Anker: Investitionen in die Zukunft des Unternehmens

"Mit Bekenntnis zur Nachhaltigkeit und Innovationskraft profitabel wachsen"

Verluste wie die in Folge der Wirtschaftskrise soll es bei Anker zukünftig nicht mehr geben. Der Objektspezialist hat deshalb nicht nur Kosten reduziert, sondern sich auch mit neuen Strukturen fit für die Zukunft gemacht - unter Einbeziehung und mit Unterstützung der Mitarbeiter. Und dann läuft in Düren auch bald der "derzeit modernste Jacquard-Webstuhl weltweit".

Der Schock saß tief bei Anker, als Ende 2009 die Zahlen auf dem Tisch lagen. Die durch die Wirtschaftskrise hervorgerufenen massiven Einbußen bei Umsatz und Ergebnis hatten sich in den letzten Monaten des Jahres noch vergrößert. "Höchste Zeit zum Handeln", dachte sich die Geschäftsführung und entschied sich für einen radikalen Schnitt, weil man aus den Erfahrungen früherer Jahre gelernt hatte, dass man bei einer Schieflage sofort Maßnahmen ergreifen muss. "Statt den Kopf in den Sand zu stecken, haben wir im Rahmen einer kompletten Neustrukturierung unter Einbeziehung eines umfassenden Kostensenkungsprogramms in die Zukunft des Unternehmens investiert", sagt Geschäftsführer Erwin Landherr.

Viele Einzelmaßnahmen waren nötig, um Anker wieder auf eine solide Basis mit Wachstumsperspektive zu stellen. Dabei spielte die Bereitschaft der Belegschaft, zeitlich begrenzt Einbußen hinzunehmen, eine Rolle. Aber auch das Outsourcen von Geschäftsbereichen wie dem Musterservice, in dem die Dürener keine Kernkompetenz besitzen, trugen zur Gesundung von Anker bei. "Wir haben die einfachen Dinge ausgegliedert, das macht uns flexibler", erläutert Landherr. Hinzu kam die Optimierung der Abläufe im Betrieb.

"Wir haben Dinge nachgeholt, die wir eigentlich schon früher hätten in Angriff nehmen müssen", sagt der geschäftsführende Gesellschafter Markus Schoeller selbstkritisch. "Wir waren zwar schon 2008 auf einem guten Weg, jedoch mit sehr langsamen Schritten. Durch die Entwicklung 2009 hat sich vieles extrem beschleunigt und wir haben die Vorarbeit für die kommenden Jahre geleistet."

Nach dem "Jahr der Herausforderung 2009" galt es 2010, eine "neue Balance zu finden". Vom Markt kam dabei keine Unterstützung. Zwar erholten sich die allgemeine Wirtschaft und der Konsum überraschend schnell, der textile Objektmarkt blieb aber schwach, gab sogar nochmal weiter nach. Auch Anker gelang es nicht, das klassische Objektgeschäft zu stabilisieren, vor allem das kleinere bis mittlere Objekt hat noch nicht wie erwartet angezogen. "Das sind die Margenbringer, die haben uns gefehlt". Dafür erlebte das Unternehmen in der Aviation-Sparte (Flugzeugausstattung) ein "sehr gutes Jahr, sogar ein Rekordjahr."

Auch der Webbereich legte deutlich zu. "Hier beginnen sich unsere Aktivitäten auszuzahlen", konstatiert Technik-Geschäftsführer Gerhard Hoffe. Tuftings kränkelten dagegen, was man jedoch auf das nicht optimale Sortiment zurückführt und deshalb 2011 mit einem "Feuerwerk an Neuheiten" gegensteuert. Nach einem "sehr guten November" hoffte die Geschäftsführung Anfang Dezember noch auf einen ebensolchen Jahresabschluss. Der Umsatz 2010 kommt allerdings dennoch mit 53 Mio. EUR (Hochrechnung 2. Dezember 2010) nicht über das Vorjahresniveau hinaus, weil die ersten drei Quartale zäh liefen. Aber das ficht das Management nur peripher an, denn unter dem Strich stimmt es. "Anker macht 2010 Gewinn", verkündet Landherr und bedankt sich in diesem Zusammenhang bei der Belegschaft: "Unsere Mitarbeiter haben uns geholfen, die Krise zu meistern."

Konzept Weberei 2020

Schwarze Zahlen machen sich nicht nur besser in der Bilanz, "wir brauchen sie auch, um unsere weiteren Investitionen zu finanzieren", ergänzt der Geschäftsführer. Und da steht in diesem Jahr in Düren einiges an.

