Besucheransturm auf der IMM Cologne

Pure Textile ein großer Erfolg

Ein Plus von 38 % bei den Besuchern ist auch in Zeiten wirtschaftlicher Erholung ein außergewöhnlicher Erfolg für eine Messe. Die Veranstalter der IMM Cologne scheinen 2011 alles richtig gemacht zu haben; das Konzept, die Veranstaltung zur umfassenden Einrichtungsmesse zu machen, geht auf. Wichtig für unsere Branche sind die Einrichtungstrends, die alljährlich in Köln sichtbar werden; aktuell etwa natürliche Oberflächen oder die gesteigerte Nachfrage nach Holz. Qualität und Nachhaltigkeit sind ein großes Thema. Nach wie vor in sind weiße Möbel. Bei den Stoffen sind Senf-Gelb und Blau die angesagten Trendfarben.

Messeduo begeistert Aussteller und Besucher - so lautete die Überschrift des offiziellen Schlussberichtes zur Kölner Möbelmesse IMM Cologne/Living Kitchen. Angesichts eines Besucherzuwachses von etwa 38 % zumindest aus der Sicht der Messeleitung und der ausstellenden Unternehmen eine richtige Einschätzung. "Dieses Ergebnis ist ein guter Beweis dafür, dass unsere vielfältigen Aktionen und das hohe Engagement, das wir in Richtung der nationalen und internationalen Besucher unternommen haben, erfolgreich war", zeigte sich Gerald Böse, Hauptgeschäftsführer der Koelnmesse, zufrieden.

Die Veranstaltung hat damit ihren erfolgreichen Weg der letzten Jahre fortgesetzt. Es gelingt den Verantwortlichen zunehmend, aus der reinen Möbel- eine Einrichtungsmesse mit allen Facetten des modernen Wohnens zu machen. Schon im letzten Jahr sorgte das Konzept des Pure Village für eine größere Vielfalt unter den kreativen Anbietern von Randsortimenten. 2011 gingen die Kölner einen Schritt weiter und schufen mit Pure Textile eine Heimat für neun hochklassige Stoffediteure und ihre exklusiven Inszenierungen - und das in einem herausgehoben Ambiente mit zentraler Piazza, die mit Stoffen der Aussteller gestaltet war. Sie lud interessierte und neugierige Branchenvertreter, Raumausstatter und auch Endverbraucher gleichermaßen zum Verweilen und für Gespräche ein. Hier konnte man die textilen Trends in Ruhe auf sich wirken lassen.

Hinzu kommen - in geringer Zahl - Teppichanbieter, die sich vornehmlich auf kreative Einrichter spezialisiert haben. Kurzum: Auch vornehmlich Textilinteressierten Besuchern wird inzwischen einiges geboten.

Die textilen Aussteller (Chivasso, Christian Fischbacher, Création Baumann, Kinnasand, Jab Anstoetz, Nya Nordiska, Sahco, Soleil Bleu par Wellmann und Zimmer + Rohde) zeigten sich mit dem Messeverlauf sehr zufrieden. "Wir wurden förmlich überrannt, es war gigantisch", resümierte etwa Jab Anstoetz-Vertriebsleiter Lars Puschmann. Das sah Remo Röntgen von Nya Nordiska ähnlich: "Wir hatten Hunderte von Kunden aus dem deutschen Markt - auch Raumausstatter. Und für die ist durchaus nicht nur Textiles interessant; die schauen auch nach links und rechts, um sich zu informieren." Und selbst bei Kobefab, die sich außerhalb des Pure Textil-Areals präsentierten und darüber nicht ganz so glücklich waren, hieß es von Thomas Schmölz: "Köln hat unsere Erwartungen übertroffen, zumal wir auch ein neues Klientel ansprechen konnten. Ich spiele mit dem Gedanken, Köln als feste Messe einzuplanen."

Auch für Gisela Schang, Schulleiterin der Fachschule für das Handwerk in Oldenburg, hat sich die Vorstellung des Kursangebots ihrer Schule auf der IMM gelohnt: "Wir hatten einen guten Zulauf und auch aus anderen Bereichen Interessenten."


Einrichtungstrends am Rhein


Neben einer Plattform für Geschäftsabschlüsse ist die IMM Cologne immer der Ort, um den aktuellen Einrichtungstrends nachzuspüren:

Polstermöbel werden kleiner

So werden Polstermöbel wieder kleiner, zierlicher, behalten aber ihre Funktionen: Umklappen und den ursprünglichen Zweck verändern macht eben Spaß und Sinn. Zielgruppe sind jüngere, trendorientierte Großstädter und Single-Haushalte, die nicht viel Platz haben. Auch für den Export - vor allen Dingen in Länder, deren pro-Kopf-Wohnfläche kleiner ist als beispielsweise in Deutschland - sind diese Modelle wichtig. Aber natürlich sind auch noch große Wohnlandschaften im Angebot.

Wohnwände sind Standard. Individuell zusammenstellbare Highboards, Lowboards oder Vitrinen bieten das Richtige für jeden Geschmack. Der Flachbildschirm findet vorwiegend hier seinen Standort. Daher sind sie eher schmal, so dass ein weites Raumgefühl entsteht.

