Bostik Redaktionsgespräch mit Olaf Memmen, Richard Riepe und Markus Hildner

Dichtstoffe als Türöffner


Die Übernahme von Dichtstoffanbieter Den Braven hat sich für Verlegewerkstoffhersteller Bostik als strategisch richtige Entscheidung herausgestellt. Die Borgholzhausener kamen auf diversen Messen mit Gewerken wie Malern, Fliesenlegern und Bodenlegern ins Gespräch, die im täglichen Einsatz Silikone, PU-Schäume und Acrylate einsetzen. Über diesen "Türöffner" waren die Interessenten genauso offen für Bodenbelagskleber, Spachtelmassen und Estriche - das gilt auch für den Handel. Geschäftsführer Olaf Memmen, Vertriebsleiter D/A/CH Richard Riepe und Marketing-leiter Markus Hildner zogen im Gespräch mit FussbodenTechnik eine positive Zwischenbilanz.

FussbodenTechnik: Wie wirkt sich die Übernahme des Dichtstoffanbieters Den Braven auf das Geschäft von Bostik aus?

Olaf Memmen: Ende 2016 hat Bostik den Anbieter Den Braven mit seinem Dichtstoffsortiment übernommen. Wir haben den dortigen Standort in Schwepnitz, 35 km von Dresden entfernt, mit 92 Beschäftigten in unsere Organisation integriert. Das gilt auch für die Außendienstmannschaft, die unter der Führung von unserem Vertriebsleiter D/A/CH Richard Riepe steht. Bostik war auch vor der Übernahme bereits ein bedeutender Hersteller von Dichtstoffen mit dem Schwerpunkt MS-Polymere. Durch die Übernahme sind wir jetzt zusätzlich bei Acrylaten, PU-Schäumen und Silikonen sehr stark.
Richard Riepe: Wir profitieren davon, dass Bostik mit Ardal schon immer eine Vertriebsmannschaft gehabt hat, die gute Kontakte in den Baustoff- und Fliesenhandel hatte. Das können wir jetzt hervorragend miteinander kombinieren und ausspielen.

Genauso ist es hochinteressant für den Maler- und Bodengroßhandel, wenn wir dort ein breites, sehr professionelles und kompetentes Sortiment an Dichtstoffen anbieten können. In Kombination mit unseren Vertriebsspezialisten für Dichtstoffe ist das ein Faustpfand, mit dem wir begeistern und Erfolg haben.

FT: Wächst auf diese Weise bei Bostik auch die Zahl der Sortimentsschwerpunkte?

Memmen: Ja, wir konzentrieren uns auf drei Programmschwerpunkte: Wir haben keramische Fliese und Bauwerksabdichtung, Sealing & Bonding für Dichtstoffe und Montageklebstoffe sowie Wall & Floor für Boden, Wand und Decke. Unsere Regionalleiter führen jetzt auch diese Außendienstkollegen mit. Neu ist, dass es zu jedem Produktprogramm einen Key-Accounter gibt. Wir haben außerdem die Anwendungstechnik dezentralisiert und zwei neue Anwendungstechniker unter der Führung unseres Technischen Leiters Wilhelm Volkmann eingestellt. Wir können die Kunden jetzt gezielter ansprechen und uns stärker für sie öffnen. Das ist uns in den vergangenen zwei Jahren sehr gut gelungen, was sich im Umsatz und im Ergebnis widerspiegelt.

Riepe: Parallel dazu haben wir unser Depot Partner Konzept gestärkt, indem wir ein partnerschaftliches Dreieck zwischen Industrie, Großhandel und Verarbeiter bilden

Memmen: ein Depot Partner Kunde ist für uns ein Premium-Partner, der von uns sämtliche Serviceleistungen erhält, die wir anbieten.

Riepe: Wir gewährleisten so die Versorgung des Handwerks und führen dem Großhandel aktiv die Kunden zu. Im Gegenzug geht der Großhandel seine Leistungsverpflichtung der Bevorratung, Kapitalbindung und Logistik ein. Das hat in den vergangenen zwei Jahren im Baustoff- und Fliesenfachhandel sowie im Malergroßhandel sehr gut funktioniert.

Markus Hildner: Wir setzen dabei auf Tandem-Besuche: Außendienstmitarbeiter des Handels reisen mit unserem Außendienstler zum Kunden. Als Vollsortimenter macht uns das für den Handel und den Kunden interessant, weil er nur einen Ansprechpartner benötigt. Wir können alle drei Produktprogramme aus dem Hause Bostik zur Verfügung stellen.

FT: Sie sagten bereits, wie stark Sie in Personal investiert haben. Welche Mannschaftsstärke hat der Vertrieb aktuell?

Riepe: Wir kommen im D/A/CH-Vertrieb aktuell auf ein Team von 40 Mitarbeitern, 15 davon entfallen auf den traditionellen Bodenbelagsmarkt, den wir Wall & Floor nennen. Wir haben die Vertriebsgebiete verkleinert und Personal eingestellt. Diesen Weg gehen wir weiter, um näher am Handwerk zu sein. So zeigen wir Stärke beim Service und technischen Auskünften an der Baustelle - das ist das, worauf der Handwerker heute reflektiert. Man darf bei dieser Erfolgsgeschichte eines nicht vergessen: Auf der einen Seite schulen wir sehr viele Verarbeiter, auf der anderen Seite bilden wir auch unsere eigene Vertriebsmannschaft gezielt weiter. Es reicht heutzutage nicht mehr aus, einfach ein Sortiment aufzunehmen und dann darauf zu warten, dass der Erfolg eintritt.

