Tendence

Mehrbranchenmesse behauptet sich


Frankfurt - Die Rückkehr zum angestammten Termin Ende August (27. bis 31.) scheint ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung der fünftägigen Frankfurter Herbstmesse Tendence zu sein. Der leichte Ausstellerzuwachs (auf 2.130 gegenüber 2.050 im Jahr 2009) und die fast 57.000 Besucher (plus acht Prozent) bestätigen das. Dazu kommen allgemein gute Konjunkturprognosen für die zweite Jahreshälfte und das wichtige Weihnachtsgeschäft, das immerhin für die Branchenbereiche Wohnen und Schenken - Living und Giving sind die Messethemen - ein Drittel des Jahresumsatzes ausmacht. Die "gefühlte" Stimmung war gut, geprägt von Interesse für Neues, Innovatives und durchaus kauflustig.

Der Blick musste vielleicht mehr denn je dem Detail gelten, kreativer Idee und guter Verarbeitung. Besonders im großen Bereich Giving tauchen viele Produkte auf, die man mit Witz und liebevollem Charme auch als "überflüssig" bezeichnen könnte. Die Händler aber zeigten sich laut Aussteller mutig im Vergleich zum Vorjahr, nahmen sich wieder mehr Zeit, um Produkte zu entdecken und Bestellungen zu platzieren. Vor allem das Interesse an Wohnen und Design schien deutlich gestiegen zu sein. 42 Prozent aller Besucher gaben an, sich für den Angebotsbereich Interiors & Decoration in der Fachmesse Living zu interessieren. Das sind fünf Prozent mehr als zur vergangenen Tendence.

Der Bereich Loft in Halle 11.0 mit dem vielfältigen und hochwertigen Angebot an designorientierten Wohnaccessoires war wiederum erfolgreich Pflicht. Absolut nicht im Schatten standen aber auch in Halle 9.0 die namhaften Textilanbieter. Im Rahmen der Messeumfragen waren hier fast nur positive Meinungen zu hören, selbst zu den Themen Frequenz und Internationalität, die auf Messen immer wieder gerne als Kritikpunkt erwähnt werden. Immerhin kam laut Messemeldung ein Viertel der Besucher aus dem Ausland. Aus den USA haben sich die Besucherzahlen sogar verdoppelt, und die skandinavischen Länder sowie Osteuropa haben stark zugelegt.

"Wir spüren, dass unsere Kunden wieder stärker qualitätsbewusst und weniger preisorientiert einkaufen", berichtete Gerald Funk, Präsident des Bundesverbandes für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur (GPK). Gerade Kunden mit mittlerem Einkommen wenden sich seiner Erfahrung nach wieder Fachgeschäften mit Beratung und Markenprodukten zu. Es ist gut, dass vor dem bevorstehenden Weihnachtsgeschäft die Konsumlaune der Deutschen steigt. Im ersten Halbjahr 2010 nämlich schlossen laut GPK die Fachhändler mit einem Umsatzminus von 2,2 Prozent ab. Wie eine von der Messe Frankfurt im Vorfeld der Tendence veranlasste repräsentative Umfrage der Forsa (Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analyse mbH) ergab, wollen zwölf Prozent der Deutschen aufgrund der positiven Entwicklung der deutschen Wirtschaft für Weihnachten 2010 mehr Geld für Geschenke ausgeben. Im Durchschnitt planen sie rund 15 Prozent höhere Ausgaben ein. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung bedeutet dies, dass sich der Einzelhandel aus heutiger Sicht auf ein Umsatzplus von rund zwei Prozent vorbereiten kann. Auf Basis des Vorjahresvolumen des Weihnachtsgeschäftes, das laut dem Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) bei 73 Mrd. Euro lag, ergibt sich damit ein zu erwartender Umsatzanstieg von 1,43 Mrd. Euro.

Die Produkte für Bett, Bad und Tisch, GPK und die meisten Geschenkideen greifen in der Sortimentsgestaltung oft und immer öfter ineinander, ohne den Anspruch Fachgeschäft aus den Augen zu verlieren. Der bedeutet ja in erster Linie individuelle Beratung und Eingehen auf Kundenwünsche. Gerade in der zweiten Jahreshälfte ist die Möglichkeit, auf der Mehrbranchenmesse einzukaufen, sich zu informieren und Trends anzutesten, von Bedeutung. Die Tendence bot für Wohnen und Schenken in vielen Bereichen eine gute Kommunikationsebene und den internationalen Trends entsprechende Angebote. Im Übrigen wurde wieder mit den Bereichen "Talents" und "Next" viel getan für Nachwuchsförderung, die, wie die Erfahrung zeigt, oft auf den Frankfurter Messen begann und sich dann international für den Einzelnen etablierte.

Design mit Mehrwert ist ein gutes Stichwort, erweitert mit Charme und Witz, aber Funktionalität darf nicht übersehen werden. Spürbar wurde das Bedürfnis nach Qualität, wobei inzwischen der Nachhaltigkeitsgedanke selbstverständlich eingefordert wird. Dennoch könnte man sagen: Hauptsache gemütlich und schlicht, funktional und heimelig. Bei dem Angebot für Wohntextilien war das leicht zu finden. Wolle, Plüsch, Filz, Fell, Strickoptiken prägen winterliche Wohnbilder. Decken- und Plaidanbieter oder nicht mit einem Blick überschaubare Kissenansammlungen hatten auffallend guten Zulauf, besonders mit handwerklicher Verarbeitung, aber mit gewisser Leichtigkeit und geschmeidiger Lässigkeit. Das gilt auch für Möbel im Used-Look, wie überhaupt sanft bunte Retro-Aspekte Farbe ins Wohnzimmer bringen.

Weihnachten steht vor der Tür, wird aber nicht zu sentimental aufbereitet, wenn auch durchaus klassisch und traditionell mit Rot und Silber und viel Grün, das sich generell in neuer Abstufung zur wichtigen Farbe entwickelt. Naturtöne entsprechen dem Bedürfnis nach warmer, kuscheliger Atmosphäre. Braun von dunkel bis hell gibt den Ton an neben Beeren- und Obstfarben in dunklen Rotnuancen, während richtige Rottöne Farbakzente setzen und harte Schwarz/Weiß-, Silber- und Grau-Kontraste interessant betonen. Seidenoptiken passen gut ins Gesamtbild, das mit Wertigkeit und Qualitätsanspruch spielt. Was auf der Konsumgütermesse Tendence auf keinen Fall übersehen oder unterbewertet werden darf, sind die einfallsreich gestalteten Stände und Warenpräsentationen, welche die Inspiration, die ja weitergegeben werden soll, mehr beeinflussen, als man beim Messedurchlauf vorerst bedenkt.

Die nächste Konsumgütermesse Ambiente findet vom 11. bis 15. Februar 2011 in Frankfurt am Main statt. Die nächste Tendence vom 26. bis 30. August 2011.
aus Haustex 10/10 (Wirtschaft)