Kiesel Bauchemie: Führungsteam erläutert Ziele und Konzepte

Mit neuen Strukturen und Programmen Weichen für die Zukunft gestellt

Als Hersteller von Verlegesystemen für Bodenbeläge jeder Art hat es Kiesel immer wieder verstanden, der Branche Impulse zu geben - sei es durch Produktentwicklungen (Okatmos-Klebstofftechnologie) oder richtungweisende Initiativen (Lebensraumhygiene, Parkett und Kunst). Auch in jüngster Zeit lässt das Unternehmen aufhorchen: Die Führungsspitze wurde neu strukturiert, unter der Premiummarke Bakit ein Parkettsiegel-Programm eingeführt und mit der Spachtelmasse Servo-Art ein außergewöhnliches System zur dekorativen Wandgestaltung entwickelt. Ein kleines Werkzeug ermöglicht zudem das staubfreie Anmischen von Pulverprodukten. Wolfgang Kiesel hat die Weichen für die Zukunft gestellt.

Eine große Runde trat in den Räumen des SN-Verlags zusammen, um Branchenthemen, Trends und Tendenzen zu diskutieren. Firmeninhaber Wolfgang Kiesel war mit seiner Führungscrew nach Hamburg gekommen: Dr. Matthias Hirsch, Geschäftsführer Technik, Holger Oetker, Vertriebsleitung Fußboden Süd/West, Ulrich Lauser, Technisches Marketing und Beatrice Kiesel, Marketing. Wie Insider anhand der Aufzählung erkennen, hat sich die Personalstruktur des Unternehmens erheblich verändert.

Technische Komponente in Geschäftsführung verankert

Entwicklungschef Dr. Matthias Hirsch erweitert bei den Esslingern die Geschäftsleitung um den technischen Part. "Diese Entscheidung hat auch etwas mit dem Alter zu tun", räumt Inhaber Wolfgang Kiesel ein. "Es gibt Leute, das können Kunden oder Banker sein, die wollen wissen, wie lange man die Verantwortung noch tragen will", konkretisiert der Unternehmer.

Dass mit Dr. Hirsch der Bereich Forschung & Entwicklung auf der Führungsebene verankert wird, ist durchaus gewollt. "Auch dadurch wollen wir die Bedeutung der Technik für unser Haus noch einmal klar herausstellen", betont Kiesel. Darüber hinaus wurde das Ressort Technisches Marketing mit Ulrich Lauser an der Spitze eingerichtet. "Verkauf ist wichtig, aber Technik ist nun einmal die Grundlage, um überhaupt etwas verkaufen zu können", verdeutlicht der Inhaber. Mit Beatrice Kiesel, die für den Bereich Marketing und Werbung verantwortlich zeichnet, wurde der Generationswechsel innerhalb der Familie eingeleitet. Eine weitere Neubesetzung fand in der kaufmännischen Leitung statt. Weichenstellungen für die Zukunft - und so möchte es der Unternehmer auch verstanden wissen. "Es war mir ganz wichtig, ein Signal nach außen zu geben, dass dieses Unternehmen über einen altersmäßigen Unterbau verfügt, der etwa bis Mitte 40 reicht", betont er.

Klebstoffe und Versiegelungen unter einem Markenbegriff

Als Verkaufsleiter Süd/West verantwortet Holger Oetker die Bereiche Fußboden und Parkett. Ein besonders reizvolles Projekt ist für ihn die Einführung eines umfassenden Parkettsiegel-Programms unter dem bekannten Kiesel-Label "Bakit". Als ehemaliger Vertriebs- und Marketingleiter eines bedeutenden Herstellers von Parkettlacken kennt sich Oetker in dem Metier bestens aus. Auch für das Esslinger Unternehmen ist die Oberflächenvergütung von Holzfußböden nicht neu. In einer mehr als zehnjährigen Kooperation wurden Eukula-Versiegelungslacke vertrieben. Zum 30. April beendeten die beiden Firmen ihre Zusammenarbeit. Das 14-köpfige Außendienstteam von Kiesel für den Bereich Fußboden - ebenso viele sind für die Fliese unterwegs - bietet nun Parkett- und Bodenbelagsklebstoffe sowie Versiegelungen unter einem gemeinsamen Markendach an.

