9. Internationale BEB-Sachverständigentagung in Schweinfurt

Durch CEM II-Zemente steigt Eigenverantwortung der Estrichleger

Das 9. Internationale Sachverständigentreffen des Bundesverbandes Estrich und Belag (BEB) feierte 2008 seine Premiere in Schweinfurt. 230 Sachverständige, Handwerker und Industrievertreter aus dem deutschsprachigen Raum fühlten sich an dem neuen großzügigen Veranstaltungsort im Mercure Hotel deutlich wohler als in Nürnberg. Das diesjährige Vortragsprogramm gliederte sich in drei Abschnitte: Zementgebundene Systeme im Wandel (CEM II-Zemente), Trockenkonstruktionen und Neues für Bodenleger.

Die 9. Internationale BEB-Sachverständigentagung bot 2008 erstmalig Platz für rund 25 Aussteller aus der Industrie. Am neuen Tagungsort in Schweinfurt bot das Foyer im Mercure Hotel ausreichend Platz. Das galt auch für den großen Tagungsraum mit diesmal 230 Teilnehmern - dort ist noch ausreichend Platz für weitere Interessierte. Inhaltlich bot die von Heinz-Dieter Altmann (Obmann des Arbeitskreises Sachverständige) und Oliver Erning (Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung) organisierte Veranstaltung wieder eine große Themenbreite.

Die Themen im Überblick:
Neue Zemente - Auswirkungen auf Zementestriche; bisherige Untersuchungen und Ausblicke
Einsatz und Wirkungsweise von Zusatzmitteln unter Beachtung der Zementeigenschaften
Wirkungsweise und Erfahrungen mit drainfähigen Monokornestrichen
Einflüsse aus dem Verlegeuntergrund bzw. aus Reinigungsmitteln auf elastische Bodenbeläge
Vorstellung Hinweisblatt Fertigteilestriche
Besonderheiten bei Flächenhohlböden in Verbindung mit "harten" Belägen
Fertigteilestriche in Verbindung mit Holzwerkstoffen und Entkopplungssystemen
Ausgleichsmassen - Anspruch und Wirklichkeit

CEM II-Zemente: Eigenverantwortung der Estrichleger steigt

Oliver Erning, Leiter des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF), riet den Estrichlegern, nur die Zemente für die Estrichherstellung zu verwenden, die eine Konformitätserklärung (CE-Zeichen) aufweisen. Die Eigenverantwortung des Estrichlegers sei insofern gestiegen, als dass er auf der Baustelle der einzige Handwerker ist, der seinen Mörtel selbst herstellt und damit die die Eignung der Ausgangsstoffe selbst zu überprüfen habe.

In seinem Referat "Neue Zemente - Auswirkungen auf Zementestriche; bisherige Untersuchungen und Ausblicke" fasste er den Stand bei den CEM II-Zementen zusammen. Er berichtete über aktuelle Untersuchungen und Probleme in der Praxis. Sein Fazit: "Die Umstellung auf CEM II-Zemente ist nicht mehr rückgängig zu machen und wir müssen uns damit arrangieren." Die CEM II-Zemente unterscheiden sich je nach Beimischung von Hüttensand, Kalkstein, Schiefer oder Flugasche. Erning empfahl auf Flugaschenzemente und CEM II B-M-Zemente möglichst zu verzichten. Hat der Estrichleger sich im Rahmen der Konformitätserklärung für den Estrichmörtel auf einen CEM II-Zement eingestellt, sollte man grundsätzlich einen Wechsel der Ausgangsstoffe (Zement, Gesteinskörnung, Zusatzmittel) unterlassen. Es ließe sich nicht vermeiden, bei einigen Zementen die Arbeitsweise anzupassen.

Der Referent kündigte als Folge weiterer Untersuchungen zur Eignung der Zemente einen Leitfaden zur Verbesserung der Qualität von Zementestrichen an, der über den BEB und VDZ veröffentlicht werden wird.

