Hagebau: Gesellschafterversammlung der Superlative mit 630 Teilnehmern

Mit neuem Lieferkonzept Warenströme künftig effizienter steuern


Zwei Hauptthemen bestimmten die Gesellschafterversammlung der Hagebau Handelsgesellschaft für Baustoffe am 28. Juni in München. Zum einen waren es die Erfolge des vergangenen Jahres mit einem Rekordumsatz von 5,6 Mrd. EUR und der Übernahme der Zentrale für Einkauf und Service (ZEUS), an der die Hagebau bis dahin nur beteiligt war. Zum anderen billigten die Gesellschafter eine Neuordnung der Logistik. Die ehemals selbständigen fünf Zentrallager werden künftig von Soltau aus gesteuert. Es entsteht eine zentrale Beschaffungslogistik, die Warenströme noch effizienter managen soll.

Insgesamt gehörten der Hagebau-Verbundgruppe 358 Unternehmen mit 1.579 Standorten an. Die meisten davon (98%) haben klassische Inhaberstrukturen und betreiben Baustoffhandel, teilweise gepaart mit Einzelhandel (60%). Ende Mai 2013 war die Zahl der Holzhandelsstandorte von 128 auf 145 gestiegen. Rund 70% der Hagebau Gesellschafter erwirtschaften einen Außenumsatz bis 20Mio.EUR im Jahr. Das macht die Hagebau zu einer Vereinigung von Mittelständlern. Und die haben an ihrer Dachorganisation offenbar wenig auszusetzen, denn eine Umfrage ergab mit der Note 2,4 einen besseren Zufriedenheitswert, als die Durchschnittsbeurteilung bei anderen Unternehmen (2,74).

Den gemeinsamen Einkauf regelt die Hagebau im Bereich des Einzelhandels über die jetzt 100% eigene Zeus und bei Produkten aus Übersee durch ihre Beteiligung an der ,Arena. Wie andere Kooperationen auch, bieten die Soltauer ihren Kommanditisten eine Reihe von Dienstleistungen. Dazu unterhält sie Beteiligungsgesellschaften wie den vom Partner Zurich zur Allianz RV gewechselten Hagebau Versicherungsdienst (Überschuss 2012: 1,69Mio.EUR), die Hagebau Beratungs & Beteiligungs GmbH (Umsatz 800Mio.EUR) und den Hagebau Datendienst.

Holzhandel erwirtschaftet 685Mio.EUR

Nachdem bereits 2011 ein Rekordjahr in der nun 49-jährigen Geschichte der Hagebau gewesen war, konnte der Aufsichtsratsvorsitzende Hartmut Richter für 2012 erneut außergewöhnliche Erfolge bilanzieren. Der Holzhandel, zu dem auch der Laminat- und Parkettboden zählt, erwirtschaftete einen Zuwachs von 9,6% auf rund 685Mio.EUR. Insgesamt stieg der Gruppenumsatz der Kooperation um 12,9% auf 5,6 Mrd. EUR. Zu diesem Ergebnis beigetragen haben die seit einem Jahr in die Soltauer Hagebau integrierten 157 Gesellschafter aus Österreich. Österreich erzielte einen Warenumsatz von 585Mio.EUR (+39,3%), die Schweiz 49,3Mio.EUR (+25,3%) und das kleine Luxemburg 15,1Mio.EUR (+20%).

Mit diesen Zahlen im Hintergrund stieg die Bonusausschüttung inklusive Kundenbonus und Jahresausschüttung 2012 um 40Mio.auf 334,8Mio.EUR. Hagebau Gesellschafter erhielten auf den stationären Nettoumsatz 15% Provisionen, als Gewinnausschüttung 8% auf den stationären Bestellumsatz in Baumärkten und an Sonderausschüttung 2% des stationären Bestellumsatzesin den Märkten. Ende 2012 lag die Eigenkapitalquote des Unternehmens bei 20,6%, soll aber auf 30% angehoben werden. Kaufmännisches Sicherheitsdenken befeuert diesen Kurs. Bei dauerhaften Außenständen von 600 bis 800Mio.EUR verständlich, denn sollte es durch unerwartete Insolvenzen hier zu massiven Ausfällen kommen, benötigt die Kooperation ein finanzielles Polster.

