Decor-Union Einkauf und Service GmbH

"Die Decor-Union ist Weltmeister im Individualisieren"


In der Decor-Union sind Fachhändler, Großhändler und Objekteure organisiert. Das ist eine Herausforderung für die Kooperation, bietet aber auch Vorteile, sagen die Geschäftsführer Regina Hebbeln-Röttjer und Frank Böttner. Wir wollten mehr wissen.

BTH Heimtex: Wenn von der Decor-Union die Rede ist, fällt sofort das Stichwort "3-Säulen-Modell", weil sich Fachhändler, Großhändler und Objekteure unter Ihren Mitgliedern finden. Woher kommt dieses außergewöhnliche Mitgliedergefüge?

Regina Hebbeln-Röttjer: Die Wurzeln reichen bis ins Jahr 2002 zurück: Damals ging die Kooperation FHG in die Insolvenz und ehemalige Mitglieder - Großhändler und Objekteure - haben sich der Decor-Union angeschlossen. Etwas später sind dann auch die Farbengroßhändler des Nrc Nordrings hinzugekommen.

Diese besondere Konstellation ist eine Herausforderung, weil jede dieser Gruppen spezielle Anforderungen an eine Kooperation stellt. Aber sie bringt auch Synergien. Gut zum Beispiel ist, dass die Großhändler Schneck in Siegen und Klein in Hagen für die Decor-Union das Zentrallager betreiben.

Frank Böttner: Jeder bringt seine Stärken mit ein. Diese sind zum Beispiel die Stärken des Einzelhandels im Bereich Tapete und Endverbraucher-Bodenbeläge, bei den Großhändlern die Bereiche Profi-Farben und Profi-Bodenbeläge und bei den Objekteuren die Objekt-Bodenbeläge. Dadurch stärkt die eine Gruppe die jeweils andere.

Es gibt aber trotz der verschiedenen Vertriebsstrukturen auch viele Überschneidungen. Problemlösungen, Anpassungen der Vertriebswege, Bündelung von Einkaufsvolumina, strategische Zusammenarbeit mit der Industrie lassen sich gemeinsam und mit den unterschiedlichen Erfahrungen aller besser lösen. Mit der eigenen Stärke die andern mit stark machen. Zum Beispiel haben wir mit unserem Mitglied Hunnenberg in Düsseldorf eine Manufaktur für abgepasste Teppich, auch in Spezialanfertigungen. Von diesem Know-how profitieren alle Mitglieder der Decor-Union.

BTH Heimtex: Wie viele Fachhändler, Großhändler und Objekteure sind gegenwärtig bei Ihnen Mitglied?

Hebbeln-Röttjer: Wir haben 87 Fachhändler mit zusammen 110 Standorten, 37 Großhändler mit 72 Standorten und 54 Objekteure mit 70 Standorten.

BTH Heimtex: Wie hat sich die Sparte Großhandel bei Ihnen in den letzten Jahren entwickelt?

Hebbeln-Röttjer: Sie ist immer stärker geworden. Was auch ein Verdienst von Herrn Böttner ist, der vor seiner Ernennung zum Geschäftsführer für den Großhandel verantwortlich war.

Böttner: Als ich vor knapp neun Jahren zur Decor-Union gewechselt bin, hatten wir im Großhandel ein EK-Volumen von 28,5 Mio. EUR, 2019 waren es rund 58 Mio. EUR.

BTH Heimtex: Dabei sind es ja nicht unbedingt die großen Firmen, die bei Ihnen Mitglied sind

Hebbeln-Röttjer: Neben einigen Filialisten sind es hauptsächlich Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 5 bis 6 Mio. EUR, bei denen der Inhaber noch die Kunden bedient. Dieser direkte Kontakt ist vielen Handwerkern wichtig. Daher sind auch unsere kleineren Großhändler nach wie vor sehr erfolgreich.

Böttner: In der Regel sind bei uns wirtschaftlich gesunde Firmen, die in der zweiten oder dritten Generation geführt werden. Die Gebäude sind bezahlt. Expansion wurde nur zu einem kleinen Teil auf Fremdkapital aufgebaut. Wir empfehlen diesen Unternehmen einen Mix mit vielleicht einem Drittel Eigenmarke, einem Drittel Markensortiment und einem Drittel Nische. Das funktioniert ganz gut: Die einen bedienen Werften, die anderen den Schreiner, andere sind im hochwertig dekorativen Innenwandbereich tätig.

Masse, das können die Großen besser. Aber bei denen ist der Kostendruck viel höher durch die Zentralläger und eben weil sie so viele Filialen haben, für die sie Personal benötigen und in denen sie Ware vorrätig halten müssen. Sie müssen Umsatz generieren; aber der Markt wächst nicht, vielleicht wird er sogar kleiner. Also geht das dann leider nur über den Preis.

BTH Heimtex: Welche Rolle spielt das Thema Logistik?

Hebbeln-Röttjer: Im Farbenbereich sehe ich bei unseren Mitgliedern eher, dass die Kunden die Ware öfter abholen. Da gibt es morgens Brötchen und zur Fußballweltmeisterschaft steht da auch ein Fernseher. Auch daran zeigt sich der enge Kontakt zwischen Großhändler und Handwerker. Bei Bodenbelägen ist das etwas anders, da wird mehr zur Baustelle geliefert.

