auch im Umsatz monatlich prozentual zweistellig. Das Interesse und die Akzeptanz bei unseren Kunden sind beeindruckend.

Chevallier: Das Internet stellt alle Marktteilnehmer vor völlig neue Herausforderungen, auch hinsichtlich der Preispolitik. Alle Homedecor Mitgliedsfirmen werden hierbei unverändert auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Fachhandel und Fachhandwerk setzen.

BTH Heimtex: Welche anderen Herausforderungen für die Branche sehen Sie?

Dr. Stefan Krummenacher: Verstärkt auch durch das Internet müssen wir unser Verhältnis zwischen allen Marktteilnehmern neu definieren. Die Preispolitik und der Vertrieb aller Hersteller müssen glaubwürdig und nachvollziehbar sein. Außerdem hat die Bedeutung von Handelsmarken zugenommen. Starke Marke wie Hometrend und Belcolor, aber auch Eigenprodukte wie Liberty oder unsere Alpenkollektion sind die Zukunft.

BTH Heimtex: Welche Sorgen treiben Sie um?

Krummenacher: Der wirre und vielfach unehrliche Vertrieb zahlreicher Hersteller. Es kann doch nicht lange gut gehen, wenn ein qualifizierter Handwerker, der Jugendliche ausbildet, Marken-Produkte der Industrie im Schaufenster zeigt und wochenlange Beratungen durchführt, ohne Umsatz zu machen, während ein unqualifizierter Ein-Mann-Betrieb das Produkt dank Direkteinkauf beim Hersteller viel billiger offeriert. So zerstört die Industrie eine Qualitäts-Branche und drängt die qualitätsbewusste Privatkundschaft vermehrt in den Baumarkt.

BTH Heimtex: Was hat sich Heimdecor für die nächste Zeit vorgenommen, um die Branche weiter voranzubringen?

Chevallier: Wir suchen führende Großhändler in Dänemark, Polen und der Türkei, um auch in diesen Ländern präsent zu sein.

Steffel: Außerdem werden wir unsere Aktivitäten in Süd-Ost-Asien, Indien, der Türkei und in Südamerika verstärken.
aus BTH Heimtex 09/13 (Wirtschaft)