"Belegreife setzt geeignete bauklimatische Bedingungen voraus"

Andreas Eisenreich, Technischer Leiter bei Chemotechnik Abstatt, befasste sich in seinem Vortrag mit zentralen Fragen der Estrichherstellung mit CEM II-Zementen und dem Einfluss von "Trocknungsbeschleunigern" auf das Trocknungsverhalten und die Belegreife von Estrichen.

Eisenreich betonte die Verantwortung des Estrichlegers, der in seiner Funktion als "Hersteller von Mörtel nach DIN 13813" zur Erfüllung der CE-Konformitätskriterien seinen Estrichmörtel prüfen und kontinuierlich überwachen muss. Auch die Umstellung auf CEM II-Zemente erfordere ein konsequentes Qualitätsmanagement - steht dem Estrichleger doch eine Vielzahl von Zementen zur Verfügung, die aufgrund teilweisen Austauschs reaktiven Zementklinkers durch verschiedene andere Hauptbestandteile zwangsläufig veränderte Eigenschaften aufweisen. Eisenreich erläuterte die Hintergründe, warum CEM II-Zemente mit bewährten Zusatzmitteln unter Umständen weniger oder völlig anders reagieren, als CEM I-Zemente.

Werden Erwartungen zum Erreichen der Belegreife in der Praxis nicht erfüllt, hat dies laut Eisenreich meist weniger mit dem Einsatz von CEM II-Zementen, als vielmehr mit bauphysikalischem Unverständnis zu tun. Laboruntersuchungen zeigen bei Estrichen aus CEMI- bzw. CEM II-Zementen einen vergleichbaren Trocknungsverlauf. Den Einsatz Anmachwasser reduzierender Zusatzmittel hält Eisenreich für sinnvoll, um Festigkeiten zu steigern und Schwinden zu minimieren. Der verringerte Wassergehalt könne unter Umständen auch eine frühere Belegreife ermöglichen, weil weniger Wasser "austrocknen" muss. Tatsächlich sei die Austrocknung des Estrichs allein mit Fließmitteln aber nicht zu beschleunigen.

Das Erreichen der Belegreife setzt stets geeignete bauklimatische Bedingungen voraus. Wird bauphysikalisches Grundwissen dem Wunsch nach schnellem Baufortschritt "geopfert", gilt es, Versprechungen genau zu prüfen. Eisenreich empfiehlt, Produktbeschreibungen und Anwendungsregeln so genannter Trocknungsbeschleuniger kritisch und vollständig zu lesen, sowie Kleingedrucktes und Vorbehalte genau zu beachten. Den Wunsch, die Belegreife von Estrichen durch Korrektur- und Abzugswerte von 1 - 1,5 CM-% auf der Baustelle "herbeizumessen" hält Eisenreich bei flüssigen "Trocknungsbeschleunigern" zwar für nachvollziehbar, zumindest wissenschaftlich sei diese Vorgehensweise aber nicht zu begründen.

Sichere Tragschicht durch Drainmörtel

Gutjahr-Geschäftsführer Walter Gutjahr stellte die "Wirkungsweise und Erfahrungen mit drainfähigen Monokornestrichen" vor. Für Beläge aus Keramik und Naturstein im Außenbereich sind drainierende Estriche bauphysikalisch betrachtet die sicherste Tragschicht, wenn dazu eine geeignete kapillarbrechende Drainagematte eingebaut wird. Drainierende Mörtelschichten aus Einkorn-, Monokorn- oder Grobkornmörtel sind im Kommen, weil sie viele Schäden verhindern, die häufig durch natürliche Bewitterung (Frost, Stauwasser und Ausblühungen) auftreten. Drainagemörtel werden in den Regelwerken des Deutschen Naturstein Verbandes (DNV) oder in den Merkblättern des Schweizer Naturstein Verbandes seit Jahren empfohlen.

BEB-Hinweisblatt Fertigteilestriche vorgestellt

Der Sachverständige Gert F. Hausmann stellte das neue Hinweisblatt "Fertigteilestriche auf Calciumsulfat- und Zementbasis" vor. Der Obmann des BEB-Arbeitskreises Fertigteilestriche kündigt für die Zukunft ein weiteres Merkblatt über Holzwerkstoffmaterialien an. Er wies explizit darauf hin, dass Fertigteilestriche nicht genormt sind und Sonderkonstruktionen darstellen: "Deshalb sind grundsätzlich die Herstellervorschriften zu beachten."

