Merinos - Medipa

Stark mit Shaggy und Frisée in Europa


Medipa, die europäische Vertriebstochter des Maschinenwebteppich-Produzenten Merinos, hat das neue Zentrallager in Troisdorf gerade erst in Betrieb genommen und es steht schon die nächste Erweiterung an. Derzeit gibt es auf dem 15.000 m2 großen Grundstück ein Lager mit 10.000 m2 Fläche und mit 8 m hohen Hochregalen. Das Grundstück nebenan mit ebenfalls 15.000 m2 Fläche soll schon ab 2013 bebaut werden. Insgesamt werden hier zehn Millionen Euro investiert. Die Strategie des im türkischen Gaziantep angesiedelten Konzerns ist mit "Think Big" wohl treffend beschrieben.

Mehr als 35 Mio. m2 Webteppich werden in den türkischen und russischen Werken jährlich produziert, womit Merinos bereits zu den drei größten Produzenten der Welt zählt. Künftig soll deutlich mehr Ware die Produktionshallen verlassen. Es sind weltweit massive Investitionen geplant, nicht nur in der Türkei, sondern auch in Russland und China. 2012 sind allein für China 50 Mio. USD eingeplant. Und im russischen Rostow soll die Anzahl der Maschinen in den kommenden fünf Jahren von 20 auf 100 verfünffacht werden. "Russland", erklärt Caglar Kepekci, Geschäftsführer von Medipa, "ist ein spezieller, aber auch ein sehr großer Markt. Wir können besser und schneller agieren und reagieren, wenn wir vor Ort sind. Wir haben lange beobachtet und zugehört, bevor wir dort richtig aktiv geworden sind."

Vielleicht steckt im Zuhören das Erfolgsgeheimnis: Statt neue Märkte mit aller Macht zu überrollen - was dank des großen Mutterkonzerns prinzipiell auch möglich wäre-, startete Merinos die Markteroberung mit einem kleinen Team, das seinen potenziellen Kunden erst einmal zuhört, um Kundenwünsche und Mentalität zu verstehen. "Haben wir das geschafft, kommt der Erfolg von ganz alleine", ist sich Kepekci sicher. So war es im Nahen Osten und auch in Deutschland, wo Merinos erst 2007 startete und als Newcomer nicht ernst genommen wurde. Jetzt ist das anders: Wer heute alle wichtigen Discounter, Baumärkte und Möbelhäuser Deutschlands, aber auch Europas beliefert, und seinen Umsatz in den letzten zwei Jahren verdoppelt hat, der wird nicht mehr als Newcomer gesehen, sondern als echter Wettbewerber.

Ausruhen mag man sich auf den Lorbeeren jedoch nicht, denn "noch gibt es genügend interessante Kunden für uns in Europa." Punkten können Kepekci und sein Team unter anderem mit einer schnellen Verfügbarkeit der Ware, die zum Teil durch das große Lager sichergestellt wird. Für die Kunden ist jederzeit im Onlinebestellsystem ersichtlich, welche Ware sofort lieferbar ist und welche nicht. "Ist sie es nicht, wird sie innerhalb von zwei Wochen geliefert", so Muharrem Agustoslu, Mitglied der Geschäftsleitung bei Medipa. "Geht es um Sonderaktionen, können wir innerhalb einer Woche 50 Lkw Ware quasi auf die Minute genau anliefern. Von diesem Service haben unsere Kunden bereits mehrfach profitiert. Prinzipiell ist der beste Lagervorrat der, der sich gerade auf dem Lkw befindet." Zusätzlich können die Artikel auch ausgezeichnet und nach Kundenwunsch vorsortiert werden. "Der Kunde muss die Ware dann nur noch platzieren und die Schutzhülle entfernen."

Für Kepekci basiert der Erfolg seiner Division auch auf dem konzernweit ausgeprägten Effektivitätsgedanken: "Jederzeit werden alle Prozesse hinterfragt und optimiert, das fängt bei der Garnherstellung an und hört bei der selbst programmierten Bestellsoftware auf. Bestehende Software hat einfach nicht unseren Anforderungen entsprochen." Überraschend ist die Aussage, dass im Unternehmen nur frische Uni-Absolventen ohne Berufserfahrung eingestellt werden: "Die Ausbildung des neuen Mitarbeiters wird durch den jeweiligen Abteilungsleiter gewährleistet. Wir stellen somit sicher, dass die gewünschte Effektivität und der Leitgedanke des Unternehmens zu 100% vermittelt werden"; so Kepekci, der vor seinem Engagement in Deutschland erst Leiter einer Garnfabrik und dann Leiter Export war. In Troisdorf arbeiten derzeit 20 Mitarbeiter in Verwaltung und Lager.