Oetker ist zuversichtlich, das neue Parkettsiegel-Programm erfolgreich am Markt zu positionieren. Dabei setzt er auf qualitative Aspekte und den Vertrauensbonus der Marke Kiesel beim Verarbeiter. "Der Kunde wünscht die Problemlösungen möglichst aus einer Hand", ist seine Erfahrung. Das neue Geschäftsfeld wollen sich die Esslinger als Komplettanbieter erschließen. Neben einem abgerundeten Sortiment, das zurzeit 30 Produkte umfasst, ist ein entsprechendes Serviceangebot für diesen Anbieter obligatorisch. "Die Anwendungstechnik von Kiesel hat bereits während der Kooperation mit Eukula Beratungsfunktionen im Bereich Parkettversiegelung wahrgenommen und ist dadurch mit der Thematik bestens vertraut", unterstreicht der Verkaufsleiter.

"PU-Siegeln gehört die Zukunft"

Der Schwerpunkt des Parkett-Programms liegt bei hochwertigen Wasserlacken, die frei sind von N-Methylpyrrolidon (NMP = organisches Lösemittel, das in einigen wasserbasierten Siegelprodukten als Filmbildehilfsmittel eingesetzt wird). Einige traditionelle Produkte runden das Angebot ab, beispielsweise ein Kunstharzsiegel, um die Seitenverleimung bei Holzböden auf ein Minimum zu reduzieren. Hochwertig bedeutet bei Kiesel "Polyurethan". Je höher der Polyurethan-Anteil im Parkettlack ist, desto extremer kann den anschließenden Belastungen vorgebeugt werden. Es wird auf Highend-Produkte gesetzt. Wie Oetker unterstreicht, gehört den wasserbasierten 1- und 2-komponentigen PU-Siegeln die Zukunft. "Der Preiskampf findet eigentlich im unteren Segment statt, in dem mehr Acryl in den Rezepturen enthalten ist", verdeutlicht er.

Der Trend bei den Glanzgraden geht zu matteren Oberflächen, ist man bei Kiesel überzeugt. "Der Betrachter wünscht sich die natürliche matte Optik einer geölten Oberfläche. Wir können ihm das bieten, jedoch mit einer vielfach strapazierfähigeren Lackoberfläche und der ultramatten Optik. Der Pflegeaufwand und die Kosten dafür sind geringer und somit hat der Kunde länger Freude an der Oberfläche", versichert Oetker.

Da ohne Reinigung und Pflege der Systemgedanke nicht zu Ende gedacht wäre, gibt es ein Konzentrat, um Verschmutzungen zu beseitigen sowie ein Polish, dessen Wirksamkeit darin besteht, mikrofeine Kratzer auszubessern.

Kiesel lässt die Parkettsiegel bei namhaften Herstellern fertigen, wobei man gesteigerten Wert auf die Feststellung legt, dass die Rezepturen im eigenen Haus optimiert werden. "Das Sortiment wird permanent in unseren eigenen Labors kontrolliert und verbessert", heißt es. Da der Markt für Parkettsiegel schon seit Jahren stagniert bzw. rückläufig ist, macht es durchaus Sinn, bestehende Produktionskapazitäten zu nutzen. Übrigens: Auch etablierte Lackhersteller kaufen beim Wettbewerb zu. Das trifft vor allem für Fugenkittlösungen zu und besonders für den Bereich Reinigung und Pflege. Wie der Anbieter versichert, wurden alle Produkte von Kunden mit positiven Ergebnissen getestet. Dass sich die Versiegelungsprodukte nur über Verdrängung platzieren lassen, hat Wolfgang Kiesel im Kalkül. "Schon vor 39 Jahren stellte sich für mich die Herausforderung, einen besetzten Markt zu erschließen", erinnert er sich. "Und wie man heute sieht, waren wir erfolgreich", ergänzt er mit einem gewissen Understatement. Zuversichtlich stimmen den geschäftsführenden Gesellschafter vor allem Synergieeffekte, denn durch die Parkettklebstoffe ist man mit dem Parkettleger auf der Baustelle ohnehin in Kontakt.

"Durch Kontinuität ein berechenbarer Lieferant"

Nicht zu verkennen ist die enge Verbundenheit des Unternehmers zu seinen Kunden. "Wo findet man es heute noch in unserer Branche, dass der Inhaber die operativen Geschäfte begleitet?", gibt Wolfgang Kiesel zu bedenken. Die Kontinuität in seinem Hause sei ein weiterer Vorteil für die Kunden: "Dadurch sind wir als Lieferant berechenbar."

