Karelia Upofloor: Interview mit Businessmanager Ulrich Stöhr

"Wir bieten marktgerechte Konditionen, ohne uns in Dumpingnähe zu begeben"

Nicht jeder Parketthersteller kann von sich behaupten, in diesen schwierigen Zeiten am deutschen Markt Anteile zu gewinnen. Karelia Upofloor scheint da eine Ausnahme zu bilden. "Die Entwicklung ist positiv und wir sind voll im Plan", berichtet Ulrich Stöhr, bei den Finnen Businessmanager für Deutschland, Österreich, die Schweiz und Italien. Der Vertrieb erfolgt vorwiegend über den Bodenbelagsgroßhandel, wo mit Jordan einer der bedeutendsten Branchenteilnehmer beliefert wird. Näheres über diese Konstellation, über Zielgruppen und Produkte ließ sich BTH Heimtex in dem nachfolgenden Gespräch schildern.

BTH Heimtex: Europas Parketthersteller stöhnen über stagnierenden Absatz und drosseln ihre Produktionsmengen. Karelia Upofloor, seit 2006 am deutschen Markt direkt aktiv, dürfte da keine Ausnahme sein?

Ulrich Stöhr: Der Konsum in Europa hat weniger verloren als die Produktion. Deutschland spielt dabei als größter Einzelmarkt eine wichtige Rolle. Für Karelia Upofloor waren aber auch andere Märkte entscheidend wie Spanien oder Großbritannien. Im Osten, speziell in Russland, haben wir eine gute strategische Position durch eine eigene Fertigparkettproduktion südlich von Moskau, die ausschließlich den Inlandsmarkt bedient. Für Lieferanten von außen ist die Situation momentan sehr schwierig. Das hilft uns, dort weitere Marktanteile zu gewinnen. Die Lage in Spanien ist schwierig und auf absehbare Zeit ist dort kein strategischer Geschäftsausbau zu erwarten, während in Großbritannien die Talsohle durchquert sein dürfte, da wir wieder mehr Anfragen von dort erhalten.

BTH Heimtex: Dennoch ist es weltweit schwieriger geworden, Echtholzböden zu verkaufen.

Stöhr: Man muss den Markt in seiner Gesamtheit betrachten. Laminat hat auch starke Rückgänge und Textilbeläge sind ebenfalls schwer gebeutelt. Zweifellos wird es schwieriger, sich in übersättigten Märkten durchzusetzen und Qualität zu verkaufen, bzw. Partner zu finden, die dazu in der Lage sind. Karelia Upofloor ist als einer der weltweit größten Hersteller gut gerüstet für eine anstehende Marktbereinigung und ich bin zuversichtlich, dass wir bis 2012 gestärkt aus dieser Phase hervorgehen werden. Als Familienunternehmen haben wir eine langfristige Perspektive und Mittel, unsere gesetzten Ziele zu erreichen, ohne opportunistische Vertriebspolitik betreiben zu müssen.

BTH Heimtex: Wie kommen Sie in den hart umkämpften Märkten Deutschland und Österreich voran?

Stöhr: In Deutschland ist unsere Entwicklung positiv und wir liegen voll im Plan, das heißt wir haben in einem rückläufigen Markt Anteile hinzugewonnen. Auch die Entwicklung mit unserem traditionellen Importeur Trumpf ist stabil im Vergleich zum Vorjahr und wir konnten mehrere neue Kunden für die Marke Karelia hinzugewinnen. In Österreich wird unsere Entwicklung sicherlich vom Markt abweichen, da wir mit Jordan / Inku eine Konstellation und Markenpower haben, die es ermöglicht, unsere Position deutlich zu verbessern. Es gibt bereits viel versprechende Ansätze.

BTH Heimtex: Hat es sich als richtig erwiesen, in Deutschland auf den Bodenbelagsgroßhandel zu setzen?

Stöhr: Der Großhandel ist für uns der wichtigste Vertriebskanal und wird es volumen- und wertmäßig bleiben. Unsere schlanke Vertriebsstruktur bedingt dies. Im Großhandel werden wir uns auf unsere Hauptpartner beschränken, mit denen die Entwicklung sehr gut verlief. Es ist möglich, dass in Absprache mit diesen zusätzlich regionale Mischbetriebe bedient werden, die in ihrer Region ebenfalls Großhandel betreiben. Abgesehen von diesen Fällen, wird sich unsere Aktivität auf größere Einzelhandelsbetriebe konzentrieren, für die wir ein klar definiertes Profil festgelegt haben, das unseren Großhandelskunden bekannt ist.

BTH Heimtex: Die Inku-Übernahme durch Ihren Hauptkunden Jordan sollte sich als Glücksfall erweisen?

Stöhr: Schon vor der Übernahme waren wir als zukünftiger Hauptlieferant bei Inku gelistet, allerdings mit einem beschränkten Lagersortiment. Mit Jordan hat sich das Produktspektrum erheblich erweitert und verbessert. Für unseren Hauptpartner im Großhandel haben wir die optimale Sortimentstiefe und -breite.

