Altenpflege 2010 in Hannover

Wachstumsmarkt mit Wohnqualität

Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover bot unlängst auf der Fachmesse Altenpflege ein volles Programm für Experten, Entscheider und Fachkräfte. Über 700 Anbieter und Verbände aus 16 Nationen zeigten auf 55.000 qm die neuesten Trends, Produkte und Entwicklungen der Pflegebranche - einem Wachstumsmarkt, der sich aller Voraussicht nach künftig dynamisch weiterentwickelt und auch für die Produkte unserer Branche ein interessantes Potenzial bietet. von Birgit Genz

Die Altenpflege 2010 in Hannover blieb mit gut 31.000 Besuchern deutlich unter den Zahlen der Vorjahresmesse in Nürnberg (ca. 34.500 Besucher). Enttäuschung war bei den Veranstaltern trotzdem nicht zu spüren. Laut Messeleitung hat sich der Anteil der Entscheider und Leitungskräfte seit 2008 nämlich deutlich erhöht: von 25 % auf 35 %. "Daran haben wir auch intensiv gearbeitet", erklärt Thorsten Renken, Messechef beim "Altenpflege"-Veranstalter Vin-centz Network. Der Fachbesucheranteil lag insgesamt bei 98 %.

Über ein Drittel der rund 700 Aussteller konnten laut einer Umfrage des Messe-Marktforschungsinstituts neue Geschäftsverbindungen knüpfen. Auch mehr als die Hälfte der Besucher beurteilte die Veranstaltung als gut bis sehr gut. Das Angebotsspektrum umfasste die Segment Pflege, Raumeinrichtung, Dienstleistung/Facility Management, Informations- und Kommunikationstechnik, Hauswirtschaft, Textil und Bekleidung sowie Gebäudetechnik.

Zumindest in Halle 2 war die Stimmung durchweg positiv. "Die Frequenz war überraschend gut", freuten sich Jab Anstoetz-Objektleiter Thomas Berndt und Cai Bölckow von CV-Anbieter Beauflor, der zur B.I.G. Gruppe gehört. Auch Fuggerhaus-Objektleiter Thomas Büter war zufrieden: "Unser Messestand wurde gut frequentiert. Das Schöne an dieser Messe ist, dass hier konkrete Projekte angestoßen werden." Und laut Friedhelm Hilbrecht von Designbelagsspezist Mflor waren die Besucher besser informiert als vor zwei Jahren: "Die Messe wird angenommen", lautet sein Fazit.

Pflegebedarf steigt, Ansprüche ändern sich

Der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung wird aufgrund der demografischen Entwicklung weiter steigen. Sind heute etwa 21 % über 65 Jahre alt, werden es 2030 rund 31 % sein. Dem entsprechend ist der Pflegemarkt ein Wachstumsmarkt. Aktuelle Prognosen gehen von über 1 Mio. Menschen aus, die bis 2020 auf stationäre Pflege angewiesen sein werden; heute sind es bereits über 700.000.

Hinzu kommt, dass sich die Präferenzen von Pflegebedürftigen aus der 68er-Generation deutlich von denen der (Vor-)Kriegsjahrgänge unterscheiden. Neben der Pflegequalität gibt heute zunehmend die Wohnqualität den Ausschlag darüber, für welche Einrichtung man sich im Alter entscheidet. Bei Stoffen, Sonnenschutz und Bodenbelägen spielen für die Planer neben wirtschaftlichen Kriterien vor allem gesundheitliche und hygienische Faktoren eine wichtige Rolle - und natürlich Farben und Design. Das rein funktionale, nüchterne Pflegezimmer hat ausgedient und weicht immer mehr einem wohnlich gestalteten Raum.

Welcher Bodenbelag ist der Richtige?

Am Boden vermitteln insbesondere textile Beläge die gewünschte Atmosphäre; sie dämpfen Geräusche und sorgen in Kombination mit Dekos und Gardinen für eine angenehme Akustik. Zudem wirken sie isolierend, sind fußwarm, gehkomfortabel und bieten einen gewissen Schutz bei Stürzen.