Das Wettbewerbsumfeld auf dem Klebstoffsektor stellt sich für den schwäbischen Mittelständler nicht gerade einfach dar. Henkel, Mapei, Kerakoll und die Akzo-Tochter Schönox weisen entweder Konzernstrukturen auf oder sind Bestandteil eines mächtigen Unternehmensverbunds. "Schlaflose Nächte bereitet mir das nicht", versichert Wolfgang Kiesel. Als Inhaber eines Familienunternehmens fühlt er sich im Großraum Stuttgart in bester Gesellschaft mit ähnlich strukturierten Firmen, die, allen Konzentrationsprozessen zum Trotz, Tag für Tag ihre Leistungsfähigkeit beweisen. "Das ist mutig, doch wenn man den richtigen Unterbau hat, funktioniert das", ist Kiesel überzeugt. Das A&O sind für ihn "eine exzellente Technik und eine Mannschaft, die absolut davon überzeugt ist, dass unsere Produkte die richtigen sind".

Wie sich der Wettbewerb auch immer darstellt: Bei Produktqualität und Service müsse sein Haus keine Abstriche machen. Die aktuelle Entwicklung des Unternehmens scheint die Aussagen zu bestätigen. "Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Gesamtsituation entwickelt sich der deutsche Markt für uns sehr erfreulich", berichtete der Geschäftsführer. Wie es heißt, werden 65 % des Gesamtumsatzes am Heimatmarkt realisiert. Kiesels Urteil über den Wettbewerb fällt kurz aus. Die Konkurrenz will er nicht auf wenige Firmen reduziert wissen. Generell lasse sich feststellen, "dass sich alle Wettbewerber am Markt wehtun - mal mehr, mal weniger".

Als eine erfreuliche Tendenzwende wird die zunehmende Gesprächsbereitschaft am Markt bewertet. "Sowohl Großhändler als auch Objekteure zeigen sich sehr interessiert an einem intensiven Meinungsaustausch mit unserem Außendienst", heißt es.

Nur in preislicher Hinsicht sei es oftmals schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Kunden, die sich ausschließlich an den Konditionen orientieren, würde Wolfgang Kiesel gern zu seinen Lieferanten BASF, Elotex oder Wacker mitnehmen, wo mit modernsten Technologien die Aufbereitung der benötigten Rohstoffe stattfindet, um dann von den Klebstoffherstellern weiterverarbeitet und vermarktet zu werden. "Wer nicht begreift, dass sich diese Prozesskette im Preis niederschlagen muss, dem kann nicht geholfen werden", verdeutlicht der Unternehmer.

Die professionelle Bodenbelagsverlegung geht für dieses Unternehmen mit dem vollflächigen Kleben einher. "Doch seit eh und je wird von irgendwelchen Seiten versucht, Klebstoffe zu verhindern", bedauert Wolfgang Kiesel. Statt permanent nach Alternativen zu suchen, sei von der Branche zu erhoffen, "dass sie ihre Kernkompetenz mit mehr Rückgrat und Stolz am Markt vertritt".

"Mit Okatmos-Technologie der Zeit voraus"

Auf dem Klebstoffsektor beanspruchen die Esslinger für ihre Okatmos-Technologie eine Sonderstellung. "Durch eine einzigartige hygienisierende Ausrüstung des Systems wird der Fußbodenaufbau von mikrobiologischem Befall und den damit verbundenen Emissionen geschützt", erläutert Dr. Matthias Hirsch. "Mit diesem Thema sind wir nicht nur up-to-date, sondern chemisch und technisch der Zeit voraus." Die Entwicklung basiert auf der Erkenntnis, dass der Einsatz von wässrigen Dispersionssystemen und die damit verbundene Abnahme der klassisch gelösten Klebstoffe ein vermehrtes Vorkommen von Mikroorganismen in Fußbodenaufbauten zur Folge hat. "Während früher das Lösemittel alle mikrobiologischen Aktivitäten unter dem Belag verhindert hat, begünstigen Dispersionsklebstoffe mit ihrem hohen Wasseranteil und ihrem organischen Nährstoffcharakter das Wachstum von Bakterien und Pilzen", erläutert Hirsch. Außerdem sei zu beachten, dass der Klebstoff in unmittelbarem Kontakt mit dem Bodenbelag steht. Und es sei nicht auszuschließen, dass es hier zu Wechselwirkungen komme, die zu Geruchsbelastungen führen.

