Henkel: Interview mit Axel Bornefeld und Christian Sinz

"Geht es der Tapete gut, gehts auch Metylan gut"

Trotz großer Veränderungen in der Branche erwartet Henkel eine weiterhin positive Entwicklung seiner Klebstoffsparte und investiert kräftig in deren Ausbau. Aber auch die Aus- und Weiterbildung des Handwerks nimmt bei dem Konzern eine wichtige Rolle ein. BTH Heimtex-Redakteurin Cornelia Küsel sprach mit Axel Bornefeld, Vertriebsleiter Boden-Wand-Decke, und Christian Sinz, Brand Manager Metylan, über die Vorteile der Verklebung, Produktentwicklungen und die Notwendigkeit, Gesellen auf dem Weg zum Meister zu unterstützen.

BTH Heimtex: Die Wirtschaftskrise ist in Deutschland überraschend schnell überstanden, die Konjunktur läuft wieder wie geschmiert. Wie entwickelt sich die Marke Metylan mit ihren Grundiermitteln und Tapetenkleistern?

Axel Bornefeld: Wir bewegen uns auf Vorjahresniveau. Bei Metylan hängen wir immer am Primärmaterial. Geht es der Tapete gut, geht es auch Metylan gut. In diesem Jahr läuft es gut. Wir sind zufrieden mit dem Kleistergeschäft, zumal wir 2010 unser Spachtelmassenprogramm unter dem Markennamen Renomur wieder sehr erfolgreich gestartet haben.

BTH Heimtex:Wie schätzen Sie angesichts von Alternativen zum Kleber die Zukunft der Henkel-Klebstoffsparte ein?

Bornefeld: Für alle hochwertigen und strapazierten Beanspruchungen benötigt man sicher weiter die Verklebung. Beispiel Parkett. Auch Fertigparkett wird zunehmend verklebt, weil der Endverbraucher erkannt hat, dass lose verlegtes Parkett klappert. Anders der Teppichboden: Der eine oder andere wird schon mal lose verlegt. Vor allem im privaten Wohnbereich. Insbesondere aber auch in Mietwohnungen, denn hier scheuen sich die Leute, fest zu verkleben. Für diesen Einsatz bieten sich besonders Trockenklebstoffe an. Man kann damit auf einem verklebten PVC- einen Teppichboden verlegen. Im Renovierungsfall kann dieser ohne Beschädigung des Untergrundes restlos entfernt werden. Aber im Objekt bleibt die feste Verklebung. Denn die lose Verlegung ist nicht handwerksgerecht. Das Risiko ist zu groß, dass der Belag wandert und Dimensionsveränderungen nicht aufgefangen werden.

BTH Heimtex: Entwickelt sich die Verlegung nicht in Richtung Endverbraucher? Beispiel Sprühkleber: Den kann der Verbraucher selbst auf dem Boden verteilen. Dafür braucht er keinen Maler.

Bornefeld: Das ist die Frage. Teppichböden und PVC-Beläge werden inzwischen sehr häufig nicht über den Baumarkt verkauft, sondern über Fachmärkte und Raumausstatter, also professionelle Anbieter. Da liegt es am Handwerker, die Böden so zu vermarkten, dass die gesamte Bandbreite seiner Leistungen von der Untergrundbehandlung bis zur Verklebung nachgefragt wird. Und Aufgabe der Industrie ist es, entsprechende Marketingtools zur Verfügung zu stellen. Wir gehen nicht davon aus, dass sich der Markt von der Menge her noch signifikant verändern wird. Wir können nur noch das Potenzial pro Quadratmetererhöhen. Das erreicht man nur mit hochwertigen Böden und Tapeten.

BTH Heimtex: Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass sich Henkel trotz der von Ihnen angedeuteten guten Perspektiven von der Klebstoffsparte trennen will. Was ist dran?

Bornefeld: Henkel steht mit den drei Geschäftsbereichen Waschmittel, Kosmetik und Klebstoff auf festen Säulen und daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Die Klebstoffsparte hält inzwischen fast 50 % des Konzernumsatzes. Gerade in diesen Bereich wurde viel investiert, beispielsweise mit der Übernahme des Klebstoffherstellers National Starch. Mit diesem größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte hat Henkel seine führende Position im weltweiten Klebstoffmarkt deutlich gestärkt. Aber auch in den deutschen Markt werden wir investieren, zum Beispiel bei Thomsit. Hier werden wir im nächsten Jahr eine neue Verpackung einführen, Plastik- statt Papiersäcke.

