Helmut Stauner, Möbel-Zentral-Einkauf GmbH

Nicht die Augen vor der Entwicklung schließen


60 Jahre Haustex - hierzu natürlich erst einmal Gratulation aus der MZE-Zentrale für diese Leistung. In einer Zeit, die immer schnelllebiger wird und das Heute morgen schon keine Bedeutung mehr hat, erinnern solche Jubiläen, dass Beständigkeit etwas Beruhigendes hat und wir Achtung vor solchen Leistungen haben.

Auch wenn einem 60 Jahre im ersten Moment irrsinnig lange vorkommen, so kann doch jeder, der die 40 Lebensjahre überschritten hat sagen, die Zeit rennt nur so dahin und zehn Jahre vergehen wie im Flug. Glücklicherweise war ich bei der Geburtsstunde der Haustex noch nicht in der Branche tätig, sonst würde ich diese Zeilen als passiver Branchenbetrachter schreiben, wenn überhaupt. Aber immerhin bin ich schon über 25 Jahre in der Bettenbranche aktiv und die Haustex war mir stets ein treuer Begleiter.

Herausgeber und Redaktion können auch stolz darauf sein, dass sie in all der Zeit für sich in Anspruch nehmen können, das einzige Journal zu sein, das umfassend und kompetent die Bettenbranche betrachtete und somit auch echtes Branchenwissen besitzt. Hierbei betrachte ich es immer mit hoher Achtung, dass sowohl die Redakteure als auch die Inhaber der Haustex auf allen wichtigen Branchenveranstaltungen vertreten sind und glaubhaft ihr ehrenwertes Interesse an Personen und Themen vermitteln. Wenn man weiß, dass der SN-Verlag Michael Steinert nicht nur die Haustex herausgibt, sondern noch viele andere Journale, muss man das besonders werten. Gerade deshalb muss sich die Branche auch darüber Gedanken machen, "was ist uns die Haustex wert? Wollen wir weiterhin ein unabhängiges Journal nur für unsere Branche, oder wollen wir in irgendeinem anderen Journal der Einrichtungsbranche "mitgeführt" werden?. Hier würde ich mir von allen Verantwortlichen in der Branche wünschen, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden. Wenn ich zurückblicke auf die vergangene Zeit, in der ich die Haustex und ihre Themen betrachten durfte, so fällt mir natürlich auf, wie viele Unternehmen und Personen, welche unsere Branche entscheidend geprägt haben, nicht mehr im Markt sind. Gerade hierbei fallen mir einige Menschen ein und ich finde es sehr bedauerlich, wie schnell diese und ihre Leistungen vergessen werden.

Bei einem Rückblick ist eines am deutlichsten zu erkennen: Die Bettenbranche hat sich grundlegend verändert. Während in den 60er und 70er Jahren eine Reihe von Bettenfachgeschäften entstanden, die sehr erfolgreich am Markt agiert haben (und dies sowohl in Groß- als auch in Kleinstädten) und in manchen Bereichen die bedeutendsten oder eine der bedeutendsten Abnehmergruppen waren, so hat sich seitdem vieles geändert. Mit dem Beginn der Großflächen-Möbelhäuser nahm der Druck auf die Bettenfachgeschäfte zu. Die Bereitschaft der Verbraucher, für den Einkauf von Matratzen und Rahmen entfernungsmäßig auch weitere Strecken auf sich zu nehmen, haben ebenso zum Marktverlust beigetragen wie die Aufnahme unserer Produkte bei Lebensmitteldiscountern. 1.300 Matratzendiscounter und die tägliche Zunahme von Internethändlern und Fernsehsendern, die unsere Produkte vertreiben, ergeben das logische Aufgeben von vielen Bettenhändlern in den letzten Jahren.

Diese Veränderung hat natürlich auch eine Auswirkung auf die Industrie und deren strategische Ausrichtung hinsichtlich Wichtigkeit und Wertschätzung gegenüber Händlergruppen. Die Händler, die heute noch bestehen, haben ihren Platz zwischen all den aufgeführten Marktbegleitern gefunden. Natürlich sind wir bei MZE davon überzeugt, dass es auch genügend Platz gibt für den Inhaber geführten Fachhandel in unserer Branche. Aber es ist schon beeindruckend, wenn man sich die gewaltigen Veränderungen betrachtet, und ich halte es auch für erforderlich, dass man seine Augen nicht vor diesen Entwicklungen verschließt, sondern entschlossen seinen Weg sucht. So hat diese Veränderung natürlich auch Auswirkungen auf die Verbände, die letztlich den Mittelstand präsentieren. So hat sich die Arbeit der Verbände vom reinen Warenbeschaffer und Einkaufsvorteile erarbeitender Zentrale zu einer modernen Dienstleistungszentrale verändert, die letztlich immer mehr konzeptionell und marketing-orientierter arbeitet als rein auf das Produkt bezogen. Unterhaltsam sehe ich auch den Umstand, dass sich die Händler darüber im Klaren sein müssen, dass der bislang oftmals feindselig betrachtete Mitbewerber zwischenzeitlich ein Mitstreiter geworden ist - in der gemeinsamen Sache, den Kunden in den Fachhandel zu bewegen und ihn nicht an das Internet oder das Fernsehen zu verlieren. Hier würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass die Branche noch enger zusammenrückt und gemeinsam Argumente für ihre Daseinsberechtigung erarbeitet - natürlich begleitet von unserem Fachorgan Haustex!
aus Haustex 08/09 (Wirtschaft)