Das Eingehen auf Kundenwünsche bedeutet auch, sich auf den unterschiedlichen Geschmack verschiedener Märkte einzustellen. "In der Türkei und in Asien verlangen unsere Kunden ganz andere Designs als in Europa", so Banu Kepekci, Vertriebsleiterin bei Medipa, geborene Troisdorferin und Ehefrau von Caglar Kepekci. Ein Team von 30 Designern entwickelt in der Türkei die Qualitäten für alle Märkte weltweit, vier von ihnen sind für Europa zuständig. Zusätzlich beliefern vier Freelancer die Vertriebszentrale in Troisdorf mit Design- und Stoffideen. "Viele Anregungen kommen aus dem Handel, denn der merkt zuerst, was läuft und was nicht - und was laufen könnte", erläutert Banu Kepekci.

"Anywhere you live - unser Leitspruch sagt es bereits. Überall, wo Menschen leben, passen unsere Teppiche perfekt hin. Um sämtliche Kundenbedürfnisse komplett zu erfüllen, umfasst unser Sortiment über 20 Kollektionen. Einstiegsqualitäten sind besonders stark vertreten, bei mittleren und höheren Qualitäten sind wir ebenfalls stark", so Caglar Kepekci. Dadurch könne in Teppichabteilungen ein kompletter Preisaufbau angeboten werden. Auffällig ist die starke Präsenz des Shaggy, der hier noch immer der verkaufsstärkste Artikel ist: "Wir haben hier nur einen minimalen Rückgang zu verzeichnen."
Vier Kollektionen decken das Shaggy-Segment ab: Prime ist eine Einstiegsqualität für Aktionen, Flex ist Lagerware; beide sind ausschließlich in Uni-Farben erhältlich. Shaggy Plus und Shaggy Deluxe bringen mehr als 3,2 kg / m2 auf die Waage und werden in mehr Farben sowie dessiniert angeboten.

Nachfolger des Shaggys, da ist man sich bei Merinos sicher, wird Frisée-Ware. "Die Gründe dafür sind ganz einfach", so Kepekci: "Der kürzere Flor kommt nach Jahren des schwer zu reinigenden Zottelflors sehr gut beim Endverbraucher an - wie auch die Tatsache, dass diese Ware fusselfrei ist." Mittlerweile sind fünf Qualitäten im Sortiment, zur Domotex sollen weitere hinzukommen. Auch hier gibt es von Aktions- bis Luxusware (Ocean bzw. Platin) einen kompletten Preisaufbau. Die Ware ist sehr griffig und bietet ein wohliges Gehgefühl. Ganz neu sind handgecarvte Qualitäten, sowie mit Schriften versehene und barockartige Dessins. Zusätzlichen werden die Qualitäten vor allem in trendigen Pastelltönen angeboten und wurden die Designs mit Blick auf den europäischen Markt entwickelt.

Neben Frisée-Ware, ist derzeit auch Polyester stark im Kommen. Das liege unter anderem an den vielfältig kombinierbaren Garnen und Strukturen. "Schlingen aus Polypropylen und Butterfly-Garn können hier sehr gut kombiniert werden. In Frankreich und Holland läuft diese Ware schon länger gut, jetzt wird sie auch vom deutschen Handel verstärkt angenommen.

Auch bei den Farben wird in Troisdorf auf ein breites Spektrum gesetzt: "Erdfarben, Creme, Beige und Braun werden noch immer am stärksten nachgefragt. Gut entwickelt sich Grausilber, das Lila verdrängt. Ein Hingucker ist Aquablau", erläutert Muharrem Agustoslu.

Ob Frisée-Ware wirklich den Shaggy ablöst, wird die Zeit zeigen. Mit seiner breiten Aufstellung, schneller Lieferfähigkeit, den individuellen Anpassungen an die Märkte und einer immensen Finanzkraft, ist Merinos gut aufgestellt. Der weltweite Markt für Maschinenwebteppiche ist längst noch nicht gesättigt. Für Merinos gibt es noch genügend weiße Flecken auf der Landkarte zu erobern, getreu dem Motto: Anywhere you live.

Merinos - Die Geschichte


Merinos wurde 1970 von Mehmet Erdemoglu gegründet, der auf zwei Webstühlen Kelims produzierte. Der Firmenname ist angelehnt an das Merino-Schaf, das besonders hochwertige Wolle hat. In den letzten vier Jahrzehnten ist aus dem kleinen Familienbetrieb ein Konzern mit 5.500 Mitarbeitern geworden, der 2011 einen Umsatz von voraussichtlich über einer Milliarde US-Dollar habend wird. Merinos kontrolliert von der Garnproduktion bis zum Finishing alle Produktionsschritte selbst, ist voll integriert. Täglich werden unter anderem 50 t Acrylgarn sowie 80 t Polypropylen produziert. Im Maschinenwebbereich arbeiten ca. 2.500 Mitarbeiter, der Rest verteilt sich zum Beispiel auf die Garnproduktion, auf die Teppichboden- und die Möbelsparte. So setzt sich der Name Medipa aus den jeweils ersten beiden Buchstaben der drei bekannten Konzernmarken zusammen: Merinos, Dinarsu und Padisah.
aus Carpet Magazin 04/11 (Wirtschaft)