Wir haben am niederländischen Standort in Oosterhout das Center of Excellence für unsere Dichtstoffe. In diesem Trainingscenter werden Mitarbeiter und Kunden permanent geschult. Vorbereitend haben unser Produktmanagement und unser Marketing einen tollen Job gemacht, gerade vor dem Hintergrund, dass wir ein sehr umfangreiches Dichtstoff-Programm entwickelt haben.

Hildner: Unsere Haltung ist immer Ausdruck unseres Mottos "Eins mit dem Handwerk". Man kann vieles hinschreiben, aber man muss es auch leben, um glaubhaft zu sein. Dazu gehört ein Außendienstler, der nicht nur beim Handel präsent ist, sondern genauso beim Verarbeiter auf der Baustelle. Dazu zählen Aufbauempfehlungen und Kompetenz gleichermaßen. Insofern ist es wichtig, dass wir unsere Außendienstmitarbeiter schulen.

FT: Hat das Wachsen der Außendienstmannschaft auch etwas mit der guten Baukonjunktur zu tun?

Memmen: Die Investition in die Außendienstmannschaft spiegelt für uns auch das Wachstum im Markt wider, um dem Servicegedanken bei den Großhändlern gerecht zu werden. Nur ein Beispiel aus Österreich: Wir hatten bislang in Wels traditionell drei Außendienstler. Mit Den Braven gab es in Wöllersdorf in der Nähe von Wien drei weitere Mitarbeiter. Wir werden die Niederlassung in Wels schließen und alle sechs Stellen erhalten - das merken wir natürlich deutlich im Markt.

FT: Auf den Punkt gebracht: Was macht den aktuellen Erfolg von Bostik aus?

Riepe: Es gibt zwei Schlüsselgründe für den Erfolg in unserer Branche: Das ist einmal die Servicequalität in Form von Beratung, Auskünften und Reaktionszeiten, aber auch unser Pump Truck, der Pumpeinsätze für Spachtelmassen und Schnellestriche übernimmt. Und das Zweite, was heute sicherlich entscheidet, ob man einen Auftrag erhält oder nicht, ist die Logistik und die Distribution. Das muss man beherrschen, um im Markt erfolgreich zu sein.

FT: Bostik stellt seinen Kunden seit ungefähr 13 Jahren einen Pump Truck zur Verfügung, der zum Jahresanfang 2019 ausgetauscht wurde und jetzt über komplett neue Technik verfügt. Wie ist es um die Auslastung bestellt?

Riepe: Die Auslastung des Pump Trucks 2.0 hat sich signifikant nach oben entwickelt, weil wir aber auch an die Kunden und das Außendienst-Team das Ganze noch einmal neu aufgesetzt haben. Wir haben die Leistungsfähigkeit und den Vorteil, den wir damit erreichen, neu kommuniziert. Das gilt auch für die Frage, ab wann sich der Einsatz eines Pump Trucks lohnt. Das hat die Auslastung deutlich nach oben katapultiert.

Memmen: Getrieben ist das Thema auch durch den neuen Zementfließestrich Technis ZFE 168 Rapid, den wir vor zwei Jahren eingeführt haben. Er ist jetzt aufgrund der technischen Ausstattung des neuen Pump Trucks auch pumpfähig. Auch dort verzeichnen wir einen großen Zulauf.

FT: Ab wann lohnt es sich, den Pump Truck einzusetzen?

Riepe: Ab 4 t Bedarf - und wenn die Baustelle auch entsprechend dafür ausgelegt ist. Der Verarbeiter muss gewährleisten, dass er genügend Personal auf der Baustelle hat, damit er zügig verarbeiten kann. Dann lohnt sich der Einsatz. Es geht nicht um die Quadratmetermenge, sondern es geht um das Material, das der Kunde verarbeiten muss. Der Pumptruck hat in einem beheizten System eine Schlauchlänge von 120 m, sodass die Maschine auch bei niedrigeren Temperaturen fördern kann. Das Interessante ist auch, dass unser Pumptruck 40 m in die Höhe pumpen kann. Es ist mit einer Gesamtlänge von 10 m natürlich auch ein großes Gefährt. Man braucht immer die Möglichkeit, an das betreffende Objekt heranzufahren.

FT: Müssen Sie eigentlich bei Ihren eigenen Produktionskapazitäten nachlegen?

Memmen: Wir haben am Standort in Borgholzhausen ein 21.000 m2 großes, benachbartes Grundstück gekauft. Dort wollen wir unsere Produktionskapazitäten vorrangig für Pulverprodukte ausbauen. Das spiegelt so ein bisschen die positive Entwicklung wider, die wir in der D/A/CH-Region abbilden. Damit modernisieren wir unsere Produktion und bauen unsere Produktionskapazitäten deutlich aus.

FT: Ganz anderes Thema: Wie gehen Sie mit Building Information Modeling (BIM) um? Wie präsent ist es?

Hildner: Das Thema BIM wird von unserer Zentrale in Paris gesteuert. Wir arbeiten mit dem sehr großen Anbieter BIM Objectives zusammen. In Deutschland, England und Frankreich haben wir Produktsysteme für Parkett, LVT, textile Beläge und Fliese schon online. Ein Architekt, der mit BIM arbeitet, kann die Daten bereits herunterladen. In manchen Ländern ist BIM für den öffentlichen Bau bereits vorgeschrieben. In Deutschland rechnen wir damit, dass das Thema in drei Jahren kommen wird. Niederlande und England sind schon in den Startlöchern. Das ist also ein ganz heißes Eisen.
aus FussbodenTechnik 05/19 (Wirtschaft)