Der Sachverständige Steffen Glatz, Mitglied des Arbeitskreises Fertigteilestriche, erklärte die Definition der Fertigteilestriche: Nach DIN EN 13318 "Estrichmörtel und Estriche" ist ein Fertigteilestrich ein Estrich, der aus vorgefertigten Teilen hergestellt wird. Die vorgefertigten Elemente werden zu einer Estrichfläche verbunden. In der DIN 18560 "Estriche im Bauwesen" sind Fertigteilestriche nicht erfasst. Es handelt sich in der Regel um schwimmend verlegte Estriche. Die Bezeichnung "Trockenestrich" ist nicht korrekt, da die Platten nicht immer trocken sind und durchaus noch zu viel Restfeuchte enthalten können, begründete Glatz. Das neue Hinweisblatt enthält wertvolle Informationen, die sich Verarbeiter nicht entgehen lassen sollten. Es kann über den BEB bezogen werden.

Keramik und Naturwerkstein auf Systemböden

Burkhard Prechel, Anwendungstechniker bei Mapei, beleuchtete die "Besonderheiten bei Flächenhohlböden in Verbindung mit harten Belägen. Prechel machte deutlich, dass schon geringste Verformungen für Flächenhohlböden gefährlich sind: "Eine Systemverformung über 0,5 mm ist für Stein- und Keramikbeläge als absolut kritisch anzusehen." Ab diesem Verformungsmaß muss mit Schädigungen an starren Belägen in Form von Rissbildungen gerechnet werden. Die nach Normprüfung zulässige Verformung führt bei starren Belägen zwangsläufig zu Schäden, während das Bodensystem allein bzw. im Verbund mit elastischen Bodenbelägen derartige Verformungen problemlos und schadensfrei aufnehmen kann.

Der Planer muss bereits bei der Auswahl des zur Anwendung kommenden Bodensystems dieses nicht nur auf Nutzlasten, sondern auch auf den zu verlegenden Nutzbelag und die dafür erforderliche Begrenzung der Systemverformung abstimmen. Dies ist nicht nur beim Neubau zu berücksichtigen. Gerade bei Renovierungen und häufig damit verbundenen Erneuerungen der Bodenbeläge bzw. Änderungen der Belagsart müssen der möglichen Verformung des vorhandenen Bodensystems unter der vorgesehenen Nutzlast besondere Beachtung geschenkt werden.

Der Naturstein- und Fliesenleger sollte vor Ausführung seiner Leistungen im Rahmen seiner Untergrundprüfungspflicht die Eignung des Hohlbodensystems für die Aufnahme von Stein- und Keramikbelägen beim verantwortlichen Planer hinterfragen und diese, sowie sich die Freigabe des Systemherstellers schriftlich bestätigen lassen.

Fertigteilestriche in Verbindung mit Holzwerkstoffen

Der Sachverständige Helmut Becker führte Untersuchungen an Fertigteilestrichen in Verbindung mit Holzwerkstoffen durch. Becker kam zu dem Ergebnis, dass eine Verlegung von Massivparkett und Massivdielen oder sonstige Holzwerkstoffen ab einer Schichtdicke von > 10 mm auf üblichen Fertigteilestrichkonstruktionen risikobehaftet ist. Soll dickeres Massivparkett oder auch Dielen auf Fertigteilestrichen verlegt werden, so muss die Schichtdicke der immer zweilagig herzustellenden Trockenestrichkonstruktion mindestens > 30 mm, besser jedoch 35 bis 40 mm dick sein. Hinsichtlich der Verlegung von Holzpflaster auf Fertigtilestrichen gibt es bisher keine Erfahrungen, so dass davon dringend abgeraten werden muss.

Berücksichtigt man, dass z.B. bei einem mineralischen Estrich der Festigkeitsklasse F 4 im Rahmen der Bestätigungsprüfung bei einer mittleren Biegezugfestigkeit von 2,5 N/mm2 bei einer Schichtdicke von 45 mm in etwa eine Bruchlast von ca. 400N erforderlich ist, so erreicht man bei mehrschichtigem Aufbau eines Fertigteilestrichs und einer Gesamtschichtdicke von etwa 35 mm diesen Bereich.