BTH Heimtex: Der Großhandel wächst in der Decor-Union, wie sieht es im Einzelhandel aus?

Hebbeln-Röttjer: Da wird es etwas weniger, was überwiegend damit zusammenhängt, dass die Inhaber keine Nachfolger finden.

Dabei bieten wir unseren Mitgliedern Hilfe für den Übergabeprozess an. Es müssen ja gar nicht die eigenen Kinder sein, vielleicht ein Mitarbeiter, ein Marktleiter, der schon über Jahre im Betrieb ist. Wir hatten auch schon den Fall, dass ein ehemaliger Subunternehmer ein Geschäft übernommen hat.

BTH Heimtex: Sie haben bereits angesprochen, dass die unterschiedlichen Gruppen innerhalb der Decor-Union unterschiedliche Anforderungen an eine Kooperation stellen. Wie definieren Sie generell Ihre Aufgabe?

Böttner: Historisch gesehen, sind wir ein Einkaufsverband. Und das Bündeln von Einkaufsvolumina und die damit verbundenen Preisvorteile sind natürlich immer noch wichtig.

Aber heute sind wir eher ein Verkaufsverband - wir helfen unseren Mitgliedern dabei, besser und mehr zu verkaufen. Das geschieht über unsere Serviceangebote, aber auch über das Netzwerk, das wir ihnen bieten. Zum Beispiel im Rahmen der Wohn-Manufaktur, in der sich kleinere und hochwertige Geschäfte zusammengefunden haben. Hier können die Mitglieder voneinander lernen und profitieren.

Das ist auch für die Lieferanten interessant, die etwa durch Schulungsmaßnahmen gezielt dabei helfen, diese Firmen weiter nach vorn zu bringen. Es gibt bei uns den Spruch "Die Decor-Union ist Weltmeister im Individualisieren". Wir wollen die Individualität des Mitgliedes vor Ort so hoch wie möglich halten. Das gelingt uns durch einen hohen Konzentrationsgrad im Hintergrund - also bei uns - und eine starke Individualisierung nach vorne hin, in Richtung Kunden.

BTH Heimtex: Das bedeutet konkret?

Böttner: Das Mitglied kümmert sich um sein Geschäft vor Ort. Den Rest, das Administrative nehmen wir ihm ab. Dabei bieten wir unterschiedliche Dienstleistungen an, je nachdem, ob es sich um einen Objekteur, Fach- oder Großhändler handelt, ob es ein Bodenbelags-, Farben- oder Spezialitätengroßhändler ist. So kann unser Mitglied die für ihn wichtigen und richtigen Leistungen abrufen.

BTH Heimtex: Wie sind intern die Verantwortlichkeiten für die drei Säulen geregelt?

Böttner: Die vergleichsweise starre Trennung in der Vergangenheit haben wir aufgebrochen. Die Verantwortlichkeit orientiert sich weniger an der jeweiligen Säule als an der Art des Geschäftes. Frau Hebbeln-Röttjer und Katharina Pas sind für die Objekteure der Decor-Union, Netzwerk Boden und die Wohn-Manufaktur zuständig, weil diese Betriebe auch hochgradig dienstleistungsorientiert sind. Die großen Fachmärkte arbeiten eher wie der Großhandel und werden daher von mir verantwortet. Die übrigen Bereiche arbeiten nicht für einzelne Säulen, sondern übergreifend: Marketing, Produktmanagement und Einkauf.

Eine unserer wichtigsten Aufgaben sehe ich in der Vernetzung von Menschen. Das geschieht natürlich über die klassischen Erfa-Tagungen, die heute übrigens ganz fokussiert sind auf das gemeinsame Arbeiten. Wir bieten solche Tagungen nicht nur für die Chefs an, sondern auch für die zweite Reihe: Es gibt Bauleitertagungen, Groß- und Einzelhandelsforen mit Niederlassungsleitern, Außendienstmitarbeitern, aber auch Junioren.

BTH Heimtex: Damit sind wir beim Thema Weiterbildung. Was ist aus dem Bildungsnetzwerk geworden, das Sie gemeinsam mit MZE/2HK und dem Südbund initiiert hatten?

Böttner: Leider haben wir es nicht geschafft, immer die ausreichende Anzahl von Teilnehmern für die Veranstaltungen zu gewinnen und mussten diese Initiative schließlich einstellen. Heute gehen wir einen anderen Weg: Wir stellen auf einer Veranstaltung die nächste vor, erhalten verbindliche Zusagen und können bei ausreichender Teilnahme mit den Vorbereitungen beginnen.

Hebbeln-Röttjer: Bei den Schulungen setzen wir momentan auf Themen wie die Argumentation von Onlinepreisen, hochwertig Verkaufen oder den Verkauf von Cross-Selling-Artikeln. Das sind zentrale Aspekte, um heute nach der Beratung auch zum Kaufabschluss zu kommen.

