Normentwurf zur Decklagenverklebung

Handwerk und Industrie haben kontroverse Standpunkte

Bald soll es eine europäische Norm geben, mit der geprüft werden kann, ob die Klebung von Decklagen auf Mehrschichtparkett den Anforderungen standhält. Während die Industrie bestrebt ist, diese Norm an ihre Produkte anzupassen, wollen Parkettleger vermeiden, dass ausländische Billigprodukte die Tests bestehen können.

Es wirkt schon etwas sonderbar, wie bei der Gestaltung einer Norm für die Decklagenverklebung vorgegangen wird. Auf der Suche nach geeigneten Prüfmethoden stellten die Akteure fest, dass viele, in der Praxis durchaus taugliche Fertigparkette die unterschiedlichen Tests nicht bestanden. Nun würde der Laie denken, die Produkte müssten so weit verbessert werden, dass sie die Prüfverfahren bewältigen können. Das sieht die Industrie aber ganz anders. "Eigentlich brauchen wir gar keine Prüfungen", sagt Heinz Kiefel, Qualitätsmanager beim österreichischen Fußbodenhersteller Tilo. "Wir haben die Decklagenverleimung industriell im Griff."

Dieser Aussage stimmen Handwerksvertreter sogar zu. Das gelte, so heißt es, aber nur für Fertigparkett aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Teilen Europas. Importierte Ware aus Fernost dagegen sei für viele tausend Quadratmeter Schaden verantwortlich. Kann eine Norm diese Produkte nicht ausschließen? Das Problem liegt am klassischen Fertigparkett mit Fichte-Mittellage. Weil auch die mitteleuropäischen Mehrschichtprodukte hier ihre Schwierigkeiten mit verschiedenen Tests hatten, würden, so zumindest befürchten viele Parkettleger, die Anforderung so weit heruntergeschraubt, dass fernöstliche Billigware ebenfalls die Prüfung bestehen könne.

Bisher besteht die neue Norm nur in einem Entwurf (CEN TC 175 WG 33). Der basiert auf Versuchsreihen der deutschen und österreichischen Parkettindustrie und auf Ergebnissen des Cornet-Forschungsprojektes Europarquet. Dabei wurden die unterschiedlichsten Methoden verglichen. Das unerwünschte Resultat: Am Markt bewährte Produkte bestanden die meisten Prüfverfahren nicht.

Prüfmethoden passend machen

Was liegt näher, als nach Prüfverfahren zu suchen, denen die Produkte gerecht werden können. Das liegt im Interesse der Industrie. Gleichzeitig betont Heinz Kiefel: "Grundsätzlich begrüßen wir Hersteller aber einheitliche Prüfmethoden, insbesondere wenn sie zu gutachterlichen Beurteilungen verwendet werden."

Ein erster Entwurf, abgestimmt über den europäischen Parkettverband, liegt vor. Am Ende soll daraus eine Norm werden. Welche Bedingungen die Industrie für die Deckschichtprüfung sieht, erläuterte Volker Kettler (Meisterwerke) als VDP-Vertreter Ende November im Rahmen eines Treffens der BVPF-Bundesfachgruppe Holz in Braunschweig. Demnach wünscht man eine rein auf Parkett ausgerichtete, nicht auch für Sperrholz geltende Norm als Alternative zu der amerikanischen ANSI- und der japanischen JAS-Methode. Außerdem soll die Untersuchung nicht, wie etwa bei Klimawechsellagerung, mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Der europäische Test soll produktionsfrische Materialien prüfen und im Test eine Spreizung der Holzfeuchtigkeit zwischen 3 (4) und 14 (15) % abbilden. Weil der in Europa bewährte Weißleim bei einem Test nach JAS-Regeln meist versagt, die Industrie eine "Diffamierung" bestimmter Materialaufbauten und Klebstofftypen aber vermeiden möchte, haben sich die Hersteller entschieden, die Probe einen Tag offen klimatisieren zu lassen, bevor sie in den Trocknungsofen kommt.

Geprüft werden von einer Mehrschichtware jeweils fünf Proben in den Maßen 100 mm Länge x Elementbreite x Elementdicke. Die Profile der Längskanten dürfen nicht abgeschnitten werden. Am Ende des Test werden die Risse zwischen Deckschicht und Mittellage gezählt. Wie viele ein Prüfkörper maximal haben darf, ist noch nicht abschließend festgelegt. Was als Riss definiert wird, darauf hat man sich aber geeinigt: wenn eine 0,2 mm Fühlerlehre mindestens 5 mm tief eindringen kann.