In Zusammenarbeit mit den Belagsherstellern wird das Okatmos-System als Gesamtaufbau auf sein Emissionsverhalten hin untersucht. "Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Klebstoffrezepturen ein und gewährleisten den größtmöglichen Schutz vor der Entwicklung gesundheitsschädlicher Emissionen und Gerüche", versichert der Entwicklungschef. "Somit erfolge bei den Verlegematerialien eine dreistufige Überprüfung: Das Emissionsverhalten durch die Zertifizierung nach Emicode EC1, das Emissionsverhalten im Zusammenspiel mit Untergrund und Belagsmaterial und das Emissionsverhalten unter realitätsnahen Bedingungen in Messräumen. Wie es heißt, konnte man sich die Klebstoff-Technologie in Teilbereichen patentrechtlich schützen lassen.

Servo-Art: Wandflächen hochwertig gestalten

Mit der dekorativen Wandspachtelmasse Servo-Art bietet Kiesel ein interessantes Nischenprodukt, mit dem sich Wandflächen hochwertig gestalten lassen. Auslöser der Idee war die Tendenz, dass im Bad immer mehr Putzfläche gewünscht wird. Mit Servo-Art steht jetzt ein außergewöhnliches zementäres Material mit der Besonderheit zur Verfügung, dass sich die Nano-Pigmente bereits im Anmachwasser auflösen.

Interesse an der Verarbeitung müsse nach Ansicht von Wolfgang Kiesel beispielsweise der Raumausstatter mit seiner Gestaltungskompetenz an der Wand haben. Aber genau so gut können Bodenleger, Estrichleger und Maler mit Spachtelmasse umgehen. Sie müssen sich nur aus der waagerechten Bodenfläche an die Senkrechte wagen und können damit ein neues Tätigkeitsfeld erschließen.

Pulverprodukte staubfrei anmischen

Die von Kiesel angebotenen Produkte gehen zu 95 % in die Renovierung. Klar, dass vor diesem Hintergrund bei der Verarbeitung von Spachtelmassen möglichst wenig Staub anfallen soll - vor allem dann, wenn es sich um bewohnte Gebäude handelt. Statt die Rezepturen gravierend zu verändern, was durchaus Risiken in sich birgt, hat Kiesel "Benni" entwickelt, eine Absaugdüse für alle gängigen Industriestaubsauger, die sich mit einer Klemmvorrichtung an den Gebinden befestigen lässt und den Staub am oberen Rande des Rühreimers einfach absaugt. Benni ist dabei mehr als ein praktischer Helfer auf der Baustelle, sondern gleichzeitig ein interessantes Marketing-Tool. "Beim Kauf von zwei Paletten Schnellspachtelmasse, die man mit drei verschiedenen Produkten individuell zusammenstellen kann, gibt es die Ansaugdüse dazu", erläutert Beatrice Kiesel, die sich über das starke Interesse freut.


Kiesel Bauchemie im Überblick

Kiesel Bauchemie GmbH & Co. KG
Wolf-Hirth-Straße 2
73730 Esslingen am Neckar
Tel.: 0711/9 31 34-0
Fax: 0711/9 31 34-140
E-Mail: kiesel@kiesel.com
Internet: www.kiesel.com

Gründungsjahr: 1959
Mitarbeiterzahl: 180
Mitarbeiterzahl (Außendienst): 40
Markennamen: Bakit, Okamul, Okatmos, Servoalpha, Servo-Art, Servofix, Servoplan
Verbandsmitgliedschaften:
- Fachverband Holzpflaster e.V.
- GEV Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewekstoffe, Klebstoffe und Bauprodukte e. V.
- IVK Industrieverband Klebstoffe e.V.

Geschäftsführer: Wolfgang Kiesel
Geschäftsführer Technik: Dr. Matthias Hirsch
Vertrieb: Uwe Sauter, Holger Oetker
Marketing: Beatrice Kiesel
Technisches Marketing: Ulrich Lauser
aus FussbodenTechnik 04/08 (Wirtschaft)