Im Fokus steht dabei vor allem die Weberei. "Wir sehen einen dauerhaften Aufschwung in der Weberei, dem wir in der jetzigen Ausstattung nicht gewachsen sind", sagt Gerhard Hoffe. Mit dem Konzept "Weberei 2020" stellt sich Anker in diesem wichtigen Produktionsbereich komplett neu auf. Alleine 1 Mio. EUR fließen in einen neuen Jacquard-Webstuhl, "die derzeit modernste Anlage weltweit mit brandneuer Technologie und doppeltem Ausstoß gegenüber herkömmlichen Maschinen". Das Wunderwerk der Technik kommt im Sommer. Bis dahin sollen die neue Web-Halle fertiggestellt, eine neue Schärmaschine sowie zwei neue Strangfärbeapparate für Webprodukte installiiert sein. "Die Massenproduktion in der Strangfärbung bleibt ausgelagert, die neuen Anlagen sind nur für Kleinmengen und Musterungen bestimmt".

Hinter dieser maschinellen Aufrüstung steckt aber nicht primär der Volumengedanke: "Neben Kreativität sind Schnelligkeit und Flexibilität wichtige Erfolgsfaktoren", weiß Hoffe. "Wir wollen noch schneller und flexibler auf dem Weg von der Idee zum fertigen Produkt werden."

Weitere Mittel sind 2011 für ein modernes Labor für Rauchgas- und Toxizitätsprüfungen für die Aviation-Abteilung sowie Werterhaltungsarbeiten und energetische Optimierungen der denkmalgeschützten Gebäudesubstanz budgetiert.

"Wir geben wieder Gas"

Damit hat sich Anker viel vorgenommen. Und Landherr stellt unmissverständlich klar, warum: "Wir investieren so viel, weil wir positive Zukunftsaussichten haben. Wir geben wieder Gas." Und hoffen auf einen "Frühlingsanfang 2011", manifestiert in einem Umsatzzuwachs von 7 % über alle Bereiche.

Die Vertriebsstrategie war nicht in die Neustrukturierung eingeschlossen. Hier bleibt das Familienunternehmen bei seiner Konzentration auf das hochwertige Objektgeschäft in Deutschland (60 % Umsatzanteil), der Schweiz, den Niederlanden, Österreich, Skandinavien und Italien. "Wichtigster Absatzkanal in Deutschland ist und bleibt der Großhandel", bekräftigt Landherr. 2010 hat sein Anteil auf 43 % zugenommen und soll noch auf 50 % steigen. Dabei ist man sich in der Führungsetage in Düren bewusst, dass Anker vom Großhandel nicht unkritisch gesehen wird. So wird beispielsweise immer mal wieder die "zu geringe Marge" moniert. "Vielleicht kann der Großhandel mit uns nicht so viel Geld verdienen, wie er gerne möchte, dafür hat er weniger Risiko, zum Beispiel keine Lagerhaltung", wirbt Landherr für Anker. "Und zwei Drittel des Umsatzes, den der Großhandel mit unseren Produkten erzielt, ist von uns akquiriert."

Als richtige Entscheidung hat sich die Forcierung des Segments Aviation erwiesen, das weiter stark ausgebaut werden soll: "Hier erwarten wir in den nächsten 20 Jahren nachhaltiges Wachstum, mindestens eine Umsatzverdoppelung."

Wenn auch das kleine Objekt und das Objekttageschäft 2010 lahmten, so konnte Anker 2010 viele Großprojekte gewinnen - auch durch seine neuen Produkte. Das größte - und eines der spektakulärsten - ist der Tower 185 in der Nähe der Frankfurter Messe, der nach seiner Fertigstellung Ende 2011 mit200 m Höhe der vierthöchste Wolkenkratzer in Deutschland sein wird. Von den insgesamt 100.000 m2 Bürofläche hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers 65.000 m2 angemietet, auf denen das Thermogravur-Produkt Delta_And die PwC-Beschäftigten über eingearbeitete Wegweiser zu ihren mobilen Arbeitsplätzen führt. Weitere namhafte Referenzen sind die Pariser Zentrale des Kosmetikkonzerns Esteé Lauder (Flat 03), KMPG in Antwerpen (Perlon Rips Fusion) und Großimmobilienbesitzer MEAG in München, der in den Mietobjekten Entrée verlegt und im eigenen Domizil Perlon Rips.

Neben dem Großhandel als direktem Absatzmittler sind für Anker die Architekten und Planer auch wichtige Ansprechpartner. Um dort die Beratungskompetenz zu stärken, werden 2011 zwei zusätzliche Mitarbeiter für die Ballungsgebiete eingestellt. Außerdem will man nicht nur das Unternehmen Anker, sondern auch das Produkt Teppichboden früh beim Architekten verankern und geht daher an die Hochschulen, um künftige Architekten-Generationen für den textilen Bodenbelag zu sensibilisieren.