BTH Heimtex: Die Dominanz eines solchen Kunden ist nicht ganz ungefährlich?

Stöhr: Ein Risiko bezüglich eines zu hohen Bindungsgrads sehe ich nicht. Investitionen werden auf Produktebene gemeinsam vorgenommen. In Zukunft werden wir sogar noch mehr gemeinsame Marktarbeit betreiben. Zwei Projekte als Beispiel: die Saima-Vermarktung und zielgruppengerechte Ansprache von werkstattlosen Handwerkern. Um in diesem schwierigen Umfeld Markt zu machen, ist von beiden Seiten eine hohe Leistungsbereitschaft erforderlich.

BTH Heimtex: Apropos werkstattlose Handwerker: Was verstehen Sie konkret unter dieser Klientel?

Stöhr: Zum ersten Mal haben wir zusammen mit zwei Marktpartnern versucht, das Profil des werkstattlosen Handwerkers stärker herauszuarbeiten. Diese Zielgruppe ist schwer zu erreichen, weil immer mobil, ohne Lager und daher auf Abhollogistik angewiesen. Mein Eindruck im Verlauf dieses Projekts ist, dass es eine wichtige Aufgabe ist, diese Kundengruppe besser an einen Lieferanten zu binden. Die Zahl der Werkstattlosen ist stark wachsend, während zum Beispiel die Zahl der fest angestellten Schreiner rapide sinkt.

BTH Heimtex: Gibt es konkrete Anhaltspunkte für das Leistungsvermögen dieser Zielgruppe?

Stöhr: Im Schnitt über alle Berufsgruppen hinweg liegt bei den werkstattlosen Handwerkern der Anteil von Fertigparkett am Umsatz über 20 % und rund 50 % von ihnen verlegen Parkett mehr als viermal im Jahr. Wir haben festgestellt, auf welche Merkmale diese diffuse Zielgruppe bei ihren Lieferanten besonderen Wert legt, wie sie sich zusammensetzt, welchen Background sie hat und wie groß das Potenzial ist. Ausgestattet mit diesen Kenntnissen wollen wir das Angebot verbessern und eine zielgruppengerechtere Ansprache der einzelnen Handwerker durch unsere Großhändler sicherstellen. Es wird jetzt darauf ankommen, die relevanten Informationen zu bündeln, auszuwerten und einen Maßnahmenplan zu erstellen, der dann umgesetzt und regelmäßig kontrolliert wird. Für Projekte dieser Art sehe ich uns als Hersteller mit in der Pflicht, dauerhaft Markt begleitend für unsere Vertriebspartner da zu sein.

BTH Heimtex: Eine weitere Zielgruppe, die in der Parkettbranche kaum thematisiert wird, sind Internetkäufer?

Stöhr: Die Bedeutung dieses Absatzkanals für Billigsortimente nimmt zu. Gleichzeitig findet auch reguläre Ware aller Preisklassen höheren Absatz via Online-Verkauf. Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, sofern kein Beratungsklau im Fachhandel stattfindet und solange Preisstrukturen für den mehrstufigen Vertrieb sowie notwendige Margen berücksichtigt werden.

Wenn es sich bei dem Shopbetreiber um einen Fachhändler handelt, sollte er allerdings auch seine klassischen Funktionen wie Bemusterung, Beratung, Ausstellung und Lagerhaltung wahrnehmen und diese nicht teilweise auf den Hersteller abwälzen.

BTH Heimtex: Wie schätzen sie in Deutschland das Vermarktungspotenzial des Fachhandels ein?

Stöhr: Dreischicht-Parkett wird in Deutschland etwa zu 40 % über den Fachhandel, vorwiegend Einzelhandel, vermarktet. Wir halten eine Abnahme auf 30 % bis 2012 für möglich. Wer dort jetzt nicht sehr gut positioniert ist, wird es schwer haben, eine breite Basis aufzubauen. Wir werden diesen Vertriebskanal sehr selektiv bedienen. Die Baumarktumsätze in diesem Produktsegment werden wahrscheinlich leicht steigen, aber wir sind auf dieser Schiene in Deutschland nicht aktiv. Dagegen dürfte der Großhandel im einstelligen Prozentbereich zulegen. Vor allem dort sind wir gut aufgehoben und bedienen verschiedene Zielgruppen wie Schreiner, Bodenleger, Parkettleger, Maler, Architekten, Objekteure...

BTH Heimtex: Womit wollen Sie gegenüber etablierten Parkettanbietern punkten?

Stöhr: Außer Karelia Upofloor gibt keinen anderen traditionellen Parketthersteller, der in der Lage ist, funktionierende regionale oder überregionale Vertriebsrechte exklusiv zu vergeben. Das trifft auch für die einzelnen Absatzkanäle zu. Das wissen unsere Kunden zu schätzen. Wir haben uns entschieden, klassische Vermarktungsfunktionen dort zu belassen, wo sie hingehören: beim Handel.