Der Sachverständige Peter Fendt schilderte seine Erfahrungen mit Parkett auf Fertigteilestrichkonstruktionen so: Fertigteilestriche in Verbindung mit Holzfußböden sind bei Verwendung von 15 und 22 mm Stabparkett, Massivdielen und 10 mm Lamparkett als kritische (Sonder-)Konstruktion zu bezeichnen.

Fendt wies besonders darauf hin, dass das zu erwartende Raumklima bekannt sein müsse. Bei ausgeglichenen Raumklimawerten, die gleich den Werten zum Zeitpunkt der Herstellung der Konstruktion sind, verändert sich diese nicht (Vollklimatisierung erforderlich).

Aus handwerklicher Sicht und fachlicher Bewertung hat die Erhöhung der Biegesteifigkeit Vorrang vor Entkopplungen. Fußbodenkonstruktionen müssen die üblichen jahreszeitlich bedingten Klimaschwankungen gemäß DIN 68100 schadlos überstehen (Gleichgewichtsfeuchte 9 +/- 3%). Dem Handwerk empfahl Fendt, jegliche Art von Parkettverlegung ausschließlich in Abstimmung mit dem Hersteller des jeweiligen Fertigteilestrichs bzw. Klebstoffs vorzunehmen und eine schriftliche Aufbauempfehlung anzufordern.

Der Sachverständige Horst Müller, früher Henkel-Thomsit, nahm 17 Spachtelmassen unter die Lupe. In einer Testreihe untersuchte Müller diese hinsichtlich Druckfestigkeit, Oberflächenzugfestigkeit, Saugfähigkeit, Ritzfestigkeit, Trocknungsverhalten, Biegezugfestigkeit, Schwindung und Fließverhalten. Müller kam zu dem positiven Ergebnis, dass die Herstellerangaben überwiegend korrekt sind.

Signifikant war die unterschiedliche Saugfähigkeit der Spachtelmassen unter gleichen Bedingungen. Beim Vergleich von Spachtelmassen der neuesten Generation mit den Vorläufern, sind auch deutliche Unterschiede im Trocknungsverhalten festzustellen. Die neuen Spachtelmassen trocknen deutlich schneller. Ebenfalls auffällig: Die neuesten Spachtelmassen mit so genannten Superverflüssigern sind im Verlauf deutlich verbessert und weisen eine sehr glatte Oberfläche auf.

Das bedeutet aber gleichzeitig, dass die Poren der Oberfläche vergleichweise geschlossener sind und deshalb die Saugfähigkeit reduziert ist. Kommentar des Referenten: "Wo Licht ist, ist auch Schatten."

Typische Schäden an elastischen Bodenbelägen

Die Sachverständige und Obfrau des BEB-Arbeitskreises Bodenbelag, Ulrike Bittorf, untersuchte die Einflüsse aus dem Verlegeuntergrund bzw. aus Reinigungsmitteln auf elastische Bodenbeläge. Ein typischer Fehler bei Konstruktionsaufbauten mit elastischen Belägen ist die Überspachtelung der Bewegungsfugen. Bittorf warnte die Bodenleger, sich auf Druck von Architekten nicht auf fugenfreie Flächen einzulassen: "Bewegungsfugen dürfen in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt werden." Falls dies dennoch gefordert wird, sind Bedenken anzumelden.

Typische Schäden sind auch Weichmacherwanderungen aus dem Belag in den Klebstoff, Einsatz ungeeigneter Stuhlgleiter unter Bürostühlen und das Nichteinhalten der Reinigungs- und Pflegeanleitung. Bittorfs Ergebnis lautet: "Reinigungs- und Pflegeanweisungen sind zur Vermeidung von Schäden zwingend zu beachten. Es dürfen nur für den Belag geeignete Peinigungs- und Pflegeprodukte verwendet werden. Sinnvollerweise sollten nur Produkte eines Systems eingesetzt werden."
aus FussbodenTechnik 01/09 (Wirtschaft)