Sonnenschutz auf der Heimtextil

Alles dreht sich um Plissee

Die Sonnenschutz-Branche war sehr zufrieden mit der Heimtextil 2011 und setzte bei den Produktneuheiten auf umfangreiche Kollektionen des Bestsellers Plissee. Als Upgrade für das Premium-Segment positionieren die Unternehmen exklusive Mix-Programme mit hochwertigen Jalousien, Rollos, Wabenplissees, Flächen- und Lamellenvorhängen. Branchenkenner befürchten allerdings zunehmenden Preisdruck durch das stark wachsende Angebot. Eher unterrepräsentiert waren in diesem Jahr in Frankfurt die Dekotechnik-Anbieter. von Petra Lepp-Arnold

Der neue Marktplatz der Produktgruppe "Sun" in Messehalle 5.1 der Frankfurter Heimtextil stößt in der Branche auf breite Zustimmung: "Der Hallenwechsel hat uns gut getan. Alle Lieferanten im Verband innenliegender Sonnenschutz (VIS) sind damit zufrieden", erklärte die Geschäftsleitung von Teba stellvertretend für die Interessengemeinschaft der Industrie. Und Mitbewerber Erfal meinte: "Viele Besucher bewerten die Neustrukturierung der Messe und den Wechsel in Halle 5.1 als sehr gelungenen." So mancher Anbieter von Dekotechnik hätte allerdings gerne einen exponierteren Standplatz in der ersten Reihe gehabt; die aber komplett von den führenden Sonnenschutz-Konfektionären belegt war.

Kritisch wurde außerdem angemerkt, dass außer den "Platzhirschen" zu wenig Unternehmen Präsenz zeigten. "Die Vielfalt fehlt", hieß es - unter anderem, weil vier langjährige Aussteller der Frankfurter Messe fernblieben, alle aus der Dekotechnik-Branche: Vorhanggarnituren-Hersteller Interstil, Schienenproduzent Möller, Stilgarnituren-Anbieter Gefora Forster sowie Gardinenzubehör-Spezialist Kremp und Hüttemeister waren nicht mehr mit von der Partie.

Generell wurde die Stimmung aber als "spürbar positiv" wahrgenommen. "Die Messe war super. Wir hatten lange nicht mehr so viel Erfolg", freute sich Markus Liese, Juniorchef von Liedeco. Für die Standbesatzung von Erfal gab es bei den mit Fachbesuchern geführten Gesprächen einen "deutlichen Anstieg" im Vergleich zum Vorjahr, in "quantitativer und qualitativer" Hinsicht. Den hohen Zuspruch führt das Falkensteiner Unternehmen auf seine Platin-Partnerschaft im Rahmen des Heimtextil Insider-Programms zurück.

Plissee-Anbieter warnen vor Preisverfall

Als deutlich umsatzstärkstes innenliegendes Sonnenschutz-Produkt befindet sich Plissee (Faltstore) seit Jahren auf Erfolgskurs im hiesigen Markt. Auf die anhaltend hohe Nachfrage reagieren die Unternehmen mit neuen, facettenreichen Kollektionen, die allerdings in diesem Jahr die Neuheiten-Schau nahezu dominierten. Branchenkenner befürchten nicht ohne Grund einen drohenden Preisverfall durch das Überangebot. Selbst namhafte Hersteller ergänzen ihre Auswahl bereits um günstige Basic-Programme. Kleinkonfektionäre wollen mit "Renner-Serien" mitmischen. Ebenso in der Kritik stehen Internet-Shops, die maßgefertigte Anlagen zu Dumpingpreisen anbieten und die Wertigkeit des Produkts dadurch schmälern.

Auf Seiten der Systemgeber gab es Kritik an einzelnen Konfektionsbetrieben, die die Markenbekanntheit der hochwertigen Plissee-Technik zwar gerne als Verkaufsargument nutzten, die Anlagen jedoch mit zugekauften, preiswerten Behangstoffen ausstatteten. Andererseits beklagen Konfektionäre die "sehr strikten Vorgaben" der Systemhersteller, die eine Kopplung von Technik und einem relativ hohen Anteil an Stoffen aus den zugehörigen Textilkollektionen diktierten.