Aus hygienischer Sicht scheiden sich beim Teppichboden die Geister; elastische Beläge gelten als pflegeleichter. Dem begegnen die einschlägigen Anbieter mit Qualitäten aus sogenannten solution-dyed (=spinndüsengefärbten) Garnen, die lichtecht, chlor- und bleichmittelresistent sind und damit auch scharfen Reinigungsmitteln trotzen.

Forbo hat mit dem Flockbelag Flotex der Marke Bonar Floors ein Produkt im Programm, das ausdrücklich zur Nassreinigung geeignet ist und sich damit bereits vielfach bewährt hat. Selbstverständlich sind bei Teppichböden auch antibakterielle und darüber hinaus luftverbessernde Ausrüstungen möglich, die beispielsweise Urin-Ausdünstungen absorbieren können.

Holzböden lassen einen Raum warm und gemütlich wirken - und ihr Look liegt im Trend. Weil das Original materialbedingt nur beschränkt einsetzbar ist, haben Designbeläge in naturgetreuer Holzoptik ihre Chancen im Healthcare-Bereich genutzt und gewinnen dort stetig an Marktanteil. "Im Kommen sind klassische Holzarten wie Eiche, Nussbaum und Kirsche", beobachtet Friedhelm Hilbrecht von Mflor. Auch bei Armstrong sind Holzdekore stark nachgefragt, wie Vertriebsmarketing-Leiterin Katrin Riedrich berichtet; neben Eiche von dunkel bis hell auch Mahagoni, Teak und Walnuss. Das Unternehmen hat unlängst sogar eine Linoleum-Variante mit einem dezenten längsorientierten Dessin herausgebracht, das Holzmaserung ähnelt. Auch Forbo hat vergleichbare Artikel im Programm.

Textilien mit Zusatznutzen

Bei den Wohntextilien ist es genauso wichtig, dass sie dem Raum nicht nur eine wohnliche Ausstrahlung verleihen, sondern auch den hygienischen Ansprüchen genügen - von wasserabweisend, luftreinigend bis antibakteriell. Drapilux stellte mit der Health&Care-Kollektion "We care" Stoffe vor, die gezielt für Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser entwickelt worden sind. Die Gewebe wirken antibakteriell und reduzieren gleichzeitig unangenehme Gerüche. Und erstmalig kombiniert Drapilux die Funktionen Drapilux Air und Drapilux Bioaktiv in einem Textilprodukt. Auf die besonderen Bedürfnisse von Demenzkranken abgestimmt, die von bestimmten Farben besonders angesprochen werden, sorgen sechs Farbwelten der waschbeständigen Kollektion für ein natürliches Wohnambiente und bieten dazu zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten.

Fuggerhaus zeigte neben einer neuen Druckserie auf Basis eines Verdunkelungsstoffes die schwer entflammbare FR-One-Kollektion mit inzwischen fast 1.000 Artikeln. Durch moderne, aufeinander abgestimmte Farbthemen und wertige Strukturen wird die ursprünglich rein funktional ausgerichtete Serie zum gestalterischen Highlight.

Edle Deko- und Bezugsstoffe, zum Beispiel für Seniorenresidenzen, waren bei Jab Anstoetz Thema Nummer 1; passend dazu bietet man schwer entflammbare Teppichböden an. Raumkonzepte mit pflegeleichten Stoffen präsentierte auch Delius: Die Belviva-Kollektion in fünf Farbfamilien umfasst schwer entflammbare Dekos und Möbelstoffe mit Crypton-Ausrüstung für antibakterielle und fleckabweisende Eigenschaften.

Die nächste Altenpflege-Messe findet vom 22. bis 24. März 2011 in Nürnberg statt.
aus BTH Heimtex 05/10 (Wirtschaft)