Interview mit Claus Wölfel

Die Branche muss wieder an einem Strang ziehen

Für Raumausstatter, Fachhändler und auch für die Presse war in diesem Herbst Messe-Hopping angesagt. BTH-Heimtex-Redakteurin Birgit Genz sprach darüber mit Claus Wölfel, der nicht nur als Aussteller aktiv ist, sondern sich auch in mehreren Messebeiräten engagiert.

BTH Heimtex: Auf welchen Messen war Wölfel in diesem Herbst?

Wölfel: Wir waren auf der Innowa, wir sind hier auf der Raumtex, wir gehen nach Leipzig, und wir sind bei der Rafa in München - macht vier Messen in vier Wochen. Danach kommt als Informationsmesse die Mood in Brüssel hinzu; außerdem stehen noch zwei Hausmessen auf dem Programm: Südbund und Knutzen. Unterm Strich ist die Zeit von Mitte August bis Ende September mit sieben auswärtigen Veranstaltungen relativ gut gefüllt.

BTH Heimtex: Wie war denn die Innowa?

Wölfel: Gut. Wir hatten sehr viele interessierte Kunden, einige haben auch geordert, manche sogar richtig gut. Insgesamt waren dort bloß fünf oder sechs Aussteller aus dem Bereich Gardine vertreten. Die Innowa ist ja eher so zwischen Geschirrhandtuch und Schmuckband angesiedelt, aber die Besucher haben sich neben ihren Geschenkartikeln auch die Gardinen angesehen und neue Muster für den Herbst ausgesucht.

BTH Heimtex: Und wie finden Sie die Location der Raumtex hier in Essen?

Wölfel: Die Location musste man erst mal finden; mit der Ausschilderung gab es das eine oder andere Problem. Auch die Hallen dürften durchaus mehr nach "Messe" aussehen. Aber die Location an sich ist gut. Mitten im Ruhrgebiet, mitten in der Szene ... und nach unseren Besuchern zu urteilen, wurde die Messe auch gut angenommen.

BTH Heimtex: Woran ist die Messe Inneneinrichtung in Dortmund gescheitert?

Wölfel: An der Zerstrittenheit der Szene, glaube ich. Nicht wegen der schwachen Konjunktur; nicht, weil die Verbraucher zurzeit weniger konsumfreudig sind, auch nicht wegen der Messekosten oder wegen des Veranstaltungsortes - das glaube ich alles nicht. Stattdessen habe ich den Eindruck, dass sich viele deutsche Unternehmen im Moment im Rückwärtsgang bewegen, was Ausstellungen und Innovationen angeht. Es gibt da diese Tendenz zum Zwei-Jahres-Rhythmus, auch in Frankfurt. Dass sich zuletzt nur noch 60 bis 70% der Aussteller für Dortmund angemeldet hatten, wäre für mich aber noch kein Anlass gewesen, die ganze Messe abzusagen.

BTH Heimtex: Sie waren im Messebeirat der Dortmunder Messe...

Wölfel: Wir vom Messebeirat sind von der Absage etwas überfahren worden. Wir wussten vorher nicht, dass es so kommen würde.

BTH Heimtex: Wie wichtig ist denn für Sie so ein Herbsttermin?

Wölfel: Absolut entscheidend. Ein Unternehmen unserer Größe kann es sich heute kaum leisten, an der Frankfurter Heimtextil teilzunehmen, ohne seine Kollektion vorher wichtigen Kunden im deutschsprachigen Raum gezeigt zu haben.

BTH Heimtex: Aber finden Sie nicht, dass es im September dafür zu spät ist?

Wölfel: Kommt darauf an, wofür. Wenn man danach oder währenddessen in die Türkei fährt und dort krampfhaft versucht, noch auf den Zug aufzuspringen - dann ist es sicherlich zu spät. Für uns als deutsche Unternehmer sind diese Herbstmessen aber sehr wichtig, weil sie uns Planungssicherheit für die Heimtextil in Frankfurt geben.

BTH Heimtex: Finden Sie nicht, dass der Zeitraum zwischen September und Januar zu kurz ist?

Wölfel: Nein, nicht, wenn man in Deutschland produziert. Für Importe, die dann im großen Stil aus dem Ausland kommen, mag es etwas kurzfristig sein. Aber wer so arbeitet, zeigt sein Angebot auch nicht im Herbst.

Ansonsten sind für uns natürlich nach wie vor die Verkäufe mit am wichtigsten, die für das Herbst-, Weihnachts- und Wintergeschäft hier und heute getätigt werden.

BTH Heimtex: Was würden Sie der Branche raten - angesichts der vielen zersplitterten Messetermine in diesem September?

Wölfel: Es wäre wünschenswert, wenn sich nicht nur die namhaften Anbieter engagieren würden, sondern ein Großteil der deutschen Hersteller, Vertreiber und Großhändler. Wenn sich alle zusammen an einen Tisch setzen würden, um gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Ich finde es nicht gut, wenn sich jeder in sein Kämmerchen verzieht und vor sich hinschmollt oder nur krampfhaft versucht, bei der eigenen Hausmesse seine Ware an den Mann zu bringen. Das verunsichert die Kunden. Ich finde einen zentralen Messeplatz viel effektiver. Kurz: Man muss die Kunden und die Hersteller wieder zusammenbringen. Sicherlich auch auf regionalen Veranstaltungen im Norden, Westen und Süden. Der Osten mag eine Sonderstellung einnehmen.

BTH Heimtex: Wie ist denn bisher das Jahr gelaufen für die Branche?

Wölfel: Sehr unterschiedlich. Natürlich kann ich nur für unser Unternehmen sprechen, und da gab es von Monat zu Monat starke Schwankungen. Mit der Heimtextil im Januar ging es erstaunlich gut los, obwohl uns jeder eingeredet hat, dass wir hier die große Krise haben. Es gab aber auch katastrophale Monate. Bei uns hat das Sommerloch schon nach Ostern eingesetzt, aber erstaunlicherweise lief die zweite Augusthälfte wieder gut. Im deutschsprachigen Bereich - Österreich, Schweiz, Südtirol, Belgien und Lothringen - ist die Nachfrage recht stark. Die USA stehen schwach da. Dubai ist immer noch interessant, aber schwächer geworden. Das fernere Ausland, also das Übersee-Ausland, ist schwach.

BTH Heimtex: Und wie siehts im Inland aus?

Wölfel: Die Deutschen sind durchaus kauffreudig, sie haben weiterhin eine gewisse Wohnkultur, und da gehören die Gardinen dazu. Allerdings hat sich der Markt verändert: leider etwas vom Raumausstatter weg und hin zu den großen Möblern. Selbst Ikea verkauft unverhältnismäßig große Mengen an Gardinen, und speziell im süddeutschen Bereich sind die Möbler sehr, sehr stark in die Gardine eingestiegen. Dort werden die Mengen umgesetzt, und andere Leute mischen da auch noch kräftig mit. Aber der Individualbereich ist weiterhin die Domäne der Raumausstatter.
aus BTH Heimtex 11/09 (Wirtschaft)