Unifloor: Interview mit Rüdiger Dicke und Willem-Jan Candel

Mikroestriche für kritische Untergründe im Fokus


Der smarte Aufbau einer schwimmenden Fußbodenkonstruktion - das ist das Geheimnis der Unifloor-Produkte der Marke Jumpax. Unifloor-CEO Willem-Jan Candel und Verkaufsleiter D/A/CH, Rüdiger Dicke, geben anlässlich des 25-jährigen Jumpax-Jubiläums Einblicke in das Geschäft mit Mikroestrichen für kritische Untergründe. Außerdem zeigen wir mit dem Hotel Mondial in Köln eine spannende Unifloor-Referenz.

FussbodenTechnik: Obwohl Unifloor mit seinen Jumpax-Produkten den klassischen Aufbau einer Fußbodenkonstruktion auf den Kopf stellt, ist die Alternative eines trockenen und leichten Unterbodens schwer im Kommen. Woran liegt das?

Willem-Jan Candel: Das liegt daran, dass der Handwerker dank unserer Jumpax-Produkte nicht mehr umständlich den alten Boden ausbauen, schleifen, grundieren, spachteln und kleben muss. Wir sind der komplette Gegenentwurf. Unsere Wurzeln liegen in der Produktentwicklung der niederländischen Trittschallreduzierung. Dort hat man zwangsweise mit schwimmenden Fußbodenkonstruktionen zu tun, aber ohne Verbindung nach unten. Außerdem ist im Systemaufbau eine Mindestreduzierung von 20 dB sogar verpflichtend. Das gelingt dank einer weichen Unterlage, die für die geforderte Schalltrennung sorgt. So stellt die neue Lastverteilschicht aus MDF den neuen verlegereifen Boden dar. Man kann sagen: Eigentlich ist es ein Mikroestrich auf Bestandsböden. In Deutschland löst die DIN 4109 die Trittschall-Thematik. Hier liegt unsere Kompetenz bei Lösungen für kritische Untergründe.

FT: Kritiker werden möglicherweise die Langlebigkeit einer alternativen Konstruktion anzweifeln. Was entgegnen Sie denen?

Rüdiger Dicke: Der Aufbau mit einem Chemiebaukasten versucht sämtliche Bewegungskräfte zu binden. Das ist ein hoher Aufwand mit vielfach wenig Erfolg. Unsere Systeme dagegen schwimmen auf der Konstruktion. Unser Ziel ist es, nur die Dimensionsveränderung des Belags in den Griff zu bekommen. Diese Kräfte sind geringer, also ist unser Aufbau smarter. Wir fühlen uns wie die Erben des Bauhauses. Für Linoleumbeläge reichen nach unserer Erfahrung 7 mm MDF aus, für Mehrschichtparkett und Kautschukbeläge genügen 8 mm MDF plus entsprechender Unterlage. Aus diesem Ansatz hat sich über die Jahre ein Baukasten-System für unterschiedlichste Anforderungen und Gegebenheiten entwickelt, die Jumpax-Familie. Wir sind von unserem System überzeugt, deshalb geben wir seit Januar 2020 auch eine 5-Jahres-Garantie.

FT: Jumpax-Produkte gibt es mittlerweile seit 25 Jahren. Was bedeutet das Jubiläum für Unifloor?

Candel: Es ist gefühlte Ewigkeiten her, als das erste Jumpax-Produkt auf den Markt kam. Ich würde sagen: Niederländischer Entwicklungscharme gepaart mit deutscher Perfektion sind die Quellen unseres Erfolgs. Anfangs hat man uns und unsere Produkte belächelt. Seit 10 Jahren sind wir in Deutschland vertreten und nehmen mit unseren Erfahrungen und Wissen aktiv am Markt teil. Jumpax wird seit vielen Jahren auch in Deutschland produziert, zertifiziert, entwickelt und geprüft. Unifloor ist darüber hinaus aktives Mitglied im Fachverband der elastischen Bodenbelagshersteller (FEB) und in der Objekteursgemeinschaft Netzwerk Boden. Mit Neuheiten sind wir regelmäßig auf der Messe Architect@work präsent.

FT: Wie gewinnen Sie die verlegenden Handwerker für Jumpax-Böden?

Dicke: Wir beraten unsere Kunden vor Ort im Bestand, besprechen mit allen Beteiligten unsere Lösungen. Das schätzen unsere Kunden; die persönliche Beratung vor Ort und Betreuung bei den ersten Quadratmetern geben Sicherheit in der Umsetzung und schaffen Werte. Unsere Boden-Crew besteht zur Zeit aus vier erfahrenen technischen Objektberatern vor Ort. So sind wir schnell und zeitnah an der Baustelle. Jumpax muss man sehen und fühlen.

FT: Wie ordnen Sie selber Ihre Mikroestriche ein?

Dicke: Wir passen mit unseren Ideen und Lösungen in keine klassische Schublade - für Unterlagen zu dick und zu dünn im Vergleich zu gipshaltigen Trockenestrichelementen. Wir setzen auf intelligente Bodensysteme, die so dünn und stabil wie möglich sind. In der Renovierung zählt jeder mm und jedes weniger eingebrachte Kilogramm Material und das außerdem trocken und schnell. Wer will sich schon den Kopf am Türrahmen stoßen (lacht)?

Candel: Bei dieser Form der Bodensysteme sind wir Markt- und Innovationsführer. Mit drei Fertigungsstätten produzieren wir marktnah und sicher, ein Vorteil gerade in Corona-Zeiten. Das eigene Akustiklabor mit zwei Prüfständen kann Kundenfragen schnell und professionell beantworten. So sind besondere Aufbauten sicher geprüft und produziert, alles aus einer Hand.

