Ardex hat den Weltmarkt im Blick

Neue Strukturen sollen Wachstum bringen

Das Familienunternehmen Ardex setzt verstärkt auf den Export. Dazu stockt der Spachtelmassen- und Klebstoffhersteller sein Führungspersonal auf. Nachfolger von Geschäftsführer Dieter A. Gundlach, der in Ruhestand geht, werden Felix Selinger als CEO der internationalen Gruppe und Mark Eslamlooy als Leiter der Ardex GmbH Deutschland. Mit dieser strukturellen Neuausrichtung soll trotz der Wirtschaftskrise Wachstum erzielt werden.

Bei Ardex bricht ein neues Zeitalter an. Der Wittener Bauchemiespezialist ändert nicht nur personell, sondern auch strukturell seine Geschäftsführung. Ziel ist eine stärkere Ausrichtung auf den weltweiten Markt. Das machte Dieter A. Gundlach bei der Vorstellung der neuen Führungsriege deutlich. Er selbst verlässt das Familienunternehmen nach 19 Jahren an der Spitze: Zum 1. Januar geht er wie bei Ardex üblich im Alter von 62 Jahren in den Ruhestand. Er reicht den Stab an zwei Nachfolger weiter: Der 51-jährigen Bauingenieur und ehemalige Chef des Baumaschinenkonzerns Putzmeister Felix Selinger wird als CEO für das Auslandsgeschäft verantwortlich zeichnen, während Diplom-Ökonom Mark Eslamlooy (43) zum Geschäftsführer der Ardex GmbH in Deutschland und zu Selingers Stellvertreter aufrückt. Er bleibt außerdem Leiter der Ressorts Finanzen und Strategie (CFO) der Gruppe.

Gundlach begründete die Neuausrichtung damit, dass die Wachstumsperspektiven des Unternehmens langfristig auf den internationalen Märkten am größten seien. "Nur von Deutschland abhängig zu sein, ist etwas bedrohlich", meinte der scheidende Geschäftsführer. Gleichwohl bleibe Deutschland der Kernmarkt, der als Erfolgsbasis für das Wachstum im Ausland diene. Die Stammgesellschaft behalte ihre Führungsposition im Ardex-Verbund, denn hier seien die global bedeutenden Fachbereiche wie Forschung und Entwicklung sowie Strategie und Finanzen angesiedelt. "Es braucht aber noch Jahre, bis sich der Bausektor erholt hat", prophezeite Nachfolger Selinger. Deshalb müsse Ardex in Länder gehen, in denen das Unternehmen noch nicht vertreten sei. Nur so sei Wachstum zu erreichen. Weiße Flecken gebe es weltweit noch reichlich, unter anderem in China.

Derzeit unterhält Ardex 37 Tochtergesellschaften mit insgesamt 1.863 Mitarbeitern und ist in mehr als 50 Ländern aktiv. Deutschland hält einen Umsatzanteil von 30%, der Rest geht auf das Konto ausländischer Märkte. Infolge der Weltwirtschaftskrise erwartet der Baukleber- und Spachtelmassenhersteller im Vergleich zum Vorjahr einen Umsatzrückgang von 8% auf 440 Mio. EUR. Die stärksten Einbrüche verzeichnen derzeit Großbritannien, Irland und Spanien. Diese Verluste habe das Unternehmen an anderen Standorten nicht ausgleichen können und sei deshalb zum Handeln gezwungen.

Stabile Ertragslage

Trotz der rückläufigen Zahlen sieht sich Ardex aber insgesamt gut gerüstet für die Zukunft. So halte sich die Ertragslage stabil, betonte Gundlach - ohne konkrete Zahlen zu nennen. Dies sei auf die hohe Eigenkapitalausstattung des Unternehmens zurückzuführen. "Damit sind wir von den Banken unabhängig. Die Kreditklemme ist deshalb für uns zum Glück kein Thema."

Aber nicht nur mit der Neuausrichtung auf die ausländischen Märkte und der hohen Eigenkapitalquote stellt Ardex die Weichen für den Erfolg. Auch das Entwicklungspotential werde den Hersteller stärken, ist man sich in der Geschäftsführung sicher. Vier Forschungszentren arbeiten weltweit an Produktneuerungen, wobei der Schwerpunkt nach Gundlachs Angaben weiterhin im deutschen Witten bleibt. Dort wurde das Unternehmen vor 60 Jahren aus der Taufe gehoben. Neuerungen für das Handwerk seien 2010 auf alle Fälle bei Abdichtungen für Industrieböden zu erwarten.

"Außer traditionellen wollen wir aber auch spezielle Produkte ästhetischer Art für Architekten anbieten", sagte Selinger. Ein Anfang sei mit dem zementären Bodenbelagssystem Pandomo gemacht worden, das gestalterisches Arbeiten erlaube. Erfolgversprechend sei zudem das hochwertige Sortiment Terrazzo, das deutliche Umsatzzuwächse aufweise. Für die Produkte dieser Linie, die nur von Spezialisten verarbeitet werden könnten, habe Ardex ein besonderes Konzept entwickelt: Das Unternehmen bilde die Handwerker aus, vertreibe die Produkte aber wie alle Ardex-Erzeugnisse weiter über den Fachhandel. Dagegen seien die Produkte des 2004 von Ardex aufgekauften Unternehmens Lugato dem DIY-Bereich vorbehalten.

Umfangreiche Investitionen

Dass Ardex an seine Zukunft glaubt, unterstreicht das Familienunternehmen mit umfangreichen Investitionen. Nach Auskunft von Finanzchef Mark Eslamlooy sind im Zeitraum von 2008 bis 2010 Ausgaben in Höhe von rund 100 Mio. EUR vorgesehen. Unter anderem ging am Stammsitz in Witten eine hochmoderne Pulver-Mischanlage in Betrieb. "Damit können wir noch schneller und noch besser hochwertige Produkte in den Markt bringen", ist Selinger sicher. Eine Stärkung erfährt außerdem der Forschungsstandort Witten, wo das Labor erneuert und erweitert wird.

"Trotz aller Vorbehalte sehen wir zuversichtlich nach vorn. Bereits sehr frühzeitig haben wir auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise reagiert und geeignete Maßnahmen ergriffen. Ardex ist im 60. Jahr seines Bestehens gut aufgestellt", versicherte Gundlach, der seinen Nachfolgern noch bis Mitte 2010 beratend zur Seite stehen wird. Die wollen auf sein Werk aufbauen: "Es gibt keinen Bedarf für grundlegende Änderungen", lobte der 51-jährige Bauingenieur Felix Selinger das Wirken Gundlachs. Er wolle das Unternehmen im Sinne seines Vorgängers weiterentwickeln.
aus Parkett Magazin 01/10 (Wirtschaft)