eBay vs. Amazon: E-Commerce-Riesen im Vergleich

Suchen - finden - bestellen: Das Online-Geschäft brummt. 72,6 Milliarden Euro wurden 2019 allein in Deutschland erwirtschaftet, knapp die Hälfte davon auf digitalen Marktplätzen. Allen voran agieren dort die E-Commerce-Riesen Amazon und eBay. Vor allem kleinen und mittleren Unternehmen bieten die Plattformen den perfekten Einstieg ins Online-Business, ohne dass diese einen eigenen Webshop eröffnen müssen.

Bin ich ein Amazon-Marketplace-Händler, ein eBay-Powerseller oder gar beides? Diese Frage müssen Händler klären, bevor sie sich entscheiden, in den E-Commerce einzusteigen. Ein Vergleich zeigt, welches Unternehmen wo besser aufgehoben ist, wo sich Chancen auftun und sich Risiken verbergen.

Auffindbarkeit

Wer im Internet den Namen eines bestimmten Produkts eingibt, stößt bei Google schon bei den ersten Suchergebnissen unweigerlich auf mindestens ein Amazon-Angebot. Nicht anders ist es bei der Eingabe einer unspezifischen Produktfamilie: Immer erscheint Amazon in der Suchabfrage, dazwischen gestreut vielleicht mal der ein oder andere Online-Fachhändler. Auch eBay taucht hier und da auf - aber dann immer wieder: Amazon, der Platzhirsch des E-Commerce.

Das exzellente Ranking von Amazon in Suchmaschinen wie Google gehört zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren des Unternehmens. Kein Wunder, dass Amazon bei dieser Dauerpräsenz allein in Deutschland monatlich bis zu 472 Millionen Besucher (zum Beispiel im April 2020) auf seine Seiten zieht. Ebay und andere Online-Marktplätze können da nicht ansatzweise mithalten. Hersteller, die ihre Produkte einem möglichst großen Kundenkreis vorstellen wollen, erreichen mit Amazon eine überragende Reichweite. Zugleich aber haben Händler auf Amazon ein Problem: Sie können in der Masse gleicher Angebote schnell übersehen werden.

Anmeldeprozess

Sowohl Amazon als auch Ebay bieten diverse Account-Optionen an, um allen Verkäufern - vom Hobbyhändler bis zum Profiseller - gerecht zu werden. Für professionelle Handelsunternehmen oder Hersteller gilt: Gegen eine monatliche Gebühr können sie bei Amazon so viele Produkte einstellen, wie sie wollen. Dazu nutzen sie im Gegensatz zu Einzelanbietern eine Reihe von erweiterten Funktionen wie Massen-Uploads oder die Möglichkeit, Produkte verschiedener Kategorien zu verkaufen.

Auch eBay bietet verschiedene Account-Strukturen an. Für professionelle Marken und Verkäufer empfiehlt sich die Einrichtung eines eBay-Shops. Dazu gehören eine individuelle URL, erweiterte Marketingoptionen und die Unabhängigkeit von Kategoriebeschränkungen.

Produktpräsentation

Um auf Online-Marktplätzen erfolgreich zu handeln, muss das Angebot von den Kunden gefunden werden, was wiederum stark von der Präsentation abhängt. Hier gibt es grundlegende Unterschiede zwischen Amazon und eBay. Bei Amazon dreht sich alles um Benutzerfreundlichkeit. Das Ordnungskriterium sind die Produkte. Damit Kunden mühelos einkaufen können, werden jeweils alle Anbieter eines Produkts in einem Listing zusammengefasst. Im Gegensatz dazu erhalten Verkäufer auf eBay auch dann einen eigenen Listenplatz für ihre Ware, wenn es schon beliebig viele gleiche Angebote gibt.

Die Sichtbarkeit der Produkte wird auf Amazon hauptsächlich durch SEO-Ranking-Algorithmen bestimmt. Die richtigen Schlüsselworte sorgen dafür, dass ein Produkt in den Suchergebnissen erscheint. Markentreue zu entwickeln ist schwer, Online-Shoppern wird in der Regel der Eindruck vermittelt, ihre Produkte direkt von Amazon zu erhalten. Es gibt jedoch auch bei Amazon Möglichkeiten, sich abzugrenzen, etwa durch den A+Content, der es erlaubt, weiter unten im Produktlisting die Geschichte der Marke zu erzählen.

Bei eBay hat der Verkäufer die volle Kontrolle über sein Angebot, indem er ein eigenes Online-Schaufenster gestaltet. Für einen erfolgreichen Verkauf zählt am Ende jedoch nur, auf den ersten Seiten der Suchergebnisse aufzutauchen.

Preisgestaltung

Bei Amazon gilt: Der Anbieter wählt einen Preis, und so viel kostet das Produkt. Festpreise gibt es natürlich auch bei eBay. Dazu bietet die Plattform aber nach wie vor die Versteigerungs-Optionen an, für die sie bekannt geworden ist. Dazu gehören etwa die Möglichkeit für potenzielle Kunden, Preisvorschläge zu machen, oder die klassische Versteigerung von Produkten ohne Festpreis.

Verkaufsgebühren/
Tarifmodelle

Amazon erhebt für alle Produkte eine kategorieabhängige Verkaufsgebühr, die sich prozentual aus dem Gesamtverkaufspreis berechnet. Bei Möbeln und Wohnaccessoires beträgt sie beispielsweise bis zu einem Gesamtverkaufspreis von 200 EUR 15 %, bei höherem Gesamtverkaufspreis (Ausnahme: Matratzen) 10%. Hinzu kommt im Basiskonto eine Gebühr von 0,99 Euro pro erfolgreich verkauftem Artikel. Als Alternative zum Basiskonto kann sich der Händler auch für ein professionelles Verkäuferkonto für 39 EUR/Monat entscheiden.