BTH Heimtex: Sind weitere Zukäufe vorgesehen?

Bornefeld: Aktuell nicht. Wir schließen Zukäufe nicht kategorisch aus, aber größere Akquisitionen werden wir sicher erst nach 2012 ins Auge fassen. Insgesamt gilt: Es muss passen.

BTH Heimtex: Auf welche Neuentwicklungen kann sich die Branche freuen?

Christian Sinz: Was den Kleister angeht, sind wir ausentwickelt und der Markt ist weitgehend gesättigt. Da kann man sicher noch überprüfen, ob die Produkte für den Blauen Engel geeignet sind und die Nachhaltigkeit hervorheben. Im Bereich der Renovierung werden wir dafür noch einiges zu bieten haben. Vor allem Vorbereitungen für das Tapezieren wie Tapetenentfernung und die Spachtelung des Untergrundes werden im Mittelpunkt stehen.

Bornefeld: Wir denken über Produkte nach, die dem Maler auf der Baustelle eine noch höhere Sicherheit geben. Im privaten Bereich spielt dies für Metylan eine geringere Rolle, denn wer dort einen teuren Wandbelag wählt, nimmt auch den entsprechenden Kleister. Das gleiche gilt für den Boden.

Anders ist das im Objekt, da wird auf den Cent pro Quadratmeter gerechnet. Hier müssen wir dem Maler Produkte anbieten, bei denen er nach Abschluss der Arbeiten nicht noch mal ins Objekt muss, um drei Nähte nachzukleben. Zudem braucht der Maler Materialien, die er auch bei Feuchtigkeit und Kälte einsetzen kann. Das ist ein Thema, an dem wir dran sind. Da werden wir sicherlich demnächst neue Lösungen anbieten.

BTH Heimtex: Sie haben die Wünsche der Kunden also fest im Blick.

Bornefeld: Ja, wir müssen uns insgesamt den Bedürfnissen unserer Kunden anpassen. Ein zweites Thema sind Kooperationen. Im Bodenbereich sind wir eine Kooperation mit dem Reinigungs- und Pflegemittelhersteller CC-Dr. Schutz eingegangen. Wir liefern den Spachtel, Dr. Schutz die Beschichtung. Das ist ein Prototyp für weitere Kooperationen. Schließlich will der Handwerker nicht nur ein Produkt kaufen, sondern ganze Lösungen.

BTH Heimtex: Dem Vertrieb kommt in halbwegs gesättigten Märkten steigende Bedeutung zu. Wie ist er bei Ihnen organisiert?

Bornefeld: Wir vertreiben Metylan und Sista zu 100 % über den Großhandel. Thomsit zum großen Teil auch, aber in diesem Bereich haben wir auch einige Objekteure, die wir direkt beliefern. Das ist branchenüblich. Für den Maler aber läuft alles über den Großhandel. Wir sind da sehr gut in Deutschland sehr gut aufgestellt, bei Sista und Metylan flächendeckend.

BTH Heimtex: Auch Messen sind wichtig. Welche Pläne verfolgen Sie auf diesem Feld? Besuchen Sie die Heimtextil?

Bornefeld: Zur Heimtextil gehen wir nicht, denn sie ist für uns als Klebstoffhersteller nicht bedeutsam. Wir haben entschieden, alle zwei Jahre zur Domotex zu gehen. Im nächsten Jahr sind wir auf der BAU mit dem kompletten Bautechnikportfolio. Metylan wird dort allerdings keine große Rolle spielen, deshalb als eigenes Unternehmen auch nicht vertreten sein. Aber wir werden dort Ansprechpartner haben.

Sinz: Wir sind auch alle drei Jahre auf der Farbe - und auf Hausmessen. Dort erreichen wir die Verarbeiter.

BTH Heimtex: Sie investieren nicht nur in Messen, sondern auch in Aus- und Weiterbildung, etwa den Wettbewerb "Qualität macht Meister". Erst kürzlich haben wieder fünf Malergesellen jeweils 5.000 EUR gewonnen, die sie für die Meisterausbildung nutzen werden. Wie entwickelt sich der Wettbewerb?