Holz erlebt eine Renaissance

Am Thema Nachhaltigkeit kommt auch die Möbelindustrie nicht vorbei. Neben Design und Qualität spielt umweltfreundliche und ressourcenschonende Produktion bei den Verbrauchern eine immer größere Rolle. So steigt die Nachfrage nach Massivholzmöbeln, wobei vor allem heimische Hölzer zunehmend nachgefragt werden. Auffällig in Köln waren die vielen Angebote aus naturbelassenem goldgelbem Eichenholz, sogar mit Rinde. Die Industrie reagiert auf das veränderte Bewusstsein außerdem mit immer mehr Materialmischungen, die am Ende ihres Lebenszyklus wieder getrennt werden können.
Natürliche Oberflächen gefragt

Natürlichkeit gibt auch bei den Oberflächen den Ton an. Im Trend liegen Glas, Stein, Holz und einzelne Metalle wie Edelstahl. Glas wird in der kommenden Saison gern als Front eingesetzt, in Küchen, bei Wohnwänden und Kleiderschränken. Furnierter oder massiver Stein dient als Arbeitsfläche. Im Kommen sind Edelmaterialien mit haptisch angenehmer Oberfläche. Auch spielt Leder in der kommenden Möbelsaison vermehrt eine Rolle. Üblicherweise natürlich als Bezugsmaterial für Polstermöbel, aber auch zunehmend als Intarsie bei Schubläden oder Tischoberflächen.

Weiß bleibt im Trend

Weiß bleibt die Trendfarbe bei den Möbeln; dazu wirken farbintensive Zierkissen, grafische Prints in Leuchtfarben, Accessoires oder kräftig einfarbig gestrichenen Wände besonders gut. Ebenso passen die Retromuster der Tapetendesigner zu weißen Möbeln. In Anlehnung an die 1970er Jahre spielen vereinzelt Orange und Apfelgrün eine Rolle.

Auch die Fenstermode favorisiert reines Weiß, das gleichermaßen Frische wie natürliche Eleganz ausstrahlt; außerdem Farben wie (Senf-)Gelb, Blau in allen Schattierungen, Apfelgrün oder auch Koralle. Hinzu kommt das gesamte Spektrum an Naturtönen sowie viele Kreationen in naturiger Optik, aus reinen Naturfasern wie Seide über Leinen bis hin zu Wolle und Mischungen. Außerdem: Transparenzen mit schönem Licht- und Schattenspiel, große Retro-Blumendrucke, mehrfach plissierte Optiken, zurückhaltende Eleganz mit Seide in Leinenoptik, spannende Netzoptiken, Jacquards in Stickereianmutung, mehrlagige Gewebe mit applizierten Holzplättchen oder auch Dessins mit experimentellen Web- und Drucktechniken.

Polsterstoffe laden zum Kuscheln ein

Bei den Bezugsstoffen überwiegen Unis, vor allem Blautöne - von Petrol bis Mint - und das breite Spektrum der Naturtöne bis hin zu Senfgelb und Grün. Knallige Farben wie Orange, Gelb, Grün und Lila in allen Schattierungen sollen die Basisfarbe Grau aufpeppen. Und schließlich kommt der Klassiker der 1980er Jahre im Polsterbereich zurück: Schwarz.

Akzente werden gerne durch bunte Streifenmuster, Florales oder abstrakte Grafik gesetzt. Auch das Ornament bleibt als opulentes Dessin beliebtes Thema. Bei allen Stoffen spielt das haptische Erleben eine große Rolle; sie sind nicht mehr glatt, sondern haben eine reliefartige Struktur, die zum Sitzen einlädt und anschmiegend wirkt. Kuscheln bleibt wichtig. In diese Richtung gehen auch die dicken, kaum behandelten Naturleder, die einen griffigen und einladenden Charakter haben.

Langfloorteppiche kein Thema mehr

Über Jahre waren Langfloorteppiche ein Dauerthema in der Inneneinrichtung, doch der Trend ist vorüber. Stattdessen erobern Nepalteppiche mit dezenten Strukturen, orientalische Patchworks die Wohnzimmer. Besonders ausgefallen: überfärbte Teppiche im Vintagelook.


Frankfurt - Köln - Paris: Wohin für die neuesten Stofftrends?


In die Begeisterung über die gelungenen Messeauftritte der Editeure auf der IMM Cologne mischten sich auch kritische Töne, denn es wird für den Raumausstatter immer schwieriger, sich umfassend über die aktuellen Stofftrends zu informieren. So bezeichnete Hanns Bergmann, Geschäftsführer von Stoeckel & Grimmler, den Textilbereich in Köln zwar als ansprechend, sieht sein Unternehmen aber besser auf der Heimtextil in Frankfurt aufgehoben. Auch Kerstin Baron-Breunig von Gebr. Munzert glaubt: "Für uns ist Köln sicher nicht die richtige Plattform, da der Kundenkreis für uns uninteressant ist." Und Martin Auerbach, Geschäftsführer vom Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie, meint generell: "Die Kombination von Möbeln und Stoffen ist interessant, der Schwerpunkt der IMM liegt aber zweifelsohne im Möbelbereich. Eine Entwicklung hin zu dem Messeplatz für Stoffe sehe ich für die Messe daher nicht."

Wohin soll der interessierte Raumausstatter also fahren: zur Heimtextil nach Frankfurt, zur IMM nach Köln und vielleicht sogar noch zur Maison & Objet nach Paris? Ein solcher Aufwand dürfte für die meisten zu groß sein.

Daher spricht sich Joachim Stock, Geschäftsführer von Rasch Textil, für eine konzertierte Aktion der deutschen Heimtextilien-Industrie aus, um den Effekten einer zersplitterten Messelandschaft entgegenzuwirken.

Vorbild könnten die Tapetenhersteller sein, die in Hamburg einen gemeinsamen Showroom betreiben. "Man muss sich auch als Wettbewerber zusammentun, um beim Verbraucher etwas für den Stoff, die Gardine zu erreichen. Nur so bekommt das Produkt mehr Aufmerksamkeit in der öffentlichen Wahrnehmung."
aus BTH Heimtex 03/11 (Wirtschaft)