BTH Heimtex: Ein anderes Thema, an dem der Handel gerade nicht vorbei kommt, ist die Digitalisierung.

Hebbeln-Röttjer: Wir sehen Digitalisierung aus zwei Blickwinkeln: einmal nach innen, also interne Abläufe, Kommunikation und Vernetzung auch mit den Mitgliedern. Und dann nach außen, also die Unterstützung unserer Mitglieder was Software für die innerbetrieblichen Abläufe angeht, die Webseite oder das Marketing über das Internet und die sozialen Medien. Das geschieht individuell je nach Gruppierung. So empfehlen wir etwa bei der Wohn-Manufaktur Kaiser EDV, bei den Fachmärkten Shopwin und bei den Großhändlern setzt sich die GOB auf Navision-Basis durch.

Böttner: Unser Ziel ist es, unsere Mitglieder in Zukunft weiter zu entlasten. Beispielsweise indem wir die Stammdaten zur Verfügung stellen und das Aktualisieren, Löschen alter oder Einpflegen neuer Artikel nicht mehr von jedem Händler einzeln erfolgen muss. Dazu ist es allerdings zwingend erforderlich, dass viele mit der gleichen Software arbeiten. Sonst müssen wir zu viel mit teuren Schnittstellen arbeiten.

Die Konzentration auf bestimmte Programme bringt auch den Vorteil, dass die Anbieter wissen, welche spezifischen Anforderungen unsere Mitglieder haben.

Hebbeln-Röttjer: Schon jetzt nutzen wir für die Kommunikation ein umfangreiches Intranet mit unterschiedlichen Berechtigungsstufen. So haben auch Mitglieder Zugriff, um Informationen zu erhalten. Informationen für das Marketing, aber auch zum Rechnungswesen, Preislisten, Web2print, etc.

BTH Heimtex: Wie steht es um die Digitalisierung beim Mitglied, etwa die Gestaltung von Webseiten?

Hebbeln-Röttjer: Wir bieten fertige Layouts und komplette Lösungen an. Und wir arbeiten mit Agenturen zusammen, die gegebenenfalls von unseren Mitgliedern beauftragt werden, wenn sie etwa ein neues Video erstellen möchten.

BTH Heimtex: Wie sieht es mit einem Onlineshop-Modul aus?

Hebbeln-Röttjer: Auch das bieten wir an. Wobei wir uns als Kooperation auf das Einspielen der Produktinformationen beschränken. Den Abgleich mit dem eigenen Warenwirtschaftssystem, die Zahlungsabwicklung und den Versand muss das Mitglied selbst machen beziehungsweise über einen Dienstleister der Decor-Union.

BTH Heimtex: Welche Kosten entstehen für diese Serviceleistungen?

Hebbeln-Röttjer: Bei einer Laufzeit von 24 Monaten liegen die Kosten inklusive des Shopmoduls bei 799 EUR monatlich, ohne den Onlineshop sind es 499 EUR. Zum Paket gehören Videos zu Produkten und dem jeweiligen Unternehmen oder etwa Content für Facebook.

BTH Heimtex: Wie sieht denn generell die Gebührenstruktur in der Decor-Union aus?

Hebbeln-Röttjer: Wir haben eine Kostenpauschale für den Großhandel und zwei für den Einzelhandel - einmal Raumausstatter, einmal Fachmarkt. Das richtet sich auch danach, ob ein Händler einen Schwerpunkt hat oder ob er als Vollsortimenter mehrere Warenbereiche abdeckt.

Böttner: Für die Fachmärkte sind die Kosten am höchsten, weil wir für sie auch die meisten Dienstleistungen erbringen. Das reicht von der Preisauszeichnung über Ladenbau inklusive Lichtgestaltung bis zur Außengestaltung. Im Prinzip muss sich ein Mitglied hier um fast nichts kümmern.

Alles was wir dafür brauchen ist Input darüber, was vor Ort gerade läuft und gebraucht wird. Mit diesen Informationen können wir arbeiten, Konzepte entwickeln, die Warenpräsentation verbessern oder die Eigenmarkensortimente aktualisieren.

BTH Heimtex: Welche Eigenmarken haben Sie?

Böttner: Esprima für den Einzelhandel, Insein für den Großhandel mit dem Schwerpunkt Boden und Meistergold für Großhändler mit dem Schwerpunkt Farbe. Insgesamt gibt es 4.600 Meistergold-Artikel, 27 Bodenbelagskollektionen, neun Tapetenkollektionen - 90 % davon sind eingelagert. Erarbeitet werden diese Eigenmarken, Kollektionen und Kernsortimente in den jeweiligen Fachausschüssen und dann übernimmt die Decor-Union die komplette Umsetzung.

Wir möchten, dass unsere Mitglieder in ihrem Segment mit den Benchmarks der Branche auf Augenhöhe spielen können, und dass sie dann noch einen oben drauf packen, mit Individualität und Kundennähe. Dann können sie gute Geschäfte machen.

Das Gespräch führten Michael Steinert, Cornelia Küsel und Jochen Lange. |thomas.pfnorr@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 03/20 (Wirtschaft)