Textilkonjunktur

Zögerliche Entwicklung


Berlin - Die aktuellsten Konjunkturindikatoren zeigen, wie der Gesamtverband textil+mode mitteilt, einen abwartenden bis leicht negativen Trend; auch die Prognosen aus den Umfrageergebnissen sind eher verhalten. Der starke Anstieg im Monat Juni bei Umsätzen und Auftragseingängen wird sich als einmaliger statistischer "Ausreißer" über die kommenden Monate relativieren. Es bleibt damit sowohl für den Bereich Textil als auch für den Bereich Bekleidung insgesamt bei einer stagnierenden Tendenz. Die prognostizierten +3 Prozent Umsatz können nach den geringen Zuwächsen von ca. +1 Prozent im ersten Halbjahr 2012 somit nur mit einem außerordentlich starken zweiten Halbjahr erreicht werden.

Der Branchenumsatz liegt per Juni 2012 um insgesamt 1 Prozent höher als per Juni 2011 (Textil -0,9, Bekleidung +4,0 Prozent Umsatz). Das Segment Textil entwickelt sich im ersten Halbjahr 2012 nicht so dynamisch wie erwartet. Zwar war das Umsatzniveau Anfang des Jahres relativ hoch, jedoch konnten selbst die technischen Segmente kaum Zuwächse verzeichnen und damit auch die rückläufige Entwicklung anderer Segmente, insbesondere der Vorstufen, nicht ausgleichen. Für die Branche insgesamt (Unternehmen mit mehr als 1 Beschäftigen) gehen wir von knapp 29 Mrd. Euro Umsatz für das Jahr 2012 aus, Voraussetzung ist jedoch eine Stabilisierung der Umsatzentwicklung. Der starke Anstieg im Monat Juni bei den Umsätzen ist einem einmaligen statistischen "Ausreißer" eines einzelnen Unternehmens geschuldet und wird sich über die kommenden Monate relativieren. Die Beschäftigung steigt durch die gute Konjunktur der jüngeren Vergangenheit gegen den langjährigen Trend an, speziell in den technischen Segmenten und im Bereich Bekleidung, weniger in den "klassischen" Textilbereichen. Per Juni 2012 stieg die Beschäftigung weiter im Bereich Textil um +1,4 Prozent und im Bereich Bekleidung um +3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im Durchschnitt hatte die Branche insgesamt +2,1 Prozent mehr Beschäftigte im Inland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In der Branche insgesamt (Betriebe ab 1 Beschäftigtem) sind damit zurzeit ca. 121.000 Menschen beschäftigt. Die Produktion ist in den ersten sechs Monaten gesunken. (Textil um -8,8, Bekleidung um -5,8 Prozent). Die inländische Produktionsentwicklung beinhaltet insbesondere im Segment der Bekleidung eine starke Strukturkomponente. Durch die hohe Außenhandelsverflechtung kommt es außerdem zur verzerrenden Darstellung des Volumens, so dass die Produktionszahlen nur eingeschränkt Auskunft über die Konjunkturlage geben können; weiteres Indiz hierfür ist auch die offensichtlich fehlende Korrelation zwischen inländischer Produktion und inländischer Beschäftigung. Die Auftragseingänge sind per Juni 2012 gesunken (Textil -4,9, Bekleidung -0,6 Prozent). Insbesondere im April und Mai sank das Niveau stark ab, im Juni stieg es jedoch sehr stark an, was als rein technischer, statistischer Ausreißer zu werten ist und keine Auswirkungen auf künftige Umsätze haben wird.

Die Erzeugerpreise steigen weiterhin (Textil +2,3, Bekleidung +2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Dies belastet die Unternehmen auch weiterhin, da bei den Rohstoffpreisen in Verbindung mit Währungseffekten (schwacher Euro) sowie der absehbaren deutlichen Strompreissteigerung keine Entlastungen zu erwarten sind. Der Einzelhandels-umsatz brachte um Juni 2012 ein Plus von 3,9 Prozent, jedoch ist die Steigerung des ersten Halbjahres mit +0,2 Prozent nur minimal. Dagegen ist der gesamte Einzelhandel per Juni mit +3,0 Prozent Umsatz deutlich besser gelaufen. Die Preise im Bekleidungseinzelhandel sind mit +3,2 Prozent per Juni stärker gestiegen als im gesamten Einzelhandel mit nur +2,4 Prozent.

Der Außenhandel ist im Vergleich per Juni 2012 mit dem Vorjahr bei Textilexporten und -importen weiterhin negativ (-1,7 Prozent bzw. -8,4 Prozent). Die Exporte im Segment Bekleidung sanken um -3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, die Importe sanken um -6,6 Prozent. Der Einfuhrüberschuss liegt um -18,5 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Die Rohstoffeinfuhren sanken um -15,9 Prozent gegenüber dein Vorjahresmonat, was zum Teil den im Vorjahr erheblich gestiegenen Rohstoffpreisen geschuldet ist; die Preise haben sich zurzeit etwas gemäßigt, insbesondere bei Baumwolle. Der ifo-Index hat im Großen und Ganzen über die vergangenen Monate nachgegeben, und zwar sowohl im Bereich Bekleidung als auch im Bereich Textil. Demnach ist auch von der Einschätzung der befragten Unternehmen keine baldige Trendumkehr zum Besseren abzuleiten.
aus Haustex 10/12 (Wirtschaft)