Große Märkte im Aufwind, kleine Märkte mit Nachholbedarf

Die Hagebau-Baumärkte entwickelten sich 2012 gegen den negativen Branchentrend um 2,6% nach oben und erzielten einen Umsatz von 1,45 Mrd. EUR. Dabei konnten vor allen die größeren Märkte zulegen: über 8.000 m um 5,1%, über 6.000 m um 6,1% und über 4.000 m um 2,9%. Märkte unterhalb einer Fläche von 4.000 m - immerhin ein Drittel - schlossen dagegen mit einem Rückgang von -3,2% ab. Die Erklärung lieferte der zuständige Geschäftsführer Kai Kächelein: "Das sind Flächen, die seit vielen Jahren nicht mehr grundlegend aktualisiert worden sind." Er appellierte an die Betreiber, sich im eigenen Markt umzuschauen. "Prüfen Sie, ob Sie sich als Kunde in diesem Markt überhaupt noch wohlfühlen würden." Allerdings weiß auch Kächelein, dass Größe nicht alles ist. Zwar gibt es keine Neueröffnungen eines Hagebaumarktes mehr unter 5.700m, doch Alternativen sind vorhanden. Zum Beispiel die, kleine Märkte umzuflaggen. Dazu hat Hagebau den Namen ,Werkers Welt geschützt. Als neue Kleinflächenmarke der Zeus gehören diesem Verbund zunächst überwiegend Betriebsstätten aus der Trennung von den Einkaufsverbänden E/D/E und EK/service an. Ein geschärftes Profil und größere Fachhandelsorientierung sind erklärte Ziele dieser kleinen Märkte.

Der Einzelhandel befindet sich laut Kächelein in einer evolutionären Phase. "Lediglich derjenige Stationärhandel, der sich mit dem Internet und dem E-Commerce beschäftigt, wird weiter wachsen", lautet seine Prognose. Der Start in das Multi- und Cross-Channel-Angebot wird im Pilotmarkt Itzehoe getestet. Hier geht es auch darum, Mitarbeiter mit den neuen Medien vertraut zu machen und sie auf Augenhöhe zu einem Kunden zu bringen, der sich meist schon im Internet über seine gewünschten Produkte informiert hat. ,baumarkt direkt, eine E-Commerce-Tochter, die Hagebau in Kooperation mit der Otto-Gruppe betreibt, hat im vergangenen Geschäftsjahr einen Zuwachs von 5,2% auf über 200Mio.EUR erzielt.

Vertriebskonzepte gegen die Wetter-Bremse

2013 wird sich die Erfolgsstory nicht fortsetzen. Der kalte Winter und das nasse Frühjahr haben der Bauwirtschaft und Gartenbranche einen Strich durch die Rechnung gemacht. Allein im März sanken die geleisteten Arbeitsstunden im Bauhauptgewerbe gegenüber dem Vorjahr um 26%. Zwar rechnet die Hagebau-Geschäftsführung für das laufende Gesamtjahr immer noch optimistisch mit einem Umsatzplus bis zu 3%, doch der Holzfachhandel hatte bis zum Juni 2013 zunächst einen Rückgang um -4,2% zu verkraften. Im Einzelhandel waren die Hagebaumärkte vor allem im Gartensortiment betroffen. Der Umsatz sank in den ersten fünf Monaten um -2,1%.

Mittelfristig konzentriert man sich auf neue Strukturen, strategische Maßnahmen und Zugänge neuer Gesellschafter. Im 4. Quartal 2013 werden 15 Märkte der Münchner HEV-Gruppe von Obi ins Hagebau-System wechseln. Insgesamt sind es sogar 55 neue Mitglieder. Sie kommen aus der Trennung von den Partnern E/D/E (Einkaufsbüro Deutscher Eisenwarenhändler) und EK/servicegroup, die Anteile in der Zeus besaßen. Diese gehört jetzt zu 100% der Hagebau und betreut den Einzelhandel, das Franchisesystem und das Kleinflächenkonzept ,Werkers Welt. "Wir machen aber keine aktive Akquise, um Obi Märkte abspenstig zu machen", betont die Geschäftsführung.

Als Wettbewerbsvorsprung betrachtet Hagebau das Hamburger Pilotprojekt ,Perfektum , ein High-End-Markt für gehobene Kundengruppen.

