Kleiner Fehler - Großer Schaden

Klick-Laminat in der Pflegeeinrichtung: Überbelastung mit Folgen

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Die Bauherren beanstandeten im vorliegenden Fall zahlreiche Mängel an einem Laminatboden in einer Pflegeeinrichtung.

In einer Pflegeeinrichtung wurde ein Laminatboden mit Klick-System verlegt. Der Bodenbelag wurde durch das Gewicht des Pflegebettes (ca. 100 kg), des Patienten (ca. 80 kg) und der Matratze (ca. 30 kg) stark beansprucht. Das Gesamtgewicht betrug insgesamt rund 220 kg. Bewegen ließ sich das Pflegebett auf vier harten Rollen des Werkstoffs Polysulfid, Typ H. Der Laminatboden wurde außerdem durch einen elektrischen Rollstuhl, Leergewicht ca. 50 kg, mit Gummibereifung Typ W befahren.

Ungefähr ein halbes Jahr nach dem Einbau monierte der Bauherr Mängel am Laminatboden, offene Fugen und große Unebenheiten. Der Bodenleger habe unsachgemäß gearbeitet, lautete die Kritik. Der Handwerker wies die Mängelrüge zurück. Er war der Auffassung, dass die monierten Mängel auf eine unsachgemäße Nutzung des Bodens bzw. auf das Befahren mit Pflegebetten zurückzuführen seien. Es kam zum Rechtsstreit.

Schaden

Einbrüche und offene Fugen

Gemessen wurden Unebenheiten von 2 bis 4 mm Tiefe. Feststellbar waren bis zu 0,40 mm offene Längs- und Querfugen im Drehbereich vor dem Pflegebett. An der übrigen Bodenfläche waren keine offenen Fugen feststellbar. Auf ca. 1 m2 Fläche war das Klick-System an den Längsfugen vor dem Pflegebett gebrochen, sodass die Laminatplatten beim Betreten nachgaben und ein ca. 3 mm großer Versatz entstand. Der Laminatboden wurde zudem durch einen Patientenlift mit vier harten Rollen beansprucht. Der Lift diente dazu, den Patienten aus dem Bett und in den Rollstuhl hinein zu heben. Am Lift befanden sich zwei harte Einzelrollen, Typ H (hart), und zwei harte Doppelrollen, ebenfalls Typ H, aus Polysulfid.

Feststellbar waren unsauber und nicht fachgerecht ausgebildete Fugen mit unterschiedlicher Dicke mit unterschiedlichen Abständen der quer verlegten Laminatelemente zum angrenzenden Fliesenbelag. Bauteilöffnungen zur Ermittlung der Schadensursache wurden vom Betreiber der Pflegeeinrichtung nicht gestattet, da der laufende Betrieb nicht beeinträchtigt werden sollte. Die Schadensursachen konnte dennoch ermittelt werden.

Die Behauptungen des Auftraggebers hinsichtlich vorhandener zu großer Unebenheiten am Laminatboden waren nicht zutreffend: Die am Laminatboden mit 2 bis 4 mm gemessenen Unebenheiten lagen im Toleranzbereich der DIN 18202 für flächenfertige Böden. Sie lagen unter den zulässigen Ebenheitstoleranzen von 5 mm für flächenfertige Böden mit erhöhten Anforderungen.

Die Behauptungen der Klagepartei hinsichtlich offener Fugen und Kanten am Laminatboden waren jedoch zutreffend. An der übrigen Bodenfläche bzw. außerhalb der Fahrspur des Patientenlifts waren diese Mängel nicht feststellbar. Die behaupteten Mängel hinsichtlich des nicht fachgerechten Übergangs zwischen dem Pflegezimmer und den angrenzenden Räumen waren ebenfalls zutreffend. Dies war auf die ungenaue und mit zu großen Abständen erfolgte Querverlegung der Laminatplatten zum angrenzenden Fliesenbelag zurückzuführen.

Ursache

Laminatboden war ungeeignet

Laut den Herstellerangaben zur Klassifizierung/Beanspruchung war der eingebaute Laminatboden für alle Wohnbereiche mit intensiver Nutzung bzw. für eine normal gewerbliche Nutzung geeignet. Der vorliegende Fall, nämlich eine Beanspruchung des Laminatbodens durch Pflegebetten oder sonstige Hilfsmittel zur Pflege wie der Patientenlift stellte einen Sonderfall dar, der nicht von der Klassifizierung erfasst war. Weiterhin fehlten Angaben zur maximalen Belastung durch Punktlasten bzw. durch Räder und Rollen von Betten und Hilfsmitteln, die für eine Eignung entscheidend sind. Unter Berücksichtigung der nachfolgend genannten Schadensursache ging der Sachverständige davon aus, dass der verlegte Klick-Laminatboden für diesen konkreten Fall ungeeignet war, da dieser durch Pflegebett- oder Patientenliftfahrten bzw. durch falsche Räder/Rollen überbelastet wurde. Die auf ca. 1 m2 Fläche vor dem Pflegebett bzw. in der Fahrspur des Patientenlifts festgestellten offenen Längs- und Querfugen sowie Absenkungen waren auf folgende Ursachen zurückzuführen:

