Kleiberit

Hotcoating hat den Durchbruch geschafft

Eine abriebfeste Oberfläche für Parkett, Korkboden, Dekorpapiere, Laminat und sogar für Vinylboden, die in einer kaum sieben Meter langen Anlage in nur einer Schicht aufgetragen werden kann - das kommt einer Revolution in der Beschichtung von Fußböden gleich. Zumal die Kosten bis zu 30 % geringer sein können als ein mehrschichtiger Lackauftrag in den viel aufwendigeren Beschichtungsstraßen der Fußbodenhersteller.

Hotcoating heißt das System von Kleiberit. Und es ist viel mehr als nur ein Produkt. Es ist ein patentgeschütztes Verfahren, das in den vergangenen 10 Jahren entwickelt und auf der Ligna 2011 eine Art Durchbruch erlebt hat. Seit der Messe schicken Möbel- und Fußbodenhersteller aus aller Welt ihre Produktmuster ins Werk nach Weingarten, um Beschichtungsergebnisse zu testen. Jüngst kamen anderthalb Tonnen Luftfracht aus Chile. Der damit verbundene Kostenaufwand beweist das intensive Interesse der Branche.

Hotcoating ist fraglos eine Konkurrenz für industrielle Lackbeschichtung. Aber dort, wo Fußbodenhersteller teure Lackstraßen in Betrieb haben, werden sie nicht einfach auf das neue Verfahren umschwenken. Schließlich müssen sich die vorhandenen Anlagen amortisieren und rund 250.000 Euro Investition in eine Hotcoating-Linie müssen überlegt sein. Es sind also eher neue Werke oder Kapazitätserweiterungen, wo diese Beschichtungsart eine Chance erhält.

Was genau ist Hotcoating?

Was leistet das Verfahren, wo entfaltet es seine Vorteile und wo liegen die Grenzen? Entwickler ist Kleiberit Klebstoffe. Der Ort, wo Innovationen entstehen und ihre Marktreife erlangen, ist das vor drei Jahren eingeweihte Technologiezentrum in Weingarten. Hierher kommen industrielle Kunden und arbeiten zusammen mit Kleiberit an der werkstoffgerechten Einstellung einer Beschichtung.

Der 1948 in Ingolstadt gegründete Klebstoffhersteller versteht sich als Spezialist und ist mit der Marke Kleiberit Partner von Industrie, Handel und Handwerk. Vom Auto bis zum Fensterbau reichen die Anwendungsgebiete. Bei dem Produkt Hotcoating hat Kleiberit seine Erkenntnisse von EVA-Schmelzklebstoffen und PU-Klebstoffen gebündelt. Vom Lack unterscheidet sich Hotcoating in vielerlei Weise. Das Produkt wird im Werk heiß abgefüllt und dabei mit jenen Zusatzstoffen versetzt, die gewünschte Eigenschaften erzeugen. Korund beispielsweise macht die Oberfläche abriebfest, Wachs- und Silikonbeigaben beeinflussen die Haptik und andere Additive sind für den Glanz zuständig.

Nach dem Erkalten sind diese Zusätze gleichmäßig in einem festen Kunststoffblock verteilt. So kommt das Produkt zum Fußbodenhersteller. Weder muss es als Gefahrgut gekennzeichnet werden, noch setzen sich die Zusatzstoffe am Boden ab. Daher können auch Korundtypen verwendet werden, die in einer Flüssiglackierung keinen Einsatz finden. Für die Fußbodenbeschichtung wird Hotcoating bei 130 Grad C zu einer viskosen Masse von honigartiger Konsistenz geschmolzen. Der Auftrag erfolgt mittels Walze in einer Anlage des spanischen Maschinenbauers Barberan.

Eine große Schwierigkeit bei der Entwicklung von Hotcoating war die Glättung der Oberfläche. Auch die Tatsache, dass die Oberfläche nicht klebrig wirkt, ist bei dem Ursprung des Produkts aus dem Klebstoffsektor keine Selbstverständlichkeit. Die hier gefundenen Lösungen, da ist sich das Unternehmen sicher, können nicht so rasch kopiert werden. "Der Wissensvorsprung dürfte einige Jahre betragen", gibt sich der Hersteller optimistisch.