Norm soll Haftungsfrage vereinfachen

Letztlich geht es darum, wie man die Frage klärt, wer in einem Schadensfall mit Deckschichtablösungen die Haftung trägt. War der Estrich zu feucht? Hat der Nutzer falsch gereinigt? Ist ein ungeeigneter Leim verwendet worden? Hat man die Mittellage schlecht geschliffen? Ist das Quellverhalten der in der Parkettkonstruktion verwendeten Hölzer zu unterschiedlich? Dies und einiges mehr soll ein Gutachter im Streitfall beurteilen können. Eine festgelegte Norm würde helfen, wenngleich Ursachen durch Untergrund und Nutzer außen vor blieben.

Auch Parketthändler könnten die Norm nutzen, um ihre Importware auf Tauglichkeit zu prüfen. Klebstoffhersteller wiederum wären gezwungen, darauf zu achten, dass nur geeignete Leime zwischen die Mehrschichtparkettschichten gelangen. Und der Parkettleger? Der erwartet ein Produkt, das einfach zu verlegen ist und gewisse Fehler verzeiht. Das sieht letztlich auch Heinz Kiefel so: "Die Verleimqualität ergibt sich aus der Anwendung. Es muss einfach funktionieren."

Sofortige Ofen-Rücktrocknung
führt zu Ablösungen

Es funktioniert unglücklicherweise oft schlecht, wenn als Prüfmethode der Norm eine Wasserlagerung des Parketts gefordert wird. Ob bei Dreischichtparkett mit Fichte-Mittellage oder bei Zweischichtparkett auf HDF-Träger, eine Rücktrocknung bei 60 oder 80 °C im Wärmeschrank stellte sich, laut Heinz Kiefel, als wesentliche Ursache für Ablösungen heraus. "Das kommt in der Praxis aber nicht vor, denn niemand wird ein Wasserschadenparkett in den Ofen legen."

Aus dem Rennen ist die Kaltwasserlagerung und Rücktrocknung (PT2) deswegen nicht. Sie ist eine von zwei Vorbehandlungsmethoden, die im Normentwurf vorgeschlagen werden. Von der Industrie wird sie sogar akzeptiert. Aber unter dem Vorbehalt einer 24-stündigen Konditionierung der Prüfkörper unter Laborbedingungen. Erst dann soll bei 60 °C acht Stunden oder 16 Stunden bei 80 °C rückgetrocknet werden.

Führende Vertreter des Bundesverbands Parkett und Fußbodentechnik halten die Anforderungen, die das IHD im Auftrag der Parkettindustrie entwickelt hat, für so niedrig, "dass fast jede Ware über die Latte springt". Europäische Firmen bekämen so die Möglichkeit, nicht nur eigene Produktion zertifiziert in den Markt zu schieben, sondern auch alle zugekauften Produkte aus Fernost. Das wäre kein Problem, heißt es, wenn die in Fernost übliche Prüfung, nämlich der JAS-Test, Anwendung finden würde. Dieser Test sei durch die Wasserlagerung so "brutal", dass Weißleim oft in die Knie gehen würde. Leider aber könnten auf der Basis der derzeit angestrebten Norm Importeure in China und Malaysia eine Ware in Auftrag geben, die nicht einmal in China selber den normativen Anforderungen genügen würde. "Solche Ware lässt sich dort für billiges Geld produzieren und in beliebiger Menge nach Europa verschiffen. Dann taucht bei uns Handelsware auf, die sich bereits zerlegt, wenn man sie an einer Heizung vorbeiträgt", lautet die provokante Kritik aus Verlegerkreisen.

Zufrieden sind aber auch die Hersteller mit dem Norm-
enentwurf nicht, wenngleich aus völlig entgegengesetzten Gründen. Deutliche Unterschiede zwischen den Holzarten, Unwägbarkeiten mit D3-Leimen sowie die Beachtung des Gesamtaufbaus bei vollflächiger Klebung würden ebenfalls zur Decklagenfrage beitragen, heißt es. Und wie soll am Ende die Bewertung aussehen? Will man Null-Toleranz in Bezug auf
Delaminierung oder reicht es, die Summe der Länge aller 0,2 mm offenen Fugen eines Querschnitts ins Verhältnis zur Prüfkörperbreite zu setzen?

Am liebsten würden manche Produzenten wohl eine dritte Prüfvariante einführen. Nämlich keine Wasserlagerung, sondern eine gleichmäßige Befeuchtung im Klimabecken mit langer Lagerungszeit. Was die Verleger grundsätzlich dazu denken, formuliert Restaurator Dieter Humm: "Unser Interesse ist es, die bewährte Qualität unserer Mehrschichtparkette zu schützen. In der DACH-Region produzierte Ware funktioniert, selbst wenn sie mit Weißleim verklebt ist, der immerhin bis 35 °C auf Fußbodenheizung durchhält. Wir möchten ein Prüfverfahren, das unsere Markenprodukte von Billigprodukten des globalisierten Handels unterscheidbar macht."
| Henrik Stoldt
aus Parkett Magazin 01/20 (Normen)