BTH Heimtex: ...von dem Sie was genau als Gegenleistung erwarten?

Stöhr: Dass Lagerhaltung, Logistik, Beratung, Schulung, Bemusterung, stationäre Ausstellung und mobile Präsentation in ausgeprägter Form wahrgenommen werden. Natürlich honorieren wir die Übernahme dieser Funktionen durch unsere Konditionierung.

BTH Heimtex: Machen Sie davon Gebrauch, mit beiden Marken zu arbeiten?

Stöhr: Das wird in jedem Einzelmarkt unterschiedlich gehandhabt. In Deutschland beschränken wir unsere Markenaktivitäten auf Karelia und Saima. Karelia ist als ausdrucksstärkere Marke besser für den Handel geeignet. Da der Markt heute in jeder Hinsicht mehr Aufwand erfordert, wäre es schwierig, auch noch Upofloor fördern zu wollen.

BTH Heimtex: Der Preisdruck am deutschen Markt ist enorm. Sind Sie in der Lage, im aggressiven Einstiegsbereich mitzumischen?

Stöhr: Wenn rustikale Eiche-Qualitäten als Dreischicht-Parkett 1.Wahl teilweise für unter 10 EUR vom Hersteller angeboten werden, ist das eine klare Markierung für ein Segment, das wir nicht tangieren wollen und werden. Die Überkapazitäten lassen es nicht zu, dass ein Hersteller dort ausreichende Margen generiert, auch nicht in absehbarer Zeit.

Wir bieten unseren Kunden marktgerechte Konditionen, ohne uns in Dumpingnähe zu begeben. Andererseits ist mit jedem Preiszugeständnis auch die Notwendigkeit verbunden, Margen an anderer Stelle zu erwirtschaften. Uns gelingt dies durch hochwertige Kollektionen, durch die sorgfältige Abstimmung mit unseren Vertriebspartnern und die Erschließung neuer Zielgruppen

BTH Heimtex: Eine der besagten Hochwert-Kollektionen ist Saima. Was macht Sie so sicher, dass der jetzt gestartete Marken-Relaunch erfolgreich ist?

Stöhr: Die Zeit ist reif für diese Produktart, weil wir den Markt dafür schaffen werden. Es geht darum, die richtigen Adressaten zu finden, wahrscheinlich in der Hauptsache Architekten, die mit den Stilrichtungen von Alvar Aalto und Tapio Wirkkala vertraut sind und unmittelbar erkennen, wo sie einsetzbar ist. Saima spricht eine klare Sprache im Design, das hat uns die Resonanz auf der letzten BAU in München gezeigt. Unterstrichen wird die Sonderstellung durch den red dot design award, der international große Anerkennung genießt, wie die Verleihung im Alvar Aalto Theater in Essen gezeigt hat.

BTH Heimtex: Die Vermarktung auf dem Objektsektor erfordert allerdings eine spezielle Zielgruppenansprache.

Stöhr: Ein Team aus Spezialisten wird speziell für dieses Produkt in die Akquise gehen. Die notwendigen Marketing- und Präsentationsmittel haben wir zusammen mit unserem exklusiven Vertriebspartner Jordan bereitgestellt, so dass es für Saima hoffentlich ein goldener Herbst werden wird. Zunächst gilt es herauszufinden, wie wir wo am besten ansetzen können, um möglichst viele Entscheider für das Produkt zu interessieren und nicht in erster Linie um die Erfüllung konkreter Zielvorgaben, die natürlich intern existieren. Sicherlich werden sich auch Synergieeffekte über Upofloor Lifeline ergeben. Die Vinylböden sind im Objektbereich gut etabliert und vielen Architekten bekannt.


Karelia-Upofloor Daten und Fakten

Karelia-Upofloor Oy
Lukkosaimentie 3
FIN-70421 Kuopio
Telefon: +358 (0)207 / 40 93 00
Telefax: +358 (0)207 / 40 92 10
www.kareliacorporation.com

Mitarbeiterzahl: 750
Jahresumsatz: Gruppenumsatz: (2003) 107,5 Mio. EUR; (2004) 111,1 Mio. EUR; (2005) 117,1 Mio. EUR; (2006) 122,7 Mio. EUR; (2007) 128,8 Mio. EUR
Markennamen: Karelia, Saima Design, Spring, Upofloor
Muttergesellschaft/Anteilseigner: Hartwall Oy
Tochtergesellschaften/ Beteiligungen: Upofloor Oy
Verbandsmitglied bei: FEP Föderation der europäischen Parkett-Industrie

CEO: Mikko Kilpeläinen
Vertrieb: Pasi Niemistö
Marketing: Merja Jukkola
Produktion: Esko Ovaskainen
Businessmanager Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien: Ulrich Stöhr
aus BTH Heimtex 09/09 (Wirtschaft)