Ein heißer Auftrag und dann lackieren

Beschichtet werden plane Werkstoffplatten vor dem Auftrennen und Profilieren. Strukturierte Dekore und gebürstete Oberflächen sind ungeeignet. Um trotzdem eine leicht fühlbare Struktur zu erzeugen, kann in die Beschichtungslage eine nachgeschaltete Strukturwalze integriert werden. Ein großer Vorteil von Hotcoating ist die einmalige Auftragsschicht - im Vergleich zur siebenfachen Standard-Lackbeschichtung mit Zwischenschliff und UV-Trocknung. Je nach Dicke der Schicht erhöht Hotcoating die Beanspruchungsklasse des Bodens. Die nach der Laminatbodennorm geltenden Beanspruchungsgruppen von AC1 bis AC5 sind mit dem Kleiberit-Verfahren durch einfache Steuerung der Auftragsmenge erreichbar.

Die noch warme, thermoplastische Nutzschicht wird zusätzlich mit jeweils 10 g UV-Lack überzogen. Tatsächlich also gibt es zwei Auftragsschichten. Der Lack erfüllt dabei im Wesentlichen zwei Funktionen. Zum einen schützt er die Hotcoating-Schicht während ihrer 24-Stunden-Aushärtung im Stapel, zum anderen bestimmt er den gewünschten Glanzgrad der Oberfläche. "Der Lack ist die sichtbare Verkaufsschicht", erklärt Rainer Kampwerth, Verkaufsleiter Oberflächenmaterial.

Die technisch enge Verbindung von Hotcoating zu Klebstoffen lässt das Produkt besonders gut haften. Das gilt für alle denkbaren Träger, ob Glas, Melaminschicht, Dekorpapier, Folie oder ein so schwieriges Holz wie Teak. Dabei dringt Hotcoating in die zugänglichen Holzporen, aber nicht tief ins Holz ein. Wegen ihrer Elastizität ist die Schmelzbeschichtung besonders für Korkböden sehr gut geeignet. Aber auch für Mantelfolien von Sockelleisten. "Am Ende kann man eine Korundgefüllte Hotcoating-Oberfläche in der Glätte nicht von einer ohne Korund unterscheiden", betont Peter W. Mansky, Leiter Marketing/Kommunikation.

Hotcoating ist ein emissions- und lösemittelfreies Produkt. Die erstellten Oberflächen haben im Gegensatz zu konventionell beschichteten Laminatböden einen warmen Charakter. Sogar im Außenbereich ist das Produkt einsetzbar. Versuche prüfen derzeit die Langzeitwirkung dieser Beschichtung in Wind und Wetter. Und die Anlagen, in denen das Produkt eingesetzt wird, sind umrüstbar, sowohl zur hochglänzenden Beschichtung von Möbelteilen als auch zur Fußbodenherstellung. "Glänzende Möbelflächen sind eine Mode, die sich schnell ändern kann", sagt Rainer Kampwerth, "deswegen sehen wir das stabilere Potenzial für Hotcoating in der Fußbodenfertigung."

Bei glatten Parkettböden hält Kleiberit sein Hotcoating gegenüber UV-Schutzlack für mehr als konkurrenzfähig. Für Laminatböden steht die Preis-Leistungs-Kalkulation noch aus, aber einschlägige Hersteller haben das Verfahren im Auge. Über alle notwendigen Zertifikate verfügt der Prozess. "Das IHD Dresden hat Hotcoating bezüglich der Laminatbodennorm ausführlich geprüft", kann Rainer Kampwerth berichten.



Klebchemie M. G. Becker


Max-Becker-Str. 4
76356 Weingarten
www.kleiberit.com

Verkaufsleitung Oberflächenmaterial: Rainer Kampwerth

Produktmanager: Jens Fandrey

Marketing/Kommunikation: Peter W. Mansky

Produkte: Klebstoffe für Automobilindustrie, Fensterprofile, Möbelindustrie, Leichtbau, Textil, Holzbau u. v. m.

Gegründet: 1948 in Ingolstadt

Mitarbeiter: ca. 400, darunter weltweites Netz von 60 Verkaufsingenieuren

Ausstoß: 40.000 t Klebstoff/Jahr verteilt auf 500 Produkte in unterschiedlichen Gebindegrößen
aus Parkett Magazin 01/12 (Wirtschaft)