Salone Internazionale del Mobile, Mailand

Mekka der Inneneinrichtung


Auch in diesem Jahr ist der Salone Internazionale del Mobile in Mailand wieder seinem Ruf als "Mekka der Inneneinrichtung" gerecht geworden. Die mehr als 331.000 Besucher - ein Rekord in der 51-jährigen Geschichte der Messe - haben auf dem proppevollen Messegelände in Rho klassische hochwertige Möbelhersteller wie Walter Knoll, Vitra, Cassina oder B&B Italia gesehen. Auch einige ausgewählte Teppichanbieter stellten aus und freuten sich über eine hohe Nachfrage. Ein ordentlicher Teil der Möbelaussteller hat den hochwertigen Teppich als Teil der Einrichtung wiederentdeckt und platziert ihn gekonnt in den ausgestellten Wohnbeispielen. Damit geben die Aussteller den Besuchern wichtige Denkanstöße für Inneneinrichtungen inklusive Teppiche. Dies ist eine Produktgruppe, die sie sonst eher nicht mit einplanen würden. Insofern ist es wünschenswert, dass sich noch mehr Teppichanbieter um Platzierung ihrer Ware auf den Messeständen kümmern beziehungsweise selbst ausstellen. Andere Aussteller ignorierten das Thema Teppich komplett oder zeigen Discounter-Teppiche in Kombination mit Sofas und Schränken, die jeweils einige Tausend Euro kosten. Das passt einfach nicht zusammen und ist eher blamabel.

Auffällig: Patchwork-Teppiche waren in der Dekoration und bei Ausstellern deutlich seltener vertreten als in den Vorjahren. Die wenigen Aussteller, die diese Warengruppe zeigten, konnten sich trotz hoher Verkaufspreise dennoch über sehr gute Verkaufszahlen freuen. Im Hochpreisbereich, also bei den gehobenen Inneneinrichtern und Teppichfachgeschäften, läuft diese Ware noch immer "wie geschnitten Brot". Sehr gute Qualität bei Material und Verarbeitung, dezente Farben und großflächige Teppichstücke sind nach wie vor stark gefragt. Wichtig ist auch die Weiterentwicklung des Produkts Patchwork: Der italienischen Anbieter GT Design stellte seine neue Qualität Aqua Tinta vor, bei der traditionell gefertigte Dhurries in Naturfarben ihre Patchwork-Optik durch aufgenähte bunte und grafische Streifen aus Hanf erhalten.

Ein weiteres, aber meist eher zurückhaltend präsentiertes Thema waren Outdoor-Teppiche. In den USA sind sie seit Jahren stark im Handel vertreten, während sie in Europa weiter unterrepräsentiert sind. Dabei können sie nicht nur auf Terrassen und in Gärten Akzente setzen, sondern auch in der Inneneinrichtung.

Stark vertreten waren Teppichaussteller, die Teppiche auf Kundenwunsch produzieren und für die Produktion eines Teppichs nicht länger als einige Wochen benötigen - schnelle Lieferbarkeit ist neben hoher Qualität beim anspruchsvollen Klientel besonders gefragt. Diese Kriterien werden generell vor allem von Handweb- und Tuftanbietern erfüllt, die in Mailand zahlreich vertreten waren.

Moderne Handknüpfware - vor allem aus Nepal und Indien - ist ebenfalls ein Thema auf dem Salone gewesen: Hier sind Anbieter im Vorteil, die über ein umfangreiches Lager verfügen oder ihren Kunden die Gründe für längere Produktionszeiten deutlich machen können. Klassische Orientteppiche waren in Mailand übrigens kein Thema.

Immer häufiger zu finden sind Produkte wie Kissen, Sitzgelegenheiten und Lampen, die Designideen, Materialien und Farbstellungen von Teppichen übernehmen. Alles Produkte, die das Teppichsortiment im Handel ergänzen und so für mehr Umsatz sorgen können. Diese Produkte ziehen zum einen Kunden in die Geschäfte und sorgen zum anderen für ein stimmiges Gesamtbild. So zeigte Casalis zum Beispiel neu entwickelte Lärmschutzplatten mit waschbarem Bezug unter dem Namen Cello, die sich klar von den bekannten Slumber-Poufs ableiten und ebenfalls aus Mohair gefertigt werden.

Beim Thema Farben geht es sowohl bei Möbeln als auch bei Teppichen noch immer dezent / gedeckt zu. Die Farben Braun, Grau, Weiß und Schwarz herrschen vor, nur vereinzelt werden bunte Akzente gesetzt.

Auf der gesamten Messe gab es im Möbelbereich keine revolutionären Neuheiten zu sehen. Ein Besuch ist dennoch für die Einrichtungsbranche ratsam, denn nirgendwo anders auf der Welt stellt die High-End-Möbelbranche so geballt ihre Kollektionen und Zukunftsvisionen vor. Auch wer eher im Discountbereich oder dem mittleren Preissegment zu Hause ist, konnte durch Produktvielfalt und Internationalität der Aussteller und Besucher Design- und Präsentationsideen aufgreifen.

Aus Ausstellersicht interessant ist das internationale Publikum: 64,5 % der Besucher kamen aus dem Ausland. Heimische und angrenzende Märkte sind in der Regel bereits abgedeckt, Neukunden werden häufig nur noch im Ausland gewonnen, vornehmlich in Südamerika, Indien, Nordafrika und dem Mittleren und Nahen Osten. Und: Nach Mailand fahren vor allem Besucher, die nicht oder nur wenig mit dem Thema Teppich in Berührung kommen, die nicht extra zu Fachmessen wie zur Domotex nach Hannover fahren.


Pulsierende Trendveranstaltungen in der Mailänder City


Wer den Salone auf dem Messegelände in Mailand besucht, sollte sich zusätzlich unbedingt Zeit - möglichst einen ganzen Tag - für eine Tour durch die Mailänder Innenstadt nehmen: Dort gibt es im Rahmen des Fuori Salone (aus dem Italienischen übersetzt: außerhalb des Salone) hunderte pulsierende Veranstaltungen, auf denen unter anderem Teppichanbieter, Möbelhersteller und (junge) Designer ihre neuesten Ideen vorstellen. Sie stellen entweder zusätzlich zum Messestand aus oder als kostengünstigere Alternative dazu. Sehenswert waren in diesem Jahr vor allem das Museo Nazionale della Scienza e della Tecnologica, das vom englischen Designer Tom Dixon gestaltet wurde, das Brera-Garibaldi-Viertel mit einigen Teppichanbietern sowie die bekannte Zona Tortona.

Mit seinen unzähligem jahrhundertealten Stadtvillen, Museen und Arkadengängen bietet die Mailänder Innenstadt ein perfektes Ambiente, in dem modernes Design besonders gut zur Geltung kommt. Abseits des hektischen Messerummels, nehmen sich hier viele Aussteller etwas mehr Zeit für ihre Besucher. In entspannter Atmosphäre kann bei einem guten Glas Wein über das Geschäft gesprochen werden. Ein gerade für die Teppichbranche weiterer wichtiger Aspekt: Auch Endverbraucher haben hier (meist) ungehindert Zugang zu den neuesten Teppichkollektionen und werden so an die Materie herangeführt.
aus Carpet Magazin 03/12 (Wirtschaft)