Knutzen Wohnen, Tinnum auf Sylt

Wohnwelten bringen Umsatz


Dass sich Kunden jemals die Nasen an seinen Schaufenstern platt drücken würden, hätte Filialleiter Rainer Frankenberg nie gedacht. Die Schaufenstergestaltung und das angebotene Sortiment luden dazu viele Jahre lang auch eher nicht ein. Die Filiale von Knutzen Wohnen in Tinnum auf Sylt war ein typischer Abholmarkt für Teppichböden, Laminat und Parkett. Zweckmäßig gebaut, ohne Charme, mangels Konkurrenz auf der Insel aber immer mit ordentlichem Ergebnis. Vor gut vier Jahren dann Umbau, Modernisierung und die Umsetzung eines neuen Konzepts - Nach Aussage des Filialleiters wurde es "extrem gut angenommen und hat unsere Erwartungen übertroffen."

Seitdem präsentiert sich Knutzen auf 2.000 m2 als gehobenes Einrichtungshaus und hat das Sortiment entsprechend hochwertig erweitert. Sofas, Tische, Betten und viele Wohnaccessoires werden ebenso angeboten, wie abgepasste Teppiche und Teppichböden. Ein wichtiger Lieferant ist seit ca. 1,5 Jahren die belgische Luxusmarke Flamant, deren Produkte "als unglaublicher Kundenmagnet wirken." So verwundert es nicht, dass Flamant über dem Eingang und von außen sichtbar beworben wird.

Im Gegensatz zu früher wird die Ware nicht mehr von der Palette oder Rolle verkauft, sondern über inszenierte Wohnwelten, die beispielhaft komplette Wohnungseinrichtungen zeigen. Hier passt farblich und vom Stil her alles zusammen, und auch der Teppich ist immer Teil der Einrichtung. Entwickelt wurden die Wohnwelten von der niederländischen Designerin Sandra Baan.

Herausgekommen sind dabei zeitlose, edle beziehungsweise hochwertige Wohnbeispiele mit meist skandinavischem Flair. Dass dieser Einrichtungsstil angeboten wird, hat viel mit der Kundenstruktur und Erwartungshaltung der Sylter Knutzen-Kunden zu tun: "Bei uns im hohen Norden ist die Wohnung hell und freundlich eingerichtet. Eher dunkel, wie beispielsweise in Bayern, ist hier gar nicht gefragt", weiß Rainer Frankenberg. Weder die jährlich gut 900.000 Inselgäste würden einen anderen Stil akzeptieren, noch die knapp über 27.000 Einheimischen.

Dementsprechend ist das Teppichsortiment ausgerichtet: Naturfarben überwiegen, kräftige Farbtupfer gibt es kaum - im Gegensatz zum Sortiment anderer Filialen auf dem Festland. In der gut 100 m großen Teppichabteilung liegen vor allem Shaggys und indische Knüpf- und Tuftware des niedrigeren und mittleren Preissegments aus, die sich dennoch gut in die hochwertigen Einrichtungsbeispiele einfügen.

Der Shaggy ist auch hier sehr stark, denn: "Er ist ein fantastischer Mitnahmeartikel für Touristen, aber auch Inhabern von Ferienwohnungen. Sie wählen eher günstigere Qualitäten, da der Teppich häufiger getauscht wird." Tests mit klassischer roter Ware sind hier nach kurzer Zeit abgebrochen worden - sie hat sich überhaupt nicht verkauft; Ziegler hingegen würden ganz ordentlich angenommen.

Offeriert wird die Ware auf niedrigen Stapeln sowie Präsentern bekannter Marken wie Paulig und Schöner Wohnen. Auf die sehr hochwertigen Wunschmaßteppiche von Limited Edition und B.I.C. weisen Musterboxen hin, JAB hingegen wird an einer Wand mit gut 20 m Fläche präsentiert. Teppiche dieser Anbieter werden durch die neue Ausrichtung auf gehobene Einrichtung ebenfalls sehr gut angenommen.

Für Knutzen spielt der Tourismus eine große Rolle. Während ihres Urlaubs haben die Gäste Zeit und Muße, schauen sich ausgiebig die Ausstellung an und sorgen für ein volles Haus. Und zwar das gesamte Jahr über, auch wenn zwischen Mai und September am meisten los ist. "Entweder die Kunden nehmen die Ware mit oder lassen sie sich nachschicken", so Frankenberg. Das hat auch Konsequenzen bei der Wahl der Lieferanten: "Da die Aufenthaltsdauer im Schnitt acht Tage beträgt, ist eine schnelle Lieferzeit extrem wichtig. Im Notfall schicken wir den Kunden die Ware natürlich auch nach Hause."

Auch in der Nebensaison kommen Frankenberg und seine gut zehn Mitarbeiter nicht zur Ruhe, denn "dann müssen Ferienwohnungen und Hotels wieder auf Vordermann gebracht werden." Dank des neuen Sortiments, übernimmt Knutzen zusammen mit hauseigenen Innenarchitekten die komplette Ausstattung der Gästezimmer, Ferienhäuser und auch von Villen der eher gut situierten Bewohner. "Wichtig", so Frankenberg, "sind umfassende Beratung und ein guter Service, gute Produkte allein reichen nicht." Dabei sind alle Mitarbeiter in allen Bereichen tätig, den klassischen Teppichverkäufer gibt es nicht. "Das war am Anfang eine ganz schöne Umstellung", berichtet Frankenberg, "doch alle Mitarbeiter haben mitgezogen und wurden in den anderen Produkten entsprechend geschult." Vorteil: Die typischen "Kämpfe" zwischen den Abteilungen um Umsätze, die mit einem bestimmten Kunden erzielt werden könnten, fallen weg.
aus Carpet Magazin 02/12 (Wirtschaft)