Hartmut Goldboom, Geschäftsführer Fachhandel: "Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass die Komplettlösung für den Modernisierer ein Zukunftsmarkt ist." Im Modernisierungsmarkt wird der größte Umsatz generiert. Goldboom: "Es reicht nicht, Produkte zu verkaufen. Wir müssen aus Sicht des Endkunden denken und Lösungen anbieten. Außerdem ist es notwendig, unsere Kompetenz zu kommunizieren." Das geschieht mit Zielgruppenkampagnen, auch im Holzhandel. Dort wurde unter den Gesellschaftern gerade eine strategische Holzallianz gegründet, der Mitte des Jahres sechs Teilnehmer angehörten. Bald sollen es mehr werden. Goldboom: "Große Chancen ergeben sich für den Holzhandel in Österreich und der Schweiz. Diese Märkte haben wesentlich zum Wachstum im Sortimentsbereich Holz beigetragen."

Neu aufgebaut wurde 2012 der Einkaufsbereich Wertholz, der die Terrassendielenmarke Picodeck umfasst und als Neuling ,Picodeck Dauerholz hinzu bekam. Goldboom: "Auch die Eigenmarke Picofloor für Fußböden im Innenbereich wurde ausgebaut." Weil Kündigungen von Lieferanten im Bereich Holz zugenommen haben, soll ein ,Einkaufsboard Holz eingerichtet werden. Ein solches Gremium gibt es bereits bei anderen Sortimenten. Dort arbeiten die Hagebau-Allianzen und große Gesellschafter gemeinsam an der Unterstützung des Strategischen Einkaufs. Goldboom: "Das zahlt sich aus. So konnten in jüngerer Vergangenheit Zahlungskonditionen bei rund 400 Lieferanten verbessert werden."

Neues Lieferkonzept

Sichtlich erleichtert war die Hagebau-Führung, auf der Gesellschafterversammlung ein weiteres Pfund gestemmt zu haben. Nämlich die Zustimmung ihrer Mitglieder zur völligen Neuausrichtung der Logistik. Bisher waren es fünf regionale Lagergesellschaften, die, bereits auf zwei Einheiten zusammengefasst, bei Hagebau einkauften und ihrerseits an die Gesellschafter weiter lieferten. Das hat sich als nicht mehr zeitgemäß erwiesen. Kleinmengen wurden teuer und Lagerflächen wurden derart beansprucht, dass Fachhändler mitunter nicht mehr die vom Kunden erwartete Produktvielfalt einer Mehr-Lieferanten-Strategie bieten konnten.

Jetzt wird alles anders. Die Hagebau nimmt die Logistik in ihre eigene Hand. Das Management der Zentrallager ist an die Soltauer Zentrale angeschlossen worden. Der Zwischenhandel ist ausgeschaltet. ,Logistik 2014 heißt das Konzept und es soll den Einkauf verschlanken, Sparpotenzial bringen und die Wettbewerbsfähigkeit stärken.

Das neue Lieferkonzept ruht auf vier Säulen: dem klassischen Lagergeschäft der Zentrallager, der Direktlieferung, dem sogenannten Cross-Docking - bei dem Zentrallager für den Warenumschlag genutzt werden - und der neuen Funktion eines Schwerpunktlagers für aufwändige und kostenintensive Produkte. So will die Soltauer Zentrale für jeden Lieferanten und für jedes Sortiment die günstigste Lieferkette erstellen. Die Einsparpotenziale einer solch einheitlichen Logistik wird man sich mit den industriellen Lieferanten teilen müssen. Die Abnehmer im Fach- und Einzelhandel profitieren von zusätzlichen Erträgen.

Projekte der nahen Zukunft

Auf der Agenda ihrer strategischen Leitlinie hat die Hagebau-Zentrale Themen wie eine weitere Verlängerung des Zahlungsziels. Zudem will sie über das Internet B2B-Geschäfte fördern und ein eigenes Online-Instrument entwickeln, das den Gesellschaftern als Dienstleistung angeboten werden kann. 18 von künftig 25 neuen Mitarbeitern im Datendienst sind im ersten Halbjahr 2013 schon eingestellt worden. Schließlich braucht die Zentrale in Soltau mehr Platz. Viele Mitarbeiter sind außerhalb untergebracht. Das soll sich mit Um- und Neubaumaßnahmen inklusive Rechenzentrum ändern.
aus Parkett im Holzhandel 03/13 (Wirtschaft)