1. Die Verlegung von Laminat mit einem ungeeigneten Klick-System, das bei Überbelastung und geringfügigen Hohlräumen zum Abriss der unteren Nase, zum Nachgeben und in der weiteren Folge zu sich öffnenden Längs- und Querfugen an den Laminatplanken führte.

2. Überbelastung des Laminatbodens durch Pflegebett- oder Patientenliftfahrten und Drehbewegungen dieser Geräte unter Last, was ebenfalls zu den unter Punkt 1 genannten Schäden führte.

3. Falsche bzw. zu harte Pflegebett- und Liftrollen, die bei Überfahrten zur Zerstörung des Laminatbodens führten. Die Rollen von Bürostühlen, fahrbaren Betten, Patientenliften sind in zwei verschiede Typen unterteilt: Typ W (weich) und Typ H (hart). Der Typ W ist als weiche Rolle für den Einsatz auf harten Belägen (PVC, Laminat, Holz, Linoleum, Stein), der Typ H als harte Rolle für weiche Beläge (textile Beläge) vorgesehen. Es gilt folgende Regel: Weiche Rolle (Typ W) auf hartem Belag und harte Rolle (Typ H) auf weichem Belag. Der in diesem Fall festgestellte Einsatz von harten Rollen auf hartem Belag führte aufgrund der Lastabtragung der hohen Punktlast (ca. 60 kg) über eine sehr kleine Fläche (ca. 5 x 5 mm) zu den festgestellten Schäden am Laminat.


Verantwortlichkeit

Bodenleger wählte
ungeeigneten Belag aus

Der Laminatboden vor dem Pflegebett bzw. dessen Fugen wurde durch Befahren mit Pflegebetten oder Patientenliften und durch falsche, zu harte Rollen an diesen Geräten überbelastet. Dies führte zu den festgestellten Schäden.

Die entstandenen Schäden sind dem Bodenleger zuzurechnen, weil der verlegte Laminatboden für den konkreten Fall ungeeignet war. Der Handwerker kannte die Beanspruchung des Bodens. Er hatte es aber versäumt, schriftlich gegen diese Art des zu verlegenden Laminatbodens Bedenken anzumelden. Wäre es bei der ursprünglich geplanten Verlegung eines geklebten Vinylbodens geblieben, wären mit Sicherheit keine Schäden entstanden.

Eine Sanierung war in der Pflegeeinheit möglich. Die Sanierungskosten betrugen rund 15.000 EUR. Der Schaden wäre bei vorheriger Prüfung der Beanspruchung und bei schriftlicher Bedenken-Anzeige des Bodenlegers gegenüber seinem Auftraggeber vermeidbar gewesen.


Jens Schade der Autor

Jens Schade ist Sachverständiger für Schäden an Gebäuden an der Industrie-
und Handelskammer Ostthüringen zu Gera.

Schade GmbH -
Baugutachter
Dipl.-Ing. Jens Schade
Am Vogelherd 10
98693 Ilmenau
Tel.: 03677/6899706
Fax: 03677/6899707
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Klick-Laminat in der Pflegeeinrichtung: Überbelastung mit Folgen
Foto/Grafik: Schade
Der Laminatboden wurde durch das Gewicht des Pflegebettes, des Patientens und der Matratze beansprucht. Das Gesamtgewicht betrug rund 220 kg.
Klick-Laminat in der Pflegeeinrichtung: Überbelastung mit Folgen
Foto/Grafik: Schade
Auf ca. 1 m2 Fläche war das Click-System an den Längsfugen vor dem Pflegebett gebrochen.
Klick-Laminat in der Pflegeeinrichtung: Überbelastung mit Folgen
Foto/Grafik: Schade
Am Pflegebett befanden sich vier harte Rollen (Werkstoff Polysulfid – Typ H).
Klick-Laminat in der Pflegeeinrichtung: Überbelastung mit Folgen
Foto/Grafik: Schade
Gemessen wurden Unebenheiten von 2 bis 4 mm Tiefe.
aus FussbodenTechnik 04/21 (Handwerk)