Im Gegensatz zu Amazon fallen bei eBay schon für das Einstellen von Produkten Angebotsgebühren an. Abonniert der Händler einen der vier eBay-Shops, kann er aber eine bestimmte Zahl an Festpreisangeboten und Auktionen ohne Angebotsgebühr einstellen. Im Basis-Shop (395,40 EUR/Jahr) etwa lassen sich monatlich bis zu 400 Festpreisangeboteeinstellen. Zusätzlich berechnet eBay eine kategorieabhängige Provision, wenn ein Artikel verkauft wurde. Für Möbel und Wohnaccessoires beträgt diese zum Beispiel 9 % oder maximal 99 EUR des Gesamtpreises.

Unterstützung
für Händler

Prinzipiell müssen Händler die Verantwortung für Lagerung, Versand und Kundenservice nicht aus der Hand geben, sondern können die gesamte Abwicklung in den eigenen Händen belassen. Bei Amazon hat diese Möglichkeit den Vorteil, Abwicklungs-Gebühren zu sparen und die Kontrolle bei der Logistik zu behalten. Allerdings sinkt zugleich die Sichtbarkeit auf der Plattform, weil die so vermarkteten Produkte hinter den Amazon-Produkten gelistet werden. Denn als zusätzlichen Service für Händler bietet Amazon mit dem Programm "Fulfillment by Amazon" (FBA) die Möglichkeit, die gesamte Verkaufsabwicklung für den Händler zu übernehmen - von der Lagerhaltung bis zur Verpackung, Frankierung, den Versand und die Retouren.

Auch Reklamationen werden vom Amazon-Kundenservice bearbeitet: europaweit, 365 Tage im Jahr und in der Landessprache. Allerdings hat dieser Service seinen Preis. So betragen allein die Lagerkosten von Produkten mit Übergröße von Januar bis September monatlich 18 Euro pro Kubikmeter und von Oktober bis Dezember 25 Euro pro Kubikmeter. Für Artikel, die mehr als 30 kg wiegen, ist der Versand durch Amazon nicht möglich.

In Zusammenarbeit mit Fiege Logistik bietet das eBay Fulfillment ebenfalls Lagerung, Kommissionierung, Verpackung und Übergabe an einen Versanddienstleister. Allerdings fehlt derzeit noch ein Retouren-Management, und die Länge der Pakete ist auf maximal 2 Meter und das Gewicht auf höchstens 31,5 kg begrenzt. Die Lagerkosten betragen pauschal 29 Euro pro Kubikmeter.

Zahlungsabwicklung

Amazon agiert als Mittelsmann, zieht die Gelder der Käufer ein und überweist die Summe abzüglich aller Gebühren an den Verkäufer - jedoch erst nachdem die Frist für mögliche Rückerstattungen und Retouren abgelaufen ist. eBay-Kunden zahlen direkt an den Verkäufer, die Plattform stellt dem Seller die Gebühren monatlich in Rechnung.

Versandbedingungen

Amazon bietet zwei Versandvarianten: Bei FBA (Fulfillment by Amazon) übernimmt Amazon gegen eine Gebühr die gesamte Logistik. Bei FBM (Fulfillment by Merchant) verpackt und versendet der Verkäufer selbst (siehe Unterstützung für Händler). Auch eBay bietet mittlerweile die Möglichkeit, den Versand gebührenpflichtig zu übernehmen. Die Mehrheit der eBay-Händler versendet die Ware jedoch selbst und kann durch eine hohe Versandgeschwindigkeit und darauf folgende gute Bewertungen profitieren.

Reklamation / Rücknahmen

Amazon deckt mit der A-bis-Z-Garantie sowohl die fristgemäße Zustellung als auch den Zustand der Ware ab. Die Prüfung von Reklamationen erfolgt über die Plattform und nicht über die Verkäufer.

Bei eBay haben Verkäufer die Wahl zwischen fünf Garantie-Optionen: Gar keine Retouren akzeptiert, 30 bzw. 60 Tage käuferfinanziert oder 30 bzw. 60 Tage kostenlose Rückgabe. Die Plattform empfiehlt den Sellern, ihren Kunden möglichst großzügige Rückgabemöglichkeiten einzuräumen, mit der Begründung, dass diese die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflussen.

Kundenkontakt

Kundenkontakte werden bei Amazon extrem geschützt. Im Fokus steht nicht der Händler, sondern der Käufer. Dementsprechend hoch ist die Abhängigkeit des Sellers von der Plattform. Wenn beispielsweise die Sichtbarkeit sinkt, weitere Konkurrenten auf den Markt kommen oder Kundenkonten geschlossen werden, kommt der Verkäufer nicht mehr an den Kunden heran. Dieser bekommt wiederum bei Amazon häufig gar nicht richtig mit,werder Verkäufer tatsächlich ist. Es gibt keine Möglichkeit, E-Mail-Adressen zu sammeln oder nach dem Verkauf Kontakt zum Kunden herzustellen.

Zwar haben eBay-Verkäufer direkteren Kontakt zu ihren Kunden und können unter anderem durch ihr individuelles Online-Schaufenster einen Wiedererkennungswert schaffen. Allerdings nimmt die Markentreue auf dem eBay-Marktplatz ab. Letztendlich steht damit ein engerer Kontakt zu den Kunden auf Ebay einer deutlich höheren Kundenanzahl auf Amazon entgegen.
aus Haustex 07/20 (Handel)