Interview mit Kleiberit-Geschäftsführer Klaus Becker-Weimann

"Wir haben einen Wissensvorsprung von etwa fünfzehn Jahren"


Parkettmagazin: Woher stammt der Markenname Kleiberit?

Becker-Weimann: Unser Logo zeigt den Kleiber. Das ist ein Vogel, der seine Nester verklebt. Wir glauben, dass dieses Image in der Branche einen hohen Wiedererkennungswert erlangt hat.

Parkettmagazin: Wo sieht das Unternehmen seine Stärken?

Becker-Weimann: Als familiengeführtes, mittelständisches Unternehmen denken wir langfristig. So haben wir die Ausdauer, Innovationen zu entwickeln, die nicht gleich Rendite bringen und die es nur alle zehn bis fünfzehn Jahre gibt. Hotcoating ist solch eine Entwicklung.

Parkettmagazin: Ist Hotcoating die erste Berührung von Kleiberit mit der Parkettbranche?

Becker-Weimann: Nein, den klassischen Weißleim für Parkett gibt es bei Kleiberit schon immer. Aber diese Technologie zeigt gewisse Nachteile. Deshalb haben wir getestet, ob PU-Schmelzklebstoffe aus dem Bereich der Fensterprofilummantelung die Weißleime bei der Herstellung von Mehrschichtparkett ersetzen können und den PU-Schmelzklebstoff erfolgreich in die Produktion von Zweischichtparkett eingeführt. Und schließlich fertigt Kleiberit seit vielen Jahren Klebstoffe für die Parkettverlegung.

Parkettmagazin: Wie man hört, hat die Entwicklung von Hotcoating Geduld verlangt?

Becker-Weimann: Durchaus, denn als sich vor zehn Jahren die Frage der Oberfläche stellte, kamen wir vom heißen Schmelzklebstoff und mussten den Klebstoff gewissermaßen umerziehen, damit er zu einer Fläche aushärtet, die oben nicht haftet. Es war auch schwierig, die Beschichtung glatt zu bekommen. Eigentlich muss man mit einem Bügeleisen darüber gehen - und das geschieht auch. Heute haben wir einen Wissensvorsprung von etwa fünfzehn Jahren gegenüber der Lackbranche und sind auch der Klebstoffindustrie einige Jahre voraus, weil hier das Lack-Know-how fehlt.

Parkettmagazin: Wo sehen Sie industriellen Bedarf für das Hotcoating-Verfahren?

Becker-Weimann: Für einen mittelständischen Fußbodenhersteller liegt der Charme der Geschichte in einer Anlage, die auf nur 7 m Produktionslänge einen AC 5 Boden ohne Kurztaktpresse beschichten kann. Aber auch für große Laminatbodenhersteller sollte das von Vorteil sein. Ihr vielschichtiger Aufbau ist unserer Ansicht nach anfälliger und eine Hotcoating-Anlage schafft, obwohl sie so kurz ist, durchaus12,5 Mio. m im Jahr.

Parkettmagazin: Interessant für die Fußbodenindustrie ist sicher die hohe Abriebfestigkeit?

Becker-Weimann: Der Fußbodenhersteller kann durch die Auftragsdicke entscheiden, welche Beanspruchungsklasse er haben möchte. Es gibt bereits Parketthersteller, die sich dabei an der Laminatbodennorm orientieren wollen. Und wir tun das auch, indem Hotcoating bis zur Topklasse AC 5 reicht. Eine hohe Schichtstärke in einem einzigen Auftrag macht einem Klebstoff kein Problem. Nutzschichten bis 100 lassen sich ohne Weiteres auftragen und wir können unterschiedliche Korundtypen einsetzen, die gleichmäßig im Hotcoat verteilt sind. Auch eine farbliche Pigmentierung gibt es schon. Sie hat einen lasierenden aber nicht deckenden Charakter und erreicht im Dekor bestimmte Nuancen. Dann folgt ein Lack als kratzfeste Designschicht in matt oder glänzend.

Parkettmagazin: Warum sitzen Spanier als Anlagenhersteller mit im Boot?

Becker-Weimann: Wir hatten ursprünglich mit deutschen Maschinenbauern Kontakt, aber dort scheute man offenbar die lange Entwicklungszeit. Jetzt haben wir eine feste Partnerschaft mit Barberan und dazu stehen wir auch. Hotcoating ist ein verlustfreies Auftragsverfahren und die Reinigung einer Hotcoat-Maschine dauert kaum fünf Minuten. Von der Viskosität der Masse her gibt es ein breites Verarbeitungsfenster. Kleiberit passt die Parameter auf die Anforderung des Kunden an. Um das dann direkt an der Maschine einzustellen, braucht man keine zehn Minuten. Im 1. Quartal 2012 soll eine erste Großanlage von 10Mio.m Jahreskapazität in Betrieb gehen. Ende 2012 wollen wir im Bereich Möbel und Fußboden weltweit bis zu 30Mio.m mit Hotcoating beschichten.

Parkettmagazin: Die internationale Vertriebskompetenz hat Kleiberit ja offenbar?

Becker-Weimann: Mit 75% Exportquote und vielen Vertriebstöchtern im Ausland sind wir international aufgestellt. Für den asiatischen Markt produzieren wir mittlerweile direkt in China. Am Standort Weingarten können unsere Kunden in 25 Muttersprachen empfangen werden. Kompetente Beratung und Service sind uns genauso wichtig wie moderne Fertigung und Qualitätssicherung. Jede Charge wird geprüft und es gibt Rückstellmuster, um auch später eine lückenlose Nachkontrolle zu ermöglichen. Als strategisches Ziel möchte das Unternehmen alle sieben Jahre seinen Umsatz verdoppeln. Kapazitätserweiterungen in der Herstellung sind geplant.
aus Parkett Magazin 01/12 (Wirtschaft)