FT: Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für Sie?

Candel: Wir achten schon in der Entwicklung und beim Einkauf auf unsere Rohstoffe, wir wollen nur FSC-Materialien verarbeiten, also nachwachsende Rohstoffe aus verantwortungsvollen und geprüften Quellen. Unsere Produktion ist ein Verbund mit "geschützten Werkstätten". Wenn ich eine Bestätigung oder Motivation für unsere Arbeit brauche, besuche ich unsere Produktion. Fröhliche Menschen mit unterschiedlichsten Befähigungen sind am Werk mit bester Qualität und Einsatz, das macht stolz.

FT: Welche Bedeutung hat die in DIN 4109 geregelte Trittschallreduzierung aus Ihrer Sicht?

Dicke: Schon vor Corona hat sich die Einstellung zum Trittschall schleichend verändert. Lärm macht krank und mindert die Lebens- und Wohnqualität. Das wird so nicht mehr akzeptiert und beschäftigt die Gerichte. Fehlende Trittschall-Dämmung ist ein Mangel. Modernisierungen des Bestandes verändern die Rechtslage und erzwingen die Einhaltung der neuen Werte. Ich sehe eine tickende Zeitbombe für Investoren.

FT: Welche Rolle spielen veränderte Anforderungen allgemein?

Candel: Es gibt heute sicherlich einen schnelleren Wechsel der Lebenssituationen. Unsere Väter begannen ihre Berufsausbildung nach der Schule, mit der Liebe gründeten sie eine Familie, nach wenigen Arbeitgeberwechseln kam die Rente und der Ruhestand. Heute lauschen wir Zukunftsforschern wie Matthias Horx und seinen Reports: Ausbildung und/oder Studium; diverse Praktika, Berufungen und Lebenskrisen mit wechselnden Partnern im Patchwork und deshalb auch wechselnde Wohnumfelder. Weit verbreitet der ständige schnelle Wechsel im urbanen dichten Lebensraum. Wohnen und Bauen muss bezahlbar bleiben, die schwimmende Konstruktion siegt in den Disziplinen Schnelligkeit, Staubfreiheit und Lärmarmut.

FT: Wie hat sich bei Unifloor die Corona-Pandemie intern ausgewirkt?

Candel: Zwang beschleunigt bekanntlich Prozesse, auch bei uns. Digitale Team-Meetings sind bei uns nach wenigen Wochen schon Normalität gewesen. Im zweiten Schritt sind wir damit gestartet, Branchengäste digital einzuladen, um das Netzwerk zu pflegen und den Horizont zu erweitern. Wir sind begeistert von den tollen neuen Möglichkeiten.

FT: Wie wirkt sich das Virus auf den Markt aus?

Dicke: Krisen sind wie Achterbahnen, einem steilen Anstieg mit Zweckoptimismus folgt die rasante Talfahrt in den Keller - und irgendwann ist der Boden erreicht. Ab hier kann es nur noch bergauf gehen.

Candel: In Großbritannien und den USA sind wir im Keller, in Deutschland und in den Niederlanden warten wir auf die Talfahrt. Wir haben kein durchgängiges Marktbild, hier sind die privaten Bauherrn die Treiber, dort die Pessimisten. Insgesamt sind wir in Deutschland auf der Insel der Glückseligen, die Handwerker arbeiten unter Auflagen, die Baustellen laufen und die riesigen Rettungsschirme auf Kredit stärken langfristig das Betongold.

FT: Wie sieht die Vision von Unifloor aus?

Candel: Wir wollen mit den digitalen Disziplinen wachsen und sie für neue andere Wege zum Verarbeiter, Planer und Architekten nutzen. Gleichzeitig wollen wir gemeinsam mit unseren Kunden für neue nachhaltige Produkte lernen, die urbanes Wohnen einfacher und angenehmer machen.

FT: Was ist Ihr außergewöhnlichstes Objekt?

Dicke: Zur Auswahl steht die Messehalle in Leipzig, wo Jumpax-Produkte auf Stahlgitterrosten unter Glas zum Einsatz kamen. Oder unsere erwärmte Fläche für die "Nacktwette" bei "Wetten dass..?" in Düsseldorf oder aktuell der Boden für die Berliner Corona-Halle 26, erstellt in vier rekordverdächtigen Wochen für 500 Intensivbetten. Jedes Beispiel ist einzigartig und zeigt unsere Vielfalt und technische Kompetenz.

Willem-Jan Candel zur Person

Seit Anfang 2019 ist Willem-Jan Candel auf der Kommando-Brücke der niederländischen Muttergesellschaft. Er hat den Übergang von der Inhaber-Hierarchie zur breiter aufgestellen Managemet-Struktur aktiv gestaltet. Geholfen hat ihm bei dieser Aufgabe sein Background aus Leitungsfunktionen bei europäischen Sicherheitsdiensten und in der Verpackungsindustrie. Sein Erfahrungsschatz aus einem Jahrzehnt Consulting und Interimsmanagement war eine weitere Stütze in diesem Prozess.


Rüdiger Dicke zur Person

Rüdiger Dicke (57) steht seit fast 10 Jahren in Diensten von Unifloor und verantwortet als Verkaufsleiter D/A/CH ein Team von vier technischen Objektberatern. Der Mönchengladbacher ist das Gesicht der Unifloor-Produkte im Markt und wird gerne scherzhaft als Mr. Jumpax angesprochen. Der Fachbauleiter Fußbodentechnik und Kommunikationswirt ist der erste Ansprechpartner von Handwerkern und Architekten, wenn es um Unifloor-Lösungen geht.
aus FussbodenTechnik 04/20 (Wirtschaft)