Verband Nordwestdeutsche Textilindustrie

Kritik am neuen Konjunkturpaket


Münster - Die westdeutsche Textilindustrie hat eine durchwachsene Bilanz der Messe Heimtextil gezogen. Bei der weltgrößten Veranstaltung für Heim- und Objekttextilien hatten rund 2.700 Aussteller aus 60 Ländern neue Produkte und Kollektionen präsentiert. Die westdeutschen Hersteller zeigten vor allem Dekostoffe, Gardinen, Bettwäsche, Badtextilien, Möbelstoffe, Bettwaren und Bodenbeläge.

"Das Stimmungsbild unter den rund 100 Ausstellern aus unserem Verbandsgebiet war uneinheitlich", erklärte der Präsident des Verbandes der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie (Münster), Justus Schmitz, nach Abschluss der Messe. So seien einige Aussteller vor dem Hintergrund der vielen negativen Prognosen zufriedener als zu erwarten gewesen war, andere berichteten aber über ein gesunkenes Kundeninteresse. Grundsätzlich könne man sagen, dass die Wirtschaftskrise bei vielen deutschen Endverbrauchern bisher keine spürbaren Auswirkungen gehabt habe und der deutsche Handel und das Handwerk weiter auf Produkte und Innovationen aus dem eigenen Land setze. Allerdings sei der Druck auf die Preise und damit auch die ohnehin schon geringen Gewinnmargen weiter gewachsen. Positiv zu verbuchen sei, dass heimische Industrieunternehmen mit Lizenzen bekannter Marken vor allem aus dem Modebereich für Produkte wie Bettwäsche, Hand- und Badetücher oder Gardinen durchaus gute Ergebnisse erzielten, die Umsatzrückgänge in anderen Unternehmenssparten auffangen oder abmildern könnten.

Die Nachfrage aus dem Ausland sei zurzeit deutlich stärker von einem weltweiten Negativtrend betroffen, so dass sowohl die Zahl der Aussteller als auch die der Besucher und Kunden aus Europa, Asien und Übersee zurückgegangen sei. Dies sei vor allem mit Blick auf die besonders von der Finanzkrise betroffenen Länder wie die USA, Spanien, Großbritannien, aber auch Taiwan zu beobachten gewesen. "Deshalb klagen zur Zeit vor allem auch die Unternehmen unserer Branche, die einen hohen Anteil ihres Umsatzes im Ausland erzielen", so Schmitz. Ähnliche Nachrichten gebe es auch von der Messe Domotex, die auf Teppichwaren spezialisiert sei.

Schmitz kritisierte daher, dass auch das neue Konjunkturpaket des Bundes immer noch zu wenige Maßnahmen zur Ankurbelung der Binnenkonjunktur beinhalte. "Die Situation im Ausland kann die Politik kaum beeinflussen, die bei uns sehr wohl", sagte Schmitz. Deshalb gehe man im Bereich der Steuerpolitik zwar nun endlich in die richtige Richtung, aber zu langsam und vor allem auch nicht weit genug. "Wenn das Ziel mehr Netto vom Brutto wirklich spürbar erreicht werden soll, muss viel mehr passieren, als geringfügige Erhöhungen des Grundfreibetrages und marginale Absenkungen beim Steuertarif", sagte der Verbandschef. Nur eine spürbare Entlastung aller Einkommen könne die Binnenkonjunktur nachhaltig beleben und würde im Übrigen auch den starken Anstieg der Neuverschuldung des Bundes rechtfertigen.

Schmitz äußerte ordnungspolitische Bedenken mit Blick auf Maßnahmen, die einseitig bestimmten Branchen zugute kommen. "Natürlich profitieren im Bereich der Autozulieferer auch Textilunternehmen, wenn die Automobilindustrie unterstützt wird, aber ordnungspolitisch besser wäre es doch, wenn man den Verbrauchern die Mittel und Möglichkeiten geben würde, frei zu entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben", sagte der Emsdettener Unternehmer. Jetzt erweckten einige Maßnahmen den Eindruck, als gäbe es Industrien und Produkte erster und zweiter Klasse und gute und weniger gute Konsumausgaben. Die Fokussierung auf solche Insellösungen verstelle im Übrigen auch den Blick auf breiter angelegte Maßnahmen, wie zum Beispiel die verbesserte Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen, von der viele Zulieferer auch aus dem Textilbereich profitieren könnten. Eine solche Maßnahme trage dem Wettbewerbsgedanken eher Rechnung.
aus Haustex 02/09 (Wirtschaft)