Für Furore in der Sonnenschutz-Branche gesorgt hatte im Frühjahr 2010 die Übernahme von Faber-Benthin durch den niederländischen Hunter Douglas Konzern. Systemgeber Benthin in Bremerhaven, bislang im Besitz der dänischen VKR-Holding, zu der auch Velux gehört, liefert Komponenten, Stoffe und Produktionsmaschinen für die Herstellung von Plissees, Rollos, Jalousien und Vertikallamellen. Teil der Firmenfamilie von Hunter Douglas ist bereits Systemlieferant Blöcker in Bremen, der mit Cosiflor-Faltstores eine führende Stellung im deutschen Plisseemarkt inne hat. Hinzu kommt das hauseigene Plissee-Programm mit EOS-Technologie des Rotterdamer Konzerns - und nun noch die Systemtechnik von Faber-Benthin. Für das Bundeskartellamt, das die Transaktion abgesegnete, kommt die sogenannte Bagatellmarktklausel zum Tragen, die für Märkte gilt, auf denen pro Jahr weniger als 15 Mio. EUR Umsatz erzielt werden. Für den Systemmarkt Plissee berechnete die Kartellbehörde ein Umsatzvolumen von rund 14,95 Mio. EUR. Damit bedürfe er "keiner fusionskontrollrechtlichen Prüfung".

Dynamik in den konzentrierten Markt kommt vom Systemhersteller Coulisse. Das inhabergeführte Unternehmen will bis zur Fachmesse R + T in Stuttgart eigene Komponenten und Stoffe für 25 mm-Plissee entwickeln.

Mit einer Initiative zum Thema Nachhaltigkeit ging die Heimtextil auf das steigende Verbraucherinteresse am "grünen" Segment ein. Aussteller, deren Angebot sich durch eine hohe ökologische Produktqualität oder eine nachhaltige Herstellungsweise auszeichnet, waren erstmals in einem Green Directory gelistet. Als Orientierungshilfe dienten spezielle Logos - Blattmotive mit dem Begriff Eco - die an den jeweiligen Messeständen auf das entsprechende Produkt oder Sortiment hinwiesen. Im Bereich Sun hatte sich der schwedische Textilproduzent Almedahls mit zwei nachhaltigen Stoffkollektionen an der Aktion beteiligt.
Ansonsten verweisen die Sonnenschutz-Anbieter beim Thema Nachhaltigkeit auf den Teilaspekt Klimaschutz, der durch den Einsatz energieeffizienter Wabenplissees, Thermorollos & Co. bedient wird. Die Industrie hat jetzt eine Informationsoffensive gestartet, um den Fachhandel für das Verkaufsargument "Energiesparen mit Sonnenschutz" zu sensibilisieren. Der Produkt-Zusatznutzen soll in den Fokus der Endverbraucher rücken und neue Absatzpotenziale erschließen.

Erwartungen 2011: Hoffen auf den Objektmarkt

Im Vergleich zu Deko- und Möbelstoffen, die 2010 weitere Einbußen hinnehmen mussten, konnte die Branche innenliegender Sonnenschutz einen leichten Zuwachs von 3 % verbuchen und die Verluste des Vorjahres ausgleichen. Das Marktvolumen stieg von 1,60 Mrd. EUR (2009) wieder auf 1,65 Mrd. EUR und erreicht damit das Vorkrisen-Niveau von 2008. Der Umsatzschwerpunkt für individuell konfektionierte Sonnenschutzsysteme lag laut VIS in Deutschland.

Nach einem äußerst schleppend verlaufenen Auftragseingang im ersten Quartal 2010, verursacht durch die noch nachwirkende Wirtschaftskrise und den langen Winter, hätten sich die Bau- und Renovierungsarbeiten verzögert. Zur Jahresmitte verstetigten sich die Bestellungen, und im Laufe des zweiten Halbjahres konnte die Umsatzschwäche vom Jahresbeginn mehr als ausgeglichen werden.

Ausschlaggebend in der Marktnachfrage sei 2010 der Privatkonsum gewesen. "Die Erwartungen der Branche, dass auch Aufträge aus dem Büro- und Objektbereich wieder zunehmen, wurden enttäuscht", erklärte der Verband. Man hatte sich Chancen durch die Ausführung von Neubauten erhofft, insbesondere aber auf energetische Sanierungen aus den Konjunkturpaketen der Politik gesetzt. Die Erwartungen für 2011 werden als verhalten optimistisch beschrieben. Die Sonnenschutz-Branche geht von einer leichten Absatzsteigerung aus, "zusätzlich zum vorhandenen Privatkonsum dann auch bei der Nachfrage aus Büro- und Objekteinrichtungen".
aus BTH Heimtex 02/11 (Wirtschaft)