Sinz: Wir hatten im zweiten Jahr eine sehr gute Resonanz. Die Sieger werden ein Jahr lang Metylan-Botschafter sein und für uns auf die jüngere Zielgruppe zugehen. In diesem Jahr waren auch viele Vertreter aus der Tapetenindustrie anwesend. Das Thema Meisterausbildung scheint dort künftig einen großen Stellenwert einzunehmen. Zwar zielt der Wettbewerb auf die Ausbildung und Förderung des Nachwuchses ab, wir überlegen aber auch, wie wir Berufsschullehrer schulen können. Wir müssen uns nämlich fragen: Sind Lehrer an Meisterschulen wirklich immer auf dem aktuellen Stand, wenn es ums Tapezieren geht? Hier wollen wir gemeinsam mit der Industrie Seminare anbieten.

BTH Heimtex: Wie groß ist das Interesse am Meistertitel?

Sinz: Die jungen Leute, die sich dafür entscheiden, sind hochmotiviert. Einige wollen ihren eigenen Betrieb aufmachen, die meisten aber haben vor, den Familienbetrieb zu übernehmen. Andere wiederum wollen mit dem Meistertitel in die Industrie gehen. Für die jungen Leute ist es wichtig, sich von der großen Masse der Gesellen abzusetzen.

Bornfeld: Für den Maler hat der Meisterbrief noch eine andere Bedeutung als für den Raumausstatter. Der Maler unterliegt der Handwerksrolle, nach der er einen Betrieb nur als Meister führen darf. Das Malerhandwerk ist gut durch die Krise gekommen und hat durch seine Vielseitigkeit eine gute Zukunft. Entsprechend ist das Interesse am Beruf groß.

BTH Heimtex: Welche neuen Anforderungen stellt der Malerberuf heute?

Bornefeld: Der Beruf zeichnet sich dadurch aus, dass es die Maler immer geschafft haben, neue Arbeitsfelder aufzutun. Denn viele Bereiche sind weggefallen. So wurden vor 20 Jahren noch Türen, Heizkörper und Leisten lackiert, heute gibt es Fertigteile, die eingesetzt werden. Auf der anderen Seite kamen neue Aufgaben dazu: Wärmedämmverbundsysteme sind ein großes Thema, die Betonsanierung gehört zu den Malerarbeiten und auch Bodenbeläge kommen mehr und mehr. Manche Maler bieten mittlerweile sogar Fliesenverlegung an oder stellen Elektriker ein und machen Trockenbau. Der Maler wird immer breiter aufgestellt sein. Um die Zukunft dieses Handwerks, das auch gute Verbandsarbeit macht, ist mir nicht bange.

Sinz: In den Betrieben zeigt sich ein Trend zum Generalisieren. Damit reagiert der Maler auf den Wunsch des Hauseigentümers, alles aus einer Hand zu bekommen.

BTH Heimtex: Was bedeutet der Meistertitel für die Industrie?

Bornefeld: Der Meisterbrief ist für uns ein Stück Reklamationsfreiheit. Wir verkaufen unsere Waren lieber an Verarbeiter, die wissen, wie sie damit umgehen können. Das ist bei Meisterbetrieben gegeben. Je besser die Ausbildung ist, desto weniger Probleme haben wir mit unseren Produkten. Außerdem bringt der Verbraucher dem Meister hohes Vertrauen entgegen. Der ist dadurch eher in der Lage, hochwertige Produkte zu verkaufen. Deshalb sind wir daran interessiert, die Qualität im Handwerk nach oben zu ziehen.

Sinz: Außerdem ist der Meistertitel die Voraussetzung für die Führung eines eigenen Betriebs. Die Meister sind also unsere künftigen Kunden. Aber auch in der Industrie können wir Meister, die sich zusätzlich in Betriebswirtschaft weiterbilden, gut als Außendienstmitarbeiter oder in der Anwendungstechnik einsetzen.

Henkel Daten und Fakten


Henkel AG & Co. KGaA
Henkelstraße 67
40191 Düsseldorf
Telefon: 0211 / 79 70
Telefax: 0211 / 7 98 40 08
Internet: www.henkel.de

Gründungsjahr: 1876
Mitarbeiter: 55.000
Jahresumsatz: 13,6 Mrd. EUR (2009)
Vorstandsvorsitzender: Kasper Rorsted
Vertrieb Boden/Maler: Axel Bornefeld
Marketing Thomsit/Ceresit/Wolfin/Teroson: Dietmar Bernstein
Produktmanager Metylan: Christian Sinz
Produktmanager Thomsit: Markus Schrubba
Markennamen Profi-Klebstoffsparte: Ceresit, Thomsit, Metylan
aus BTH Heimtex 12/10 (Wirtschaft)