Ein weiterer Baustein des Vertriebs ist das Industriegeschäft. Einerseits arbeitet Anker bei Prozessen und Produkten außerhalb seiner Kernkompetenzen mit Partnern zusammen, andererseits ist man selber offen und bereit, sein Know-How Interessenten zur Verfügung zu stellen.

Vision und Mission

Kundenzufriedenheitsanalysen sind für Anker schon seit einigen Jahren ein probates Instrument der Selbsteinschätzung und Kontrolle. Regelmäßig werden die Hauptzielkunden Großhandel, Architekten, Objekteure und Generalunternehmer nach ihrer Meinung zu Anker befragt. Nach dem turbulenten Jahr 2009 spürte die Geschäftsführung auch Unsicherheit und Unruhe in der eigenen Mannschaft und hinterfragte das mit einer Mitarbeiter-Zufriedenheitsanalyse, die akuten Handlungsbedarf bestätigte.

Zugleich stand eine Überprüfung der bestehenden Leitbilder, Aussagen und Grundsätze des traditionsreichen Unternehmens an und man entschloss sich zu einem außergewöhnlichen, in der Branche bisher wohl einmaligem Schritt: 15 Mitarbeiter wurden ausgewählt, quer durch alle Geschlechter, Alter, Abteilungen, Hierarchiestufen und Funktionen, die gemeinsam die Vision und Mission von Anker erarbeiteten und auch im Unternehmen kommunizierten. Und nicht nur das ist besonders, sondern auch, dass diese Vision und Mission, Werte und Regeln, Leitbilder und Führungsgrundsätze absolut bindend sind für alle Mitarbeiter - einschließlich der Führungskräfte. "Wer sich nicht daran hält, muss gehen - egal, welche Position er bekleidet", stellt Schoeller unmissverständlich klar.

Und welcher Vision folgt nun Anker? "Als eigenständiges Familienunternehmen im Markt für textile Bodenbeläge für professionelle Anwender setzen wir Maßstäbe für Nachhaltigkeit."

Das nachhaltige Unternehmen

Nachhaltigkeit ist denn auch eine Vokabel, die bei Anker allerorten auftaucht und vielfach mit Leben erfüllt wird. Das gilt für die Energiezufuhr, die in diesem Jahr auf "Ökogas" umgestellt bzw. mittelfristig stark reduziert werden soll, genauso wie für eine Verringerung der Emissionen, von Ausschuss, Abfall und Müll sowie für das Sortiment, wo der Anteil an Produkten aus recycelten Materialien wie der Aquafil-Faser Econyl deutlich ausgebaut wird. Sechs neue Artikel mit 144 Positionen kommen, zusätzlich wurde aus der Kreativbox Entree 100 ein Lagerprogramm entwickelt. Als "technologische Spitzenleistung" wird Entree Ultra propagiert, eine Ware, die komplett aus recyceltem Polyamid besteht.

Darüber, dass das alles eingehalten und möglichst noch verstärkt wird, wacht der neue Leiter Nachhaltigkeit Karl Heinz Werker. Natürlich soll er auch weitere Potenziale ausloten und neue Wege finden, wie und wo Anker noch nachhaltiger werden kann. Diese Aufgabe übernimmt er zunächst zusätzlich zur Verantwortung für Marketing und Produktmanagement sowie der Vertriebsleitung Schweiz; mittel- bzw. langfristig sei jedoch damit zu rechnen, dass sich sein Schwerpunkt mehr in Richtung Nachhaltigkeit verlagert.

Nicht zuletzt investiert Anker natürlich auch kräftig in Neuheiten. Besonders wichtig war es Gerd Hoffe und seinem Team, den Tuftingbereich zu stärken - "mit Standards, Volumenbringern und Highlights". Das sind zum Beispiel die vom Großhandel herbeigesehnte Hotelkollekton Resort mit acht Dessins in 32 Positionen zu einem Preis sowie Sixpack II, der Nachfolger der erfolgreichen Vorgängerkarte. Das Konzept ist das Gleiche: Sechs verkaufsstarke Basis-Objektqualitäten aus Solutiondyed-Fasermaterial zum gleichen Preis.

Bei der Webware wurden aus innovativen Entwicklungen Standardprodukte abgeleitet, die zum Teil auch lagerhaltig erhältlich sein werden. Mehr zu und über die Neuheiten aus Düren gibt es auf der Domotex in Hannover, der Bau in München und der Euroshop in Düsseldorf zu sehen und zu erfahren.
aus BTH Heimtex 01/11 (Wirtschaft)